Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Klar ist es durchaus berechtigt, Zweifel an der Varusschlacht-bei-Kalkriese-Theorie zu haben (angemeldet sind sie schon).

Aber man sollte - auch bei aller Liebe zu den Kulten der Germanen - nicht die Augen vor ein paar Details verschließen.
Die Fundstellen bei Kalkriese sind gestreut; eine zentrale Ablagestelle ist nicht auszumachen.
Das Moor war – auch im Jahre 9 - abseits der Fundstellen, die Funde wurden nicht im Moor gemacht sondern auf dem schmalen Streifen zwischen Berg und Sumpf. Von einer rituellen Versenkung der Funde im Moor kann keine Rede sein.
Wir kennen mittlerweile einige germanische Opferstätten und Heiligtümer. Der Grabungsabschnitt bei Kalkriese ähnelt keinem der bisher bekannten, weder von der Anlage, der landschaftlichen Situation, der infrastrukturellen Situation (Nähe zu Siedlungen, Lage an Straßen).

Meiner Ansicht nach sollte man nicht allen Funden, deren Zusammenhang sich nicht sofort erklärt, religiöse oder mystische Hintergründe unterstellen. In Kalkriese sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld: die Vermutung liegt nahe, dass es sich um eines handelt.

Übrigens fand ich das Zeit-Dossier zur Hermannsschlacht dürftig wie viele "Extras" der Zeit in letzter Zeit. Es beschränkt sich größtenteils auf einen Zeit-gemäßen, onkelig-beschaulichen Überblick über die Diskussion mit allen Wohl und niemand Wehe.
 
Ich habe vor kurzem gelesen, daß in Ostthüringen, also an der Grenze zu Sachsen, in Schkölen zur Zeit ein römisches Militärlager, angeblich als Sommerlager konzipiert, gefunden wurde, und dieses jetzt Gegenstand näherer wissenschaftlicher Untersuchungen ist.

Da ich bisher davon ausging, daß die Römer allenfalls als Kriegsgefangene oder Händler soweit in germanisches Gebiet vorgedrungen sind, stellt sich mir auch die Frage, ob mit dem Fund dieses Lagers nicht auch Teile des bisher bekannten Geschichte neu geschrieben werden müssten. Immerhin schien Germanien damals römischer gewesen zu sein, als man heute gemeinhin annimmt, wobei dann auch die Frage auftaucht, ob dieses Lager ebenfalls mit Varus oder Drusus in Zusammenhang gebracht werden kann.
 
Die Römer sind schon bis in diese Gegend gekommen. Drusus überquerte die Elbe und stürzte auf dem Rückweg an der Saale vom Pferd, erlag kurze Zeit später seinen Verletzungen. Wenn man also ein Marschlager in der näheren Umgebung der Saale fände, wäre das nicht weiter überraschend (vom archäologischen Standpunkt aus natürlich schon, aber vom historischen Standpunkt aus nicht), soll heißen, das wäre keine wissenschaftliche Sensation.
 
Bei meinem letzten Besuch im Kalkrieser Museum in diesem Sommer lag die nummerierte Zahl der Fundgegenstände bei 19.000 ! Und als Laie vermute ich einmal, das die Funde nicht erst bei der laufenden Nummer von 10.000 gestartet haben, sondern bei der Nummer 1.
Das die Germanen bis hin zum Nagel 19.000 Funde im Kalkrieser Umfeld als Opfergabe verstreut haben ist doch eher unwahrscheinlich. Und wie bereits hier schon einige Male erwähnt, ist schon bei der inhaltlichen Betrachtung der Funde auffällig das die Anzahl nicht militärischer Objekte hier überwiegen. Eine Pionieraxt, ein Dutzend Wurfwaffen etc. sind für eine Armee von mind.15.000 Legionären statistisch betrachtet etwas wenig für ein Schlachtfeld des Varus...... . Verwunderlich ist auf der anderen Seite die Masse von Münzfunden. Haben die Römer diese im Kampf durch die Luft geworfen...:)
 
Eine Pionieraxt, ein Dutzend Wurfwaffen etc. sind für eine Armee von mind.15.000 Legionären statistisch betrachtet etwas wenig für ein Schlachtfeld des Varus...... . Verwunderlich ist auf der anderen Seite die Masse von Münzfunden. Haben die Römer diese im Kampf durch die Luft geworfen...:)

Hey Major Tom, ich kann ja schon verstehen dass es da draußen ein wenig einsam ist und man nicht viel mitbekommt. Aber dieses Thema hatten wir hier schon wirklich mehr als einmal. Die Antworten lauten:
- Plünderung des Schlachtfelds
- Zerfall der Überreste
- Undokumentierte Funde in früherer Zeit, z. B. seit die Fläche wieder landwirtschaftlich genutzt wurde. Mommsen hat in den 1880ern Kalkriese für das wahrscheinlichste Varusschlachtgelände gehalten; zu dem Zeitpunkt hatte man dort schon wiederholt Münzen aus dem Boden geholt.

All diese Punkte in Betracht gezogen ist 19.000 eine unglaubliche Riesenmenge an Funden.
 
Und noch als einige andere Trolle....

Zweimal hat er mich als Tarnung benutzt.
Und deshalb wird ihn Dorkas die Ohrfeigenspendende noch besuchen.

Spätestens Weihnachten muss ich wieder runter. Habe jede Menge Verwandschaft um ihn rum. Muss in den Schwalbenweg, die Seehalde, die Stuttgarter Str., die Luitgardstr., die Normannstr. Die Orte jedoch heripo, die darfst Du selbst ergoogeln:winke:

Ich kann also aus allen Richtungen kommen.....:fs:

Ha noi, grüß mir Fellbach1 Wir haben früher mal im Meisenweg gewohnt. Du sagtest, die Bäckerei Pfander in der August Lämmle Str. gibt es noch? Hol dir lieber ein Stück Zwiebelkuchen oder frische Brezeln, die besten, die ich jemals gegessen habe, auch wenn der Maestro Wilhelm Pfander wohl nicht mehr aktiv sein wird.
 
800 Antworten auf dieses (mittlerweile leider so gut wie beendete) Thema !!
 
Überpünktlich zur 2000-Jahr-Feier sind drei weitere Bücher zum Varusschlacht-Thema erschienen (buecher.de: Die Varusschlacht - Ralf-Peter Märtin - Portofrei). Hat die schon jemand gesichtet, insbesondere das von Märtin?

Hallo zusammen,

ich erlaube mir, mich mit diesem Post neu in den Kreis dieses interessanten Forums zu melden.

Ich habe den Märtin vor kurzem gelesen und finde, er ist eine sehr lesenswerte Einführung in die Geschichte der römischen Präsenz in Germanien.
Leider haben die Lektoren schludrig gearbeitet, ansonsten läßt sich das wissenschaftlich aufgebaute Buch aber sehr flüssig lesen. Insbesondere kritisiert der Autor die verfügbaren Quellen ausführlich, bevor er mit seiner Darstellung eines möglichen Handlungsablaufes beginnt. Märtin legt sich dabei nicht auf einen bestimmten Ort des Geschehens fest, sondern stellt, mit Verweis auf die nicht befriedigende Quellenlage ein wahrscheinliches Szenario vor.
Die eigentliche Varusschlacht stellt er verhältnismäßig knapp dar. Der große Verdienst des Buches ist in meinen Augen, dass er die Vor- und Nachgeschichte sowie die politischen Verhältnisse sowohl innerhalb Germaniens, als auch die Einordnung Germaniens in die römische Politik sehr umfangreich darstellt. Eine kleine Überraschung bereitete er mir mit der (sehr sehr nachvollziehbaren) Zusammensetzung der Truppe, die die Legionen des Varus zuerst angegriffen hat...
Als Einstiegslektüre kann ich das Buch guten Gewissens weiterempfehlen.
 
Ich glaube, das ist keine archäologische oder historische Frage mehr. Die Varusschlacht fand, daran kann man nicht mehr zweifeln, bei Kalkriese statt. Das ist lediglich noch ein Streit zwischen NRW (Teutoburger Wald) und Niedersachsen.
 
Servus,
ich wollt ja die Klappe halten aber ganz so seh ich das nicht.
Zweifeln ist da schon erlaubt.
Der Tumulus ist der Schlüssel zu Varus und Arminius.
Wenn dieses "erste Rasenstück" wieder entfernt wird, fallen die Zweifel.
Man hat nichts vergleichbares zu Kalkriese-das ist richtig.
Die Funde lassen sich nicht wegzweifeln-das ist richtig
Wo exakt die "Schlacht" stattgefunden hat-weiß niemand-die sind alle tot.
Woher Varus kam, weiß niemand.
Wohin er wollte, weiß niemand.
Solange ist Kalkriese alles was wir haben. Und das ist gut so.
Denn bedenke-laut "La Stampa" und dem Harzhorn hats Arminius nie gegeben:)
Aber wir arbeiten dran :friends:
2009 ist und bleibt das Jahr des Partus Praecipitatus (gegoogelt) "unserer" nationalen Identität-
da zweifele ich nicht dran.
 
Hallo, Geschichtsfreunde!

Ich habe mir inzwischen diesen ganzen Thread angetan…seufz…

Drei Dinge möchte ich dazu sagen:

Erstens:
Kalkriese ist ein ernsthafter Kandidat als möglicher Ort der Varusschlacht. MEHR NICHT!

(Allerdings ist Kalkriese der einzige der möglichen über 700 Orte, die eine derartige Funddichte römischer Militaria aufzuweisen hat.)

Aber solange es keinen unanfechtbaren BEWEIS für die Anwesenheit der fraglichen drei Legionen gibt, KANN ES NIEMAND GENAU WISSEN!

Zweitens:
Das Buch von Märtin, das hier so gelobt wird, kann ich ausdrücklich NICHT EMPFEHLEN. Da hat sich eine Fülle von „Kinken“ eingeschlichen, und teilweise halte ich die Art der „Belege“ bei bestimmten Textstellen schlicht für unwissenschaftlich.

[...]

Mich kotzt dieser Rummel, der da in Kalkriese und Haltern abgezogen wird, schlicht nur noch an.

Zum Schluss ein Zitat aus einem wirklich guten Buch zum Thema:

„In Westfalen und im Niedersachsen der Gegenwart sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts wieder Legionen unterwegs. Scharen von Heimatforschern und Wissenschaftlern suchen nach dem Ort der Varusschlacht und liefern sich Kämpfe, die es an verbaler Heftigkeit bisweilen mit dem antiken Gemetzel aufnehmen können.“

Ein Satz aus dem Buch „Der Sturz des römischen Adlers – 2000 Jahre Varusschlacht“ von Dirk Husemann, Campus-Verlag, Frankfurt, 2008.

Mehr sach ich dazu hier nicht.

Gruß
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Dann warten wir mal auf Moosbauers Büchlein bei Beck! Moosbauer mischt auch bei Kalefeld mit.

Zu Kalkriese und meinem Vorposter :)

1) Kalkriese ist überhaupt der einzige Ort unter den 700 Kandidaten, bei dem es so etwas wie archäologische Evidenz gibt. Bei den anderen gibt es die Funddichte NULL!

[...]

MfG FG :winke:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Information über die Vernichtung von Varus Legionen stammt von den Römern. Ob diese nun überhaupt auf Augenzeugen zu dieser Vernichtung
zurückgreifen konnten ?
Für die röm. Machtstellung war dieser Verlust schmerzhaft und sie
stellten den ganzen Vorgang so heroisch wie möglich dar - Propaganda
eben?
Ich könnte mir auch denken , das Varus Truppen in tagelangen Hinterhalten
und begrenzten Angriffen aufgerieben wurden , so dass es eine grosse
Schlacht überhaupt nicht gab - höchstens ein grösseres Gefecht am Ende
der Scharmützel.
Diesen Ort der endgültigen Vernichtung könnte auch von der späteren
Expedition gefunden worden sein , wo es dann Bestattungen der Überreste
gab. Da würde es auch zur Überlieferung passen.

Denn , durch Arminius und evtl. andere Germanen , welche römische
Feldzugstaktiken kannten , vermute ich , das sich die Angreifer nicht der
Stosskraft von kompletten Legionen in Schlachtaufstellung aussetzen
würden - das sich germanische Stammeskrieger mit irgendeiner
Taktik und mit zweifelhafter Disziplin gegen römische Eliteverbände in
offener Feldschlacht durchsetzen könnten, scheint mir doch höchst
zweifelhaft. Allenfalls mit vielfacher Übermacht und das eine solche auf
germanischer Seite gebildet werden konnte , ist wiederum zu bezweifeln.

Insofern halte ich nichts vom Finden des "Orts der Schlacht " sondern
erwarte das Auffinden des Orts des Abschlussgefechts- nicht mehr.
Ob das nun Kalkriese war oder der Ort erst noch gefunden werden muss,
wird sich irgendwann offenbaren. Oder auch nicht.....

Das ganze Historisieren der Hermannslegende und der deutschen Nation
daraus ist einfach nur lachhaft.
 
Die Information über die Vernichtung von Varus Legionen stammt von den Römern. Ob diese nun überhaupt auf Augenzeugen zu dieser Vernichtung zurückgreifen konnten?

Die Antwort darauf steht in diesem Thread: Sowohl waren Überlebende der Varusschlacht bei Germanicus
Tacitus schrieb:
Et cladis eius superstites, pugnam aut vincula elapsi; referebant hic cecidisse legatos, illic raptas aquilas; primum ubi vulnus Varo adiactum, ubi infelici dextera et suo ictu mortem invenerit; quo tribunali contionatus Arminius, quot patibula captivis, quae scrobes, utque signis et aquilis per superbiam illuserit.
als auch dass wir Nachricht haben, dass Augustus verboten habe, dass Veteranen der Varusschlacht je wieder die Alpen Richtung Italien überqueren sollten.
 
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