Kam Hitler beim Angriff auf die UDSSR deren Angriff zuvor ?

Schnitter schrieb:
Meiner Ansicht nach schon.

Vielleicht hat Hitler aber wirklich daran geglaubt, vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon?

So funktioniert Geschichtswissenschaft nun wirklich nicht.

Der Befehl, den Angriff auf die Sowjetunion vorzubereiten, kam ja nicht erst 1941, sondern schon 1940. Hitler hat widerstrebend den Angriff vom Frühjahr 1941 auf den Sommer geschoben ... das tut niemand, der das Gefühl hat, er müsse einem Angriff des Gegners zuvor kommen.

Und: Solange es keine Beweise dafür gibt, dass Hitler etwas gewusst hat, muss angenommen werden, dass er nichts wusste.

Einen Angriff auf ein Land zu starten und dann "unwissentlich" einem Angriff dieses Landes zuvor zu kommen halte ich wirklich nicht für einen Präventivkrieg.
Bei solchen Fragen sind nämlich auch Wissensstand und Motivation zu berücksichtigen. Die Motivation Hitlers war ganz klar nicht die Verteidigung, sondern die Eroberung. Die ganze militärische Planung weist nie und nimmer auf einen Präventivkrieg hin.
 
Die eigentliche Frage ist doch: Ist es relevant, ob Hitler einem sowjetischen Angriff zuvorkam.


Meiner Meinung nach in gewisser Weise schon, da eine Beantwortung deiser Frage auch gleich die Frage nach seinen Motiven mit beantwortet die UdSSR 1941 anzugreifen.




1. Das Motiv von Unternehmen Barbarossa war, die Rote Armee zu vernichten.

Das ist allgemein wohl das Kriegsziel jeder Kriegspartei.

2. Der Aufmarsch der Roten Armee in den westlichen Militärbezirken im Frühjahr 1941 wurde in Berlin nicht als Bedrohung, sondern als Chance aufgefasst.

In gewisser Weise schon Bedrohung, denn viele der russischen Einheiten standen schon seit 1940 ander Grenze, wo die deutschen Truppen in Frankreich waren. Ich glaube, daß 1940 100 russischen Divisionen gerademal 4 deutsche gegenüberstanden. Allerdings bleibt hier die Frage offen, warum nicht ein Angriff durch die Rote Armee schon 1940 erfolgte. Da kann man wieder spekulieren.



3. Bereits seit Sommer 1940 wurden konkrete Pläne für den Angriff entwickelt.

Bestreitet auch keiner. Die Frage nach dem Warum, da der Krieg mit England noch nicht beendet war, bleibt auch unbeantwortet und nach heutigem Forschungsstand auch offen.



Selbst wenn die Sowjetunion 1941 einen Angriff geplant hätte, ändert dies nichts an der Tatsache, dass Unternehmen Barbarossa als aggressiver Eroberungsfeldzug geplant wurde.


Zynisch ausgedrückt würde ich meinen, daß man sonst auch keinen Angriffskrieg planen sollte, wenn man nicht Vorteile erwartet. ;)


Da wir davon ausgehen müssen, dass die sowjetische Führung über die deutschen Planungen frühzeitig im Bilde war (Whaley: Codeword Barbarossa), kann der sowjetische Aufmarsch nur als Reaktion auf die Massierung deutscher Truppen an der sowjetischen Westgrenze verstanden werden. Inwiefern ein präventiver Angriff auf die deutschen Truppenkonzentrationen geplant war, läßt sich gegenwärtig nicht mit Bestimmtheit sagen. Es gibt jedoch nicht von der Hand zu weisende Indizien dafür, dass die Rote Armee nicht zu einer großangelegten Offensive weit nach Deutschland hinein in der Lage war (Glantz: Stumbling Colussus, When Titans Clashed).

Auffällig ist doch, daß der Schukowplan in den Grundzügen von Schukow umgesetzt wurde. Offensive Ausrichtung der Verbände und Massierung in den Balkonen der deutsch-russischen Grenze. Auch ist bekannt, daß Schukow für eine "offensive Verteidigung" plädierte. Was man auch immer darunter zu verstehen vermag.


Fazit:

Da bewiesenermaßen die Präventivkriegthese von den Nazis als Deckmantel für die Vorbereitungen für den Angriff auf die Sowjetunion benutzt wurden, scheidet diese als wahres Motiv für Unternehmen Barbarossa aus. Da die Rote Armee strukturell nicht angriffsfähig war, steht fest, dass ein sowjetischer Angriff nicht bevorstand. Ergo kann für 1941 die These, Hitler sei einem sowjetischen Angriff zuvorgekommen, widerlegt werden.


Warum soll die Rote Armee nicht angriffsfähig gewesen sein?
 
Jetzt setzt es mich doch auf den Allerwertesten, dann hat der liebe Schnitter mit sich selber diskutiert.

Sachen gibt es, Sachen
 
Nee hat er nicht. Sorry.
Der 1. Account ist alt, und er hat nie was geschrieben.
Aber vergessen hat er ihn nicht, am 12.2.06 war er noch drin.
Hat er den zum Bewerten genommen?

Zu was kann man den denn gebrauchen?

Fragt sich
Repo
 
Repo schrieb:
Habe ich heute gefunden:
http://www.welt.de/data/2006/02/21/848930.html

Bogdan Musial ist nicht irgendwer.

Grüße Repo

Interessant.

Aber es bleibt halt immer noch ein Angriffskrieg und kein Präventivkrieg.

Vollkommen zu Recht verweist Musial abschließend auf die Tatsache, daß eventuelle Angriffsabsichten Stalins ohnehin niemals einen Einfluß auf die Planungen der deutschen Seite gehabt haben. Denn Hitler hatte schon am 31. Juli 1940 Planungen für den Überfall auf die Sowjetunion angeordnet und am 18. Dezember den Angriffsbefehl ("Weisung Barbarossa") erlassen - vollkommen unabhängig von allen sowjetischen Planungen. In deutschen Militärakten von 1940/41 lassen sich nicht nur keine Hinweise auf mögliche Angriffspläne der Roten Armee oder gar Sorgen darüber finden, sondern sogar im Gegenteil herablassende Berichte über die Schwäche der durch die Säuberungen "enthaupteten" Armee.
 
ursi schrieb:
Interessant.

Aber es bleibt halt immer noch ein Angriffskrieg und kein Präventivkrieg.

Zweifellos,
aber man darf schon gespannt sein, was in den Archiven der SU noch alles schlummert.
Von "friedliebender SU" mindestens zu Stalins Zeiten keine Rede.
Aber das wusste man eigentlich auch schon vorher.

Aber der "Präventivkrieg" 1941 ist damit endgültig gestorben.

Grüße Repo
 
So neu ist das allerdings nicht, was in dem Artikel über Musial steht. Dass Polen der Sowjetunion schon vor 1939 lange ein Dorn im Auge war, ist ja bekannt. Leider geht der Artikel nicht näher darauf ein, welcher Art die Vorbereitungen auf den Krieg mit Deutschland waren, auf die sich Musial bezieht. Das wäre der eigentlich interessante Punkt.
 
Der aufsatz ist in Heft 1/06 der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft erschienen.
Ich glaube aber, die gibt es nur im Jahres-Abo.
Hat einer der Studis hier Zugang?

Wäre echt interessant.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Der aufsatz ist in Heft 1/06 der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft erschienen.
Ich glaube aber, die gibt es nur im Jahres-Abo.
Hat einer der Studis hier Zugang?

Wäre echt interessant.

Grüße Repo

Ich habe leider kein Abo, aber ihr ist der Titel des Artikels:

BOGDAN MUSIAL:
„Wir werden den ganzen Kapitalismus am Kragen packen“
Sowjetische Vorbereitungen zum Angriffskrieg in den dreißiger und Anfang der vierziger Jahre

Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG)
54. Jahrgang 2006 Heft 1
 
Gibt noch nicht einmal einen abstract online. Schwach!

Wobei es mich wirklich interessieren würde, wie konkret solche Vorbereitungen waren. Bisher ist das alles ziemlich schwammig. Einerseits ist die Kriegsrhetorik nicht wirklich neu. Die These von der Unvermeidbarkeit des Konflikts mit den kapitalistischen Staaten ist ja zentraler Bestandteil des Marxismus-Leninismus (auch wenn er damals noch anders hieß). Andererseits steht ja die ganze Industrialisierung (insbesondere die Militärindustrie) im Zusammenhang mit einer - vielleicht nur gefühlten - Bedrohung durch die "kapitalistische Einheitsfront". So dass man schwer sagen kann, was da was bedingt.

Aber vielleicht kann Herr Musial dies etwas aufhellen. Werde mir jedenfalls seinen Artikel baldmöglichst zu Gemüte führen.
 
Vielleicht gibts doch die Möglichkeit den Artikel ins Forum zu stellen. Copyrigth wäre natürlich zu beachten.
Was Bogdan Musial unter der "Schirmherrschaft" von Wolfgang Benz schreibt muss man schon beachten.

Ich denke, dass das schon von allgemeines Interesse wäre.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Vielleicht gibts doch die Möglichkeit den Artikel ins Forum zu stellen. Copyrigth wäre natürlich zu beachten.
Was Bogdan Musial unter der "Schirmherrschaft" von Wolfgang Benz schreibt muss man schon beachten.

Ich denke, dass das schon von allgemeines Interesse wäre.

Grüße Repo
Ich werd mich auch einmal umschauen...

Was dabei rausgekommen ist: es gibt nichts, nicht in der Elektronischen Zeitschriftendatenbank, nichts in den Abstract-Datenbanken, null. Zeitschriftenlesesaal, Aufsatz kopieren und abschreiben - aber das dauert...

schade, dass der Metropol-Verlag da so wenig kooperativ ist...
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi

Also ich habe schon öfters gelesen und in Dokumentationen gehört, das die Udssr Deutschland irgendwann angreifen wollte, jedoch rechtnete man damit allgemein nicht vor .. ich glaube 1944.Beide Seiten wussten das ein Krieg nicht vermeidbar war, jedoch halte ich es für übertrieben wenn man Barbarossa einen Präventivschlag nennen würde.Aber einen russ. Angriff auf Dtld. zu vereiteln war ja auch nicht das Ziel das Hitlerverfolgte als er den Befehl für Barbarossa gab, allenfalls ein positiver Nebeneffekt.
 
Ich benötige für meine Examensarbeit Informationen darüber, dass die sog. "Präventivkriegsthese" im Verlauf der Debatte um die Wehrmachtsausstellungen wieder in den Feuilletons hoffähig gemacht werden sollte. Ich meine mich zu erinnern, dass dies v. a. in der faz stattfand - habe aber leider keine Belege dafür und meine google-Suche blieb recht ergebnislos.

Wäre dankbar um on-topic Antworten.
 
Ich benötige für meine Examensarbeit Informationen darüber, dass die sog. "Präventivkriegsthese" im Verlauf der Debatte um die Wehrmachtsausstellungen wieder in den Feuilletons hoffähig gemacht werden sollte. Ich meine mich zu erinnern, dass dies v. a. in der faz stattfand - habe aber leider keine Belege dafür und meine google-Suche blieb recht ergebnislos.

Wäre dankbar um on-topic Antworten.


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