Herakleios
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Der 2. Punische Krieg - Die Kriegsschuldfrage
:fs:
Die Kriegsschuldfrage des Hannibalischen Krieges und die Rezeption desselbigen ist in der Geschichtswissenschaft stark umstritten. Ich traf auf Vertreter der alleinigen Schuld Roms (Werner Huß), der alleinigen Schuld Karthagos (Pierre Grimal) sowie auf die Theorie des unvermeidlichen und von beiden Seiten forcierter Kampf um die alleinige Vormachtstellung im westlichen Mittelmeerraum (Herbert Heftner). Mir ist klar dass man in dieser Frage aufgrund unserer derzeitigen Kenntnis der Quellen keine endgültige Antwort erhalten kann, solange der antike Iber-Fluß nicht lokalisiert und die Beziehungen Roms zu Sagunt nicht geklärt werden kann.
Ich möchte die Indizien für eine Kriegsschuld der beiden Kontrahenten nun aufzeigen:
Rom:
Die gewaltsame Annexion Sardiniens und Korsika stellt für mich nicht nur die Absicht einer Provokation in Richtung Karthagos dar, sondern auch bereits ein Stück Kriegsvorbereitung dar - Rom sicherte seine Westküste gegen Angriffe und Überfälle von den westlich gelegenen Inseln. Ich denke bei der Annexion dieser beiden Inseln standen vor allem militärische Überlegungen im Vordergrund.
Das zweite Indiz ist für mich der Abschluß des Iber-Vertrages mit dem Barkidenreich in Spanien. Der Vertrag wurde über den "Kopf" von Karthago hinweg unterzeichnet und wurde deshalb vom offiziellen Karthago nie anerkannt. Gerade dies müsste den Römern klar gewesen sein. Warum also einen Vertrag abschließen der de iure keine Gültigkeit für Karthago hatte? Ich denke dies ist ein Zeichen dafür, dass Rom hier die Spannungen zwischen den immer herrschaftlicher auftretenden Barkiden und der Mutterstadt Karthago ausnutzen wollte. Man erwartete bei einen ausbrechenden Krieg gegen Karthago einen Angriff aus Nordafrika und wollte daher die potenzielle Gefahr die aus Spanien kommen könnte neutralisieren.
Karthago:
Für mich stellt die karthagische Expansion in Spanien ein schwerwiegendes Indiz dar. Zwar kann man die Eroberung von Teilen Spaniens als die Umlenkung expansionistischer Aktivitäten in Gebiete die nicht von Rom blockiert wurden betrachten, ich halte es jedoch für einen Versuch eine neue Machtbasis für einen neuerlichen Krieg gegen Rom zu etablieren, da man wusste dass man hier den Interessensbereich Massilias (welches mit Rom verbündet war!) berührte.
Der zweite Grund ist weniger ein gesamtkarthagisches Indiz, sondern vielmehr der eine Person - Hannibal. Mit der Belagerung Sagunts (welche zuvor einen prokarthagischen Ibererstamm angegriffen hatten) griff Hannibal eine Stadt an in der eine prorömische Fraktion an der Macht war. Dies war Hannibal klar, doch ergriff trotzdem an. Inwieweit persönliche Gründe hinter dieser Aktion steckten kann ich nicht sagen, Ich stehe jedoch der Geschichte einer Erzfeindschaft der Barkiden und Rom sowie der Legende des Hannibalischen Schwurs äußerst skeptisch gegenüber.
Gründe für einen beiderseitig gewünschten Krieg:
Der erste Grund für diese Theorie stellt für mich die oben genannten Gründe auf beiden Seiten dar. Beide Parteien trugen zur Eskalation bei und machten sich nicht die Mühe das Problem diplomatisch und damit friedlich aus der Welt zu schaffen.
Der zweite Grund stellt für mich die Gesandschaft Roms nach Karthago dar, welche nach dem Angriff Hannibals auf Sagunt die Auslieferung Hannibals forderte. Die Forderung war unerfüllbar, diente nur der Provokation. Beide Seiten jedoch versuchten nicht einmal einen Kompromiss auszuhandeln, sondern erklärten den Krieg.
Ich bin daher der Meinung Herbert Heftners und denke der Krieg war eine Fortführung des Kampfes um die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeerraums. Beide Parteien steuerten zielgenau darauf zu ohne je an eine friedliche Lösung zu denken.
Ich würde gerne eure Meinung zum Thema erfahren. Ich freue mich auf interessante Beiträge und eine rege Diskussion.:winke:
:fs:
Die Kriegsschuldfrage des Hannibalischen Krieges und die Rezeption desselbigen ist in der Geschichtswissenschaft stark umstritten. Ich traf auf Vertreter der alleinigen Schuld Roms (Werner Huß), der alleinigen Schuld Karthagos (Pierre Grimal) sowie auf die Theorie des unvermeidlichen und von beiden Seiten forcierter Kampf um die alleinige Vormachtstellung im westlichen Mittelmeerraum (Herbert Heftner). Mir ist klar dass man in dieser Frage aufgrund unserer derzeitigen Kenntnis der Quellen keine endgültige Antwort erhalten kann, solange der antike Iber-Fluß nicht lokalisiert und die Beziehungen Roms zu Sagunt nicht geklärt werden kann.
Ich möchte die Indizien für eine Kriegsschuld der beiden Kontrahenten nun aufzeigen:
Rom:
Die gewaltsame Annexion Sardiniens und Korsika stellt für mich nicht nur die Absicht einer Provokation in Richtung Karthagos dar, sondern auch bereits ein Stück Kriegsvorbereitung dar - Rom sicherte seine Westküste gegen Angriffe und Überfälle von den westlich gelegenen Inseln. Ich denke bei der Annexion dieser beiden Inseln standen vor allem militärische Überlegungen im Vordergrund.
Das zweite Indiz ist für mich der Abschluß des Iber-Vertrages mit dem Barkidenreich in Spanien. Der Vertrag wurde über den "Kopf" von Karthago hinweg unterzeichnet und wurde deshalb vom offiziellen Karthago nie anerkannt. Gerade dies müsste den Römern klar gewesen sein. Warum also einen Vertrag abschließen der de iure keine Gültigkeit für Karthago hatte? Ich denke dies ist ein Zeichen dafür, dass Rom hier die Spannungen zwischen den immer herrschaftlicher auftretenden Barkiden und der Mutterstadt Karthago ausnutzen wollte. Man erwartete bei einen ausbrechenden Krieg gegen Karthago einen Angriff aus Nordafrika und wollte daher die potenzielle Gefahr die aus Spanien kommen könnte neutralisieren.
Karthago:
Für mich stellt die karthagische Expansion in Spanien ein schwerwiegendes Indiz dar. Zwar kann man die Eroberung von Teilen Spaniens als die Umlenkung expansionistischer Aktivitäten in Gebiete die nicht von Rom blockiert wurden betrachten, ich halte es jedoch für einen Versuch eine neue Machtbasis für einen neuerlichen Krieg gegen Rom zu etablieren, da man wusste dass man hier den Interessensbereich Massilias (welches mit Rom verbündet war!) berührte.
Der zweite Grund ist weniger ein gesamtkarthagisches Indiz, sondern vielmehr der eine Person - Hannibal. Mit der Belagerung Sagunts (welche zuvor einen prokarthagischen Ibererstamm angegriffen hatten) griff Hannibal eine Stadt an in der eine prorömische Fraktion an der Macht war. Dies war Hannibal klar, doch ergriff trotzdem an. Inwieweit persönliche Gründe hinter dieser Aktion steckten kann ich nicht sagen, Ich stehe jedoch der Geschichte einer Erzfeindschaft der Barkiden und Rom sowie der Legende des Hannibalischen Schwurs äußerst skeptisch gegenüber.
Gründe für einen beiderseitig gewünschten Krieg:
Der erste Grund für diese Theorie stellt für mich die oben genannten Gründe auf beiden Seiten dar. Beide Parteien trugen zur Eskalation bei und machten sich nicht die Mühe das Problem diplomatisch und damit friedlich aus der Welt zu schaffen.
Der zweite Grund stellt für mich die Gesandschaft Roms nach Karthago dar, welche nach dem Angriff Hannibals auf Sagunt die Auslieferung Hannibals forderte. Die Forderung war unerfüllbar, diente nur der Provokation. Beide Seiten jedoch versuchten nicht einmal einen Kompromiss auszuhandeln, sondern erklärten den Krieg.
Ich bin daher der Meinung Herbert Heftners und denke der Krieg war eine Fortführung des Kampfes um die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeerraums. Beide Parteien steuerten zielgenau darauf zu ohne je an eine friedliche Lösung zu denken.
Ich würde gerne eure Meinung zum Thema erfahren. Ich freue mich auf interessante Beiträge und eine rege Diskussion.:winke: