Außerdem mussten die Teilnehmer der Varusschlacht Cherusker, Brukterer, Marser dann doch eingesehen haben, dass es sinnvoller und lohnenswerter sein könnte, mit vereinten Kräften und Beutewaffen wieder nach Gallien einzufallen, wo es tatsächlich etwas zu holen gab anstatt wieder im Klein-im-Klein weiterzumachen und im nächsten Sommer wieder das nächste Chattendorf zu überfallen, um deren Rinder zu stehlen ... obwohl die in Gallien doch vielleicht viel besser ernährt waren. Jetzt mal überspitzt gesagt.

Noch während sie das letzte römisch besetzte Lager, nach einer Bemerkung Aliso, belagerten wurde schon wieder ein römisches Heer ins Barbarikum geführt.

Überhaupt hätte das erst einmal die Logistik vorausgesetzt, ein Heer entsprechender Größe längere Zeit zusammenhalten zu können.
 
Was Wirtschaft und Lebenserwartung angeht drei Anmerkungen:

1- Die Varusschlacht fand nach der Erntezeit statt, Mais und Kartoffeln gab es in Europa ja noch nicht.
2- Tatsächlich gab es in Rom zeitweise ähnliche Institute wie Banken, allerdings wohl ohne Relevanz für Germanien. (Wobei ich zu diesen Proto-Banken kaum mehr sagen kann.)
3- Für Rom konnten anhand von Skeletten, Grabsteinen und einem Verzeichnis eine Statistik aufgestellt werden. Für Germanien und ähnliche Gebiete werden einige Erwartungen von Erkenntnissen zu anderen Gebieten und Zeiten abgeleitet.
 
Ja, das ist richtig. Wir hatten das glaube ich schon einmal erwähnt.
Ausnahmen bzgl. eines hohen Lebensalters gab es auch damals.
Aber auf die einfache Bevölkerung gemünzt?
Abgesehen von einem gewaltsamen Tod, was waren eigentlich die Geißeln des Altertums?

Krebs, Diabetes, Demenz, Schlaganfall, Karies sind typische Zivilisationskrankeiten der Moderne aber wie war das damals?
Pocken, Masern, Influenza, Syphilis, etc.? Und wie wurden diese Krankheiten eigentlich gesehen? Als Fluch, Verwünschung, die Person ist von einem bösen Geist besessen?

Hattest Du nicht von einem "Clanchef" gesprochen? Deshalb ist mir ja gerade Marbod eingefallen, auch wenn der ein sehr mächtiger "Clanchef" oder König war. Natürlich war es unwahrscheinlich, dass das Kleinkind eines Herrschers verhungerte, aber Infektionskrankheiten oder unglücklich verlaufende Geburten gab es in allen gesellschaftlichen Schichten.

Von Deiner Liste werden Schlaganfälle, Karies, Demenz, Diabetes, Krebs und Pocken mit Sicherheit bereits in der Antike vorgekommen sein. Die Antoninische Pest wird beispielsweise häufig als Pockenepidemie gedeutet. Influenzaviren sind meines Wissens erst seit dem Mittelalter bezeugt, aber es dürfte in der Antike ebenfalls Atemwegserkrankungen gegeben haben. Auch die Masern werden erst im frühen Mittelalter beschrieben, aber das muss natürlich nichts heißen. Die Syphilis galt hingegen lange als "Import" aus Amerika, allerdings wird mittlerweile vermutet, dass es auch in Europa eine endemische Variante gegeben habe.
 
Andere Zeit: Eleonore von Aquitanien hatte elf (belegte) Kinder, zwei von Ludwig VII., neun von Heinrich II. Von ihren elf belegten Kindern hat sie neun überlebt. Ihr berühmtester Sohn starb freilich in Frankreich während der Belagerung von Limousin.
Ihr Enkel Henry III., Sohn von John Lackland (uns bekannter als „Prince John“ mit der negativen Presse), hatte mit seiner Frau Eleonore de Provence neun Kinder, von denen fünf das zehnte Lebensjahr nicht erreichten.
 
@BerndHH , ich habe mir das gestern von dir verlinkte Video gestern noch nach der Löschung deines Beitrages angesehen. Es war auch noch von Werbeeinblendungen unterbrochen, so dass seine 23.xx Minuten Zeitverschwendung auch noch aufgebläht wurden.

Es war sowohl inhaltlich als auch von der Performance her nicht wirklich überzeugend.

Performance
Mit monotoner, völlig unmodulierter Stimme geht der Erzähler seinen Text durch. Offensichtlich hält er Monotonie für einen Ausdruck von Seriosität.
Mehr oder weniger willkürlich zusammengestellte Bilder, in die hinein- oder aus denen herausgezoomt wird oder an denen die Kamera hoch- oder herunterfährt und andere billige Powerpointtricks. Wenn von den Germanen die Rede ist, Wald oder eingefrorene Terra X-Szenen oder martialische Re-Enactor-Wikinger, wie sie völkische Germanophile lieben. Als die Varusschlacht erwähnt wird plötzlich leise „erhebende“ Hintergrundmusik eingespielt (das ist handwerklich noch das beste an dem Video, aber natürlich vom „Subtext“ her fragwürdig).

Inhalt
Die Kritik an der Performance kann man meinetwegen ignorieren (wobei da Einspielen erhebender Musik oder die Bildauswahl ja durchaus auch inhaltliche Wirkungen [> Framing] hat). Aber der Inhalt ist eine Aneinanderreihung von Terra X-Mythen und wortwörtlichen Übernahmen aus der Wikipedia. Eine echte inhaltliche Durchdringung des Sujets hat offenbar nicht stattgefunden. So wird aus der bacenis silva eine baRcenis silvIa und aus Ptolemaios (Pto-le-mä-us) wird ein Pott-le-mois (ge-spro-chen!).
Mit Bildern aus ZDF Terra X, welches das Faktoid wiedergibt, Arminius sei als Kind nach Rom gekommen und dort aufgewachsen, wird genau dieses Faktoid nacherzählt. Aus dem Umstand, dass Tacitus erzählt, Arminius habe König werden wollen (was man auch vor dem Hintergrund der römischen Geschichte lesen muss) wird Arminius sei fast der König von Germanien (sic!) gewesen.
Der Hinterhalt von Arbalo, an dem vielleicht Cherusker beteiligt waren, wird ein Hinterhalt der Cherusker.
 
Ja, ich hatte mich erst über die Löschung geärgert, doch jetzt im Nachgang, so wie Du es darstellst, macht es dann schon Sinn. Na ja, man greift halt nach jedem Strohhalm und kommt dann vielleicht auch auf unseriöse Quellen.
 
Die Löschung und mein Kommentar zum Video sind allerdings zwei Paar Schuh.
https://www.geschichtsforum.de/thema/hinweise-zu-verlinkungen.37262/

Das erschien mir allerdings auch eher ungünstig formuliert, man kann das leicht missverstehen. Deshalb hier noch einmal das Video, da hier natürlich nicht nach Inhalt zensiert wird.

Die Cherusker – Das Volk des Arminius | Germanenstämme #59

Auf Youtube

@BerndHH: Links zu Youtube sind aus Vorsicht wegen des Urheberechts nicht erlaubt. Du kannst aber einen eindeutigen Suchbegriff, hier den Titel, angeben und auf die Plattform hinwiesen. Das ist für die Nutzer kaum ein Zeitverlust.

 
Ja gut aber ich habe den Inhalt mal wieder für bare Münze genommen.
Quellenkritik ist nicht unbedingt meine Stärke.
Nein, Spaß beiseite, einige Aussagen habe ich mir notiert: Trennung zu den Sueben im Osten ... räumliche Barriere ... eher kleiner Stamm oder verhältnismäßig groß (widersprüchlich) ... isolierter Stamm von Nachbarn ... keine keltische Prägung ... nur germanische Nachbarn ... eigenes Universum ... ausgewogenes Verhältnis zu den Chatten ... Heirat des Adels zwischen Cheruskern und Chatten (das ist uns ja +/- gut bekannt). Drusus-Feldzug 12 - 8 v Chr. 11 v. Chr Konfrontation mit den Cheruskern ... militärisch unterwerfen ... Feindseligkeit gegenüber Römern, Hinterhalt von Arbalo ... Scharmützel ... Cherusker hohe Verluste, auch Römer stark geschwächt ... Rückzug nach Oberaden. 2. Drusus-Feldzug gegen die Cherusker bis an die Elbe ... Ausgang nicht überliefert.

Na ja, ohne Belege macht das alles auch wenig Sinn und El Quijote hat ja auch schon etwas dazu gesagt
 
Sorry, wenn ich nochmal nerve.

Die Drusus-Feldzüge ab 12 v.Chr. und das, was danach kam, waren reine Sommerfeldzüge. Also Truppenbewegungen in der warmen Jahreszeit mit der besten Geländegängigkeit oder was auch immer.

Was war aber in den Wintermonaten?

Die Legionen zogen sich anscheinend noch vor Einsetzen des Herbstregens, wenn möglich, auf dem schnellsten Weg ins Lager nach Oberaden oder Mogontiacum zurück.
Was war also in der Zwischenzeit? Kämpften die Germanen nicht auch überwiegend im Sommer oder gab es da weniger jahreszeitliche Präferenz?

Kann da in der inaktiven Zeit nicht wieder der Status Quo vor den Feldzügen hergestellt werden.
Also das Abmurksen von römischen Quästoren, Steuereintreibern, Tributforderern und dem Schleifen von all dem, was die Römer zuvor hinterlassen hatten?

Also Drusus zieht mit seinen Legionen los, marschiert einmal die Weser hoch und dann wieder ostwärts die Leine hoch und hinterlässt dann was, wenn sie sich ins Winterlager zurückziehen?
Ich will es einfach nur verstehen?
Muss er die Erfolge des Feldzuges 11 v.Chr. im Jahr 12 v.Chr. wiederherstellen und danach wieder bei Null anfangen?
Das habe ich noch nicht begriffen.
 
Okay, das heißt man hat kein stehendes Heer im Felde, sondern stationär in ein befestigtes Lager zurückgezogen.
Von dort aus können Kohorten ja auch mitten im Winter ausrücken und begrenzte Strafexpeditionen ausführen.
Okay verstanden.
 
Im Winter wurde nur in sehr seltenen Ausnahmefällen Krieg geführt.

Bauten wurden nicht hinterlassen. Und die Römer hatten eine sehr schlanke Vorstellung von Verwaltung.

Selbst in einer eingerichteten Provinz gab es einen Statthalter und evt. einen Finanzbeamten aus der römischen Oberschicht. Einen kleinen Stab im unteren zweistelligen Bereich besoldeten sie selbst. Oft natürlich Klienten, Sklaven oder Freigelassene. Der Rest der Verwaltung geschah durch zwei Komponenten:

1- Angehörige des Militärs der Provinz, wenn es solches gab.
2- Die Eigenverwaltung der Civitates, d.h. der Städte oder der nach Vorbild der Städte um eine Stadt konzentrierten Stämme.

Dazu mussten nur die Stämme, bzw. ihre Angreifer dazu gebracht werden, mit Rom zusammenzuarbeiten. Und dabei gab es andere Probleme als dass sich die Truppen im Winter in die Kasernen zurückzogen. Oberaden und später Haltern und Anreppen lagen so, dass von dort aus operiert werden konnte. Die Bedrohung blieb im Lande.

Zunächst ging es vielleicht nur darum, genügend Stämme zu Klientelstaaten zu machen. Bei beidem sind das Ziel Verträge oder Akzeptanz der neuen Ordnung. Tiberius bevorzugte anscheinend Diplomatie und Minimalziele gegenüber Gewalt und Maximalforderungen. Bei anderen ist das schwerer zu beurteilen.

(Kurzversion, weil die Zeit drängt.)
 
Ich hätte nochmal etwas.
In der Biographie des Kaiser Augustus wird auch immer die Verflechtung von Staatsführung und Hohepriester = Höchster Oberpriester|Pontifex maximus in einer Person gesprochen.
Es wurde ja nicht nur Augustus vergöttert, in einigen Provinzen zu einer Gottheit erhoben, sondern sogar seine Gemahlin Livia Drusilla.

Gab es irgendeine Parallele bei den Germanen dazu?
Also nicht Sippenchef und Oberster Priester in einer Person, aber in der gleichen Familie.

War es der Zeitgeist der Antike, dass es eben keine Säkularisierung, sprich die Trennung von Staat und Religion gab?
Kaiser und Gott. Wir hatten das schon mal angerissen.
Bei den Römern ist diese Form der Apotheose ja recht gut dokumentiert aber bei den Germanen?

Vielleicht ist es aber auch gar nicht zulässig, da über auch nur entfernte Parallelen zu ziehen.

Für mich ist es unverständlich, denn ein Mann Gottes oder Mittler der jeweiligen Götterwelt kann unmöglich Staatsmann in Personalunion sein.
Aber vielleicht ist das ja auch nur meine neuzeitliche Art zu denken.
 
Ja, ist es wohl.

In Griechenland und Rom waren Staat/Politik und Religion eng miteinander verwoben. Die Götter sorgten nicht nur für das Wohlergehen des Einzelnen, sondern auch des Staates - oder konnten ihn strafen. Somit war es nur konsequent, dass sich einerseits Staatsmänner auch darum kümmerten, dass die Götter zufrieden waren (indem sie z. B. öffentliche Opfer vollzogen, religiöse Feste veranstalteten oder Tempel stifteten - und für die Einhaltung "göttlichen", also gottgewollten, Rechts sorgten), andererseits religiöse Belange in der Politik berücksichtigt wurden (z. B. vor wichtigen Entscheidungen Orakel befragt und "Vorzeichen" berücksichtigt wurden).

Ansätze zu einer "Trennung" von Staat und Religion (wenn auch nicht im heutigen Sinne, sondern eher im Sinne einer Trennung von Politik und Religion) gab es aber durchaus, indem Inhabern mancher Priesterämter politische Funktionen untersagt wurden oder sie sonstigen Einschränkungen unterlagen. Z. B. durfte in Rom der Pontifex maximus bis ins 2. Jhdt. v. Chr. hinein Italien nicht verlassen, was die Ausübung des Amtes durch Politiker (die höchsten Ämter waren schließlich regelmäßig mit militärischen Aufgaben verbunden) erschwerte. Der "Rex sacrorum" durfte überhaupt kein politisches Amt bekleiden.
 
Die Trennung von Staat und Religion war noch nicht erfunden.

In Rom hatten Priester weltliche Aufgaben und Magistrate waren gleichzeitig Priester. Die Welt wurde ganzheitlich betrachtet und neue Religionen wurden dann akzeptiert, wenn sie sich dem System hinzufügen ließen. Für Juden galt, sehr vereinfacht gesagt, eine Ausnahme aufgrund alter Verträge. Und Christen waren nur zeitweise geduldet.

In Germanien gab es wohl gar keine gesonderten Priester. Aber das wurde hier im Thread schon erklärt.

Es ist übrigens jeder Christ ein Priester. Auch Angela Merkel.
 
Ich hätte nochmal etwas.
Für mich ist es unverständlich, denn ein Mann Gottes oder Mittler der jeweiligen Götterwelt kann unmöglich Staatsmann in Personalunion sein.
Aber vielleicht ist das ja auch nur meine neuzeitliche Art zu denken.

Sag das den Päpsten bis ins 19. Jh.; oder, zeitlich passender, Charles III., dem recht neuen Oberhaupt der anglikanischen Kirche... ;)

Religiöse Gefühle wurden zu so vielen Zeiten zur Legitimation von Herrschaft heran gezogen, von den von den Göttern oder göttlichen Heroen abstammenden Aristokraten der Antike über das Gottesgnadentum der christlichen Monarchien oder das Madant des Himmels in China bis zur Manifest Destiny der USA, warum nicht bei den Germanen bzw Cheruskern? Wir wissen es halt mangels Quellen nicht.
 
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