Luftkrieg: Atombombenabwurf auf Hiroshima - warum dort?

Dieses Thema im Forum "Der Zweite Weltkrieg" wurde erstellt von naty, 6. Juni 2010.

  1. Tib. Gabinius

    Tib. Gabinius Aktives Mitglied

    Gleichzeitig haben sich Veteranen auf "abgelegenen" Inseln nachdem sie über die Kapitulation informiert wurden ergeben.
    Letztlich ist es ein "was wäre wenn", aber ich behaupte mal, den Versuch wäre es wert gewesen, bevor man die Vernichtung ganzer Stadtbevölkerungen erwägt.
    Nb. gab es vor kurzem eine Dokumentation auf Arte, in der es u.a. um Giftgas und Biowaffen in Japans Händen ging. Dort wurde die Behauptung aufgestellt, dass die Amerikaner mit der Bombardierung der Führungsbunker und -quartiere drohten, sollten diese eingesetzt werden, woraufhin dies auch unterlassen wurde.
    OB das natürlich stimmt läßt sich nicht nachprüfen, zeigt aber eine interessante Tendenz auf.
     
  2. silesia

    silesia Moderator Mitarbeiter

    Ein Hauptproblem der Diskussion besteht in der Verwendung des Begriffes "Rechtfertigung". Der benötigt nämlich eine Kriteriengerüst, bzw. eine Basis der Beurteilung.

    Folglich stehen sich hier mehrere Kategorien gegenüber, die je nach Autor die Priorität genießen:

    - militärische Maßstäbe
    - rechtliche Grundlagen bzw. völkerrechtliche Vorgaben
    - ethisch-moralische Beurteilungen

    - und auch in einer Gemengelage der drei: politische (auch außen- und machtpolitische) Erwägungen.
     
  3. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Für die Japaner machte es vermutlich einen Unterschied, ob ihr Kaiser "freiwillig" kapituliert oder ob er gefangengenommen oder gar getötet wird.

    In der Zeit dieses "Versuchs" wäre der Krieg insbesondere in China trotzdem weitergegangen, dazu wäre noch der neu ausbrechende Krieg Japans in der Mandschurei gegen die Sowjetunion gekommen.
     
    hatl gefällt das.
  4. Sascha66

    Sascha66 Neues Mitglied

    So sehe ich das auch.
    Ausserdem sollte man nicht ausser acht lassen, das die USA zu dem Zeitpunkt in etwa das Ausmaß der Zersötrungen durch ihre konventionellen Bombenangriffe auf deutsche Städte kannten. Zerstörungen und Opfer unter der Zivilbevölkerung, die nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatten.
    Von den Opfern unter den Bomberbesatzungen ganz zu schweigen.
    Wozu also das selbe nochmal durchziehen wenn es auf andere Weise möglicherweise schneller geht?

    Möglicherweise haben sich ja zu dem Zeitpunkt auch schon ein paar Leute mit den Kosten des Wiederaufbaus beschäfftigt.
     
  5. Ashigaru

    Ashigaru Premiummitglied

    Was dieses Thema betrifft, so möchte ich darauf hinweisen, dass die Japaner nicht überall und immer so hartnäckig Widerstand leisteten wie auf Okinawa und Iwo Jima. Bei der letzten Großoffensive der Sowjets in der Mandschurei ließen sich z.B. viele Soldaten gefangen nehmen.
     
  6. silesia

    silesia Moderator Mitarbeiter

    Hier dürften Besonderheiten, wie zB die drittklassigen Verbände, eine wichtige Rolle spielen.


    Es gibt Gegenbeispiele, wie Birma, wo bzgl. Kapitulation von Tokio interveniert werden mußte, um das durchzusetzen.
     
  7. thanepower

    thanepower Aktives Mitglied

    Es war aber nicht ganz so, also die Sache mit der schlechten Laune bei Truman. In P. Wyden, Day One. Before Hiroshima and after. S. 221 ff. wird die Szene, in Anlehnung an das Tagebuch von Truman bzw. von Churchill beschrieben.

    Es kommt allerdings definitv kein Hammer vor, der Stalin gezeigt werden sollte :p und die Reichweite der Information, dass die USA über eine neue Bombe verfügen würden schien Stalin nicht beeindruckt zu haben: Truman schrieb: "The Russian Premier showed no special interest. (ebd. S. 225).

    Als Reaktion, zurück in MOskau, befahl Stalin eine deutliche Intensivierung der Atomforschung, um die strategische Balance aus siner Sicht wieder herzustellen, da ihm die Reichweite durchaus klar war (ebd. 226).

    Der Einsatz der Bombe wurde dann auch nicht in Potsdam diskutiert und schon gar nicht beschlossen. Für Truman stand der Einsatz wohl außer Frage (ebd. 227), so Churchill.

    Allerdings ist auch anzumerken, dass die Aussichten der Amerikaner bei der Eroberung der Hauptinseln in der Tat sehr bedrückend waren.

    Sieht man davon ab, dass die japanische Handelsschiffahrt Mitte 45 in Agonie lag, wurde ein sehr engagierte Mobilisierungsverfahren in Gang gesetzt, dass neue Divisionen aufstellte, aber auch kampfkräftige Divisionen (z.B. 2 Panzer- und 2 Infantriedivisionen aus der Mandschurei, Silesia wies auf die 3.klassigkeit der verbliebenen Verbände hin) nach Japan verlegt.

    Das Ziel waren ca. 60 Divisionen mit ca. 2.9 Mio Soldaten, inklusive 2 bis 3 Panzer-Divisionen (Marston: The Pacific War Companion, S. 228). Es wäre ein sehr harter Kampf geworden, der die Liste der US-Toten sehr deutlich verlängert hätte, da in der Historie noch nie eine japanische Regierung kapituliert hatte.

    Allerdings entspricht das nicht der realen Diskusssion in Japan, wie Weinberg aufzeigt. In Tokio wurde durchaus ernsthaft über Schritte zum Ausstieg aus dem Krieg, auch als Kapitulation in den höchsten politischen Kreisen nachgedacht (Weinberg: Eine Welt in Waffen, S. 924). Hirohito hatte die Regierung am 26. Juni 45 aufgefordert, den Krieg zu beenden (ebd. S. 926).
     
    Zuletzt bearbeitet: 6. Juni 2010
  8. Tib. Gabinius

    Tib. Gabinius Aktives Mitglied

    Die Mentalität der Japaner wäre sicherlich ein lang zu diskutierendes Thema, aber ich halte es ebenso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich, dass die Armee selbst, abgeschnitten von Befehlen und Informationen, den Kampf nicht mehr endlos hätte weiterführen wollen und in jedem Fall nicht können. Ohne Organisation der Versorgung, des Nachschubs und Anpassung der Strategie sind die Grenzen einfach deutlich gesetzt.
    Aber wie gesagt, das ist ein unbeendbares "was wär wenn".


    Die Opfer und Massaker in China sind ein gutes Argument. Aber auch hier weiß ich nicht, ob der Angriff auf Zivilisten den Angriff auf Zivilisten rechtfertigt. Da tut sich auch die Frage nach alternativen Zielen auf, eine Demonstration mit einem nichtzivilen Ziel.
    Was den Krieg der SU gegen Japan angeht, empfinde ich dies als negierte Umgekehrung der vorher genannten Theorie des "Angreifer dürfen sich nicht beklagen". Immerhin gab es einen japanisch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 13.04.1941, der auch noch bis 1946 gegolten hätte.
     
  9. Tib. Gabinius

    Tib. Gabinius Aktives Mitglied

    Soweit ich informiert bin, war die japanische Luftabwehr kaum noch existent und die Bombardements erreichten aufgrund japanischer Bauweise weitaus leichter (somit also mit geringerem Aufwand und weniger Kosten) Dresdner Gestalt. Reispapier ist sehr leicht entzündlich.
     
  10. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Nicht alle japanischen Truppen wären abgeschnitten und unversorgt gewesen. In den besetzten Gebieten, die über Rohstoffe verfügten, hätten sie sich durchaus selbst versorgen können.
    Ich verweise weiters darauf, dass sogar in Europa einzelne deutsch besetzte Gebiete in Nordfrankreich und Lettland, ich glaube sogar auf Kreta, bis Kriegsende durchhielten.
     
  11. Barbarossa

    Barbarossa Neues Mitglied

    Ja und bei der Hauptinsel Japans weiß ich, daß hier auch Frauen und Kinder mobilisiert wurden, die den Angriff der Amerikaner abwehren sollten. Also bei einer notwendigen Landung wäre nochmals ein harter Kampf entbrandt, davon können wir wohl ausgehen.
     
  12. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Erschlägt dich aber andererseits nicht, wenn die Hütte zusammenfällt. Gab es in Japan überhaupt einen systematischen zivilen Luftschutz wie in Deutschland? Die traditionellen Wohnhäuser in Japan waren nicht unterkellert, ich kann mir als Schutz allenfalls Splittergräben und Einmannlöcher Marke Eigenbau vorstellen. Wenn man die Bilder der zerbombten Städte in Deutschland sieht, fragt man sich unwillkürlich, warum es nicht noch viel mehr zivile Opfer gab.
     
  13. Tib. Gabinius

    Tib. Gabinius Aktives Mitglied

    Ich schrieb vor allem von der Organisation dieser Versorgung, die durch den Wegfall der Spitzen eben nicht mehr gewährleistet wäre.
    Und mit Sicherheit ist der Ölmangel, welcher im April ja vollkommen geworden war ein zusätzlicher Faktor, die Gesamtversorgung nicht mehr aufrecht erhalten zu können, geschweige denn eine Produktion. Keine Schiffe, keine Flugzeuge, keine Transporte. Und wir sprechen hier ja nicht mehr von Burma o.ä. sondern von Japan. Wenn keine Munition herangebracht werden kann (oder nur auf Bollerwagen), dann ist die Luftabwehr nicht mehr in der Lage zu schießen.

    Das sich Widerstandsnester bilden und halten halte ich ebenfalls für wahrscheinlich. Die Notwendigkeit gegen diese aktiv vorzugehen halte ich für gering.
     
  14. Tib. Gabinius

    Tib. Gabinius Aktives Mitglied

    Der am schlimmsten gewertete Angriff war ein Phosphorbombenangriff in der Nacht auf den 10. März 1945. Er soll mehr Opfer als die Atombombenangriffe gefordert haben (jeweils).
    Insofern war scheinbar Brand schlimmer als Einsturz.

    m.W. gab es eine japanische Zivilschutzbehörde, die u.a. auch für die Überbringung der Einzugsschreiben usw. zuständig war. Heute noch gehen Brandinspektoren durch einige Städte in Japan, die davor warnen, Nachts Feuer anzulassen.
    Die Möglichkeiten des Schutzes aber sind sehr begrenzt, gerade bei einer Feuersbrunst hilft ja ein Splittergraben fast nichts.
     
  15. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Aber gerade um die Truppen in China etc. geht es mir. Die hätten doch auch bei einer totalen Blockade des Mutterlandes selbstständig weiterkämpfen können.
     
  16. Tib. Gabinius

    Tib. Gabinius Aktives Mitglied

    Ich vermute mal, dass viele Offiziere angesichts der ihnen blühenden Strafen sogar starkes Interesse daran gehabt hätten, daher sagte ich bereits, dass dies ein gutes Argument ist.
    Aber nach wie vor bleibt bei mir auch das schale Gefühl, wenn sowas als Grund für einen Angriff auf zivile Ziele zumal in dieser Größenordnung herhalten soll.
     
  17. thanepower

    thanepower Aktives Mitglied

    Von Vasilevsky wurde in der Mandschurei eine Armee von 1,6 Mio Soldaten, ca. 3704 Panzer, 1852 Selbstfahlafetten, ca. 16000 Artillerierohre und ca. 5000 Flugzeuge kommandiert (Transbaikal-Front, 2. Fernost-Front und 1. Fernost-Front)

    Im Rahmen von August STorm wurde eine konzentrische Angriffsbewegung mehrerer Fronten initiert.

    Es sollten die Mandschurei, Sakhalin und Korea erobert werden, was auch weitgehend erreicht wurde.

    Ihm gegenüber stand, unter anderem, die Kwantung-Armee mit ca. 700.000 Soldaten, die unterstützt wurden durch ca. 2000, überwiegend obsolete, Flugzeuge.

    Es wurde schon zweimal darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen Truppen um drittklassige Einheiten handeln würde.

    Dennoch kämpften die Japaner hart, wenngleich langfristig nicht erfolgreich. Sie verlor ca. 84000 Soldaten im Gegensatz zu der Roten Armee, die ca. 36000 Soldaten verlor.

    Letzlich standen sie auf verlorenem Posten, da die Russen sie einfach einkesselten und weiter vorstießen. So wie sie es gelernt hatten in der russischen Variante mobiler Kriegsführung. (Pacific War Companion, S. 234ff).
     
    Zuletzt bearbeitet: 6. Juni 2010
  18. Klaus

    Klaus Neues Mitglied

    Es gab auch eine gewisse Eigendynamik.

    Es gibt nämlich zwei verschiedene Verfahren der Atombombenherstellung, beruhend auf der Spaltung
    (a) von Uran 235. Dieses Isotop kommt im Natur-Uran zu nur 0,7 % vor - der Rest ist Uran 238 - und muss von diesem abgetrennt werden.
    (b) von Plutonium 239. Dieses Element wird durch Neutronenbestrahlung von Uran 238 gewonnen.

    Beide Methoden wurden von den Amerikanern angewandt, (a) für Hiroshima, (b) für Nagasaki. Die Entwicklung war ein beispielloser wissenschaftlicher und ökonomischer Kraftakt und stets ein Wettlauf gegen die Zeit, nämlich das "drohende" Kriegsende. Bei der Kapitulation Deutschlands waren die Bomben jedenfalls noch nicht einsatzbereit.

    Daher gab es einen gewissen Sachzwang, beide Bomben in Japan zum Einsatz zu bringen. Zumindest wäre es für Truman schwierig gewesen, sie nach all dem Aufwand dann in der Versenkung verschwinden zu lassen.
     
  19. Rodriguez

    Rodriguez Aktives Mitglied

    Ganz davon abgesehen, dass eine Gleichsetzung der Atombombenabwürfe auf Japan mit dem Holocaust mehr als Geschmacklos ist, sollte man diese Bombenabwürfe nicht mit heutigen Wissen und Gewissen beurteilen, sondern - wie immer bei einer objektiven Geschichtsbewertung - aus der damaligen Situation heraus! ...




    Saludos!
     
    3 Person(en) gefällt das.
  20. Reinecke

    Reinecke Aktives Mitglied

    Bei einer Invasion des japanischen Kernlandes musste aber von einem sehr viel größeren Einsatz ausgegangen werden als bei Kämpfen irgendwo in einer Kolonie auf dem Festland. Die japanische Führung plante mWn tatsächlich, bei einer amerikanischen Invasion der japanischen Inseln vehement Widerstand zu leisten und den USA so schwere Verluste beizubringen, dass diese auf die bedingungslosen Kapitulation verzichten und sich auf einen Frieden einlassen würden, bei dem Japan noch ein Wort mitzureden hat.

    http://usaerklaert.wordpress.com/2008/08/02/der-krieg-gegen-japan-teil-3-ketsu-go-japans-letzter-plan/

    P.S. (Off-Topic):
    Ich würde darum bitten, auf solche Provokationen zu verzichten; politische Debatten sind hier nicht erwünscht, aber so einen dämlichen Dreck will ich eigentlich nicht unwidersprochen stehen lassen. Danke.
     
    3 Person(en) gefällt das.

Diese Seite empfehlen