Marschall Blücher: Genialer Feldherr oder seniler Sturkopf?

überraschend Blücher

Dass in der Hansestadt Rostock ein Denkmal des Marschalls "Vorwärts" steht, das wußte ich ja noch, aber dass seine Eltern in der Kirche St. Petri begraben sind, dann doch nicht, jedenfalls bis vor ein paar Tagen. (siehe Foto)

Für mich die Gelegenheit, mal wieder einmal nachzulesen und mit einem eigenen Thread an ihn zu erinnern:

"Er war ein Musterbeispiel eines Soldaten. Beispielgebend als tapferster im Kampf und unermüdlich bei großen Anstrengungen, übte er einen faszinierenden Einfluß auf den einfachen Soldaten aus, tollkühne Bravour, viel Scharfblick auf dem Terrain, Raschheit des Entschlusses in schwierigen Situationen und eine Zähigkeit in der Verteidigung, die seiner Energie beim Angriff gleichkam, mit genügendem Verstand, um in einfacheren Fällen selbst das Richtige zu finden, in schwierigen sich auf Gneisenau zu verlassen ..."

So urteilte Karl Marx, immerhin einer, der wohl dieser Tage wieder an Bedeutung gewinnt ...

Ein anderer, der es wissen muss, Napoleon, sagt folgendes über ihn:

"Der alte Teufelskerl hat mich stets mit gleicher Wucht angegriffen; kaum hatte ich ihn geschlagen, so stand er wieder kampfbereit vor mir."

Aber!

Militärs sind ein eigenes Völkchen und sie haben oft eine sehr eigene Meinung, Probleme zu lösen, die in der Schnittmenge wenig mit den der Diplomaten gemeinsam haben. So schrieb Blücher Anfang Juli 1815 an den Grafen von Goltz, dem Gesandten bei Ludwig XVIII.:

"Die Brücke (Jenaer Brücke in Paris, von Napoleon nach dem Siege von Jena so bezeichnet) wird gesprengt, und ich wünsche, Herr Talleyrand setzte sich vorher darauf. Wie kann dieser verächtliche Mensch die Brücke ein kostbares Monument nennen! Unsere Nationalehre erfordert die Vernichtung dieses zu unserer Beschimpfung errichteten Denkmals.
Euer Hochwohlgeboren werden mich verbinden, wenn Sie diese Meinung zur Kenntnis des Herrn Talleyrand bringen."

(Alle Zitate aus: Blücher der Held des Volksheeres; Schriften von oder über Blücher, Rütten & Loening, Berlin, 1953)

Der Wille Blüchers schlug hohe Wellen. Glücklicherweise konnte durch die Diplomatie verhindert werden, dass das Brückenbauwerk sinnlos gesprengt wurde ...

Und so ist es wie oft im Leben. Ein kleines Schild bringt Geschichte in Erinnerung, läßt einen nachblättern ...

Ja, und wer Rostock besuchen sollte, sollte St. Petri unbedingt auf dem Zettel haben. Man hat vom Turm (mit dem Fahrstuhl erreichbar) einen wunderbaren Blick über die Stadt und den Hafen.

Grüße
excideuil
 

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Ich habe gerade in der aktuellen "Militär & Geschichte", einer leicht rechtslastigen Militärpostille, die Behauptung gelesen, Blüchers Deutsch wäre so schlecht gewesen, weil seine Muttersprache Schwedisch gewesen sei. Das ist falsch!:motz:

Er ist in Rostock geboren, das anders als Vorpommern und Wismar nie schwedisch war - mal ganz abgesehen davon, dass diese Gebiete deutsch geprägt waren und allenfalls die höheren Offiziere und Spitzenbeamten aus dem Norden kamen. Blüchers frühe Karriere in einem Schwedenregiment ist diesbezüglich irrelevant. Die Ostsee hat er m.W. zeitlebens nicht überquert.
 
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Ich habe gerade in der aktuellen "Militär & Geschichte", einer leicht rechtslastigen Militärpostille, die Behauptung gelesen, Blüchers Deutsch wäre so schlecht gewesen, weil seine Muttersprache Schwedisch gewesen sei. Das ist falsch!
Ich hatte bis jetzt auch eher den Eindruck, dass er schlicht so schrieb wie er sprach, also wohl mit Einklang durch den Dialekt. Mit schlechten Deutschkenntnissen hat das weniger zu tun. Möglich wäre es, dass er sich der damals einsetzenden Vereinheitlichung der deutschen Schriftsprache gewissermaßen widersetzte. Seine Briefe erinnerten mich oftmals eher an Briefe des frühen 18.Jh. oder der Mitte des 18.Jh., z.B. von Friedrich I. in Preußen oder Schriftzeugnisse von Kaiser Karl VI., was die Eigenwilligkeit in Ausdruck und Rechtschreibung anbelangt.
 
Ich hatte bis jetzt auch eher den Eindruck, dass er schlicht so schrieb wie er sprach, also wohl mit Einklang durch den Dialekt.
Im Alltag daheim und zu seinen Regimentern sprach er, das ist belegt, ein fürchterliches Platt-/Hochdeutsch-Mischmasch. Bei Hofe muss er damit Probleme gehabt haben, zumal er nur rudimentär Französisch konnte. Das ist jedenfalls überliefert, als er seinen Erzfeind Napoleon (nach seiner Gefangennahme 1806 bei Lübeck) sogar mal zum Gespräch traf. Kein Wunder, dass Napoleon ihn nachher als ungehobelten Klotz und "besoffenen Husaren" in Erinnerung behielt.
 
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...Blüchers Deutsch wäre so schlecht gewesen, weil seine Muttersprache Schwedisch gewesen sei. Das ist falsch!:motz:

Er ist in Rostock geboren, das anders als Vorpommern und Wismar nie schwedisch war -

Wenn man sich die Kindheit unter Wikipedia mal anschaut, ist es schon wahrscheinlich, dass er Schwedisch zumindest gut sprechen konnte, gelernt auf dem schwedischen Ruegen, bei der (dt.) Schwester der Mutter mit Ihrem schwedischen Mann.
Wie die Spracherziehung dann dort tatsæchlich war, wære tatsæchlich interessant: 2-sprachig oder nur Schwedisch?

Vom Geburtsort und der dt. Abstammung der Eltern allein kønnen wir jedenfalls nichts herleiten.

Meine Vermutung: Er wird beides gekonnt haben, ein "Mixen" der beiden Sprachen halte ich allerdings auch fuer møglich.

Nachtrag: Wissen wir denn etwas z.B. ueber Unterredungen von Bernadotte und Bluecher?
Schwedisch bøte sich ja dann an...

Gruss, muheijo
 
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Im Moment nicht, müsste ich googeln.:red:
Ich konnte mich nur an eine Biographie mit Briefen darin entsinnen.


Die müsste bei mir im Regal stehen.
An Briefe an seine Frau mit "göttlicher Orthografie" aus den Kämpfen im heutigen Saarland der 1790er Jahre kann ich mich erinnern. Briefe die einen ganz anderen Blücher zeigen, als den "besoffenen Husaren".

In England 1813 wurde er sehr gefeiert
 
@Muheijo: Nachtrag: Wissen wir denn etwas z.B. ueber Unterredungen von Bernadotte und Bluecher?
Schwedisch bøte sich ja dann an...
Oh, oh oh. Ich bitte dich!!! :rofl:
Bernadotte stammte aus der Gascogne und zu dem Zeitpunkt war von seiner Thronfolge noch keine Rede. Soweit ich weiß, hat er zeitlebens nicht richtig Schwedisch gelernt, musste er damals als Monarch auch nicht.

...gelernt auf dem schwedischen Ruegen, bei der (dt.) Schwester der Mutter mit Ihrem schwedischen Mann.
Der gute Mann hiess von Krackwitz. Klingt nicht sehr schwedisch, sondern nach ostelbischem Rübenadel.
 
Oh, oh oh. Ich bitte dich!!! :rofl:
Bernadotte stammte aus der Gascogne und zu dem Zeitpunkt war von seiner Thronfolge noch keine Rede.

Nein, nein, bei den Treffen Bernadotte - Bluecher rede ich von der Zeit wæhrend der Befreiungskriege, 1813-1814, Leipzig etc. Da war Bernadotte ja længst Thronfolger. Und war es nicht Bedingung, dass er Schwedisch lernen musste?
Irgendwie muessen sie sich ja verstændigt haben, und wenn Bluecher kaum Franzøsisch sprach...

Gruss, muheijo
 
Und war es nicht Bedingung, dass er Schwedisch lernen musste?
Davon weiß ich nichts. Am Stockholmer Hof sprach man Französisch (und Deutsch), genauso beim Zaren in Moskau. Deshalb bin ich mir nicht mal sicher, ob Alexander Russisch konnte.

Irgendwie muessen sie sich ja verstændigt haben, und wenn Bluecher kaum Franzøsisch sprach...
Sicher haben sie sich irgendwie verständigt, aber nicht besonders gut. Die Zusammenarbeit mit dem "Zauderer" Bernadotte war schlecht bzw. es gab keine.
Im Vorfeld von Leipzig, wo schon beim Anmarsch Bernadotte am liebsten getürmt wäre (Zitat Blücher): "Wenn der Hund von Zigeuner (Anspielung auf Bernadottes südländische Physiognomie) nicht sofort kommt, möge ihn das heilige Kreuzgranatenbombendonnerwetter in Fetzen schlagen!!!"
Ich nehme mal an, dass die Ordonanz, die diese Worte mit auf den Weg bekam, das in Französisch und etwas diplomatischer vorgetragen hat.:rofl:

Nein, nein, bei den Treffen Bernadotte - Bluecher rede ich von der Zeit wæhrend der Befreiungskriege, 1813-1814, Leipzig etc.
Sorry, ich dachte an 1806, wo Bernadotte Blücher bei Lübeck gefangen nahm.
 
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Nein, nein, bei den Treffen Bernadotte - Bluecher rede ich von der Zeit wæhrend der Befreiungskriege, 1813-1814, Leipzig etc. Da war Bernadotte ja længst Thronfolger. Und war es nicht Bedingung, dass er Schwedisch lernen musste?
Irgendwie muessen sie sich ja verstændigt haben, und wenn Bluecher kaum Franzøsisch sprach...

Gruss, muheijo


Soweit ich weiß, lernten weder Bernadotte noch seine Frau jemals richtig Schwedisch, aber selbstverständlich lernte der Sohn, der spätere
Oscar I., Schwedisch und dieser hat wohl auch im Staatsrat vermittelt.

Gruß..............
 
Nach Bewertung vieler seiner Handlungen nach Aufwand und Ergebnis ist die Legende vom Marschall Vorwärts für mich ebenso (deutschtümelnd) glorifiziert, wie der militärische Dilettantismus der Lützower Jäger oder die revolutionäre Nullnummer Che Guevara auf der Seite der kommunistischen Internationale.Blücher hatte aber wenigstens noch den Vorteil, dass er mit Scharnhorst einen fähigen Generalstabsoffizier neben sich hatte, der für Blücher später die tatktische Richtung vorgab und damit letztendlich verhindert wurde, dass durch das Ungestüm und die ausschließlich geradlinige Denkweise dieses recht einfachen und undiplomatischen Charakters, größerer Schaden eintrat.Die Berichte über den Generalleutnant, der 1806 bei Jena seinen Kavallerieangriff versemmelt und sich schließlich nach Lübeck retten muss, hier noch mit Scharnhorst angeblich 34 schwere Kanonen rettet, die schließlich vor der Stadt dennoch in die Hände der französischen Armee fallen und bei Blüchers unbeherrschtem Ausfallversuch auch noch die ganze Stadt verloren geht, sind für einen militärisch geschulten Menschen wohl eher zum Schmunzeln. Woher die Blücher - Fans die Chuspe nehmen, einen solchen Hasardeur zum militärischen Genie zu euphemisieren, ist mir immer ein Rätsel.Ich stelle mir jedenfalls die Begegnung zwischen Blücher und Bernadotte 1813 recht amüsant vor (und ewig grüßt das Murmeltier): Blücher der Loser von Ratekau, dem 1807 dortselbst durch genervt - süffisanter Geste des Marschall Bernadotte, der Degen belassen wurde, trifft im Oktober 1813 auf seinen Besieger, nunmehr Kronprinz von Schweden und muss diesen zum Kampf nötigen, damit Blücher sich an seinem noch größeren Erzfeind Napoleon für seine Schmach von 1806/07 rächen kann.Ich kann mir das Schmunzeln von Bernadotte vor meinem geistigen Auge vorstellen, mit dem er den bekannt - unbeherrschten General am langen Arm warten ließ. Und die Depeschen von Blücher in den Oktobertagen selbst sprechen ja aus, dass sich Blücher eben dieser wiederum unangenehmen Situation gegenüber Bernadotte bewusst war.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
naja, es ist nicht unbedingt so, dass Bernadotte selber sein Heer aufgestellt hat, vielmehr war es ein Mix von preussisch-russischen Truppen, mit gut 20.000 Schweden, die ihm aus politischen Gründen zugeteilt wurden. Hätte man diese Truppen zwischen der Haupt- und der Schlesichen Armee aufgeteilt, wären die Franzosen bei Leipzig wohl nicht entkommen.
Blüchers Verdienste sind nicht im taktischen oder strategischen Bereich zu suchen. Er war Gallionsfigur.
 
Also sein Heer wird er schon selbst aufgestellt haben.Nur war Bernadotte eben tatsächlich der Oberbefehlshaber eines gemischten Armeekorps, auf das Blücher nicht einfach so zugreifen konnte, wie er es gern gewollt hätte. Und am meisten hasste er es wohl, dass er dem Kronprinzen von Schweden nicht so einfach befehlen konnte.Leipzig ist dann nochmal ein anderes Kapitel!Da wir ja gerade bei *hätte* sind:Hätten sich im Oktober 1813 in Leipzig alle Verbündeten an die Schlachtdisposition von Schwarzenberg gehalten, wäre die Völkerschlacht bei Leipzig sicher in einem Desaster für die Verbündeten geendet.Da dies eben niemand tat und alle zufällig das Richtige anstellten und auch Fortuna in Möckern mit dem Yorckschen Korps recht großzügig war, durfte Bernadotte sich hinterher als absoluter Sieger feiern:wie unter Napoleon, hatte er wiederum trotz Blücher seine Truppen geschont und zudem seinem alten Widersacher Napoleon Bonaparte, der ihn in Auerstedt und Aspern Essling mehr als einmal als militärisch unvermögend beurteilte, eins mitgegeben.Auch wenns weh tut: nicht immer ist das Genie der Sieger!
 
Also sein Heer wird er schon selbst aufgestellt haben.
eigetnlich nicht.
OOB der Nordarmee nach Hofschröer:

Korps Witzingerode (Russen)
III Korps Bülow (Preussen)
Korps Stedink (Schweden)
zusammen
48.941 Infanterie
11.665 Kavallerie
5.087 Kosaken
226 Kanonen

Bernadotte war als Oberbefehlshaber während der Leipzig-Kampagne nutzloser als ein Loch im Kopf. Das wertet jetzt Blücher als Feldherr nicht unbedignt auf, aber der hat wenigstens Interesse gezeigt die Schlacht auch zu gewinnen.
Das die Österreicher an allem ausser einem totalen Sieg interessiert waren ist natürlich ebenfalls bekannt. Wer nach Leipzig noch irgendwelche Zweifel hatte, dürfte sich während der Kampgne von 1814 wohl als aufgeklärt betrachten dürfen.
 
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