Punischer Krieg/Corvus im römischen Schiffsbau

Drei Beispiele zum Entern
Herodot, VIII, Schlacht von Salamis:
(84)Die Hellenen wollten schon rückwärts rudern und ans Land gehen, da stieß Ameinias von Pallene, ein Athener, der vorausgefahren war, mit einem feindlichen Schiff zusammen. Die Schiffe saßen fest und konnten sich nicht losmachen;
(90) Das attische ging unter, und ein heranstürmendes aiginetisches bohrte nun das samothrakische in den Grund. Die Samothraker als gute Schützen aber schossen die Besatzung des Schiffes, das das ihrige zum Sinken gebracht hatte, herunter und nahmen es selber in Besitz. (92)Dies sidonische Schiff, mit Pytheas und persischer Besatzung an Bord wurde jetzt erobert, sodass Pytheas glücklich nach Aigina zurückkehren konnte.
 
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Um noch einmal zu den römischen Münzen, die den Corvus, angeblich zeigen zu kommen. Diese Münze ist korinthisch, stammt aus Phaselis und zeigt ein griechisches Kriegsschiff des 4. Jh. v.Chr. mit einer ähnlichen Struktur auf dem Bug, wie das römische Kriegsschiff auf der Münze aus der Zeit der pun. Kriege. Die Bugzier zeigt eindeutig kein römisches Schiff.
Was das für Aufbauten sind , kann man aber nicht eindeutig sagen. Deshalb finde ich die Deutung der röm. Münzen als Corvus ziemlich problematisch.
 

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Drei Beispiele zum Entern
Herodot, VIII, Schlacht von Salamis:
(84)Die Hellenen wollten schon rückwärts rudern und ans Land gehen, da stieß Ameinias von Pallene, ein Athener, der vorausgefahren war, mit einem feindlichen Schiff zusammen. Die Schiffe saßen fest und konnten sich nicht losmachen;
(90) Das attische ging unter, und ein heranstürmendes aiginetisches bohrte nun das samothrakische in den Grund. Die Samothraker als gute Schützen aber schossen die Besatzung des Schiffes, das das ihrige zum Sinken gebracht hatte, herunter und nahmen es selber in Besitz. (92)Dies sidonische Schiff, mit Pytheas und persischer Besatzung an Bord wurde jetzt erobert, sodass Pytheas glücklich nach Aigina zurückkehren konnte.
Ich finde diese Beispiele exemplarisch, wie aus dem realen Schlachtgeschehen sich das Entern/Kapern fast zwangsläufig / intuitiv entwickelt:
Szene 1, die Schiffe, gerade in enger Formation und bei dichtem Ineinanderfahren, kommen nicht mehr los, die Ruder haben keine Bewegungsfreiheit mehr, um die Schiffe voneinander zu lösen, dadurch entsteht schnell ein Nahkampf.
Szene 2: Mannschaften wechseln vom eigenen sinkenden/brennenden Schiff auf das gegnerische und erobern es
Szene 3: in diesem Fall erobern zwei Schiffe (ein athenisches und ein aiginetisches) ein besonderes gegnerisches, und befreien Gefangene.

Leider kann man, und ich habe auch noch einmal bei Thukydides geschaut, wie Ravenik schreibt, nichts genaueres aus den Beschreibungen erfahren, ob es Enterhaken an Stangen, Seilen, oder Sturmleitern gegeben hat, oder ob das Entern im Kampf Reling an Reling durch Heranrudern oder beim Verkeilen der Schiffe stattgefunden hat. Auf Galeottos schönen ikonographischen Zeugnissen ist auch nicht eindeutig erkennen, welchen Zweck die Vorrichtungen haben - in meiner Übersetzung des Thukydides wird apobathra mit Landungsbrücken übersetzt - diese könnte natürlich auch multitfunktional verwendet worden sein.
 
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Ich hatte weiter oben nach einer Reling bei Kampfschiffen gefragt, mir ist noch nicht klar, ob es diese wirklich gegeben hat, wenn ich mir die Olympias (siehe Nachbau der Trireme, Bild unten) anschaue, dann stand die Kampfmannschaft wahrscheinlich auf dem Schiffsdeck ohne Reling, oder? Eine Reling wäre für einen Corvus ein schwieriges Hindernis, wenn sie durchschnittlich stabil gebaut ist, und würde den Durchschlageffekt aufheben.
 

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Bin gerade mal Tante Wiki zum Thema Galeere durchgegangen, sowie Ronald Bockius "Schifffahrt und Schiffbau in der Antike".
Es gibt Darstellungen in denen es eine Reling fast auf dem kompletten Oberdeck gibt, jedoch waren dann die Ausleger, welche die Ruder trugen, komplett bedeckt, so das hier eine großzügige Lauffläche entstand. Und diese Lauffläche war niedriger als das Oberdeck. Was mir nur wieder aufgefallen ist waren die Kampftürme auf dem Oberdeck, wann sind die eigentlich entstanden?
 
Penteren waren wesentlich größer als Triremen, mindestens die doppelte Verdrängung und annähernd die doppelte Besatzung
 
Was mir nur wieder aufgefallen ist waren die Kampftürme auf dem Oberdeck, wann sind die eigentlich entstanden?
Türme waren bereits bei den hellenistischen Kriegsschiffen üblich. Auch die Römer verwendeten diese für Bogenschützen und kleine Schleudermaschinen. Sie waren aber keine feste Einrichtung der Schiffe sondern als Fertigteile an Bord gelagert um den Schwerpunkt der flachbödigen Schiffe nicht zu hoch zu bekommen. Bei Bedarf wurden sie sehr schnell auf- und wieder abgebaut. Sie waren meist mit einer Steinimitation bemalt, bestanden aber aus Holz. Die einzelnen Geschwader führten je einen eigenen Farbton mit dem die Türme gestrichen waren als Erkennungsmerkmal.
 
Das klingt logisch, zumal sich die Fahrzeuge ja meist nur in geschützten Gewässern zu Schlachten getroffen haben. Besten Dank.
 
Zu den Türmen: Caesar über Gefechte mit den Segelschiffen der Veneter: " Wenn man nun aber auch unsererseits auf den Schiffen die Türme aufgerichtet hatten, so ragte das Achterdeck der Barbaren noch über diese empor...".

der Corvus konnte, laut Polybios nur in bestimmten Positionen als Brücke verwendet werden: " Sobald nun die Raben in die Bretter des Verdecks einschlugen und die Schiffe aneinander gebunden waren, sprangen sie, wenn sich die Schiffe mit den Breitseiten aneinander gelegt hatten, von überallher auf das feindliche Schiff hinüber, wenn sie dagegen mit dem Bug aneinandergestoßen waren , gingen sie auf dem Raben selbst in dicht geschlossener Reihe zu zwein hinüber, und zwar schützten schützten die ersten die Vorderseite durch vorhalten der Schilde , die Nachfolgenden sicherten die Seiten , indem sie den Rand ihrer Schilde auf die Seitenwand aufsetzten."
Damit sagt er eindeutig, dass der Corvus nur in günstiger Stellung als Brücke diente, sonst ausschließlich um beide Schiffe "aneinanderzutackern".
 
"[…] die Nachfolgenden sicherten die Seiten , indem sie den Rand ihrer Schilde auf die Seitenwand aufsetzten."
Demnach waren also keine (tischhohen) Geländer an den Seiten, sondern niedrigere Erhöhungen, vielleicht sogar die Querlatten tragende Holme.

Damit sagt er eindeutig, dass der Corvus nur in günstiger Stellung als Brücke diente, sonst ausschließlich um beide Schiffe "aneinanderzutackern".
Was mich rein an der Logik der Notwendigkeit der corvi stört, warum denn die Römer unbedingt ebenfalls solche Dinger haben wollten, wenn der drehbare Angelpunkt leicht aus dem Schiff gerissen werden konnte. Warum also den corvus des Gegners (und damit die Stabilität seines Schiffes) mit einem eigenen, zweiten corvus sichern, anstatt im entscheidenden Moment abzudrehen (durch simples Rudern auf der anderen Seite) und damit den gegnerischen Schiff an seinem corvus in Seitenlage bringen? Außerdem war ja der corvus sicherlich keine Einbahnstraße; auch musste man nicht unbedingt abwarten, bis der Gegner seine Schildkröten-, oder Wasweißich-Formation auf dem corvus fertigexerziert hatte. Erinnert mich bei meinem Unwissen über römische Seekriegsmethoden ein Bisschen an Asterix-Comics.
 
Was mich rein an der Logik der Notwendigkeit der corvi stört, warum denn die Römer unbedingt ebenfalls solche Dinger haben wollten, wenn der drehbare Angelpunkt leicht aus dem Schiff gerissen werden konnte. Warum also den corvus des Gegners (und damit die Stabilität seines Schiffes) mit einem eigenen, zweiten corvus sichern, anstatt im
Die Gegner besaßen überhaupt keinen Corvus. Die Dinger waren eine rein römische Erfindung.
 
Laut der von Gangflow eingebrachten englischen Übersetzung, waren die Seiten des corvus kniehoch. Und der Rabe soll übrigens erst bei einem Angriff hochgezogen worden sein. Dass der corvus eine römische Spezialität gewesen sein soll, steht eigentlich so nicht da. Nur, dass »jemand« die Dinger vorgeschlagen habe; dies hätte der Geistesblitz eines Dachdeckers gewesen sein können, oder aber auch der Ratschlag eines Überläufers.

Sollten die Münzen jeweils den corvus darstellen, wäre dies auch bei jener Münze von Hamilkar Barkas aus 237/209 BC möglich. Aber wie Du geschrieben hast, Plattformen kommen eher in Frage.
 
Hat mir Reinecke einen Bären aufgebunden? :huh:

Nein, du hast mich missverstanden.

Angeblich waren die ersten römischen Kriegsschiffe, die diese im 1. Punischen Krieg bauten, Nachbauten eines karthagischen Wracks. Ich halte das allerdings für eine urban legende der Antike.

http://www.geschichtsforum.de/773524-post36.html

Das bezieht sich aber, selbst wenn es wahr sein sollte, natürlich nicht auf Aufbauten oder Modifikationen wie den Corvus.

Meine von dir zitierte Anmerkung sollte nur ironisch darauf hinweisen, dass, wenn es Nachbauten gewesen sein sollten, diese eigentlich genau so hoch sein müssten wie die karthagischen Schiffe. Aber, wie gesagt, dass ist mE nicht der Fall. Sry, wenn das falsch ankam.
 
nachbauten plus corvus
Kann nicht sein. Entweder glaubt man Polybios, oder eben nicht: entweder corvus auf »schlecht gebauten, langsamen« Schiffen, oder stolze Kopien von karthagischen Schiffen, dann aber ohne corvus.

@ Reinecke: null problemo! Habe Dich halt missverstanden… :tuete:
 
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Kann nicht sein. Entweder glaubt man Polybios, oder eben nicht: entweder corvus auf »schlecht gebauten, langsamen« Schiffen, oder stolze Kopien von karthagischen Schiffen, dann aber ohne corvus.

Hätte man auf ein original-karthagisches Schiff einen Corvus gesetzt, wäre das (vermutlich) sehr zu lasten der Seetüchtigkeit gegangen. Das große zusätzlich Gewicht so weit oben/vorne am Schiff müsste automatisch die Seeeigenschaften verschlechtern. Dafür, dass die römischen Schiffe grundsätzlich schlecht gebaut und langsam waren, sehe ich keine Begründung. Eher waren sie langsam und weniger seetauglich, weil die Römer diese Eigenschaften opferten, um mehr Soldaten unterbringen zu können und mittels Corvus einen weiteren Vorteilim Enterkampf zu haben.

Das hat mE wenig mit der grundlegenden Schiffskonstruktion zu tun. Ich gehe auch davon aus, dass die Konstruktion von Schiffen wie den damals vorherrschenden Quinqeremen kein Geheimnis war. Ebenso wie früher die Triere weit verbreitet und mit wenig Unterschieden von verschiedenen Vlkern eingesetzt wurde, war auch die Quinquereme mE das im ganzen Mittelmeer verbreitete "Standard-Kriegsschif". Daher brauchte es mE auch kein karthagisches Wrack, um den Römern als Vorlage zu dienen. Als die Römer sich entschlossen, eine Kriegsflotte aufzubauen, werden sie die Kenntnisse dafür gehabt haben, bzw konnten sich recht leicht das nötige Know How bei anderen einkaufen, indem sie Schiffsbauer etc anwarben.

EDIT
@ Reinecke: null problemo! Habe Dich halt missverstanden… :tuete:

Kein Ding, geht ja auch viel durcheinander (hier wie damals), von der ganzen Spekulation ganz abgesehen... ;)

EDIT2:

Ich finde diese Beispiele exemplarisch, wie aus dem realen Schlachtgeschehen sich das Entern/Kapern fast zwangsläufig / intuitiv entwickelt: (...)

Sicher, deswegen hast du auch sicher recht, dass es in den damaligen Seekriegen immer wieder zu Enteraktionen gekommen sein dürfte. Der große Unterschied zu den Römern im 1. Punischen Krieg: Diese setzten ganz explizit auf die Entertaktik als Hauptwaffe. Damit unterschieden sie sich mE von den anderen Seemächten dieser Zeit, inkl den Karthagern, bei denen der Rammstoß die wichtigste Angriffswaffe im Seekrieg war.

Beides geht mE nicht zusammen: Ein auf den Rammstoß optimiertes Schiff ist weniger gut im Enterkampf (wegen der geringeren Zahl Bewaffneter bspw), während die Modifikationen der Römer für den Enterkampf (große Zahl Seesoldaten, verbreitertes Deck/Kampfplattform, Corvus) zu Lasten von Geschwindigkeit & Wendigkeit gingen, und damit auch die Fähigkeit zum Ausmanövrieren und Rammen des Gegners minderten.
 
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Dafür, dass die römischen Schiffe grundsätzlich schlecht gebaut und langsam waren, sehe ich keine Begründung.
Wie gesagt: wenn man Polybios nicht glaubt, dass die römischen Schiffe mies gebaut waren, dann kann man sich auch seinen corvus ans Bein streichen. Sonst wäre es wie bei einem Wunschkonzert.

Spaß beiseite: die Römer waren hervorragende Kopierer, dass kann man auch sonst feststellen.
 
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