Sachsen-die Schwertsöhne

Frag jemanden aus Schleswig-Holstein nach dem heute noch geläufigem Sprichwort : " Gott schütze uns vor Sturm und Wind und allen die aus Holstein sind" und er wird dir die Geschichte dieses Aufstandes vorbeten. Denn die Gesellschaftsstruktur der dortigen Bevölkerung war noch Vorfeudal.
 
askan schrieb:
... Dazu fällt mir der Dithmarschener Baueraufstand ein, der losbrach als dort die Holsteiner die Aristokratie einführen wollten.

was ja auch ein interessantes thema in einem eigenen pfad wäre. habe mal (in st. peter-ording?) einen vortrag darüber gehört.
 
Ich brachte den Baueraufstand als Beispiel für die These :"gut zu der Vorstellung eines großen lockeren Zusammenschlusses. Im Kriegsfall wird ein Heerführer ausgerufen." der Sachsen. Denn in Dithmarschen dies noch der Fall gewesen.
 
was nicht zwingend auf gesellschaftsstrukturen im frühmittelalter oder gar der der ausklingenden spätantike schließen läßt
 
askan schrieb:
Nee, hier was es nicht, aber dafür habe ich eine neue Karte gefunden, die zum Thread passt:
http://www.euratlas.com/time/nw0700.htm

Das Problem ist ja, daß die bekannten Karten sich alle auf Rudolf von Fulda, Widukind von Corvey und die davon abstammenden Chroniken beziehen.
Schon allein, wenn man diese Quellen als Grundlage nimmt, kann die Karte nicht stimmen, da die Herzöge von Thüringen um diese Zeit in Nürnberg saßen, welches damals noch zu Thüringen zählte. Bayern war um 700 schon lange Zeit fränkische Provinz. Die Siedlungsgebiete der Friesen sind hier arg sauber in zwei Teile geteilt. Mal abgesehen davon hat man zu dieser Zeit, bis auf die Pass-Straßen, in den Alpen kaum Menschen gesehen. Selbst die Mittelgebirge wurden erst im Spätmittelalter besiedelt.
 
survivor schrieb:
Ein "Zusammenschluss", von mir oben als Commonwealth bezeichnet,
hat nichts mit Demokratie zu tun. Das bitte nicht durcheinander werfen.

Das niedersächsische Großbauern-System, welches rudimentär bis in
die Neuzeit fortbestand, passt sehr gut zu der Vorstellung eines großen
lockeren Zusammenschlusses. Im Kriegsfall wird ein Heerführer ausgerufen.

Niederdeutschland ist, meinem Gefühl nach, weniger einem festen Königtum
zugetan, als andere Regionen.

Während der Süden "Deutschlands" sprachlich gesehen sehr stark
zersplittert ist, ist der Norden sprachlich gesehen recht homogen.
Der Süden dafür war oftmals dem Königtum wesentlich stärker zugetan als
der Norden.
Dies stammt nicht aus dem Netz, sondern das sagen die Historiker
von der Humboldt-Universität.

Und der Begriff Commonwealth als Analogie zum alten Sachsen wurde
von Reinhard Schmöckel geprägt, der natürlich kein 100 %
ernstzunehmender Historiker ist, doch nicht alles was er von sich gibt
ist Unfug.
Es ist eine Analogie die anregen soll. Anregen zum Denken, vielleicht in
gewissen Bahnen oder wie auch immer.
Es ist ein ganz persönlicher Ansatz zu einer Systematisierung, ein
Theoretisierungsansatz, zur Einordnung in ein Denksystem.

Wie jetzt, welches Königtum ? Ich dachte, das erste deutsche Reich hatte seinen Schwerpunkt im Gebiet Niedersachsen/Sachsen-Anhalt/Hessen/Thüringen ?
Die sprachlichen Übergänge im Süden Deutschlands sind genauso fließend, wie im Norden.
 
Strupanice schrieb:
Das es zu einem Zusammenschluß mehrerer germanischer Stämme in Norddeutschland kam, woran machst du das fest ?

Um die Zeitenwende hat es in Norddeutschland etliche germanische Stämme (Friesen, Brukterer, Cherusker, Chauken,Angrivarier, Langobarden,usw.) gegeben, von denen uns die Römer berichtet haben. Wo sind sie geblieben?

z.B. der große Stamm der Chauken... wo sind sie geblieben? Zosimus schrieb: "Die Chauken bildeten einen Teil der Sachsen und wurden von diesen ausgesandt." Somit erklärt sich doch das Verschwinden der Chauken!

Das Teile der Langobarden gen Süden zogen ist bekannt....aber wo blieb der Rest? Kann es daher nicht sein, daß sich einige Stämme zu den sogen. Sachsen zusammenschlossen? Bei ihrer Ausbreitung gen Süden müssen die Sachsen auf die Thüringer getroffen sein, die sich ebenfalls in nördlichere Gebiete ausbreiteten. So berichtet Widukind von Corvey in seinem geschichtlichen Werk von einem Kampf zwischen Sachsen und Thüringer, bei dem es um einen Hafen (wo immer der war...:confused: ) ging. Dieses Ereignis endete in einem Vertrag zwischen den Sachsen und den Thüringern.

Danach breiteten sich die Sachsen gen Westen aus. Der große Stamm der Brukterer soll 694 aus dem fränkischen Verband in den sächsischen Verband eingegliedert worden sein. So berichtet Suibert, einer der Gehilfen des Missionars Willibrod, von diesem Ereignis. Er war bei seiner Missionierung (die deshalb nur 1Jahr dauerte) der Brukterer (zwischen Lippe und Ems) von den heidnischen Sachsen vertrieben worden.

Fazit: Irgendwo müssen die germanischen Stämme der Zeitenwende verblieben sein. Es ist daher nur logisch , daß die Stämme, die sich nicht in den Verband der Franken zusammenschlossen, einen eigenen Kampf- und Volksverband schlossen, der später mit SACHSEN bezeichnet wurde.

Die germanischen Stämme der Zeitenwende kannten sehr wohl eine Adelsschicht. Deswegen halte ich es für wenig sinnvoll, daß sich diese gesellschaftliche Grundstruktur zugunsten eines Großbauerntums geändert haben soll. Höchstwahrscheinlich war bei diesen Heiden das Königtum nicht erstrebenswert und sie wählten (daher das Wort "electi") nach alter Sitte aus ihren Stammesführern (den Adligen und Freien) bestimmte Personen für zeitlichbegrenzte Ereignisse (Kriegszüge usw.) . Das ist von den heidnischen Germanen schon von den Römern berichtet worden. Warum sollte es in den späteren Jahrhunderten in Norddeutschland anders sein?:grübel:

Das Königtum konnte sich vorerst nicht in Norddeutschland durchsetzen. Selbst Arminius scheiterte bei seinem Versuch und auch spätere Cheruskerkönige wurden bekämpft. ;)
 
du gehst aber schon recht unkritisch mit den quellen um oder?
zur glubwürdigkeit von widukinds geschichte der sachsen vor der heinrich/otto zeit sowie zu den übrigen quellen wurde nun schon genug geschrieben

zosimos mag was von chauken und sachsen berichten, seine kenntnisquellen sind aber mehr als fragwürdig


vom bild der spätanikten/ frühmittelalterlichen sachsen bleibt nicht viel, wenn man die schriftlichen quellen einmal einer kritischen analyse unterzieht

und sie wählten auch nicht einen anführer
die diskussion um das wort "electi" geht auf die lebensbeschreibung des alten lebuin zurück
dort steht es für erwählte begleiter der sachsenanführer - was nicht im sinne einer wahl zu verstehen sein muss

du bewegst dich mit deinen sachsenkenntnissen in antiquierten quellenauslegungen und darstellungsinhalten
 
~YpY~ schrieb:
du gehst aber schon recht unkritisch mit den quellen um oder?....
du bewegst dich mit deinen sachsenkenntnissen in antiquierten quellenauslegungen und darstellungsinhalten

Ist Deine Einstellung nicht ein bißchen vermessen?:winke:

Was kann denn die "neue Forschung der alten Sachsen" erbringen? :grübel:
Das es keine Sachsen gab???!!! :S
Prof.Dr. Springer kann nicht sagen, wer oder was in Norddeutschland nach den bekannten germanischen Stämmen lebte...er ist ein reiner Historiker! Wenn in den christlichen Quellen keine Angaben über die Heiden getätigt wurden, dann hat es sie somit nicht gegeben.:S
Diese Argumentation ist meiner Ansicht nach ziemlich schwach....man beruft sich auf reine Quellenangaben, vernachlässigt aber die Archäologie!;)

Und das Wort "Quellenkritik" muß man auch "bewerten" können....
Man kann nicht alle Geschehnisse immer anzweifeln, nur weil man neue Wege in der Forschung gehen will. So hat es mich in anderen Beiträgen schon aufgeregt, wenn Tacitus bei bestimmten Verläufen der Schlachten (z.B. Nennung der Legionen und ihre Bezeichnungen) angezweifelt wurde.
Anscheinend ist es z.Zt. "schick", die gesamten Geschichtsschreiber als kleine Tolkiens abzustempeln.:autsch:

Und zum "Lieblingsthema": der Heilige Liafwin (gestorben775 in Deventer)
Natürlich werden diese Beschreibungen der Sachsen in der Lebensbeschreibung des Hl. Liafwin wiedergegeben. Prof. Dr. Springer geht davon aus, daß die jeweiligen Anhänger der Heiligen versucht haben, einige Geschichten ihrem Heiligen zuzudichten. So soll dieser Liafwin die Sachsen bekehrt haben (relativ unwahrscheinlich).
Aber dadurch die gesamten Überlieferungen anzuzweifeln....das halte ich nicht für richtig. Wieso soll es keinen Ort mit Namen Marklo gegeben haben, an dem sich einmal pro Jahr die jeweiligen Machtinhaber der Sachsen (jeweils 12 Electi aus allen 3Schichten durften pro Gemeinschaft mitgebracht werden) trafen? Daß das keine Vorstufe oder eine parlamentarische Demokratie war, das zweifel ich auch an. Prof.Dr. Springer geht hier von "Ausgewählte von Gott" aus und nicht von "Ausgewählte vom Volk". Da kann man wieder nur sagen.....das ist seine Vermutung!:p
Diese Electi unterstützten aber ihren jeweiligen Machtinhaber im Sachsengebiet. Warum soll diese Versammlung (Thing) nicht auch, z.B. über einen Heerführer, bestimmt haben?
Prof.Dr.Springer sagt dagegen, daß es viele Versammlungen zu der damaligen Zeit gab (wegen Gericht, Feldzüge,....). Das ist für mich aber auch ein schwaches Argument! Wieso gab es nicht eine übergeordnete Versammlung der jeweiligen Machtinhaber? Wo doch darüber berichtet wird.....?:confused:

Nicht alles was neu ist, ist auch besser!;)
 
Zur sprachlichen Seite:
Nach Aussage des Berliner Historikers Dr. Joer Feuchter ist der Norden
("Deutschlands") sprachlich gesehen homogener als der Süden.
Im Süden gibt es z.B. von Region zu Region oft ganz verschiedene Worte
für ein und die selbe Sache.
Im Norden dagegen ist das Vokabular recht einheitlich. Nur die Aussprache ist eben halt oftmals unterschiedlich, ebenso die Sprachmelodie.
Diese Situation lässt sich auch (angeblich) für das Mittelalter nachweisen,
wobei die Humboldt-Historiker den Beginn des Mittelalters oftmals bei
der Zeit um 500 n. Chr. ansetzen.

Eine weitere "Quelle" für diese Situation ist der DTV-Atlas der Deutschen
Sprache.
Das "Sächsische" scheint für den Norden eine Art Verkehrssprache gewesen zu sein. Danach kam dann das Mittelniederdeutsche usw.
 
Nach Aussage des Berliner Historikers Dr. Joerg Feuchter,
war der Norden sprachlich recht homogen
im Vergleich zum Süden.
So wurde im Norden von Region zu Region
ein mehr oder weniger identisches
Vokabular verwendet, während die Regionen
außerhalb der “Nord-Zone” oftmals
sehr verschiedene Begriffe für ein
und die selbe Sache verwendeten. Stärkere
Unterschiede zwischen den Gegenden also.
Diese Situation lässt sich auch schon für
das Mittelalter nachweisen. Das Sächsische
und später das Mittelniederdeutsche
scheint für den Norden eine Art
Verkehrssprache gewesen zu sein.
Die Humboldt-Historiker setzen den
Beginn des Mittelalters teilweise bei etwa
500 n. Chr. an.
 
Übrigens: Offiziell beginnt der Norden nördlich der Benrather Linie.
Benrath ist ein Stadtteil im Süden von Düsseldorf.
 
Cherusker schrieb:
Was kann denn die "neue Forschung der alten Sachsen" erbringen? :grübel:
Das es keine Sachsen gab???!!! :S

Es gab schon Sachsen, aber nicht so, wie es Rudolf von Fulda und Widukind sowie die vielen davon abgeleiteten Chroniken es berichten.


Diese Argumentation ist meiner Ansicht nach ziemlich schwach....man beruft sich auf reine Quellenangaben, vernachlässigt aber die Archäologie!;)

Die Archäologie kann im Raum Nordharz und Westharz z.B. für die Zeit von 400-800 keine ethnische Zuweisung machen. Die Belege sind einfach zu ähnlich mit östlich und südlich davon gelegenen Funden.

Anscheinend ist es z.Zt. "schick", die gesamten Geschichtsschreiber als kleine Tolkiens abzustempeln.:autsch:
Das wäre sicher das eine Extrem. Andererseits muß man die Motive der Geschichtsschreiber genau beleuchten. Die "Translatio.." und Widukind sind nicht zum Selbstzweck, sondern zur Hervorhebung bestimmter Gunstbezeugungen geschrieben worden.

Nicht alles was neu ist, ist auch besser!;)

Diese Ansichten von Prof. Springer sind nicht neu. Schon seit dem 18. Jh. gibt es durchgängig Historiker die die heute vorherrschende Darstellung der Sachsen kritisch betrachten. Prof. Springer ist nur ein weitere Vertreter einer alternativen Theorie, die mit seiner Veröffentlichung diese ein Stück weit wieder in Richtung Gleichberechtigung zu der vorherrschenden Lehrmeinung gebracht hat. Nicht mehr und nicht weniger. ;)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
survivor schrieb:
Übrigens: Offiziell beginnt der Norden nördlich der Benrather Linie.
Benrath ist ein Stadtteil im Süden von Düsseldorf.

Ich würde mal kühn behaupten, daß der Diaklekt im Mitteldeutschen Raum auch relativ einheitlich ist.
:grübel:
 
Uups, oben habe ich einen Beitrag doppelt gesetzt. Gab hier technische
Probleme.
 
Der mitteldeutsche Raum war auch seit altersher durch die thüringische Kultur geprägt.

Aber selbst wenn man den Dialekt des mitteldeutschen Raumes
als Einheit ansieht, bleiben die Unterschiede der Dialekte dann
als Abgrenzung zum Fränkischen, Bayrischen, Alemannischen usw.

Während das Sächsische sich im Frühmittelalter sehr weit ausbreitete,
eine Verkehrssprache halt.

Stupranice, mit dem mitteldeutschen Raum hast Du schon recht,
aber damit widersprichst Du den Berliner Historikern nicht.
 
Altes aus Altsachsen...

Strupanice schrieb:
Es gab schon Sachsen, aber nicht so, wie es Rudolf von Fulda und Widukind sowie die vielen davon abgeleiteten Chroniken es berichten.
...
Die Archäologie kann im Raum Nordharz und Westharz z.B. für die Zeit von 400-800 keine ethnische Zuweisung machen. Die Belege sind einfach zu ähnlich mit östlich und südlich davon gelegenen Funden.

Das nördliche Stammesgebiet wird wohl von "rein" sächsischen Bevölkerung bewohnt sein, während in den übrigen Gebieten freiwillig eingegliederte Stämme wie auch militärisch unterworfene und von einer sächsischen Adelsschicht überlagerte angesiedelt waren.
Nach archäologischen Funden hat im 5.Jh. ein großer Teil der küstennahen Bevölkerung ihre alten Siedlungsplätze verlassen. Ursache kann hierfür ein Anstieg des Meeresspiegelt, sowie der Zusammenbruch des "römischen" Marktes und dadurch der Wegfall des Absatzes der entstandenen Überproduktion an Vieh. Dagegen blieb die Bevölkerung im Landesinnern weiterhin an ihren Plätzen und nahm sogar bis ins 9.Jh. ständig zu. Nachweis hierfür sind die Lkr. Verden, Nienburg, Göttingen und Braunschweig. Es sind hier sogar Kontakte zum alamannischen Siedlungsraum erkennbar.
Im Ldr. Wolfenbüttel ist eine Siedlung ausgegraben worden, die von der Zeitenwende bis zum 7.Jh. durchgängig existierte.
Gregor von Tours (573-594/95 Bischof von Tours) erwähnt die Sachsen in seinen "10Büchern fränkischer Geschichte" mehrmals.

Für das 6.-7-Jh. ist im sächsischen Siedlungsgebiet ein eigenständiges Kunstwerk nicht unmittelbar zu erkennen. So werden Kopien zumeist fränkischen Schmucks hergestellt. Typisch sind hierfür die im gesamten Germanenbereich vorkommenden heidnischen Tiergestaltungen (viele schlangen- oder reptilienartige Fabelwesen).
Aus Furcht bzw. Ehrfurcht vor den Göttern wurden Opfergaben mit in die Gräber gelegt, z.B. die sog. Wotanskeulen (kleine verzierte Anhänger aus Knochen). Seit dem 4.Jh. nehmen auch, neben den Brandbestattungen, die Körpergräber zu. Sie wurden allerdings auch schon im freien Germanien (inkl. Dänemark) seit der älteren römischen Kaiserzeit nachgewiesen.
Auffallend ist, daß der von den Franken durchaus praktizierte Grabraub, bei den Sachsen bislang nicht nachgewiesen wurde. Auch ist zu bemerken, daß die Axt (eine wichtige Waffe der Franken) in den Gräbern fast ganz fehlt.
Auch wird eine hohe Sterblichkeitsrate von Frauen im Alter von 15-30Jahren nachgewiesen. Aufgrund von Funden, kann davon ausgegangen werden, daß es auch Reiterinnen gab und anhand von Schnallen als Kleidungsverschluß, die in der Nähe des Hüftbereichs gefunden wurden, geht man davon aus, daß Frauen auch Hosen trugen!:p Schon damals hatten sie die Hosen an....;)
Ab dem späten 6.Jh. wurden anstatt mehrerer Kleinfibeln größere Spangen verwendet (Ldkr. Wolfenbüttel, Nienburg, Göttingen).

Im Ldr. Helmstedt fand man den "Turmschädel" einer Frau. Diese Sitte der Deformation des Schädels ist auf die Hunnen zurückzuführen und kam gelegentlich nur bei den Thüringern vor. Woher diese Frau kam...oder ob es zeitweise Thüringergebiet war....das ist unbekannt....:confused:
....
 
Oh, ReiterINNEN! Hat man das anhand der Knochenfunde festgestellt?
Oder an der Ausrüstung?

Sehr interessant!

Gruß Survivor, der ganz gerne schon mal mit Mädels reitet!
 
nochmal zurück zum Titel ("Saxones")

Mich würde eure Meinung zu folgender These interessieren, Albert Genrich, seines Zeichens "Altsachsenforscher" hat sie -meines Wissens- als erster angedeutet:

Die von Tacitus u. a. schriftlichen Quellen aufgelisteten Stammesnamen verschwinden überraschend plötzlich und es taucht südlich der Angeln, westlich der (damals dort noch ansässigen) Langobarden und nordöstlich der Friesen plötzlich der Gesamtbegriff der "Sachsen" auf.

Etwa um die gleiche Zeit bzw. eigentlich früher, also beispielgebend (ich hab auch die Frankendiskussion diesbezüglich verfolgt und dort die doch recht einleuchtende "Namensgebungs-Quintessenz" vermisst) nennen sich bzw. nennt MAN die Kriegshaufen jener Germanenstämme, die auf der Höhe Kölns den Rhein zu Raub- und Abenteurzügen nach Gallien überqueren "Franken" (frank = wild, ungebärdig... ungestüm) - und verschiedene aus dem Norden und Osten (gleicher dt. geograph. Höhe) Abziehende, Verdrängte schließen sich am Main (bzw. am Limes nördlich davon) zu den "Alemannen" zusammen..
Ebenso entstehen Thüringer (wie ich belehrt wurde, ohne Wandalenanteil ;) ) und später, im letzten Kapitel der sogen. Völkerwanderung, die Baiovarii, Bajuwaren (bestimmt ohne Awaren), sozusagen "am plötzlichsten" als rasch weiterüberlieferte Bezeichnung.
Zusammengefasst: das Wort Ethnogenese passt für die räuberischen Vorläufer und für die tatsächliche Völkerwanderungszeit nicht wirklich, "Branding" oder "Firmenname" schon eher.

Die um die selben Zeiten und aus nicht weit entfernten bzw. unmittelbar benachbarten Gegenden stammenden und sich aufmachenden KLEINEN Stammesscharen haben also für ihre gezwungene Landsuche, aber auch für Kampf- Eroberungs- Raub- und späteren Landnahmezug einen "Trend" aufgenommen: sie schlossen sich OFFIZIELL* zusammen und gaben sich (heute noch sprachlich nachvollziehbare) "artifizielle" = beschreibende Namen und somit Zusammengehörigkeitsidentitäten. Ja?
"Scharen" deshalb, weil man ganze Stämme, Brukterer oder besonders die Friesen noch Jhdte. später am selben Platz eingetragen findet, also blieben diese (größtenteils) dort sesshaft, auch wenn's noch so scheiße war...
*Mit offiziell meine ich "für die Nachrichten", es heißt nicht, dass die Einzelstämme sofort auf ihre Herkunftsnamen verzichteten, aber ... sie werden sie nach anch vergessen ahben, da sie einem neuen Nationenbegriff unterstanden oder diesen hochhalten mussten (wie zb. Oberösterreicher in Wien ;) )

Aber die - schon erwähnten - Chauken verschwinden langsam und parallel zum an gleicher Stelle auftauchenden Namen der "Sachsen" - der vorher NIRGENDS stand.

Jetzt (endlich, danke für die Einleitungsaufmerksamkeit!) die viel weniger pragmatische aber, wie ich denke, hochinteressante These zur -> Namensgebung der Sachsen.

Tacitus selbst hat ja (hoffe, ich irre mich nicht) schon von "Nerthus-Völkern" geschrieben oder besser, diesen Begriff weiterüberliefert, für die Völker, wo "plötzlich" bzw. über den Zeitraum von nur einer Generation "Saxones" in die Landkarte eingetragen wird.

Die These lautet - ich versuche sie kurz darzustellen - dass junge abenteuerlustige (und natürlich freie) Krieger es leid waren, der Nerthus als höchster Muttergottheit zu huldigen und Wodan, den Kriegsgott voranstellten. Schuld an der Abkehr hatte weniger die Göttin selbst, sondern deren Priester, die z.B. die Waffen horteten und nur dann ausgaben, wenn Kriegsgefahr drohte oder zB. einführten, dass man vor der Göttin nur mit gebundenen Händen erscheinen durfte (bitte fragt mich jetzt nicht nach der genauen Quelle dieser "Riten", Tipp: schlag nach bei Genrich - Ich persönlich hätte die Priester bzgl. Waffeneinsperren übrigens gut verstanden).

Rundum (Franken, Semnonen zB. ->Alamannen) erfreute man sich des "lustigen" (und im kräfteraubenden Detail wirklich notgedrungener Auswanderer wahrscheinlich gar nicht lustigen) "Sich über reichere - dh. römische - Gegenden Hermachens", nur die Stammessöhne rund um und an der unter(st)en Elbe durften das nicht.
Ergo: gründeten sie, ihren (neuen?) Gott Sahsnoth (hoffe das jetzt exakt geschrieben zu haben) bzw. einen Vorläufer, der mir nicht mehr einfällt, anrufend so etwas wie eine "Brüderschaft" rund um das Zeichen, das sie diesem Gott zuordneten oder anders, das er in ihre Hände gelegt hat - das Sax, nur messerlanges Kurzschwert - und nannten sich "Saxen", ich las es bei Genrich als "Schwertbrüder" oder Schwertgenossen, aber vielleicht mag auch Schwertsöhne stimmen ;-)

Die These wagt dann die Vorstellung, dass diese freien Krieger eigene Dörfer bezogen und -> KEINE übergeordnete Adelsstruktur zuließen, eine grundsätzlich "ritterliche, also feudale Ordnung" an sich muss das nicht ausschließen, da ein Treueeid, also bedingungslose Gefolgschaft sozusagen den german. Völkern "in Fleisch und Blut saß" (doppelt als Reaktion auf diesbzügliche verkommene und gewiss bekannte Sitten im niedergehenden röm. Reich)

Bruderschaft, eigene Siedlungen UND das nicht Zulassen einer Oberherrschaft dieser (nicht zuletzt durch ihre Waffen) rasch bestimmenden Sax-Burschen könnte auch ein wenig Licht darauf werfen, was so geheimnisvoll aus den Schulbüchern bzgl. des späteren Sachsenkrieges Karls klingt: Widukind taucht plötzlich als Herzog, also als Oberkommandierender des Heeres auf, gebärdet sich aber keineswegs königlich feudal, Guerillakriegstaktik, schwere Auffindbarkeit des Feindes und immer wieder schnelles Zusammenziehen der sächs. Kräfte...

Zudem könnte man durchaus weiterspinnen und gar nicht so viel spätere Zeiten: Schwertbrüderschaft -> Bruderschaft -> Vorläufer mittelalterl. (Schwert-)Ordens-Bruderschaften

Basis ist aber etwas, was ich hier ganz selten lese: Religion als Basis des Handelns, die tiefe Gläubigkeit und eine schicksalsbezogene (den Nornen unterworfene), fatalistische Grundhaltung, die aber zunehmend Passivität abzulehnen beginnt, die junge Haudraufs sich von einer Erd-Mutter-und Fruchtbarkeitsgöttin* abwenden und zu einem Kriegsgott beten ließ...?
*Angesichts der klimatischen = Ernährungslage-Zustände außerdem nachvollziehbar.

Was denkt ihr, wisst ihr genaueres, was ist davon zu halten, Berufene?
;-)


+ edit: weitere Quellen (außer Genrich): H.J. Häßler (Hg.), Studien zur Sachsenforschung 1980 - 1987
 
Zuletzt bearbeitet:
Der später Sachsen genannte Großstamm formiert sich erst mit dem Griff des Merowingerreiches nach Osten. Und zwar nicht durch förmlichen Zusammenschluß, sondern durch Unterwerfung einer Kerngruppe, die dann für weitere gentes den Namen gab. Also ein passiver Vorgang. Diese Gruppe siedelte in Holstein und war in der Tat nach ihrer bevorzugten Waffe, dem Sax benannt.
Die passive Namensgebung ist ja in ganz vielen Fällen typisch, daher auch oft die gleiche Bezeichnung für ganz verschiedene gentes im Laufe der Jahrhunderte. Leider machen sich viele Geschichtsatlanten nicht die Mühe darauf hinzuweisen, obwohl es ja auf der Hand liegt. Zur Veranschaulichung einfach mal die "Stammesgebiete" zur verschiedenen Zeiten vergleichen: Da gibt es dann Doppelvergaben von Namen u.Ä.
Amerikanische Ureinwohner haben sich ja auch nicht als "Indianer" vorgestellt, sondern wurden genauso "verwechselt". Das selbe Problem, nur zur Veranschaulichung.
 
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