Sachsen-die Schwertsöhne

Vieles von dem, was bisher hier eingebracht wurde, ist durchaus richtig. Die Sachsen, wie sie sich das 18.-20. Jahrhundert vorgestellt hat, gab es sicherlich so nicht. Die Sachsen aber ganz zu verleugnen wäre sicherlich Blödsinn. Die Ursprünge der saxones gehen sicherlich ins 2./3. Jhd zurück, wo es zu einer Neugliederung der germanischen gentes kam. Die saxones waren dabei kein homogenes Volk, sondern ein polyethnischer Verband von nord- und nordseegermanischen gentes, die ihr Hauptaugenmerk auf Handel- und Piraterie legten. Unter Sachsen treten in der Spätantike Jüten, Angeln, Ambronen, Kobanden, Ambronen etc. auf. Doch lediglich in Britannien und Altsachsen kann sich der Sachsenname zumindest z.T. durchsetzen. In Altsachsen scheint sich ein loser Gentilverband bis in die Merowingerzeit gehalten zu haben. Diesen bezeichneten die Franken als Sachsen. Man darf annehmen, daß auch die Sachsen diese Bezeichnung, zumindest gegenüber den Franken, führten. Zu einem "echten" Stamm wurden sie aber wohl erst durch den Kampf mit den Karolingern und nach ihrer Eroberung.
 
Albert Genrich und sein "Gotteswandel bei den Schwertgenossen" sagt demnach niemandem etwas? Schade.

Ich muss aber noch etwas revidieren bzgl. "Oberherrschaft": zur Zeit der Sachenkriege Karls des Großen gab es doch (schon bestehende - auch in Friedenszeiten??) Herren über alle Sachsen, das heißt über die drei Stammesteile der "Westfalen" (Herzog Widukind), der "Engern" (die anscheinend das Hauptvolk darstellten: ein Herzug Brun) und der "Ostfalen" (Herzog Hessi).
Weiß jemand wann denn nun DIESE, heute noch bekannten geografischen und auch identitätsspendenen Namen auftauchen? Waren es ethnische und lange überlieferte Namen für Stämme oder ausschließlich für die Landschaft?

Für mich war jedenfalls durch diese kürzliche Beschäftigung mit den "Sachsen" wirklich neu und sehr wichtig, dass dieser Name niemals eine Ethnie, einen germanischen Stamm, beschrieb, sondern ein "Bundesname" war.
In Österreich ist diese Tatsache der Allgemeinheit völlig unbekannt.

Grüße, ning
 
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beorna schrieb:
Unter Sachsen treten in der Spätantike Jüten, Angeln, Ambronen, Kobanden, Ambronen etc. auf.

Die Jüten ("Eutes"?) werden aber in den Schriften bis in die späte Merowingerzeit immer gesondert - neben den Sachsen - angeführt!
(Und ebenso als Miteroberer/Landnehmer in Britannien.)

Die Angeln stehen lange solitär neben den südlich angrenzenden Gebieten der - nordalbingischen - Sachsen. Eine Landschaftbezeichnung besteht ja auch noch, wie ich bei meiner kürzlichen Reise gen Norden entdeckte ( ;) ) Grund für die Extrastellung bis ins 6. Jhdt.+ dürfte gewesen sein, dass die Angeln eine Königsherrschaft hatten, d.h. eine "Königsfamilie" bereits Generationen vor dem 4./5. Jh. die Oberherrschaft innehatte und "die Leute beieinander hielt" und diese war es auch, die die richtiggehende Volksauswanderung der Angeln nach Mittel-Ost-England auch bestimmte. ("Organisierte Volksauswanderung" contra zeitgleicher "Raubfahrten" der Schwertgenossen/Saxones, die Sachsen haben sich an der südenglischen Küste dann erst später landnehmerisch, d.h. mit "Kind und Kegel" betätigt, die Angeln machten es vor, so gesehen ist die Geschichte wiederum gerecht, dass England England heißt und nicht Saxland)
Aber du hast natürlich nicht unrecht, bzw. wird das allgemein nicht bezweifelt, dass Angeln zum Stammesverband der Sachsen gehörten: kleinere Teile von ihnen - den Angeln - sind sicher, weil naheliegend, in den Sachsen wie auch in den Thüringern und wahrscheinlich auch in anderen Völkern aufgegangen..

Was ab 250 n. Chr. (so ich mich jetzt nicht vertue) mit den Angrivariern geschah und ob auch sie - wie bekanntlich die Chauken - ein Kernvolk der Sachsen darstellen, könnte uns ja vielleicht ein Angrivarierwall-Spezialist erklären...


PS: Noch ein kleiner Gruß anbei aus Saxen, einer Gemeinde, die in wunderhübscher Gegend liegt: im oberösterreichischen Mühlviertel, nahe (nördlich) der Donau, angeschmiegt an die ersten Aufwerfungen der böhmischen Masse..

http://www.oberoesterreich.at/saxen/

Ob die Leute dort freiwillig hinkamen oder um bzw. kurz nach Charlemagnes Regentschaft zu den Zwangsumgesiedelten gehören (was sehr wahrscheinlich ist) ist heute... völlig ... gleichgültig. (einerseits "leider", aber grundsätzlich: Gottseidank ;-))

Schöne Grüße aus Wien!
 
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ning schrieb:
Albert Genrich und sein "Gotteswandel bei den Schwertgenossen" sagt demnach niemandem etwas? Schade.

Ich muss aber noch etwas revidieren bzgl. "Oberherrschaft": zur Zeit der Sachenkriege Karls des Großen gab es doch (schon bestehende - auch in Friedenszeiten??) Herren über alle Sachsen, das heißt über die drei Stammesteile der "Westfalen" (Herzog Widukind), der "Engern" (die anscheinend das Hauptvolk darstellten: ein Herzug Brun) und der "Ostfalen" (Herzog Hessi).
Weiß jemand wann denn nun DIESE, heute noch bekannten geografischen und auch identitätsspendenen Namen auftauchen? Waren es ethnische und lange überlieferte Namen für Stämme oder ausschließlich für die Landschaft?

Für mich war jedenfalls durch diese kürzliche Beschäftigung mit den "Sachsen" wirklich neu und sehr wichtig, dass dieser Name niemals eine Ethnie, einen germanischen Stamm, beschrieb, sondern ein "Bundesname" war.
In Österreich ist diese Tatsache der Allgemeinheit völlig unbekannt.

Grüße, ning
Die drei Provinzen als sächsische "Erfindung" darzustellen, wird über lang oder kurz in nächster Zeit widerlegt werden. Mal abgesehen davon, daß Hessi ein fränkischer Beamter war, der im östlichen Harzvorland saß, wo die Franken im Anschluß an die Schlachten um 531 Bewohner aus dem Reichsinneren angesiedelt hatten, um die ethnische Einheit des besiegten Thüringerreiches zu zerstören. Das die Sachsen bei dem Sieg über die Thüringer beteiligt waren und dafür mit Land belohnt wurden ist ja nachgewiesenermaßen ein Ammenmärchen, erfunden von späteren sächsischen Geschichtsschreibern.
 
Strupanice schrieb:
Die drei Provinzen als sächsische "Erfindung" darzustellen, wird über lang oder kurz in nächster Zeit widerlegt werden.

Ah, sehr interessant, danke für deine Antwort!
Hieße das, man wird dann von Engern (eventuell = "Angeln"??) und Falen als wichtige "Grundstämme" der Sachsen reden dürfen?

Strupanice schrieb:
Mal abgesehen davon, daß Hessi ein fränkischer Beamter war, der im östlichen Harzvorland saß, wo die Franken im Anschluß an die Schlachten um 531 Bewohner aus dem Reichsinneren angesiedelt hatten, um die ethnische Einheit des besiegten Thüringerreiches zu zerstören. Das die Sachsen bei dem Sieg über die Thüringer beteiligt waren und dafür mit Land belohnt wurden ist ja nachgewiesenermaßen ein Ammenmärchen, erfunden von späteren sächsischen Geschichtsschreibern.

Herzog Hessi: ich las das so, das er von der Zugehörigkeit her "Sachse" und (neben Widukind und Brun) einer ihrer Heer-Zöge war, sich aber rechtszeitig unterwarf und dafür mit dem Titel "Comes oder Comites" seitens Karls belohnt wurde...
"531 und Sachsen als Siedler bis zur Unstrut": Davon hab ich auch gelesen. Ich weiß jetzt den Namen nicht mehr, aber es war ein damaliger DDR-Historiker/Archäologe der dies überzeugend zurückwies.
 
ning schrieb:
Was ab 250 n. Chr. (so ich mich jetzt nicht vertue) mit den Angrivariern geschah und ob auch sie - wie bekanntlich die Chauken - ein Kernvolk der Sachsen darstellen, könnte uns ja vielleicht ein Angrivarierwall-Spezialist erklären...

Schöne Grüße aus Wien!

Die Angrivarier sind in den ENGERN aufgegangen. Es wurde auch in alten Sagen berichtet, daß Karl d.G. die Angrivarier "besuchen" wollte und deshalb zu den Engern zog. Widukind wurde als Herzog der Engern bezeichnet und so findet man ihr Kerngebiet heute noch am Wiehengebirge (Engern, Kirchlengern,...).

Aber die Engern und Angeln passen vom Gebiet her überhaupt nicht zueinander. Da liegen gut 200km dazwischen.:)
 
Cherusker schrieb:
Die Angrivarier sind in den ENGERN aufgegangen. Es wurde auch in alten Sagen berichtet, daß Karl d.G. die Angrivarier "besuchen" wollte und deshalb zu den Engern zog. Widukind wurde als Herzog der Engern bezeichnet und so findet man ihr Kerngebiet heute noch am Wiehengebirge (Engern, Kirchlengern,...).

Aber die Engern und Angeln passen vom Gebiet her überhaupt nicht zueinander. Da liegen gut 200km dazwischen.:)

Und genau das wollt ich hören! ;-)! Alles klar was die Angrivarier betrifft.
Was bin ich manchmal faul zum denken. Wunderbar. jetzt fehlen nur noch (des Arminius) verloren gegangene Cherusker...

Ich las aber auch, dass Widukind und sein Bezug zu Engern hinterfragt wird. Diese "Legendenbildung" (u.a.) hat des Widukinds Nachfahre, der Mönch Widukind von Corvey - erst 200 jahre später! - mit seiner Geschichte der Sachsenkriege gebildet. Aber, unter uns und sicher nicht so wichtig, ich glaube an den Kern der "Legenden" des Mönchs, obwohl er mit der Absicht ans Werk ging, seinem berühmten Vorfahren Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen aber auch Überhöhung zuteil werden ließ.
 
ning schrieb:
Und genau das wollt ich hören! ;-)! Alles klar was die Angrivarier betrifft.
Was bin ich manchmal faul zum denken. Wunderbar. jetzt fehlen nur noch (des Arminius) verloren gegangene Cherusker...

Ich las aber auch, dass Widukind und sein Bezug zu Engern hinterfragt wird. Diese "Legendenbildung" (u.a.) hat des Widukinds Nachfahre, der Mönch Widukind von Corvey - erst 200 jahre später! - mit seiner Geschichte der Sachsenkriege gebildet. Aber, unter uns und sicher nicht so wichtig, ich glaube an den Kern der "Legenden" des Mönchs, obwohl er mit der Absicht ans Werk ging, seinem berühmten Vorfahren Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen aber auch Überhöhung zuteil werden ließ.

Widukind von Corvey hat sich vieles in seiner Schrift zusammengeschrieben, von dem man bis heute nicht genau weiß, ob er es von irgendjemandem gehört hatte, oder dem politischen Zeitgeist dieser Zeit einfach selbst ausgedacht hatte. Die wirklichen Zusammenhänge der Zeit um 800 konnte er nicht mehr kennen.
 
Die Angrivarier verschwinden im 2. Jhd. aus den Quellen. Um 100 sollen sie die Brukterer vertrieben haben. Somit wären sie, zumindest in Teilen nach Westen abgewandert. Zudem stießen die Chauken nach Süden vor, somit bleibt für die Angrivarier kein Raum mehr an der Weser. Ich halte daher einen ethnischen Zusammenhang von Angrivariern und Engern nicht für gegeben. Die Bezeichnung Enger bedeutet nichts anderes als Tallandschaft. Somit wären die Angrivarier Männer aus dem Wesertal, die Engern Wesertaler. Über eine direkte Abstammung sagt dies aber nichts. Ebenso wie die Thüringer keine Hermunduren waren und die Hermunduren keine Teurier öder die Böhmen keine Baiuwaren und diese keine Boier. Die alten gentes Angrivarier, Cherusker etc. waren untergegangen bevor (die) Sachsen erschienen. Dies gilt besonders für Südniedersachsen.
Eine Beteiligung von Sachsen an den Feldzügen von 531 kann man anhand der Quellen weder eindeutig belegen noch bestreiten. Die archäologischen Zeugnisse bzw. deren Fehlen dürfen aber auch nicht überbewertet werden. Nach 531 müssen die Sachsen schließlich nicht die Gebiete besiedelt haben, es kann ebenso möglich sein, daß eine sächsische Herrenschicht diese Gebiete übernahm und den Franken dafür Tribut leistete. Sicher scheint auf jeden Fall, daß nach 531 diese Gebiete unter sächsische Kontrolle gekommen sind.
 
ning schrieb:
Ich las aber auch, dass Widukind und sein Bezug zu Engern hinterfragt wird. Diese "Legendenbildung" (u.a.) hat des Widukinds Nachfahre, der Mönch Widukind von Corvey - erst 200 jahre später! - mit seiner Geschichte der Sachsenkriege gebildet. Aber, unter uns und sicher nicht so wichtig, ich glaube an den Kern der "Legenden" des Mönchs, obwohl er mit der Absicht ans Werk ging, seinem berühmten Vorfahren Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen aber auch Überhöhung zuteil werden ließ.

Wo steht, dass der Widukind von Corvey aus dem 10. Jahrhundert mit dem dux Widukind der Sachsen des 8. Jahrhunderts verwandt sei?

Dies ist eine Annahme der Forschung, die weder überzeugend belegt geschweige denn in den Quellen bezeugt ist.

Ansonsten absolute Zustimmung zu meinen Vorpostern, Widukind von Corveys Wirken ist als Quelle für die Ereignisse des 6. bzw. 7. Jahrhunderts mehr als fragwürdig.
Wie dies aber schon überzeugend und oft genug im Thema dargestellt wurde....
 
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beorna schrieb:
Sicher scheint auf jeden Fall, daß nach 531 diese Gebiete unter sächsische Kontrolle gekommen sind.

Welche Beweise hast du dafür ? Es sind bis heute weder archäologisch, noch urkundlich Nachweise dafür erbracht, abgesehen von der bewusst verfälschten Darstellung des Streits zwischen Hersfeld und Fulda über die kirchlichen Zuständigkeiten für die Gebiete östlich des Harzes. Hier wollte der fuldische Chronist des 9. Jh. Tatsachen für Fuldas Ansprüche auf das fragliche Gebiet schaffen. Dies konnte Widukind von Corvey schon nicht mehr wissen und nahm diese Worte Rudolf von Fuldas als gegeben hin, wie viele andere im Laufe der Zeit verzerrte Darstellungen. Hinzu kam bei Widukind, daß er ein Loblied auf die Sachsenherzöge und ihre erlangte Königswürde zu schreiben hatte. Da musste auch eine gehörige Portion an Begebenheiten erfunden werden, um diese Machtstellung der Liudolfinger als eine logische Folge von großen Taten und Siegen zu untermauern.
 
Zugegeben, die Geschichte Widukinds könnte erfunden sein, eine zeitgenössische Quelle gibt es nicht. Allerdings muß man sich fragen, wenn die Sachsen nicht in die überlassenen Gebiete (zumindest politisch) vorrückten, warum führten die Franken dann in der zweiten Hälfte des 6. Jhds Feldzüge gegen die (rebellierenden) Sachsen durch? Diese führten an die Oberweser und in den ostfälischen Raum. Zudem expandierte das Merowingerreich in dieser Zeit sehr stark. Waren die Franken überhaupt in der Lage dieses vollständig aus eigener Kraft zu beherrschen. In Alamannien z.B. treten noch später die Herzöge Leuthari und Buccelarius auf. Auch in Baiern regierten relativ selbständige Herzöge. Warum sollten also nicht, wie Widukind behauptet, auch sächsische "Herzöge" für die Merowinger den 531 eroberten Raum regiert haben. Das muß nun nicht bedeuten, daß riesige sächsische Völkerscharen in die neu gewonnenen Gebiete strömten und die "thüringische" Vorbevölkerung verdrängten. Beweisen läßt sich das alles nur sehr schwer, es scheint mir aber die einzige logische Erklärung zu sein, wenn man Quellen und Fundlage zusammenbringen möchte.
 
zumeist leitet sich eine zuordnung der funde von unkritischem quellenstudium ab

beispiel: der buddler findet etwas in ort A
der buddler kann anhand verschiedener naturwissenschaftlicher methoden den fund auf eine bestimmte zeit datieren
in quelle X steht, dass zu dieser zeit dort die Sachsen gegen die Thüringer gekämpft hätten
der buddler schlußfolgert --> fund ist sächsisch (oder vielleicht was damit verwandtes/ beeinflusstes)
folge für uns --> vergleiche von anderen funden mit diesem von oben, ergeben in zukunft immer einen sächsischen archäologiebefund oder eben nicht

ein problem vieler archäologiefunde ist einfach die zuordnung ihrerselbst zu bestimmten gens anhand der schriftlichen quellen, die in der vergangenheit nicht immer sehr kritisch betrachtet worden sind
 
beorna schrieb:
Zugegeben, die Geschichte Widukinds könnte erfunden sein, eine zeitgenössische Quelle gibt es nicht. Allerdings muß man sich fragen, wenn die Sachsen nicht in die überlassenen Gebiete (zumindest politisch) vorrückten, warum führten die Franken dann in der zweiten Hälfte des 6. Jhds Feldzüge gegen die (rebellierenden) Sachsen durch? Diese führten an die Oberweser und in den ostfälischen Raum. Zudem expandierte das Merowingerreich in dieser Zeit sehr stark. Waren die Franken überhaupt in der Lage dieses vollständig aus eigener Kraft zu beherrschen. In Alamannien z.B. treten noch später die Herzöge Leuthari und Buccelarius auf. Auch in Baiern regierten relativ selbständige Herzöge. Warum sollten also nicht, wie Widukind behauptet, auch sächsische "Herzöge" für die Merowinger den 531 eroberten Raum regiert haben. Das muß nun nicht bedeuten, daß riesige sächsische Völkerscharen in die neu gewonnenen Gebiete strömten und die "thüringische" Vorbevölkerung verdrängten. Beweisen läßt sich das alles nur sehr schwer, es scheint mir aber die einzige logische Erklärung zu sein, wenn man Quellen und Fundlage zusammenbringen möchte.

Die fränkische Politik in den "eroberten" Gebieten war vor allem eine Zerstörung der historischen Strukturen. So wurden gezielt bestimmt Gruppen aus anderen Reichsteilen in die neu erworbenen Gebiete umgesiedelt, um dort möglichst loyale Untertanen zu haben und gleichzeitig die für mögliche Widerstandsbewegungen notwendigen Strukturen zu unterbinden.
Die in den alamanischen und bayrischen Gebieten auftretenden Herzöge sind fränkischer Abstammung. Herzöge hatten nun einmal größere Befugnisse. Gleichwohl gab es doch auch die thüringischen Herzöge (Radulf, Heden usw.) die auch fränkische Befehlshaber waren. Trotzdem haben diese auch ihre eigenen "Spielchen" gegen die Zentralgewalt gespielt und Aufstände angezettelt. So gab es diese in Thüringen und Bayern, für die nie die Zugehörigkeit zum Reich bezweifelt wurde.

Das es in der Gegend von Nordost, und Ostharz tatsächlich zu solchen geplanten fränkischen Besiedlungsaktionen gekommen ist wird in einer Dissertation der UNI Jena sehr anschaulich dargestellt.

Titel: Die Origo gentis Swevorum : Nordschwaben und Sachsen in der merowingischen Reichsgründung / Hermann Stöbe
 
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Kurze Verbesserung: Es muß Leuthari und Butilin heißen, zudem Buccelenus. Ja, ja, wenn das Erinnerungsvermögen nachläßt:D

So einfach ist das mit der Abstammung der bairischen und alamannischen Herzöge aber auch nicht. Zwar geht eine Vielzahl der Historiker mittlerweile von einer fränkischen Abstammung der Agilolfinger aus (so Jarnut), letztlich bewiesen ist das aber nicht. Für die frühen alamannischen Herzöge ist dagegen ihre alamannische Abstammung bezeugt, auch wenn dies letztlich auch nicht völlig sicher scheint.

Eine Überlassung von thüringischen Gebieten an Sachsen würde aber sehr gut die Tribute und die "rebellatio" erklären. Zudem fällt auf, daß Sachsen in fränkischer Zeit zwar in drei Heerschaften aufgeteilt war, was sich im südlichen Raum auch sehr gut mit den Dialekten deckt. Dies gilt allerdings nicht für die Gebiete nördlich des erhaltenen thüringischen Gebietes. Dieser Raum bildet einen eigenen Sprachraum, trotz der Zugehörigkeit zu den Heerschaften.
 
beorna schrieb:
Kurze Verbesserung: Es muß Leuthari und Butilin heißen, zudem Buccelenus. Ja, ja, wenn das Erinnerungsvermögen nachläßt:D

So einfach ist das mit der Abstammung der bairischen und alamannischen Herzöge aber auch nicht. Zwar geht eine Vielzahl der Historiker mittlerweile von einer fränkischen Abstammung der Agilolfinger aus (so Jarnut), letztlich bewiesen ist das aber nicht. Für die frühen alamannischen Herzöge ist dagegen ihre alamannische Abstammung bezeugt, auch wenn dies letztlich auch nicht völlig sicher scheint.

Eine Überlassung von thüringischen Gebieten an Sachsen würde aber sehr gut die Tribute und die "rebellatio" erklären. Zudem fällt auf, daß Sachsen in fränkischer Zeit zwar in drei Heerschaften aufgeteilt war, was sich im südlichen Raum auch sehr gut mit den Dialekten deckt. Dies gilt allerdings nicht für die Gebiete nördlich des erhaltenen thüringischen Gebietes. Dieser Raum bildet einen eigenen Sprachraum, trotz der Zugehörigkeit zu den Heerschaften.

Das mit der Abstammung ist auch zweitrangig. Eindeutig ist aber, daß die Arnulfinger vom fränkischen König eingesetzte Herzöge waren. Gleiches gilt für die Alamannen.

Die angesprochenen Tribute sind in keiner Weise genauer zu lokalisieren. Man könnte diese jeder beliebigen Gegend zuweisen.
Welchen "südlichen Raum" meinst du bei den Dialekten und vor allem woher weiß man, welche Dialekte dort damals gesprochen wurden. Welchen Raum nördlich von den "erhaltenen" thüringischen Gebieten meinst du und wo (in welcher Quelle) gehört solcher zu welcher Heerschaft ?
 
Strupanice schrieb:
Eindeutig ist aber, daß die Arnulfinger vom fränkischen König eingesetzte Herzöge waren.

ersetze Arnulfinger (Ahnen von Karl d. Großen - Arnulf von Metz) mit Agiolfinger (bayrische Herzöge) dann folge ich ;) wie den anderen Ansichten hier auch - grüner Bommel wenn ich denn schon sowas verteilen könnte
 
Die Tribute scheinen für den Bereich zwischen Weser und Unstrut zu gelten, jedenfalls gehen hierhin wohl die fränkischen Strafaktionen des 6. und 7. Jahrhunderts.

Im karolingischer Zeit und später teilte man Sachsen in drei Heerschaften. Diese erstrckten sich jeweils von Nord nach Süd.also im Westen Westfalen, um die Weser Engern, im Osten Ostfalen. Nun gibt es in diesem Raum in späterer Zeit unterschiedliche Dialeke des Niederdeutschen, die sich aus einer spätmittelalterlichen oder späteren politischen Situation nicht erklären lassen. Diese Dialekte halten sich südlich des Mittelgebirgsrandes sehr deutlich an die Zugehörigkeit der Gebiete zu den mittelalterlichen Heerschaften, also Westfälisch, Engrisch, Ostfälisch. Nördlich der Mittelgebirge hingegen herrscht einheitlich das Nordniedersächsisch vor. Zudem fällt dieser Dialekt mit dem sächsischen Kerngebiet im Weser-Elbe-Dreieck zusammen. Ich halte es daher für möglich, daß die Wurzeln dieses Sprachunterschiedes ins Frühmittelalter fallen. Das Nordniedersächsisch liegt dann im Sachsengebiet vor 531, die anderen Dialekte fallen in spätere Zeit.

Eine Abhängigkeit der sächsischen satrapae vom fränkischen König wird zum Teil angenommen. Ich halte dies für das nach 531 erworbene Gebiet für durchaus nachvollziehbar. Allerdings wurde Sachsen nicht erobert, so daß das Verhältnis der sächsischen satrapae zu den Merowingern wesentlich lockerer war, als bei den eroberten Alamannen und Baiern.
 
beorna schrieb:
.... Allerdings wurde Sachsen nicht erobert, so daß das Verhältnis der sächsischen satrapae zu den Merowingern wesentlich lockerer war, als bei den eroberten Alamannen und Baiern.

Dem stimme ich zu....erst Karl der Große hat das Gebiet erobert. So wurden auch die Brukterer, die ein fränkischer Teilstamm waren, von den Sachsen erobert. Erst Pippin den Kleinen und Karl der Große haben die Franken wieder gen Osten geführt.

P.S.
Widukind (und jetzt ist hier der Sachsenherzog gemeint) hatte den Titel: "König der Angrivarier, Herzog der zwölf sächsischen Großen" (vom Grabstein zu Enger).:p
 
Cherusker schrieb:
P.S.
Widukind (und jetzt ist hier der Sachsenherzog gemeint) hatte den Titel: "König der Angrivarier, Herzog der zwölf sächsischen Großen" (vom Grabstein zu Enger).:p

auch wenn ich Schneidmüller nicht in vielen Sachen folge, dann hat er doch mit
"Widukind war in der schriftlichen Überlieferung (seit dem 9. Jh. bemüht um die Bewältigung des Traumas von fränkischen Eroberung und Zwangschristianisierung) längst zur sagenhaften Figur, zum Grafen, Herzog, gar König der Sachsen, geworden..." recht
Schneidmüller, Bernd: Widukind, in LexMA Bd. 9, Sp. 74-76.


So auch hier in dem erwähnten Grabrelief aus dem 11. Jahrhundert (!!!).
Was auf diesem Relief an Titularien hinterlassen worden ist, spielt gelinde gesagt für die historischen Begebenheiten des 8. und 9. Jahrhunderts keinerlei Rolle. Schon garnicht darf man daraus etwaige Stellungen des "dux" Widukind schlußfolgern.

Wird hier eigentlich auch mal korrekt diskutiert oder werden immer nur irgendwelche Wissenbröckchen hingeworfen ohne Literaturangaben, sauberen Quellenbelegen oder meinethalben auch Links. Vor allem die Bezuglosigkeit zu vorausgegangen Posts ist in diesem Thread nicht mehr auszuhalten ...
 
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