Hallo Cherusker,
Cherusker schrieb:
Ursprünglich nannten die Griechen und Römer Menschen, die über die See kamen und ein Land angriffen: SAXONES.
Ich dachte immer: piratae, und eine dieser marodierenden Banditengruppen an der Kanalküste währen halt eben die saxones...
Cherusker schrieb:
Das sagt nichts über einen bestimmten Stamm aus. So kann jede Art von "Wikingern" (von mir ein Vergleich) als SAXONES bezeichnet werden.
Mmh. Wenn der eigentliche Begriff piratae war und dann saxones anstelle dessen verwendet wird, muss es dann doch eben ein sich so bezeichnendes Volk/Stamm gegeben haben, woher soll sonst der Begriff stammen, ausser der eigentliche Begriff für Piraten/Seeräuber war im Lateinischen/Griechischen saxones (von je her), aber das war doch nicht gemeint, oder?
Cherusker schrieb:
Auch sind die Angel-Sachsen nach seiner Meinung nicht über die Nordsee nach Britannien gelangt.
Ist archäologisch gesichert, da gibt es doch dieses berühmte niedersächsische Dorf, welches man in England (anhand seiner Töpferware/Fibelgussformen?) wiedergefunden hat.
Cherusker schrieb:
Hier sieht er diese SAXONES eher von der gallischen Küste kommend (anhand einem Vergleich von Ortsnamen).
Ich kenne da einen Artikel aus den "Studien zur Sachsenforschung", der ortsnamenstechnisch den Ursprungspunkt (da Häufung der frühen in England anzutreffenden Ortsnamen mit den kontinentalen Namen korreliert) im Sauerland(!) annimmt mit einem "Zwischenstopp" im Pas-de-Calais, vom Autor (Germanist?) im letzten Absatz als spätere Rücksiedlung auf den Kontinent interpretiert, glaube ich. Immerhin bleibt's ein Rätsel, aber das macht die Geschichte ja so spannend!
Cherusker schrieb:
Die Überlieferungen bei Ptolemäus werden von J. Udolph auch als "Übersetzungsfehler" angezweifelt.
Kunststück. Sonst wäre er ja der erste Sachsenüberlieferer gewesen...
Cherusker schrieb:
Mein Dozent hatte damals ein tolles Schaubild,welches die Erweiterung des sächsischen Machtbereichs anhand sächsischer Gräber/"Grabbeigaben" im späten 6.Jh. beim Ausfüllen des Machtvaakuums bis hin in den Harz hinein zeigte.
Cherusker schrieb:
Auch haben erst die Karolinger den Begriff der Sachsen für ein bestimmtes Gebiet festgelegt und die Einteilung in Engern, Westfalen und Ostfalen vorgenommen. Es ist nicht anhand von Quellen gesichert, daß vor Karl dem
Großen ein bestimmtes Gebiet mit sogenannten Sachsen bevölkert war.
Was sind denn dann nach Prof. Springer et.al. das für Leute, die ihre Mitmenschen nach altgewohnter Sitte noch verbrennen, dazu ein Pferd als Leichenschmaus verspeisen und ausgerechnet einschneidige Schwerter in einer sonst unbekannten Fundmenge mit ins Grab/zur Urne legen? Ich weiss, reine Quellensicht, Archäologie weggeblendet, aber...
Cherusker schrieb:
Anhand der Quellen ist es nicht möglich, da die Schreiber der Quellen teilweise später lebten bzw. eigene Interessen verfolgten (eigene Ansprüche für ihren Herrn durchzusetzen).
Dass Widukind von Corveys Sachsengeschichte eine gefärbte, gefilterte Heroisierung ist, ist aber doch bekannt. Dafür habe ich doch die sogenannte Quellenkritik, und ohne diese würden auch die Archäologen im Dunkeln tappen, da zu Fehlinterpretationen neigend...
Meiner Ansicht nach liegt das Problem darin, daß die Römer und später die christlichen Geschichtsverfasser diese Heiden in einem bestimmten Zeitraum für nicht erwähnenswert hielten. Es gab keine Geschichtsschreiber der alten Sachsen, die das hätten ändern können. Somit muß sich ein Historiker mit den Quellen der alten Heiligen (die Lebensbeschreibung des Hl. Liafwin) und deren Erzählungen vergnügen.
Cherusker schrieb:
Man kann diese "alten Sachsen" (den Namen "Altsachsen" mag der Prof. nicht) nicht genau greifen. Prof. Dr. Springer führte einige Beispiele an, bei denen sich die Bezeichnung eines Volkes mit seinem Gebiet deutlich geändert haben, z.B. Franken....
Da finde ich, dass der Vergleich hinkt. Wenn man die Bewohner des Rheinlandes zu einem bestimmten Zeitpunkt Franken nannte, dann auch deswegen, weil diese sich selbst für Franken hielten und so nannten. Spannend wird's ja erst, wenn Bevölkerungsgruppen oder Landesteile so genannt werden, die damit nichts zu tun haben (im Französischen ist das Land ein Groß-Allemannien, bei den Finnen ein Groß-Sachsen, in der Späten Kaiserzeit (nach der Schlacht von Argentoratum) taucht das Elsaß als zu Alemannien gehörend auf, nur fehlen dort Siedlungsspuren oder Gräber für den fraglichen Zeitraum)
Anderes Beispiel: Ein Landstrich am Niederrhein taucht bei Gregor v. Tours als Thoringia auf (aus dem Gedächtnis, im Xantener Stadtmuseum gelesen?). Manche sagen nun, dass ist die Verballhornung von Toxandria, das damals den fränkischen Foederatii als "autonom" zugewiesene Gebiet, andere rätselten von einer Minivölkerwanderung. Das waren, soweit mir bekannt, Leute, die aber auch noch nichts von Doppelfelds Entdeckung unter dem Kölner Dom wussten. Mit dem Fund dieser - vermutlich thüringischen - Fürstin und ihres - vermutlichen - Sohnes unter dem Kölner Dom, zusammen mit dem Wissen oder der Möglichkeit der - damals ganz üblichen und legitimen - Geiselnahme bzw. Umsiedlung von Bevölkerungsteilen ins fränkische Kernland und vice versa von Franken ins eroberte Gebiet zwecks Herrschaftssicherung (so kennen wir es ja zur Genüge von Karl dem Großen) löst sich dieses Dilemma - zumindest für mich - in Wohlgefallen auf, solange die Abhängigkeiten in der Argumentationskette beachtet werden, damit aus so etwas nicht ein Selbstläufer wird ("der Niederrhein kann um xxxx als gesichert thüringisch gelten usw"...)
Nachtrag: Beim Überfliegen der Quelle in The Latin Library scheint es wohl wirklich eine Verballhornung zu sein, andererseits nennt Gregor die Sachsen als Verbündete der Franken gegen die Thüringer! Was sagt der Professor Springer hierzu?
Cherusker schrieb:
(alle Angaben ohne Gewähr)
Bei mir auch...
Gruß, CrisP.