"Potop"/"Sintflut" (1974)
"Potop" (Jerzy Hoffman) 1974
Das erste Drittel des geradezu epischen 315 Minuten langen Films hat erstmal garnichts mit der sogenannten Sintflut zu tun. Andrzej Kmicic (Daniel Olbrychski) begibt sich zu der bedeutenden Landadligen Aleksandra Billewicz, genannt Oleńka, (Małgorzata Braunek), die ihm durch eine testamentarische Verfügung als seine Braut zusteht. Nachdem sich die beiden ein wenig näher gekommen sind, wird alles von Kmicics Mission, die Region zu befrieden, und auch durch die Frevel seiner ruchlosen Offiziere überschattet. Als diese Offiziere im Streit mit ortsansässigen Adligen erschlagen werden, schwört sich Kmicic Rache und lässt ein Dorf niederbrennen. Statt die Bevölkerung damit einzuschüchtern wird er aber selber zum Gejagten, da seine Männer von den Einwohnern getötet werden. Kmicic flieht daraufhin zu Oleńka, die ihn nun allerdings verabscheut. Zwar versteckt sie ihn vor ihren Nachbarn, die ihn töten wollen. Aber sie will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Kmicic sieht daher kein anderes Mittel als Oleńka zu entführen, worauf er von Oberst Michał Wołodyjowski (Tadeusz Łomnicki) zu einem Zweikampf gestellt wird. Hier zeigt sich schon, dass Michał einer der besten Säbelfechter Polens ist. Schwer verwundet unterliegt Kmicic dem wackeren Oberst. Dieser vergibt ihm, wenn sich Kmicic dem Fürsthetman Janusz Radziwiłł (Władysław Hańcza) unterstellt, um gegen die wahren Feinde Polens zu kämpfen.
Kmicic schwört Janusz Radziwiłł einen Treueeid auf das Kreuz. Doch bald sieht er sich in einer Zwickmühle, als die Schweden einmarschieren. Denn nun zeigt Janusz Radziwiłł sein wahres Gesicht, als er zum Schwedenkönig überläuft. So muss auch Kmicic wegen seines Eides ein Verräter an seinem eigenen König und an seinen Freunden um Oberst Wołodyjowski werden. Immerhin gelingt es ihm diese vor der Flucht zu bewahren. Um sich Kmicics Treue zu bewahren, holt sich der Fürsthetman von Litauen Kmicics Geliebte an den Hof, wo sie zusehends in die Fänge von Bogusław Radziwiłł (Leszek Teleszyński) gerät, der in eine Art Obsession zu ihr verfällt. Als Kmicic endlich die ganze Wahrheit über die Radziwiłłs einzusehen vermeint, beschließt er die Seiten zu wechseln. Ein Versuch Bogusław zu entführen und dem polnischen König auszuliefern misslingt zwar, aber dafür kann sich Kmicic nach Jasna Góradurchschlagen, wo er die Eroberung des Klosters durch die Schweden maßgeblich selbst verhindern kann, weil er ein großes Belagerungsgeschütz zerstört.
Dennoch gilt er noch immer vor allem als ein rücksichtsloser Offizier und Gefolgsmann des Janusz Radziwiłł. Kmicic kommt an den Hof des polnischen Königs (Piotr Pawłowski), dem er auf dessen Rückkehr aus dem Exil in Schlesien irgendwo auf der Straße das Leben rettet. Ein weiteres Mal ist Kmicic dem Tode nahe, erholt sich aber, um am Krieg gegen die Schweden teilzunehmen. Während der von den Konföderierten bedrängte Janusz Radziwiłł unterdes gestorben ist, sieht es auch für König Karl Gustav von Schweden (Leon Stanisław Niemczyk) zusehends düsterer aus. Er muss sich vor den Polen zurückziehen. In einer Schlacht unterliegen die Schweden, die hierbei von Bogusław Radziwiłł angeführt werden, einem polnischen Heer. Bogusław Radziwiłł wird von Kmicic gefangen genommen und verspricht ihm, die Wahrheit über Kmicic verlauten zu lassen, wenn der Oberst ihn nur am Leben lässt. Kmicic nimmt weiterhin am Krieg gegen die Schweden teil, wird wieder schwer verwundet und trifft zufällig Oleńka. Sie war unterdessen aus Bogusław Radziwiłłs Schloss entkommen und auf ihr Gut zurückgekehrt. Am Schluss, 1658, wird bekannt gemacht, was Kmicics wahre Verdienste sind und ihm wird nicht nur von Oleńka, sondern auch von ihren ehemals gegen Kmicic so erzürnten Nachbarn verziehen.
Was hier ins Auge sticht, ist der gewaltige Aufwand an Statisten, Pferden, Kutschen, Kanonen und so weiter. Bei der Ausstattung wurde ein enormer Aufwand betrieben und teilweise ist es erstaunlich wie tief man das Bild der Truppen beider Seiten durchdachte. Beispielsweise sieht man in den Massenszenen, als erstmals die schwedischen Truppen gezeigt werden, dass die Soldaten überwiegend recht alt und erfahren aussehen - offensichtlich sollen es Veteranen aus dem Dreißigjährigen Krieg sein. Beeindruckend auch die Massen an Kanonen, die anders als in vielen Filmen, dann auch von bis zu 6 Pferden gezogen werden wie es für die schwereren Geschütze der Zeit auch korrekt ist, aber viel zu selten in Filmen vorkommt. Bei den Polen sieht man auch alle möglichen Facetten an Truppen: ein wenig Fußvolk, die charakteristischen Hussaria, aber auch die Pancerni mit ihren Kettenhemden, Mizurka, Schilden etc.. Kmicic ist in weiten Teilen des Films ein Oberst der Pancerni. Er kommandiert aber auch gegen Ende Tataren, die dem polnischen König von ihrem Khan unterstellt wurden. Bei den Schweden hat man sich oftmals viel Mühe mit den Bärten und der Haartracht der Soldaten gemacht. Nur König Karl Gustav hätte ruhig ein bisschen pfundiger sein dürfen.
Ansonsten hat man sich ja wie auch in "Mit Feuer und Schwert" recht stark an den Gemälden orientiert.
Auffällig ist hier wieder, dass von Russen beispielsweise keine Rede ist. Die entscheidende Niederlage der Polen in der Schlacht bei Warschau im Juni 1656 wird garnicht erwähnt. Auch die Rolle des Seitenwechsels der Brandenburger nach dieser Schlacht im Vertrag von Wehlau auf die polnische Seite fehlt. Wahrscheinlich hätte das nicht ins Konzept gepasst, weil ja der Tod von Janusz Radziwiłł (1655) und die erfolgreiche Behauptung von Jasna Góraan der Jahreswende 1655/56 zu Wendepunkten im Krieg stilisiert werden.
Mich überraschte bei der Akribie der militärischen Ausstattung der beiden Parteien, dass die Tataren nicht eher in ihrer damaligen Kampfweise dargestellt wurden, die ja sehr gut überliefert ist. Dass sie einmal auf der Flucht mit ihren Bögen zurück schießen, ist dann schon alles.
Sehr spannend fand ich an sich die Handlung, vor allem weil der Konflikt immer wieder in Kmicic selbst stattfand. Die Rolle seines Mentors, des Fürsthetmans, war bis zuletzt undurchsichtig. Kmicic wird in dem Film letztlich erwachsen, auch wenn er bereits am Anfang Obrist ist. Aber er hing ab Beginn auch immer stark von seinen Freunden ab bzw. ließ sich rasch von einer Vaterfigur, egal ob der ältere Radziwiłł oder Wołodyjowski leiten.
Meine beiden Hauptmankos, weshalb ich dem Film trotz der deutlich komplexeren und spannenderen Handlung als "Mit Feuer und Schwert" nicht genauso gute Noten geben würde, sind teilweise die Kostüme. Wenn man westliche Kleidung sieht, sehen die Hemdskrägen einfach oftmals wie Omas Häkeldecke und nicht wie ein Spitzenkragen des 17.Jh. aus. Die westlichen Damenkleider am Hof der Radziwiłł waren einfach nur gruselig. Da trug ja offenbar keine eine Schnürbrust und diese Schnitte sahen auch eher karnevalesk aus. Seltsam auch immer diese Frisuren von der Oleńka, teilweise mit offenen Haaren - da hat man sich in "Mit Feuer und Schwert" mehr Mühe gegeben. Die Schminke der weiblichen Hauptrolle wirkte ungefähr genauso wie in dem Film von 1999.
Die besten Szenen waren für mich in den Holzgebäuden, auf dem Gutshof von Oleńka genauso wie dann einmal im Wald.
Die Nebenrollen schienen mir irgendwie mehr geschauspielert zu haben als die übrigen.
Ein trotz der paar weniger tollen Aspekte beeindruckender Film, den man nicht nur als "Fan" des 17. Jahrhunderts mal gesehen haben sollte, allein schon wegen dem Aufwand, der da betrieben wurde.
7 von 10 Säbeln. :yes:
PS: Ich fand es schade, dass anders als im Roman Jan Skrzetuski garnicht auftrat. Hätte es doch spannend gefunden, wie er in "Potop" von der Rolle her angelegt gewesen wäre.