Fanny Lye Deliver'd / The Delivered - dieser Film ist mir vor ein paar Jahren noch entgangen
1h 52m | 18
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Neulich bin ich spätabends auf Arte auf diesen Film gestoßen, der mich sofort faszinierte: Die Erlösung der Fanny Lye.
Zwei Welten treffen da unfreiwillig aufeinander: Die eine bigott, die andere libertär. Und in England damals, zur Zeit Cromwells, wurde Frömmigkeit großgeschrieben, Abweichungen davon waren des Teufels. Es war wohl eine Zeit, in der Mann seine Frau mit du ansprechen konnte, sie aber Ihr zu ihm sagte. Aber vielleicht ist das nur der besonderen Konstellation der Ehe in diesem Film geschuldet. Er konnte sie und Kinder körperlich züchtigen, die das zu erdulden hatten, Widerrede zwecklos, denn so, glaubte man, wurde es von Gott eingerichtet - die Bibel jedenfalls befahl es so. Und die Frau in diesem Film ertrug dies auch – sie kannte ja nichts anderes, denn alles, was sie zu wissen glaubte, kam von ihrem des Lesens mächtigen Mann; sie dagegen durfte die Bibel nicht einmal anfassen. Ob das bei den Puritanern allgemein so oder war das nur ein besonderer Fall, entzieht sich meiner Kenntnis.
Eine Farm, Mann, Frau und Kind, (schwere) Arbeit, Sonntags Gottesdienst mit Predigt, das war ihre Welt. Bis eines Tages das "Unglück" über sie hereinbricht in Form von einem jungen Mann und einer ebenso jungen Frau, die in wilden Ehe leben und nicht nur nichts übrig haben für puritanisches Leben, sondern auf der Flucht sind von der Cromwellschen Obrigkeit, die sie als Ketzer verfolgt.
Die Kontraste zwischen den Protagonisten sind und bleiben stark, nur die Titelheldin erweist sich als wandlungsfähig. Sie lernt durch die Eindringlinge, ihre beklemmende Ehe zu überwinden und eine neue Welt der Möglichkeiten zu entdecken. Ihr Mann jedoch verschließt sich dem Neuen, obwohl er angesichts des ihm durch Cromwells Leute bereiteten Desasters eigentlich einsehen müsste, dass er sein ganzes Leben in einer Lüge verbrachte.
Sehr gut fotografiert, mit guten Schauspielern und einem Plot mit überraschenden Wendungen: Man weiß nie, was die nächste Szene bringen wird.
Einziger Kritikpunkt: Die Stimme aus dem Off, die uns das Setting (u.a. was Mitte des 17. Jhdt. in England los war) erklärt. Dabei erklärt sich alles aus dem Film selbst, und in einer etwas längeren Version des Films wurde auf diese Stimme auch zurecht verzichtet.
Die Kostüme und das Drumherum scheinen nach meiner unmaßgeblichen Meinung der Zeit entsprechen. Das ist auch kein Historienfilm im eigentlichen Sinn, denn das Dram spielt sich auf einem Bauernhof ab, in dem das Leben wohl seit Jahrhunderten in gleicher Weise vor sich geht: Mann, Frau, Kind, dazukommen die 2 "Ketzer", dann Scheriff, sein Stellvertreter und ein Constable – das ist alles, was wir an Personal zu sehen bekommen.
Völlig unverständlich ist auch die Klassifikation FSK 18, denn es gibt keine nennenswerten Sexszenen und auch die Gewalt wird – außer in einer vielleicht 1-2 Sekunden dauernden Einstellung – nicht direkt gezeigt.