Was wissen wir eigentlich von der Geschichte unserer Nachbarn?

Ich weiß nur, dass ich bereits als Kind immer ein Faible für die archäologisch-ethnologisch-historisch orientierten Bände der WASISTWAS-Reihe hatte.
nun ja, als Mensch der 10 km entfernt vom Wormser Dom und vom Kloster Lorsch geboren wurde ist man ja mit der Nibelungensage quasi aufgewachsen und entsprechend waren die Deutschen Heldensagen wohl mit eines der ersten Bücher,das ich als Kind gelesen habe. Als ich in der dritten Klasse war lief im Kino der berüchtigte Nibelungenzweiteiler mit Uwe Beyer als Siegfried und einem grausligen Drachen.
Die Lehrerin nahm dies zum Anlass die Sage durchzunehmen und war verblüfft,dass ich sie dauernd verbesserte-ich hatte das Buch nämlich schon vorher durch.:D
Dann kamen Gustav Schwab,Felix Dahn und ein Buch mit dem Titel "Die Welt in der wir Leben" mit ausklappbaren Seiten mit prähistorischem Viehzeugs.Und dann hab ich mit Begeisterung "Götter,Gräber und Gelehrte" von Ceram verschlungen.
Und damit war meini nteresse endgültig geweckt Insbesondere die präkolumbischen Indianerkulturen waren dann das Spezialgebiet mit dem ich meine Geschichtslehrer von der Quarta bis zur Oberprima nervte :D
Ansonsten habe ich es mir zur Regel gemacht, mir wenn ich irgenwohin in Urlaub fahre vorab eine groben Gesamtüberblick über die Geschichte des Landes bzw.der Region zu verschaffen. Und da kommt im Lauf der Jahre ganz schön was zusammen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also mein Interesse an Geschichte wurde, wenn ich mich richtig erinnere, eigentlich durch Asterix und Obelix geweckt. Ich fand Caesar und die Römer immer unheimlich interessant und habe mich dann angefangen, mehr für sie zu interessieren. Bis heute nimmt Rom bzw. das Römische Reich eine Topposition bei mir ein. :D....

Bei mir wars Erik von Däneken, "wenn ich mich richtig erinnere".
:D:D
 
Wie hieß der THREAD noch mal?

Was soll man auf die doch recht allgemein gehaltene Threadfrage antworten ? Dass man sich als geschichtsbewusster Mensch natürlich mit der Geschichte sämtlicher Nachbarländer befasst hat und zumindest die Grunddaten und wichtigsten Ereignisse kennt ? Dass einem auch die Grundzüge der Geschichte benachbarter Regionen ebenfalls geläufig sind ?Dass man die Geschichte der benachbarten Städte und Dörfer kennt ?
Das alles sind Nachbarn und was nützt es ,die Geschichte Paraguays zu kennen,aber nicht zu wissen,was in Ingelheim oder Sprendlingen passiert ist ? ;) :D
 
...
Das alles sind Nachbarn und was nützt es ,die Geschichte Paraguays zu kennen,aber nicht zu wissen,was in Ingelheim oder Sprendlingen passiert ist ? ;) :D

Was mich betrifft, kenne ich die Geschichte Paraguays wesentlich besser als die Ingelheims oder Sprendlingens. (Gibt es diese Orte überhaupt?)
 
Gibt es diese Orte überhaupt?
Aber selbstverfreilich gibt es die .
In der Stadt Ingelheim war eine der bekanntesten Kaiserpfalzen der Karolinger und der Sebastian Münster kommt von dort
https://de.wikipedia.org/wiki/Ingelheim_am_Rhein

Und in Sprendlingen fand 1274 eine Schlacht zwischen den Heeren der Grafen von Sponheim und des Mainzer Erzbischof statt,in deren Verlauf der Kreuznacher Metzger
Michel Mort dem Grafen von Sponheim das Leben rettete.

https://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Mort
http://https://de.wikipedia.org/wiki/Sprendlingen

Und Sprendligen gibt es sogar nochmal
 
In kleinen Ländern lernt man sehr wohl die Geschichte der Nachbarn.
Psychologisch vielleicht nachvollziehbar: gehört zur Überlebensstrategie. (*binjaschonstill*)

Wobei der Sonnenkönig oftmals als eine Art universeller Herrscher gesehen wird, der irgendwie die ganze Zeit zwischen Mittelalter und Napoleon abdeckt.
Tut er doch irgendwie auch. Immerhin war er 72 Jahre lang König ;) Das ist fast ein Viertel der fraglichen Zeit ;)

"Geschichte der Nachbarländer"......was ist damit gemeint?

Eigentlich zeigt bereits die Frage die vorherrschende Ahnungslosigkeit - denn gerade dieser zentraleuropäische Raum ist beispielhaft für die Schwierigkeit einer "linearen Geschichte" die doch alle so gerne erzählen möchten.
Ich fragte ja eigentlich nach der Geschichte unserer Nachbarn, wobeidu natürlich mit deiner Kritik recht hast, dass ich es dann auf die "Nationalgeschichten" heruntergebrochen habe. Aber damit unser Wissen als Halb- und Unwissen darstellend.

Und heute, auch hier im Forum, dominiert wie zu allen Zeiten diese Lust an der Suche einer "Geschichtserzählung" - ein Ereignis führt zum anderen, Ziel ist es, eine "Story" zu erzählen, Geschichte als zielgerichtetes Handeln zu interpretieren. Ereignisse werden dabei interpretiert um aktuelle Ereignisse zu legitimieren - oder (was viel häufiger passsiert) persönliche Eitelkeiten zu objektivieren (ich bin besser als Du weil mein Land dies und jenes erreicht hat).
Ist das wirklich das "Ziel" oder liegt das nicht viel mehr in der menschlichen Natur? Auch individuelle Erinnerungsfetzen werden ja zu einem Narrativ versponnen.

Ganz bitter ist das "Ausblenden" Dänemarks, weil bei der Gelegenheit auch die schleswig-holsteinische (z.T. auch die Hamburgische) Geschichte mit unter den Tisch fällt, einschließlich Themen wie der Wirkung der (unzensierten!) Altonaer Presse auf die politische Meinungsbildung im neuzeitlichen Deutschland.
Mit Dänemark hatte mein Reigen eigentlich begonnen.

Das ist auch ein interssantes Phänomen : Nicht nur ist das Geschichtsinteresse sehr "ego"zentrisch auf das eigene Land fokussiert (was ich für legitim halte), sondern auch "***"zentrisch (dafür gibt es wohl kein Wort) auf die heute aktuellen Themen - oft mit kurzem Verfallsdatum - zentriert.
Chronozentrisch?

Bei den im Forum vorgestellten Hausarbeiten geht es oft um die Diskriminierung der Frau bei den Kreuzzügen, Homophobie im Dreißigjährigen Krieg , Rassismus in der Französischen Revolution, das Verhältnis von Lenin zur Pädophilie usw.

Ich habe meine Zweifel daran, dass diese Form der Geschichtsinterpretation zu einem tieferen Verständnis des Sujets führt.
Das würde ich so pauschal nicht sagen. Gerade in der Schule sollen Schüler ja einen kritischen Blick auf die Dinge lernen. Etwa attische Demokratie: Ja, die Attiker hatten eine frühe Form der Demokratie bzw. verschiedene Entwicklungsstadien zu dieser hin, aber Frauen, Zugezogene und Sklaven waren von der gesellschaftlichen Partizipation ausgeschlossen. Oder die Frz. Revolution: Ja, es gab die erste allgemeine Erklärung der Menschenrechte, ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte, aber irgendwie waren dann doch wieder einige "gleicher", so dass Olympe de Gouges die Rechte der Frau niederlegen musste und die Umsetzung der Allg. Erkl. d. Menschenrechte in den Kolonien (z.B. Haiti) deutlich haperte, um es noch euphemistisch auszudrücken.
 
Nun, ich weiß:
Niederlande: Teil Spaniens, spanisch-niederländischer Sonderfrieden, Kolonien, Kaufleute, Tulpen-Monopol, stark geprägt durch Calvin und Zwingli
Frankreich: Gallien, Teil des Frankenreichs, Philosophen, im 2. Weltkrieg besetzt
Belgien: Ebenfalls Teil von Spanien, sehr katholisch geprägt, nicht zwangsläufig Nachfahren der Belger
Polen: Vertreibung durch die Russen Richtung Westen, Deutscher Ritterorden, Polnische Revolution (aufgrund der frz. Rev.), Ostblock, Solidarnosc
Tschechei: Tschechoslowakei, Heydrichs Schreckensherrschaft als Reichsprotektor
Österreich: Kaiser, Habsburger, Edle, Ungarn, Metternich, Krieg mit Bayern, Angliederung an Nazideutschland
Dänemark: Keine Ahnung
Luxemburg: Keine Ahnung
 
Das Problem bei Geschichte ist häufig auch schlicht die Wahrnehmung. Sobald Sprachbarrieren hinzukommen, nehmen wir Geschichte einfach nicht mehr wahr. Im Prinzip nehmen wir in Deutschland doch nur Geschichte wahr, die entweder unmittelbar mit deutscher Geschichte zu tun hat, oder wo die Sprachbarriere nicht oder kaum (Englisch und Trendsprachen) vorhanden ist. Je größer die Sprachbarriere, desto weniger bekommen wir von der Geschichte mit. Lange war Französisch die Trenndsprache, momentan ist es Spanisch. Wir wissen vergleichsweise viel von der französischen und spanischen Geschichte und, wo es uns betrifft, auch von der Geschichte unserer Nachbarn. Aber was wissen wir etwa - um bei romanischen Sprachen zu beibben - über die rumänische Geschichte? Siebenbürger Sachsen, Vlad Dracul und Zusammenbruch des Ceauscescu-Regimes, das dürften die historisch informierteren Deustchen gerade noch so hinbekommen. Vielleicht weiß auch noch der ein oder andere, dass Rumänien im WK II lange mit dem Dritten Reich verbündet war. Das dürfte es aber dann auch schon gewesen sein, wenn man nicht gerade ausgewiesener Rumänien-Spezialist ist und dann kann man i.d.R. auch die Sprache.
 
Ich für mein Teil lege Wert darauf auswendig, aus dem Stegreif zu wissen wer unser Nachbarn sind.
Und dazu einiges lückenhaftes Wissen.
Wenn ernst wird, dann brauche ich meine Unterlagen und das Netz. Ohne diesen Hilfen geht’s nicht. Und man lernt sogar jeden Tag dazu.
Mal ehrlich, da erschöpfendes so aus dem Stegreif von sich zu geben, halte ich zwar für eine „Alle Achtungsleistung“, aber ich bekomme dies nicht ohne Hilfen in die Reihe.
 
Aber was wissen wir etwa - um bei romanischen Sprachen zu beibben - über die rumänische Geschichte? Siebenbürger Sachsen, Vlad Dracul und Zusammenbruch des Ceauscescu-Regimes, das dürften die historisch informierteren Deustchen gerade noch so hinbekommen. Vielleicht weiß auch noch der ein oder andere, dass Rumänien im WK II lange mit dem Dritten Reich verbündet war. Das dürfte es aber dann auch schon gewesen sein, wenn man nicht gerade ausgewiesener Rumänien-Spezialist ist und dann kann man i.d.R. auch die Sprache.

Na, mag sein, da weiß der eine oder andere historisch informierte Deutsche, der sich mal etwas in die Geschichte der Habsburgermonarchie eignelesen hat, schon noch ein wenig mehr, würde ich annehmen.

Aber im Prinzip würde ich dem zustimmen wollen, Sprachbarrieren haben da einen enormen Einfluss, zumal sie ja irgendwo auch das Abgebot beschränken, jedenfalls das in der öffentlichen Wahrnehmung präsente Angebot.
 
Aber was wissen wir etwa - um bei romanischen Sprachen zu beibben - über die rumänische Geschichte?
Was mich betrifft: extrem wenig.
An diesem trüben Zustand gebe ich mir aber nicht die Schuld, sondern wälze sie auf das selektive Unterrichtsmaterial des Schulunterrichts ab. In den Fächern Geschichte, Politik, Erdkunde spielte Rumänien im Gymnasium der 70er-80er Jahre keine Rolle. Aus dem Schulmaterial wusste ich nur, dass kurzzeitig das römische Imperium zur Donaumündung reichte und Rumänien dank der Römer romanisch wurde. Dracula? Eine Gespenstergeschichte, weit unter dem lit. Niveau von Wilds ironischem Canterville Ghost. Aber dass Portugal, Polen, Albanien, Bulgarien auch Geschichte haben, ging aus meinen Schulbüchern eher nicht oder kaum hervor (Portugal bissel Entdeckungen, Polen Blitzkrieg, Bulgarien & Albanien terra incognita...)
Aber auch Darstellungen der "Weltgeschichte" erscheinen mir retrospektiv als selektiert: Pyramiden, Athen, Rom, Franken (vivat Martell, der die bösen Islamisten stoppte, Stichwort muslim. Zangenangriff auf Europa), KarlderGroße, Päpste, Ritter, Kreuzzüge (dabei Byzanz nur als Bagatelle erwähnt) Luther Entdeckungen Inquisition Aufklärung franz. Revolution Industrialisierung Kolonialismus Nazis WW II Sankt Adenauer und fertig. Die Lücken will ich gar nicht aufzählen, sie sind Legion...
...das ist nicht eben ruhmreich, ich weiß. Aber das war alles, was ich nach dem Abitur in Sachen Geschichte von der Schule mitbekommen hatte.
Zuhause - abseits der Schule! - hatte ich einiges über byz., russ., poln. Geschichte und Literatur lernen können - aber insgesamt, und dann auch nur thematisch punktuell, habe ich mir Geschichtskenntnisse (vorwiegend Kulturgeschichte des 19. Jhs.) erst im Studium und danach angelesen. Das hat zwar bei weitem nicht alle Lücken beseitigt, aber wenigstens ein paar davon.
 
Was mich betrifft: extrem wenig.
An diesem trüben Zustand gebe ich mir aber nicht die Schuld, sondern wälze sie auf das selektive Unterrichtsmaterial des Schulunterrichts ab. In den Fächern Geschichte, Politik, Erdkunde spielte Rumänien im Gymnasium der 70er-80er Jahre keine Rolle. Aus dem Schulmaterial wusste ich nur, dass kurzzeitig das römische Imperium zur Donaumündung reichte und Rumänien dank der Römer romanisch wurde. Dracula? Eine Gespenstergeschichte, weit unter dem lit. Niveau von Wilds ironischem Canterville Ghost.

- Bulgarisches Reich in der Spätantike/Frühmittelalter mit Ausdehnung in die Walachei, die südliche Moldau und zeitweise Teile Siebenbürgens?
- Die Walachei und Moldau als mehr oder minder halbautonome Regionen, die politisch zwischen den Großblöcken Kgr. Ungarn, Osmanisches Reich, Polen-Litauen hin und her rangieren?
- "Türkenkriege"
- Zeit der Osmanischen Oberhoheit über die Donaufürstentümer /(zeitweise de facto auch Siebenbürgen), als Vasallenstaaten
- Zwischenzeitliche Verkleinerundg des historischen Fürstentums Moldau um Bessarabien, dass an Russland geht und die Nordwestliche Ecke um Suceava und Tschernowitz, die unter der Bezeichnung "Bukowina" (könnte aus "Dracula" bekannt vorkommen, die Ecke ;-) ) an Östeerreich kommt.
- Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich und Verbindung beider zum rumänischen Gesamtstaat.
- Bestätigung der Unabhängigkeit durch den Berliner Kongress.
- Installation der katholischen Hohenzollern als Könige von Rumänien.
- Notorische außenpolitische Probleme Rumäniens mit dem Königreich Ungarn (Siebenbürgen, Temesvarer Banat) und Bulgarien (Dorbuja).
- Inoffizieller 4. im Dreibund

etc. Ich denke, dass sind einige Eckpunkte, die der eine oder andere durchaus schonmal gehört hat, ohne sich jetzt darauf spezilisieren zu wollen.
 
vom Osmanischen Reich
und seinen Vorgängern vermochten meine Schulbücher nicht mehr als paar Schlagworte mitzuteilen: Saladin gegen die Kreuzzügler, Prinz Eugen & Wien, Mozarts Janitscharenmusik, kranker Mann am Bosporus.

...gewiß, man hätte sich mit Eigeninitiative geschichtlich bilden können, aber welcher spätpubertäre Laffe auf dem Weg zum Abi verschwendet seine Freizeit derart?...;)
 
Aber auch Darstellungen der "Weltgeschichte" erscheinen mir retrospektiv als selektiert: Pyramiden, Athen, Rom, Franken (vivat Martell, der die bösen Islamisten stoppte, Stichwort muslim. Zangenangriff auf Europa), KarlderGroße, Päpste, Ritter, Kreuzzüge (dabei Byzanz nur als Bagatelle erwähnt) Luther Entdeckungen Inquisition Aufklärung franz. Revolution Industrialisierung Kolonialismus Nazis WW II Sankt Adenauer und fertig. Die Lücken will ich gar nicht aufzählen, sie sind Legion...
...das ist nicht eben ruhmreich, ich weiß. Aber das war alles, was ich nach dem Abitur in Sachen Geschichte von der Schule mitbekommen hatte.
Zuhause - abseits der Schule! - hatte ich einiges über byz., russ., poln. Geschichte und Literatur lernen können - aber insgesamt, und dann auch nur thematisch punktuell, habe ich mir Geschichtskenntnisse (vorwiegend Kulturgeschichte des 19. Jhs.) erst im Studium und danach angelesen. Das hat zwar bei weitem nicht alle Lücken beseitigt, aber wenigstens ein paar davon.

Bei mir, war „nur“ auf der Realschule, war zumindest noch das alte Britische Empire und diesen Untergang im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg dabei. Sowie am Rande das Empire das danach entstand, und Preussen ab 1700 bis zur 3. polnischen Teilung. 1848 als gescheiterte Revolution. Und dann die Kriege zur Klein-Deutschen Lösung. Und dann etwas über den WW I, sowie dem Versailler Vertrag, Zerschlagung der KuK-Monarschie.

Wobei die großen Linien der Geschichte, die kamen nicht rüber. Rom, klar alle haben Latein gesprochen, außer ins einem kleinen Dorf in Gallien. Das die Griechische Kultur viel weiter gespannt war als das heutige Griechenland? Geschenkt. Oder was außerhalb von Europa war? Erst im Rahmen der Entdeckungen. Ja da wurden dann die Länder entdeckt.

Aber egal, Bildung ist, was man aus den Lücken macht.
 
Das Problem bei Geschichte ist häufig auch schlicht die Wahrnehmung. Sobald Sprachbarrieren hinzukommen, nehmen wir Geschichte einfach nicht mehr wahr.
Ich verstehe nicht, was das mit Sprachbarrieren zu tun haben soll. Es ist doch nicht so, dass Bücher über die Geschichte Spaniens oder Frankreichs nur in spanischer bzw. französischer Sprache verfügbar wären oder dass Menschen, die diese Sprachen lernen, deswegen auch Bücher über die Geschichte dieser Länder lesen. (Auch der Sprachunterricht selbst vermittelt nicht zwingend Geschichtskenntnisse: Ich habe im schulischen Englischunterricht fast nichts über die Geschichte Englands oder der USA, geschweige denn sonstiger englischsprachiger Länder, gelernt.)
Wenn der "historisch Informierte" mehr über die Geschichte Frankreichs und Spaniens als die Rumäniens weiß, dann doch wohl eher, weil Frankreich und Spanien in der Geschichte Europas (und auch Deutschlands) eine größere Rolle spielten als Rumänien. (Gegenproben: Über die Geschichte Russlands weiß "man" in der Regel auch einiges, trotz großer Sprachbarriere. Über die Geschichte Kanadas wenig, trotz geringer Sprachbarriere.)

Außerdem sollte man auch das Wissen von der französischen und spanischen Geschichte nicht überbewerten. Was weiß der Durchschnitt (also Spanienfans wie Du ausgenommen) wohl?
Spanien: Da gab es einmal die Reconquista (zu Christen vs. Moslems vereinfacht), dann Kolumbus mit der Entdeckung Amerikas, Karl I./V. und Philipp II., die Große Armada, den Spanischen Erbfolgekrieg, Spanien in den Napoleonischen Kriegen, den Spanischen Bürgerkrieg, Franco, Basken und ETA, die Gegenwart. Und sonst? Was ist schon über die Zeit der Habsburger nach Philipp II., über das 18. Jhdt. nach dem Erbfolgekrieg und die Zeit zwischen Napoleon und der Zweiten Republik bekannt?
Ebenso Frankreich: Was weiß der durchschnittliche halbwegs Geschichtsinteressierte über die Zeit zwischen dem Zerfall des Frankenreiches und dem Hundertjährigen Krieg? Und dann über die Zeit bis zu Ludwig XIV.? Da sind den meisten doch gerade mal die Hugenotten und vielleicht die Bartholomäusnacht (als Begriff, aber kaum, was genau passierte) sowie Kardinal Richelieu (aber wohl auch nur dank der "Drei Musketiere") noch ein Begriff.

Was mich betrifft: extrem wenig.
An diesem trüben Zustand gebe ich mir aber nicht die Schuld, sondern wälze sie auf das selektive Unterrichtsmaterial des Schulunterrichts ab. In den Fächern Geschichte, Politik, Erdkunde spielte Rumänien im Gymnasium der 70er-80er Jahre keine Rolle.
Das ist zwar einerseits bedauerlich, andererseits muss man auch realistisch sein: Kinder und Jugendliche verbringen schon genug Zeit in der Schule. Würde man alles noch genauer durchnehmen, könnte man locker noch ein paar Jahre dranhängen. Die meisten interessiert es ohnehin nicht und sie vergessen es rasch wieder.
Es geht ja nicht nur um Geschichte: Der Biologieinteressierte bedauert vielleicht, dass in der Schule die reichhaltige endemische Flora und Fauna Madagaskars nicht eingehend behandelt wird. Den Chemiefan stört vielleicht, dass manche Elemente des Periodensystems nicht einmal erwähnt werden. Den Geographieinteressierten, dass der durchschnittliche Maturant/Abiturient vermutlich noch nie von Guinea-Bissau gehört hat.
Würde in der Schule alles behandelt, was der Bildungsbürger wissen sollte bzw. einschlägig Interessierte für allgemein wissenswert erachten, wären wir bei Matura/Abitur mit 30.

Oder was außerhalb von Europa war? Erst im Rahmen der Entdeckungen. Ja da wurden dann die Länder entdeckt.
Das geht noch schlimmer: Die österreichische Geschichte wurde uns so vermittelt, dass es zu Beginn die Babenberger im Raum Niederösterreich/Wien gab, und die Gebiete der restlichen Bundesländer kamen nach und nach dazu. Anders ausgedrückt: Sie traten erst ins "Licht der Geschichte", wenn sie zu Österreich kamen. Die Geschichte etwa Kärntens oder Tirols oder gar Salzburgs (immerhin erst seit zwei Jahrhunderten bei Österreich) davor: Fehlanzeige. Geschweige denn eine nähere Behandlung der Geschichte Ungarns, zu dem das Burgenland bis vor hundert Jahren gehörte. (Zwar besuchte ich in Niederösterreich die Schule, aber dass allein kann nicht der Grund für diese einseitige Darstellung gewesen sein, denn die Schulbücher waren auch so aufgebaut. Falls also die Schüler in anderen Bundesländern etwas mehr über ihre Regionalgeschichte lernen, dann vermutlich allenfalls auf Eigeninitiative der Lehrer.)
 
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Ich verstehe nicht, was das mit Sprachbarrieren zu tun haben soll. Es ist doch nicht so, dass Bücher über die Geschichte Spaniens oder Frankreichs nur in spanischer bzw. französischer Sprache verfügbar wären oder dass Menschen, die diese Sprachen lernen, deswegen auch Bücher über die Geschichte dieser Länder lesen. (Auch der Sprachunterricht selbst vermittelt nicht zwingend Geschichtskenntnisse: Ich habe im schulischen Englischunterricht fast nichts über die Geschichte Englands oder der USA, geschweige denn sonstiger englischsprachiger Länder, gelernt.)
Wenn der "historisch Informierte" mehr über die Geschichte Frankreichs und Spaniens als die Rumäniens weiß, dann doch wohl eher, weil Frankreich und Spanien in der Geschichte Europas (und auch Deutschlands) eine größere Rolle spielten als Rumänien.
Ja und nein. Der Mensch interessiert sich i.d.R. für das, was er kennt. Sprich, Interesse generiert sich zu einem Großteil aus Vorkenntnis. Und das generiert sich u.a. auch aus dem Sprachunterricht.
Trendsprachen muss nicht unbedingt jeder Rezipient von Geschichte kennen, aber Trendsprachen sorgen eben dafür, dass generell mehr Leute sich für die Sprachen und - u.a. auch wegen Reisen dorthin und Sehenswürdigkeiten - damit auch für die Geschichte der Länder interessieren, in denen die Sprachen gesprochen werden. Dadurch wird praktisch mehr zur Geschichte Amerikas, Englands, Frankreichs und Spaniens publiziert, als zur Geschichte eben Rumäniens. Das ist natürlich kein Automatismus. Wir haben auch nicht viel mehr als die Milestones in English bzw. American History im Schulbuch gehabt.

Das ist zwar einerseits bedauerlich, andererseits muss man auch realistisch sein: Kinder und Jugendliche verbringen schon genug Zeit in der Schule. Würde man alles noch genauer durchnehmen, könnte man locker noch ein paar Jahre dranhängen. Die meisten interessiert es ohnehin nicht und sie vergessen es rasch wieder.
Es geht ja nicht nur um Geschichte: Der Biologieinteressierte bedauert vielleicht, dass in der Schule die reichhaltige endemische Flora und Fauna Madagaskars nicht eingehend behandelt wird. Den Chemiefan stört vielleicht, dass manche Elemente des Periodensystems nicht einmal erwähnt werden. Den Geographieinteressierten, dass der durchschnittliche Maturant/Abiturient vermutlich noch nie von Guinea-Bissau gehört hat.
Würde in der Schule alles behandelt, was der Bildungsbürger wissen sollte bzw. einschlägig Interessierte für allgemein wissenswert erachten, wären wir bei Matura/Abitur mit 30.
Sachwissen ist nur ein geringer Teil dessen, was in der Schule vermittelt wird und das eher exemplarisch als umfassend. In der Schule geht es in erster Linie um den Kompetenzerwerb. Fach-/Sachkompetenz, Methodenkometenz, Sozialkompetenz, Selbstkompetenz.
 
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