2. Versuch...
Lungos schrieb:
Ich denke auch, dass die Mehrheit der ehemaligen DDR-Bürger sich nicht nach den alten DDR-Zeiten sehnen. Es ist nur eine kleine Minderheit, die behauptet: "zu DDR-Zeiten war alles besser".
Es ist vor allem die Gruppe der "Verlierer der Wende", die den DDR-Zeiten hinterhertrauert. Bei denen hat sich soviel Frust angestaut, daß sie das Negative in der DDR verdrängen, sich nachträglich alles schönreden, um das "hier und jetzt" besser ignorieren/ertragen zu können..
Lungos schrieb:
Allerdings gibt es viele DDR-Bürger, die bestimmte Punkte aus DDR-Zeiten für besser fanden. Hier ein paar Stichpunkte:
1. Schulbildung (worauf ich nicht mehr eingehen werde)
2. Versorgung der Kinder und Jugendlichen (in Kindergarten und Schule)
3. besserer Zusammenhalt im Ort
Ich geb mal meinen "Senf" hierzu ab, auch wenn ich zur Wendezeit noch Schülerin war...
1. Ein Äquivalent zur Hauptschule gab´s schon, nur waren da auch die Behindertenschulen mit inbegriffen, die Hilfsschulen.
Ansonsten gab es die POS (= polytechn. Oberschule bis zur 10. Klasse) und die EOS (erweiterte Oberschule). Zum Unterricht gehörten auch Einsätze auf dem Feld und Wehrübungen (ich glaube, so ab Klasse 8).
Das habe ich Gott sei Dank nicht mehr miterlebt...
Von der POS auf´s Gymnasium sind aus meiner Klasse ca. die Hälfte gegangen, die andere auf die Realschule. Später sind auf nur wenige vom Gym. zur Realschule gewechselt.
Anders als in der BRD gab es keine Kursstufe, wo man die Fächer abwählen konnte, die man nicht beherrschte / wollte ... (wovon ich auch profitiert habe), sondern
alle Fächer wurden bis zum Abitur fortgeführt.
Das hat Vor- und Nachteile...
Nach der WV blieb uns nur eine Lehrerin von "früher" erhalten, der Rest kam aus dem "Westen", von der Uni oder aus größeren (Ost)Städten. Die west-dt. Lehrer haben uns durch die Bank gesagt, daß wir eine bessere Allgemeinbildung hätten als die Schüler ders. Altersstufe drüben.
Das
kann daran liegen, daß im Osten Fernseher unerschwinglich waren und die Eltern sich mehr mit ihren Kindern beschäftigt haben, daß mehr gelesen wurde, es keine Computer (wie Commodore 64, Atari und später Windows...) gab und die Kinder seltener vor der "Glotze" geparkt werden, als das heute der Fall ist-
muß es aber nicht.
In
jeder Stadt in der DDR wurde nach
demselben Lehrplan unterrichtet.
Das war in der BRD nie so, weil Schulpolitik = Ländersache.
Hat natürlich auch den Nachteil, daß man nicht einfach so in einem anderen Bundesland die Schule fortführen kann, wenn die Eltern umziehen (ich sage nur alt- und neusprachl. Gymnasien)..
Der unheitliche Lehrplan führt auch dazu, daß man die BL gar nicht vergleichen
kann, weil man Äpfel mit Birnen vergleicht- siehe Pisa.
Ich könnte noch mehr dazu sagen, aber das sprengt den Raum...
2. Die Kinderbetreuung im Osten war eindeutig besser als in der BRD. Sicher
mußten die Frauen dort auch arbeiten und konnten sich nicht erlauben, zuhause zu bleiben, weil sie schlicht zum Famileinunterhalt beitragen mußten!
Aber, anders als in der BRD, hatten sie zumindest Gewißheit, daß ihr Kind in ihrer Abwesenheit angemessen versorgt wurde von eigens dafür ausgebildeten Kräften- diese Option der qualifizierten Betreuung gab es vor der Wende in der BRD doch nur in Ausnahmefällen.
Ansonsten gab es den Kinderladen (die die Kinder weitgehend sich selbst überließen), oder Versorgung durch Oma, Betreuungstausch..
Ich will das keineswegs verteufeln, aber die Frauen im Westen hatten- selbst wenn sie arbeiten wollten- doch häufig keine andere Wahl, als zuhause zu bleiben. Daran orientiert sich doch auch die Rechtsprechung zum Thema Geschiedenenunterhalt. Da hat in den letzten 10 Jahren ein erhebl. Wandel stattgefunden.
In jeder Schule gab es den Früh- (vor der Schule) und Späthort (bis 17 Uhr), dort halfen Hortnerinnen bei den Hausaufgaben, paßten auf, daß du den Schweinefraß (= Schulspeisung) auch aufgegessen hast und für die 1.- und 2.Klässler waren auch Feldbetten für den Mittagsschlaf aufgestellt. Nach den HA wurde oft gebastelt oder auf den Schulhof spielen gegangen- je nach Wetter. Sicher ist man als Kind weder im Kiga noch in der Schule vom Sozialismaus verschont geblieben, das war halt der Nachteil..
Für Kinder, die früh zum "Querulantentum" neigten, d.h. selbständig und nicht immer systemkonform dachten, war es da natürlich schwieriger, sich eine Privatsphäre zu schaffen. Es gab ja auch die (Pflicht)Pioniernachmittage am Mittwoch (dafür gab´s an diesem Tag auch keine HA). Ein Nichterscheinen konnte einem einen blauen Brief verschaffen...(ich weiß, wovon ich rede
)
Samstag vormittag hatten wir auch Unterricht.
Also, die Kids waren schon "von der Straße weg" und konnten daher nicht soviel Dummheiten anstellen... aber dafür war man selten allein...
Ich wäre froh, wenn ich meine Tochter hier im Saarland genausogut betreuen lassen könnte wie zuhause. Da das ganztags nicht möglich ist und ich es mir mit meinem mickrigen Gehalt nicht leisten kann, eine Tagesmutter zu engagieren, ist sie immer noch in der Ostzone und ich pendele jede Woche. 8 h hin am Freitag, Sonntag Mittag 8 h zurück. So geht das jetzt schon 1 Jahr, aber ich will nicht jammern...
Wenn ich daran denke, daß sie nächstes Jahr eingeschult wird....
3. kann ich bestätigen
Lungos schrieb:
Ich treffe auch immer mehr ehemalige DDR-Bürger, die es als ungerecht empfinden, dass z.B. in Duisburg die Stadt zerfällt und in Leipzig oder Dresden nagelneue Bahnhöfe entstehen...
Also ich find den Leipziger Hbf sehr schön!!! Jedenfalls ist er nicht so (wie soll ich das jetzt sagen, ohne jmd. auf die Füße zu treten?!) ... wie der Frankfurter (M).
Die Fußgängerzonen find ich persönlich schon extremer, oder die ganzen Einkaufszentren, die hier wie Pilze aus dem Boden geschossen sind... *kopfschüttel*
Den Leuten hier nutzt die "schöne neue Welt" recht wenig, weil sie kein Geld haben, um sich das Warenangebot leisten zu können. Und es regen sich auch mehrere auf, weil Kigas, Schwimmhallen, Sporthallen und dergleichen Einrichtungen mehr geschlossen werden, während dafür das Geld zum Fenster rausgeschmissen wird...
Gruß, Snaedis