war heute auf dienstreise, deshalb die verspätete antwort:
collo: Da fehlt was ganz wichtiges, was meiner Meinung nach viel zu selten erwähnt wird: das BRD-Handelsnetz war weit umfangreicher, als das der DDR. Und es bestand Konvertierbarkeit der Währung. Nach einer Mißernte konnte man problemlos Getreide in Kanada aufkaufen und wenn das da zu teuer war, eben in den USA. Es gab also keine direkte Verknappung der Waren, und darum waren die Eingriffe in die Preise meist moderat. Für die DDR bedeutete aber allein schon die Tatsache, Devisen für Getreide ausgeben zu müssen (anstatt für Medizin, Hightec, Lizensen), ein großes Wirtschaftsproblem. Denn theoretisch hätte sofort im selben Maße der Export steigen müssen, was natürlich nicht ging.
Noch was. aber bitte nicht die Wände hochgehen: Ein beträchtlicher Teil der deutschen Importgüter stammt aus extremer Ausbeutung der Arbeiter in Übersee. Nur dadurch sind die Preise für Kaffee, Kakao, manche Südfrüchte und auch einige Rohstoffe so niedrig, wie sie sind. Die DDR beteiligte sich an dieser Ausbeutung nicht. Natürlich war sie auch gar nicht dazu in der Lage. Aber trotzdem ist das ein Punkt, der ein wirtschaftliches Nadelöhr darstellte.
Was mir grad noch einfällt: Die DDR-Währung hatte keine Golddeckung. Aber das hatte Vor- und Nachteile.
ich nehme an, mit dem handelsnetz meinst du jetzt nicht aldi und tengelmann, sondern die weltwirtschaftliche verflechtung der bundesrepublik.
eben, die sozialistischen planwirtschaften wollten eben keine frei konvertierbare währung haben, weil ihre wirtschaftsleistung ja dann im wechselkurs zum ausdruck gekommen wäre (währungsspekulationen spielten bis in die siebziger keine so grosse rolle). dadurch hat man sich in einer kapitalistisch organisierten weltwirtschaft probleme eingehandelt, weil man eben auch von einer autarkie weit entfernt war.
es ist aber nicht so, dass die westdeutsche oder westliche wirtschaft vollkommen immun gegen äussere einflüsse war, siehe rohölkrisen von 1974 und 1979, die zu veritablen rezessionen geführt haben.
auf das argument der ausbeutung gehe ich hier nicht ein, es trägt erstens nichts zur sache bei und zweitens ist es unsinn zu behaupten, die ddr hätte sich daran nicht beteiligt (als wenn die ddr einen "fairen" preis für kaffee bezahlt hätte).
zu guter letzt: die dm war nie eine durch gold gedeckte währung.
...
Vor allem aber sollte man direkte (politisch motivierte) Marktmanipulationen des Westens wie die von mir genannte nicht außer acht lassen (die COCOM-Liste wäre ein weiteres Beispiel, oder die Verknüpfung von Handelsverträgen mit politischen Bedingungen). Ceteris paribus führt (nicht nur) hier in die Irre.
off-topic, aber weil es m.e. nicht unwidersprochen bleiben kann:
man kann ja von verschwörungstheorien halten was man will, aber dass die usa druck auf saudi-arabien ausgeübt haben, den ölpreis zu senken, um die sowjetunion zahlungsunfähig zu machen...
mitte der achtziger jahre waren die usa derart überschuldet, steckten wirtschaftlich in einer krise, dass in erster linie an das eigene wirtschaftliche wohlergehen gedacht wurde.
dass man militärisch wertvolle güter nicht einfach an den "feind" verkauft, ist klar. und mit zunehmender elektronisierung auch und gerade der waffentechnologie, versuchte man sich eben durch eine massnahme wie der cocom-liste diesen vorsprung zu erhalten. dennoch liefen solche geschäfte, gerade die ddr war darin ziemlich erfolgreich.
und dass mit handelsverträgen politik gemacht wird, ist älter als der ost-west-gegensatz. wie hätte der westen denn sonst reagieren sollen, einfach geschäfte machen oder einen hundertprozentigen boykott?