Wie weit in den Alltagleben reichte die Macht der Kirche(n)?

Das Bild der Frau in unserer Gesellschaft wurde und wird durch das Christentum geprägt. Während Frauen anfangs Gleiche unter Gleichen waren und damit sehr viel für die Verbreitung des neuen Glaubens taten, übernahmen nach und nach die Männer die Führung, indem sie die Religion institutionalisierten. Sie bauten Strukturen und Hierarchien in eine Kirche ein, die sie apostolisch und katholisch nannten, und in der die Frauen keinen Platz mehr als Verkünderinnen des Glaubens mehr hatten.
Ja, die meisten meinen, Paulus sei es gewesen, was nicht grundsätzlich falsch ist, aber in Wirklichkeit hat die Kirche das von den Juden geerbt
Jetzt bin ich verwirrt:
Zuerst, in der jüdischen Gesellschaft und bei den Römern, waren die Frauen nicht gleichberechtigt.
Dann bei den allerfrühesten Christen waren sie gleichberechtigt - aber deren "Kirche" änderte das wieder.
Habe ich dich richtig verstanden?
 
Jetzt bin ich verwirrt:
Zuerst, in der jüdischen Gesellschaft und bei den Römern, waren die Frauen nicht gleichberechtigt.
Dann bei den allerfrühesten Christen waren sie gleichberechtigt - aber deren "Kirche" änderte das wieder.
Habe ich dich richtig verstanden?
Ja. Weil Frauen anfangs die Hauptverbreiterinnen des neuen Glaubens waren, konnte man sie nicht so schnell beiseitedrängen. Klar, schon Paulus hat das versucht, er war ja ein Jude, genauer gesagt ein Pharisäer, dem die jüdischen Gesetze heilig waren. Man kann von so einem nicht erwarten, dass er seine Ansichten über Frauen einfach ad acta legt, nur weil er Christ geworden war.
 
Ja. Weil Frauen anfangs die Hauptverbreiterinnen des neuen Glaubens waren, konnte man sie nicht so schnell beiseitedrängen.

Wie viele von den Aposteln waren denn Frauen?

Klar, schon Paulus hat das versucht, er war ja ein Jude, genauer gesagt ein Pharisäer, dem die jüdischen Gesetze heilig waren. Man kann von so einem nicht erwarten, dass er seine Ansichten über Frauen einfach ad acta legt, nur weil er Christ geworden war.

Also genau wie Jesus, der sehr wahrscheinlich selbst Pharisäer war oder ihnen zumindest nahe stand.

Im Neuen Testament treten die Pharisäer vor allem deshalb als Gegenspieler Jesu auf, weil sie nach der Zerstörung des Tempels zur dominierenden Strömung im Judentum geworden waren und sich die Autoren der Evangelien deshalb von ihnen abgrenzen wollten.

Im Übrigen ist Paulus ja auch der eigentliche Begründer des Christentums. Durch die von ihm durchgesetzte Heidenmission wurde das Christentum von einer jüdischen Sekte zu einer neuen Religion, für die etwa die jüdischen Speisever- und Gebote nicht mehr galten und auch die Beschneidung nicht mehr nötig war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Übrigen ist Paulus ja auch der eigentliche Begründer des Christentums.
Ja, Paulus war der selbsternannte Apostel und erster Theologe, also Theoretiker des Glaubens. Und das Theoriegebäude, das er errichtet hat, haben andere Theoretiker, bald Kirchenväter genannt, erweitert und dabei für Frauen auch keine Räume übriggelassen, außer natürlich fürs Kochen, Waschen und Putzen. Und fürs Gebären. Wenn es nach der katholischen Kirche und den protestantischen Evangelikalen ginge, müssten sie heute immer noch Gebärmaschinen sein.

PS: Davon, dass Jesus Pharisäer gewesen wäre, ist mir nichts bekannt.
 
und dabei für Frauen auch keine Räume übriggelassen, außer natürlich fürs Kochen, Waschen und Putzen. Und fürs Gebären. Wenn es nach der katholischen Kirche und den protestantischen Evangelikalen ginge, müssten sie heute immer noch Gebärmaschinen sein.
aber die wohl nur sehr kurzlebige (?) ultrafrühchristliche (?) Gesellschaft mit gleichberechtigten Frauen, die du @Dion angedeutet hast, gab es die tatsächlich und wenn ja, war das denn niemandem damals als ungewöhnlich aufgefallen? Die Griechen/Hellenen, die Römer etc kannten derartiges ja nicht. Was weiß man über diese gleichberechtigte antike Sozietät?
 
PS: Davon, dass Jesus Pharisäer gewesen wäre, ist mir nichts bekannt.

Das wird auch in dem Wikipedia-Artikel über Pharisäer, den Du selbst verlinkt hast, angesprochen, im Abschnitt Pharisäer und Christentum:

Pharisäer – Wikipedia

Argumente dafür sind unter anderem die Anrede Jesu als Rabbi bzw. Rabbuni in den Evangelien und dass er typisch pharisäische Lehren vertritt, u. a. die Nächstenliebe, die flexible Auslegung des Gesetzes (im Vergleich zu anderen jüdischen Strömungen) und die Lehre von einem Leben nach dem Tod mit der Auferstehung der Toten, die es ursprünglich im Judentum so nicht gab.
 
PS: Davon, dass Jesus Pharisäer gewesen wäre, ist mir nichts bekannt.
In den Evangelien werden die Pharisäer immer als Gegner Jesu dargestellt. Michael Hesemann allerdings behauptet in mindestens einem seiner Bücher (wahrscheinlich in seinem Gralsbuch), dass Jesus zu den Pharisäern gehört habe. Die Argumentation bekomme ich nicht mehr zusammen.
 
Argumente dafür sind unter anderem die Anrede Jesu Rabbi bzw. Rabbuni
Warum soll der Begriff 'Lehrer' für das pharisäische Judentum reserviert gewesen sein? Das scheint mir nicht sinnig.

und dass er typisch pharisäische Lehren vertritt, u. a. die Nächstenliebe, die flexible Auslegung des Gesetzes (im Vergleich zu anderen jüdischen Strömungen)
Gerade in diesen beiden Punkten stellen die Evangelien den Konflikt zwischen den Pharisäern und Jesus dar. Gerade dort wollen sie ihn ja immer in die argumentative Falle locken, was freilich nicht stimmen muss.

Einzelne Gemeinsamkeiten sind natürlich möglich.
 
Argumente dafür sind unter anderem die Anrede Jesu als Rabbi bzw. Rabbuni in den Evangelien und dass er typisch pharisäische Lehren vertritt, u. a. die Nächstenliebe, die flexible Auslegung des Gesetzes (im Vergleich zu anderen jüdischen Strömungen) und die Lehre von einem Leben nach dem Tod mit der Auferstehung der Toten, die es ursprünglich im Judentum so nicht gab.
Na ja, aber es folgt kaum einer der Thesen Maccobys. Im Gegenteil, einige sagen dazu: "Schmarrn".

Aber das ist jetzt nicht so wichtig, denn für die Tatsache, dass Frauen in der frühen Kirche bald nicht mehr zählten, ist ziemlich egal, wer dafür oder wer dagegen war – falls überhaupt jemand dagegen war –, denn die eigentliche Ursache, Frauen vom Priesterdienst am Altar fernzuhalten, war ihre durch die Menstruation erzeugte Unreinheit.

aber die wohl nur sehr kurzlebige (?) ultrafrühchristliche (?) Gesellschaft mit gleichberechtigten Frauen, die du @Dion angedeutet hast, gab es die tatsächlich und wenn ja, war das denn niemandem damals als ungewöhnlich aufgefallen? Die Griechen/Hellenen, die Römer etc kannten derartiges ja nicht. Was weiß man über diese gleichberechtigte antike Sozietät?
Anfangs war da keine Kirche und dementsprechend auch keine Hierarchie. Man traf sich, Männer wie Frauen, und sprach über Gott und die Welt. Natürlich vor allem über Gott, den neuen: Jesus, der ja, wie angekündigt, unter ihnen weilte – geistig natürlich in der Form von Brot und Wein. Die „gute“ Nachricht wurde mündlich weitergereicht – deswegen wissen wir auch so wenig darüber. Es gab da auch noch keine Altäre oder extra Sakralräume, um Frauen davon abhalten zu müssen, sie zu betreten.
 
Aber das ist jetzt nicht so wichtig, denn für die Tatsache, dass Frauen in der frühen Kirche bald nicht mehr zählten, ist ziemlich egal, wer dafür oder wer dagegen war – falls überhaupt jemand dagegen war –, denn die eigentliche Ursache, Frauen vom Priesterdienst am Altar fernzuhalten, war ihre durch die Menstruation erzeugte Unreinheit./
Mit deinem Schwanken zwischen den Extremen überzeugst du nicht wirklich. Wir wissen, dass Frauen wichtig wären. Sie waren es, die angeblich das leere Grab entdeckten, während die Männer sich mit schlotternden Knien in irgendwelche Winkel verkrochen. Auch in der Apostelgeschichte und in Paulus' Briefen kommen Frauen als Akteure vor. Es wäre allerdings sehr überraschend, wenn Frauen in der patriarchalen Umwelt der Gesellschaften in denen das Christentum entstand, plötzlich eine auch nur annähernd gleichberechtigte Rolle gehabt hätten. Diese Erwartung ist ahistorisch..
 
Wie viele von den Aposteln waren denn Frauen?


Im Übrigen ist Paulus ja auch der eigentliche Begründer des Christentums. Durch die von ihm durchgesetzte Heidenmission wurde das Christentum von einer jüdischen Sekte zu einer neuen Religion, für die etwa die jüdischen Speisever- und Gebote nicht mehr galten und auch die Beschneidung nicht mehr nötig war.

Ich zitiere meinen Theologieprof, ohne die griechische Philosophie wäre das Christentum eine jüdische Sekte.

Vieles was typisch christlich ist, wäre einem traditionellen Juden gar nicht aufgefallen. Lebenslange Jungfräulichkeit ist ein Ideal was das Judentum nicht kennt. Ja die Frau muss bei der Hochzeit Jungfrau sein, aber das Schicksal von alten Jungfern wurde beweint. Hat viel mit pronatalem Charakter des Judentums zu tun. Das Judentum hat irgendwie eine Urangst auszusterben und Kinderreichtum ist JHWHs Geschenk für die Gläubigen geblieben. Im Christentum jedenfalls orthodox ist es das Höchste als alte Jungfrau zu sterben.

Wobei schon Paulus und Jesus wohl unverheiratet waren, dies lag aber vor allem da beide wegen ihrer Mission dies taten. Jesus soll ja gesagt haben die Eunuchen für das Himmelsreich und für Paulus war Heiraten nicht so wichtig, weil Ende der Welt.
 
Es wäre allerdings sehr überraschend, wenn Frauen in der patriarchalen Umwelt der Gesellschaften in denen das Christentum entstand, plötzlich eine auch nur annähernd gleichberechtigte Rolle gehabt hätten.
Selbst Paulus, sicher kein Befürworter der Frauen*, hat eine Junia genannt, die angesehen wäre unter den Aposteln. Das haben die späteren Machthaber in der Kirche in Junias** geändert, obwohl es in der Antike sonst keinen solchen Namen gab.

* Man weist ja von seiner Weisung an die Frauen, sie sollen in der Gemeinde ihre Haare bedecken und ansonsten schweigen. Diese Worte werden auch häufig zur Begründung geführt, Frauen nicht an den Altar zulassen.

** Erst in der Einheitsübersetzung ist die Junia wieder da – Zitat: Röm 16,7 Grüßt Andronikus und Junia, die zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gefängnis waren; sie ragen heraus unter den Aposteln und haben sich schon vor mir zu Christus bekannt.

Diese Richtigstellung der Übersetzung ist aber auch alles: Die Kirche negiert weiter, dass Junia eine Apostelin zur Zeit Jesu war, also nicht erst später wie Paulus, der erst 1-3 Jahre nach Jesu Tod Christ wurde.
 
Lebenslange Jungfräulichkeit ist ein Ideal was das Judentum nicht kennt.

Im Judentum im 1. Jahrhunderts gab es eine Richtung, die dieses Ideal sehr wohl kannte:
Paulus Bedeutung für das Christentum

Na ja, aber es folgt kaum einer der Thesen Maccobys. Im Gegenteil, einige sagen dazu: "Schmarrn".

Heute nachmittag hattest Du noch nicht einmal den Wikipedia-Artikel gelesen, der Maccoby gerade mal einen Satz widmet. Jetzt traust Du Dir ein Urteil über die Maccoby-Rezeption zu. Von welchen ("einigen") Leuten sprichst Du, was hast Du von ihnen gelesen?

Ich habe von Maccoby bislang nichts gelesen und kann daher nicht sagen, welche These Maccoby tatsächlich vertritt. Der besagte Satz enthält ja zwei Aussagen, die durch ein "oder" getrennt sind. Stand der historische Jesus laut Maccoby der pharisäischen Bewegung nur nahe oder soll er laut Maccoby "ein Teil von ihr" gewesen sein?

Letztere These wäre übrigens keineswegs neu. Bereits 1864 schrieb Abraham Geiger:

"Er war ein Jude, ein pharisäischer Jude mit galiläischer Färbung, ein Mann der die Hoffnungen der Zeit theilte und diese Hoffnungen in sich erfüllt glaubte. Einen neuen Gedanken sprach er keineswegs aus, auch brach er nicht etwa die Schranken der Nationalität. [...] Er hob nicht im Entferntesten irgend etwas vom Judenthum auf, er war ein Pharisäer, der auch in den Wegen Hillel's ging, nicht auf jedes einzelne Aeußerliche den entschiedensten Werth legte, aber andererseits sprach er es auch aus, daß nicht ein Titelchen vom Gesetze weggenommen werden soll, die Pharisäer sitzen auf dem Stuhle Mosis, und was sie sprechen, das sollt ihr befolgen."​

Das Judenthum und seine Geschichte ; 1. Abth.: Bis zur Zerstörung des zweiten Tempels : in zwölf Vorlesungen ; nebst einem Anhange: Renan und Strauß @ RosDok

Die Aussage "Jesus war ein Pharisäer" wird man in der Tat als steile These bezeichnen dürfen, aber dass Jesus der pharisäischen Richtung relativ nahe stand, habe ich schon oft gelesen und ich wüsste auch nicht, ob das derzeit vehement bestritten wird.


Die Kirche negiert weiter, dass Junia eine Apostelin zur Zeit Jesu war, also nicht erst später wie Paulus, der erst 1-3 Jahre nach Jesu Tod Christ wurde.
Da es bekanntlich eine recht große Anzahl christlicher Kirchen gibt, muss ich schon nachfragen: Welche Kirche?
Und in welchen maßgeblichen Schriftstücken wird das mit welchen Worten "negiert"?
 
Du hast mein Posting nicht verstanden und machst schon wieder mehrere Fässer gleichzeitig auf.
Diese Richtigstellung der Übersetzung ist aber auch alles: Die Kirche negiert weiter, dass Junia eine Apostelin zur Zeit Jesu war, also nicht erst später wie Paulus, der erst 1-3 Jahre nach Jesu Tod Christ wurde.
Dafür gibt es ja auch keinen Beleg. Alles, was wir über diese Person wissen, steht in Röm 16,7. (1) Andronikos und Yunia/s waren gemeinsam mit Paulus im Gefängnis und (2) bereits vor ihm Christen. (3) Sie sind angesehen unter den Aposteln. Diese Formulierung ist doppeldeutig.

Wenn du im Übrigen mal die Texte selbst und nicht bloß Schnipsel in Wikipedia lesen würdest, würdest du feststellen, dass der angeblich so besonders frauenfeindliche Paulus ständig irgendwelche Frauen grüßen lässt, die sich um das Christentum verdient gemacht haben. Aber noch mal: das ist kein Beleg dafür, dass die Rolle der Frau im frühen Christentum sich großartig von der Rolle der Frau im antiken Judentum, Griechentum oder Römertum unterschied. Oder das irgendwelche sinistren Dunkelmänner in der Kirche das Rad der Geschichte zurückgedreht hätten. Das lässt sich im Übrigen auch gerade an Yunia/s zeigen: Die orthodoxen Kirchen, für die Yunia/s immer eine Frau war, sind sehr viel strenger in der Einteilung in die weibliche und männliche Sphäre, als das die Westkirchen sind und waren, wo Junias seit dem 13. Jhdt. als Mann gesehen wurde. Die Interpretation Junias' als Mann hat also überhaupt keinen Einfluss auf kirchenrechtliche Fragen gehabt. Erst in den letzten Jahrzehnten ist die Frage nach der Geschlechtlichkeit dieser Person zum Dreh- und Angelpunkt in der Frage zur der vollen Gleichberechtigung der Frau in den Kirchen geworden.
 
Aber noch mal: das ist kein Beleg dafür, dass die Rolle der Frau im frühen Christentum sich großartig von der Rolle der Frau im antiken Judentum, Griechentum oder Römertum unterschied. Oder das irgendwelche sinistren Dunkelmänner in der Kirche das Rad der Geschichte zurückgedreht hätten.
damit hat @El Quijote meine Frage an @Dion beantwortet
aber die wohl nur sehr kurzlebige (?) ultrafrühchristliche (?) Gesellschaft mit gleichberechtigten Frauen, die du @Dion angedeutet hast, gab es die tatsächlich und wenn ja, war das denn niemandem damals als ungewöhnlich aufgefallen? Die Griechen/Hellenen, die Römer etc kannten derartiges ja nicht.
 
Jetzt traust Du Dir ein Urteil über die Maccoby-Rezeption zu. Von welchen ("einigen") Leuten sprichst Du, was hast Du von ihnen gelesen?
Nichts. Ich habe nur gelesen, was in der englischen Wikipedia über Maccoby steht – Zitat: Reception of Maccoby's view of Paul has generally been negative.

Mir als Laie genügt das, zudem es für diesen Faden völlig uninteressant ist, ob Paulus ein Pharisäer war oder nicht. Es tut mir jetzt leid, dass ich diesen Fass mit einer Bemerkung über Paulus als Pharisäer aufgemacht hatte. Ich wollte damit nur darauf hinweisen, dass Paulus durch seinen Übertritt zum „Christentum“ seine orthodoxe jüdische Erziehung nicht einfach ablegte, sondern wie zuvor die jüdischen, jetzt die christlichen Prinzipien verteidigte, die er teilweise selbst formulierte.

Da es bekanntlich eine recht große Anzahl christlicher Kirchen gibt, muss ich schon nachfragen: Welche Kirche?
Und in welchen maßgeblichen Schriftstücken wird das mit welchen Worten "negiert"?
Wenn ich nur Kirche sage, dann meine ich immer die katholische. Weil ich sonst Kirchen sage und dazu weiter spezifiziere, welche. Zu der Negation siehe bitte meine folgende Antwort an @El Quijote.

Dafür gibt es ja auch keinen Beleg. Alles, was wir über diese Person wissen, steht in Röm 16,7. (1) Andronikos und Yunia/s waren gemeinsam mit Paulus im Gefängnis und (2) bereits vor ihm Christen. (3) Sie sind angesehen unter den Aposteln. Diese Formulierung ist doppeldeutig.
Deine Formulierung ist in der Tat doppeldeutig, aber die von mir zitierte Formulierung in der Einheitsübersetzung ist das nicht – ich zitiere sie noch einmal: Röm 16,7 Grüßt Andronikus und Junia, die zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gefängnis waren; sie ragen heraus unter den Aposteln und haben sich schon vor mir zu Christus bekannt.

Das besagt: Sie beide waren herausragenden Aposteln, d.h. keine mittelmäßigen.

Aber noch mal: das ist kein Beleg dafür, dass die Rolle der Frau im frühen Christentum sich großartig von der Rolle der Frau im antiken Judentum, Griechentum oder Römertum unterschied. Oder das irgendwelche sinistren Dunkelmänner in der Kirche das Rad der Geschichte zurückgedreht hätten.
Natürlich haben die sog. Kirchenväter versucht, Frauen der frühen Kirche unsichtbar oder zumindest unbedeutend zu machen.

Junia ist nicht die einzige wichtige Zeugin des Glaubens, die von der Kirche nicht als solche anerkannt wird: Die andere, die Paulus erwähnte, ist Thekla von Iconium. Aber schon Tertullian* verurteilte die Erwähnung Theklas in Paulus Akten als Fälschung, was aber die Kirche nicht hinderte, sie später als Heilige zu verehren - vielleicht um die Kritik an der Haltung der Kirche zu ihr zu mildern nach dem Motto: Was habt ihr alle mit der Thekla, wir kennen sie doch als eine heilige an!

Es gibt eine Reihe von Frauen, die in der frühen Kirche eine bedeutende Rolle spielten, doch die Schriften, in denen sie erwähnt, wurden nicht in das Canon aufgenommen und als apokryph genannt, um gleichwohl immer dann, wenn es der Kirche nützlich erscheint, zitiert zu werden.

Über Thekla gibt es einige Dokumente, eines davon ist dieses von Veronika Niederhofer: https://www.hermeneutische-blaetter.uzh.ch/article/view/3039/2089

Zitat daraus (Fettschreibung durch mich): Die Erzählung gibt Informationen, die über das Neue Testament hinaus reichen. Die Figur des Paulus nimmt neue Züge an. Er spielt nur am Rande der Erzählung eine Rolle. Er zieht umher, lehrt und belehrt die Einwohner, und tritt mit zunehmender Präsenz der Thekla immer mehr in den Hintergrund. Zugleich übernimmt diese als seine Schülerin die Rolle der Lehrenden und Zeugnisgebenden. Am Ende der Akten des Paulus und der Thekla kann nun über Thekla selbst gesagt werden, was im ersten Teil der Erzählung noch für Paulus gilt: ihr Zeugnis in Wort und Tat führt andere zum Glauben.

* In der Wikipedia wird dazu Folgendes gesagt: Die Akten des Paulus und der Thekla wurden in einige Sprachen, wie koptisch, syrisch, armenisch, äthiopisch, arabisch und lateinisch übersetzt. Mehrere erhaltene Handschriften zeugen von einer hohen Verbreitung dieses Textes. Die Akten werden zuerst bei Tertullian erwähnt. Dieser kritisiert, dass eine Frau lehre und taufe, und wertet die Akten als Fälschung:

„Wenn nun diejenigen [Frauen], welche die fälschlich geschriebenen Akten des Paulus (anrufen), um am [Beispiel der Thekla] die Erlaubnis für Frauen, zu lehren und zu taufen, zu verteidigen, so mögen sie wissen, dass der Presbyter in Asien, der diese Schrift hergestellt hat, als könne er dem Ansehen des Paulus etwas von dem Seinigen hinzufügen, von seinem Amt zurückgetreten ist, nachdem er überführt war und gestanden hatte, dass er das aus Liebe zu Paulus getan habe.“
– Tertullian, De baptismo 17,5.[4]


Damit ist klar, dass schon damals, am Ende des 2. Jahrhunderts, sich Frauen dagegen wehrten, nicht mehr lehren und taufen zu dürfen. Wahrscheinlich ungewollt verrät Tertullian hier, dass damals Frauen andere tauften, was heute nur den Priestern vorbehalten ist. (Jetzt kommt mir bitte nicht mit dem Not-Taufe-Argument).

PS: Interessant in diesem Zusammenhang auch:
https://www.researchgate.net/public...rauenrolle_in_Pastoralbriefen_und_Paulusakten

Zitat daraus: Die Pastoralbriefe verbieten Frauen das Lehren und gebieten Ehe und Mutterschaft. Die Acta Pauli gebieten im Namen desselben Paulus das (kinderlose) asketische Leben und kennen in der Person der Thekla eine weibliche Apostolin, die zum Lehren des Wortes Gottes ausgesandt wird, sowie weibliche Propheten, die eine wichtige Rolle im Gemeindeleben spielen. Es ist bereits häufiger herausgearbeitet worden, dass beide Texte als Antipoden in einem Machtstreit über die richtige Interpretation der paulinischen Tradition bezüglich der Rolle von Frauen in der Gemeinde verstanden werden müssen (vergleiche MacDonald 1983; besonders Esch-Wermeling 2008).
 
Deine Formulierung ist in der Tat doppeldeutig, aber die von mir zitierte Formulierung in der Einheitsübersetzung ist das nicht – […]
Das besagt: Sie beide waren herausragenden Aposteln, d.h. keine mittelmäßigen.
Du darfst aber nicht von der Übersetzung ausgehen - traduttore traditore - die per se immer eine Interpretation darstellt - sondern musst vom Originaltext ausgehen. Der ist doppeldeutig, nicht meine Formulierung.
Und daher ist die Interpretation, dass Andronikos und Yunia/s Apostel waren eine mögliche, aber keine zwingende. Wenn sich die EÜ für diese ÜS entscheidet, ist das eine Entscheidung, die man sachlich mittragen kann, aber nicht mittragen muss.

Natürlich haben die sog. Kirchenväter versucht, Frauen der frühen Kirche unsichtbar oder zumindest unbedeutend zu machen.
Du musst nicht immer „der Kirche“ zwanghaft Bösartigkeiten andichten. Frauen sind ein integraler Bestandteil der Passions- und Missionsgeschichte. Zahlreiche Frauen - historische wie erfundene - werden als Märtyrer verehrt. Es gibt kein misogynes Programm in der alten Kirche, was die Frauen aus der Kirchengeschichte getilgt hätte. (Sicher machst du gleich mit Maria Magdalena und Gregor I. das nächste Fass auf.) Die Rollenverteilung von Männern und Frauen entsprach schlicht der ihrer historischen Umwelt. Aber wenn man diesen einfachen Sachverhalt feststellt, kann man ja nicht skandalisieren.

Junia ist nicht die einzige wichtige Zeugin des Glaubens, die von der Kirche nicht als solche anerkannt wird:
Ich bin zwar überrascht, dass du dich plötzlich als gläubig outest, denn ansonsten ist deine Empörung, dass jemand als Glaubenszeuge nicht anerkannt würde, unverständlich, aber das stimmt, wie von dir dargestellt schlicht nicht. Wie Dir aufgefallen sein wird, schreibe ich den Namen in verschiedenen Varianten:
Yunia/s
Yunias
Junia.
Warum? Weil es sich schlicht nicht sicher klären lässt, ob es ein männlicher oder ein weiblicher Name war, deshalb schreibe ich „Yunia/s“, wenn es um den Originaltext geht und „Yunias“, wenn es um dies Interpretation als Mann bzw. „Junia“, wenn es um die Interpretation als Frau geht. Es spricht zwar mehr dafür, dass es sich um Junia (also eine Frau) handelte und weniger, dass es sich um Yunias handelte, aber wir wissen es schlicht nicht mit absoluter Sicherheit. Diese faktische Uneindeutigkeit hat in deinem Dunkelmännernarrativ keinen Platz mehr.

Junia ist nicht die einzige wichtige Zeugin des Glaubens, die von der Kirche nicht als solche anerkannt wird:
Die andere, die Paulus erwähnte, ist Thekla von Iconium. Aber schon Tertullian* verurteilte die Erwähnung Theklas in Paulus Akten als Fälschung, was aber die Kirche nicht hinderte, sie später als Heilige zu verehren - vielleicht um die Kritik an der Haltung der Kirche zu ihr zu mildern nach dem Motto: Was habt ihr alle mit der Thekla, wir kennen sie doch als eine heilige an!
Interessant, wie du versuchst, die Widersprüche in die du dich verstrickst, aufzulösen, aber wir sind hier kein Psychologieforum.

Tertullian, das sei der Vollständigkeit halber gesagt, ist kein Zeuge für die Lehrmeinung der Kirche, er galt in der Antike selbst als Abweichler.
Ich würde Tertullian - nur nebenbei - in der Ahistorizität der Thekla ausdrücklich zustimmen.

Es gibt eine Reihe von Frauen, die in der frühen Kirche eine bedeutende Rolle spielten, doch die Schriften, in denen sie erwähnt, wurden nicht in das Canon aufgenommen und als apokryph genannt, um gleichwohl immer dann, wenn es der Kirche nützlich erscheint, zitiert zu werden.
Meines Wissens gehören sowohl die vier kanonischen Evangelien, die Apostelgeschichte und auch die paulinischen Briefe zum Kanon.
Entgegen laienhafter und populärer Vorstellungen, sind die apokryphen Evangelien auch keineswegs durchweg verworfene Texte, sondern - sofern nicht gnostisch und somit völlig abgedreht - solche, die aus - oft auch heute noch philologisch nachvollziehbaren Gründen - als unzuverlässig galten. Manche Informationen, die im Christentum Allgemeingut sind (z.B. über die Eltern Marias) stammen ausschließlich aus apokryphen Texten. Damit hatte die Kirche nie ein Problem.

Du belegst im Prinzip mit deiner Thekla-Tertullian-Geschichte das Gegenteil dessen, was du behauptest: deine Behauptung, die Kirche hätte die Frauen aus der Geschichte herausgestrichen. Im Gegenteil ist der Fall: die ahistorische Thekla wird als Heilige verehrt.
Hauptsache du kannst dich über die Kirche empören.
 
Nichts. Ich habe nur gelesen, was in der englischen Wikipedia über Maccoby steht – Zitat: Reception of Maccoby's view of Paul has generally been negative.

Mir als Laie genügt das, zudem es für diesen Faden völlig uninteressant ist, ob Paulus ein Pharisäer war oder nicht.

Du hast bereits jetzt vergessen, um welche Thesen es ging (oder Du hast es bisher gar nicht gemerkt).
Ob Paulus ein Pharisäer war oder nicht, ist überhaupt nicht strittig.
Du hattest Dich auf einen Beitrag bezogen, in dem es darum ging, ob Jesus ein Pharisäer war.

Davon, dass Jesus Pharisäer gewesen wäre, ist mir nichts bekannt.


Zu der Negation siehe bitte meine folgende Antwort an @El Quijote

Alles klar, für Deine Behauptung "Die Kirche negiert weiter, dass Junia eine Apostelin zur Zeit Jesu war" gibt es also keinen Beleg.


Aber schon Tertullian* verurteilte die Erwähnung Theklas in Paulus Akten als Fälschung

Nicht nur die Erwähnung Theklas, sondern die "Akten" als solche, womit er wahrscheinlich sachlich richtig lag:
Paulusakten – Wikipedia

Falls Wiki in diesem Fall alle relevanten Informationen liefern sollte, könnten wir aus Historikersicht daraus folgende Schlussfolgerung ziehen: Die Paulusakten wurden für ein (offensichtlich kleinasiatisches) Publikum geschrieben, für das eine lehrende und taufende Frau im Bereich des Vorstellbaren gelegen hat; für den Nordafrikaner Tertullian war das hingegen wohl nicht vorstellbar. (Über sein Publikum ist damit nichts gesagt.)

... was aber die Kirche nicht hinderte, sie später als Heilige zu verehren - vielleicht um die Kritik an der Haltung der Kirche zu ihr zu mildern nach dem Motto: Was habt ihr alle mit der Thekla, wir kennen sie doch als eine heilige an!
Mit Heiligenverehrung hast Du Dich wahrscheinlich nie beschäftigt. "Die Kirche" (beileibe nicht nur die römische) hatte noch nie ein Problem mit Heiligen, deren Taten weitgehend legendär überliefert sind. (Was gleichwohl niemanden dazu verpflichtete, jedes legendäre Detail für bare Münze zu nehmen.)[/QUOTE]
 
Die Essener sind mir bekannt, wobei ich die nicht als traditionelle Juden halte
Das kann ich nicht so ganz nachvollziehen, genausogut könnte man die Pharisäer als "nicht traditionelle Juden" bezeichnen; peruschim bedeutet ja so viel wie "die Abgesonderten", um nicht zu sagen "die Separatisten". Die traditionalistischste Richtung dürfte vielleicht in den Samaritanern zu sehen sein, wobei die Samaritaner von den übrigen Gruppen als außerhalb des Judentums stehend wahrgenommen wurden. Eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit scheint die Samaritaner mit den eher konservativen Sadduzäern verbunden zu haben: Sie akzeptierten nur den Pentateuch als kanonisch. Neben den drei Schulen, die Josephus auflistet, gab es weitere Strömungen und Sondergruppen, die alle zweifellos zum Judentum zu rechnen sind.

Nach der Zerstörung des Tempels setzten sich vor allem die pharisäischen Auffassungen durch. Von den drei Richtungen, die Flavius Josephus auflistet, entsprechen daher am ehesten die Pharisäer dem Bild, das wir heute vom "traditionellen Judentum" haben. Es wäre aber ein Fehler, dieses Bild zum Maßstab der Zeit vor dem Jahr 70 zu machen.
 
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