thanepower
Aktives Mitglied
Teil 1: Es sind viele implizite Annahmen zur Sozialisation von Hitler formuliert worden. Ein Teil davon ist m.E. nicht zutreffend. Aus diesem Grund der Versuch einer theoretischen Einordnung, die einen begrifflicher Rahmen für die analytische Beschreibung der Sozialisation von Hitler ermöglicht.
Der allgemeine Kenntnisstand in der Literatur geht davon aus, dass aufgrund seiner Sozialisation, Hitlers Weltanschauung, seine Werte, seine Moral, bis zum Abfassen von „Mein Kampf in den meisten Facetten fragmentarisch war und letztlich auch danach blieb. Und auch weiterhin widersprüchlich war. Wie man ihm auf der einen Seite eine gewisse Weltoffenheit bescheinigen kann, z.B in der Art der Beschäftigung mit der USA, gleichzeitig war er ein provinzieller und bornierter Spiesbürger, der nicht weit über den Tellerrand seiner kleinbürgerlichen Vorurteile hinausblickte. Und die restliche Welt, mangelns direkter Erfahrung durch Reisen, die er hätte unternehmen können, für ihn empirisch nicht erfahrbar war.
Das nationalsozialistische Weltbild – auch das von Hitler – wie die ihr zugrundeliegende Ideologie war heterogen. Und diese Heterogenität findet sich auch in den Beschreibungen wieder für welche Ziele und Vorstellungen denn Nationalsozialisten eingetreten sind. Das Problem beschreibt Ingrao beispielweise mit „Nationalsozialist sein“ (ebd. S. 79) und ausführlicher nähert sich Mann dem Problem, für welche vielfältigen Vorstellungen der Nationalsozialismus gestanden ist. (vgl. Mann, Fascists)
Mit diesem Befund im Hinterkopf wird deutlich, dass die Erfahrungen aus dem Kaiserreich, dem WW1, der Bürgerkrieg in der Weimarer Republik sich ebenso fragmentiert in den Weltbildern wiederfindet, die als Generation den NS-Staat zum Erfolg verholfen hat. Gleichzeitig kann man diesen Prozess beschreiben und generalisieren, da Hitlers Lebenslauf typisch war für die Generation der Kriegsteilnehmer.
Generell ist es erstaunlich, dass Historiker – in der Regel – keine Anstrengungen unternehmen, ihre Impliziten Annahmen über ihren Gegenstand, zu explizieren. Das wird besonders deutlich bei der Vielzahl an Biographien deutlich, die Narrative verfolgen, deren Prämissen nicht selten im Dunkeln bleiben. Das gilt, soweit ich das beurteilen kann, auch für viele Biographien zu Hitler, die das kollektive Schicksal der Generation und das individuelle nicht in einen konzeptionellen Rahmen bringen, der zentrale Konstrukte der Soziologie oder Sozialpsychologie aufnimmt. Und damit aus dem Bereich des nahezu beliebigen Narrativs herausführen würde.
Es sind zwei zentrale Konstrukte, mit deren Hilfe der Prozess der Sozialisation – auch von Hitler - beschrieben werden kann, zum einen die „Generationslagerung“ von Mannheim und die Vorstellung einer lebenszyklischen Anpassung (vgl. die Beiträge in Diekmann & Weick; Kohli). Beide Modelle erklären einerseits die Stabilität von Glaubenssystemen (Beliefs, vgl. dazu Hedström, S. 72-92) und andererseits den Wandel durch neue lebenszyklische Herausforderungen, wie Heirat, berufliche Karriere etc, und damit zusammenhängender, wandelnder „Rollen“, die der einzelne „spielen“ muss.
Das Konzept der Generationslagerung betont dabei, dass ähnliche Erfahrungen, weil man durch die gleichen Ereignisse beeinflußt worden ist – wie beispielsweise den WW1 - während der politischen Sozialisation ca. im Alter zwischen 15 und 30 Jahren, zu ähnlichen Weltbildern bzw. Glaubenssystemen kommt. Diese können durchaus konträr sein, aber sie beziehen sich aufeinander, so daß kontingente politische Freund- und Feindbeziehungen entstehen. Ein Aspekt, der sich u.a. auch gravierend auf die Ausbildung kollektiver Identitäten in bestimmten Milieus auswirkt (vgl. dazu Emcke). Wie besonders deutlich an den radikalen Sichten – als kollektive Identität - der Mitglieder von „Freikorps“ nach 1918. (vgl. z.B. Sprenger)
Bei Wildt wird explizit auch auf das Generationslagerungs-Konzept von Mannheim verwiesen als – ein - strukturierendes Merkmal der politischen Sozialisation (vgl. Wildt, Einleitung, explizit FN 37 und 38) Insofern ist es ein zentraler Bezugsrahmen, in dem die politische Sozialisation der frühen und späteren NS-Mitglieder beschrieben wird.
Versucht das Konzept der „Generationslagerungs“ zu erklären, warum bestimmte Alterskohorten ähnlich sind in ihren Weltbildern, wird durch die Vorstellung lebenszyklisch bedingter Rollen der teilweise schnell einsetzende Wandel bzw. das Remodellieren von Glaubenssystemen von Individuen bzw. von Gruppen erklärt. Typische Beispiele sind normalerweise die variierenden Rollenmuster im Kontext der Familie bzw. auch im beruflichen Umfeld. Dabei werden einzelne Entscheidungen über die Veränderung im Lebenszyklus, ähnlich einer Weiche bei Bahnen, interpretiert. Da in der Regel mit diesen Entscheidungen gravierend neue Anforderungen an das Verhalten des Individuums einhergehen, sind diese Übergänge geprägt durch dynamische Anpassungsprozesse.
Der eigentliche Prozess der Sozialisation wird seit den Arbeiten von G.H. Mead im wesentlichen als Interaktionsprozess des Individuums mit seiner Umgebung interpretiert (Geulen, S. 115 ff). Die Ausprägung der eigenen „Ich-Identität“ hat Mead als „taking the attitude of the other“ und damit entwickelt sich unser Bewußtsein durch ein ausgeprägtes „role-taking“, bei dem wir die Vorstellungen anderer kennen lernen und sie bewerten. Dieser Prozess des role-taking ist dabei primär sprachlich vermittelt (Mead, S. 299), aber auch durch abstraktere Formen der Kommunikation, wie Bücher oder Zeitschriften etc., die ebenfalls inhaltliche Muster bereitstellen, die im Rahmen des role-taking eingebaut werden können und somit im Rahmen der Interaktion zum Teil des Bewußtsein werden.
Die Anforderungen, sei es individuelle, Gruppenzwänge oder institutionelle Zwänge, treten bei Mead als „generalisierter Anderer“ in Erscheinung (vgl. Habermas, S. 61 ff). Und konfrontieren das Individuum, sich den heterogenen Erwartungen der unterschiedlichsten „generalisierten Anderen“ zu stellen.
Durch diesen Prozess der Anpassung und der Abgrenzung werden die entsprechenden sozialen Milieus geschaffen, die als dominantes oder als subkulturelles Milieu in Gesellschaften zu finden sind. Typische Beispiele wären die wilhelminische Aristokratie, das wilhelminische Bürgertum oder auch die sozialdemokratische Arbeiterschaft.
Die Erkenntnisse, die das Individuum aus der Interaktion sammelt, kristallisieren sich im Zuge des Sozialisationsprozesses aus. In Anlehnung an Rokeach kann man dabei von unterschiedlich zentralen Einstellungselementen im Rahmen des „Glaubenssystems“ eines Individuums sprechen. Zentralere Inhalte definieren in höherem Maße die Indentität des jeweiligen Individuums und spiegeln nicht selten die Bedeutung von ideologisch begründeten Werten wider. Und bilden damit die Summe der kulturellen Werte, in dem sich das Individuum bewegt.
Der allgemeine Kenntnisstand in der Literatur geht davon aus, dass aufgrund seiner Sozialisation, Hitlers Weltanschauung, seine Werte, seine Moral, bis zum Abfassen von „Mein Kampf in den meisten Facetten fragmentarisch war und letztlich auch danach blieb. Und auch weiterhin widersprüchlich war. Wie man ihm auf der einen Seite eine gewisse Weltoffenheit bescheinigen kann, z.B in der Art der Beschäftigung mit der USA, gleichzeitig war er ein provinzieller und bornierter Spiesbürger, der nicht weit über den Tellerrand seiner kleinbürgerlichen Vorurteile hinausblickte. Und die restliche Welt, mangelns direkter Erfahrung durch Reisen, die er hätte unternehmen können, für ihn empirisch nicht erfahrbar war.
Das nationalsozialistische Weltbild – auch das von Hitler – wie die ihr zugrundeliegende Ideologie war heterogen. Und diese Heterogenität findet sich auch in den Beschreibungen wieder für welche Ziele und Vorstellungen denn Nationalsozialisten eingetreten sind. Das Problem beschreibt Ingrao beispielweise mit „Nationalsozialist sein“ (ebd. S. 79) und ausführlicher nähert sich Mann dem Problem, für welche vielfältigen Vorstellungen der Nationalsozialismus gestanden ist. (vgl. Mann, Fascists)
Mit diesem Befund im Hinterkopf wird deutlich, dass die Erfahrungen aus dem Kaiserreich, dem WW1, der Bürgerkrieg in der Weimarer Republik sich ebenso fragmentiert in den Weltbildern wiederfindet, die als Generation den NS-Staat zum Erfolg verholfen hat. Gleichzeitig kann man diesen Prozess beschreiben und generalisieren, da Hitlers Lebenslauf typisch war für die Generation der Kriegsteilnehmer.
Generell ist es erstaunlich, dass Historiker – in der Regel – keine Anstrengungen unternehmen, ihre Impliziten Annahmen über ihren Gegenstand, zu explizieren. Das wird besonders deutlich bei der Vielzahl an Biographien deutlich, die Narrative verfolgen, deren Prämissen nicht selten im Dunkeln bleiben. Das gilt, soweit ich das beurteilen kann, auch für viele Biographien zu Hitler, die das kollektive Schicksal der Generation und das individuelle nicht in einen konzeptionellen Rahmen bringen, der zentrale Konstrukte der Soziologie oder Sozialpsychologie aufnimmt. Und damit aus dem Bereich des nahezu beliebigen Narrativs herausführen würde.
Es sind zwei zentrale Konstrukte, mit deren Hilfe der Prozess der Sozialisation – auch von Hitler - beschrieben werden kann, zum einen die „Generationslagerung“ von Mannheim und die Vorstellung einer lebenszyklischen Anpassung (vgl. die Beiträge in Diekmann & Weick; Kohli). Beide Modelle erklären einerseits die Stabilität von Glaubenssystemen (Beliefs, vgl. dazu Hedström, S. 72-92) und andererseits den Wandel durch neue lebenszyklische Herausforderungen, wie Heirat, berufliche Karriere etc, und damit zusammenhängender, wandelnder „Rollen“, die der einzelne „spielen“ muss.
Das Konzept der Generationslagerung betont dabei, dass ähnliche Erfahrungen, weil man durch die gleichen Ereignisse beeinflußt worden ist – wie beispielsweise den WW1 - während der politischen Sozialisation ca. im Alter zwischen 15 und 30 Jahren, zu ähnlichen Weltbildern bzw. Glaubenssystemen kommt. Diese können durchaus konträr sein, aber sie beziehen sich aufeinander, so daß kontingente politische Freund- und Feindbeziehungen entstehen. Ein Aspekt, der sich u.a. auch gravierend auf die Ausbildung kollektiver Identitäten in bestimmten Milieus auswirkt (vgl. dazu Emcke). Wie besonders deutlich an den radikalen Sichten – als kollektive Identität - der Mitglieder von „Freikorps“ nach 1918. (vgl. z.B. Sprenger)
Bei Wildt wird explizit auch auf das Generationslagerungs-Konzept von Mannheim verwiesen als – ein - strukturierendes Merkmal der politischen Sozialisation (vgl. Wildt, Einleitung, explizit FN 37 und 38) Insofern ist es ein zentraler Bezugsrahmen, in dem die politische Sozialisation der frühen und späteren NS-Mitglieder beschrieben wird.
Versucht das Konzept der „Generationslagerungs“ zu erklären, warum bestimmte Alterskohorten ähnlich sind in ihren Weltbildern, wird durch die Vorstellung lebenszyklisch bedingter Rollen der teilweise schnell einsetzende Wandel bzw. das Remodellieren von Glaubenssystemen von Individuen bzw. von Gruppen erklärt. Typische Beispiele sind normalerweise die variierenden Rollenmuster im Kontext der Familie bzw. auch im beruflichen Umfeld. Dabei werden einzelne Entscheidungen über die Veränderung im Lebenszyklus, ähnlich einer Weiche bei Bahnen, interpretiert. Da in der Regel mit diesen Entscheidungen gravierend neue Anforderungen an das Verhalten des Individuums einhergehen, sind diese Übergänge geprägt durch dynamische Anpassungsprozesse.
Der eigentliche Prozess der Sozialisation wird seit den Arbeiten von G.H. Mead im wesentlichen als Interaktionsprozess des Individuums mit seiner Umgebung interpretiert (Geulen, S. 115 ff). Die Ausprägung der eigenen „Ich-Identität“ hat Mead als „taking the attitude of the other“ und damit entwickelt sich unser Bewußtsein durch ein ausgeprägtes „role-taking“, bei dem wir die Vorstellungen anderer kennen lernen und sie bewerten. Dieser Prozess des role-taking ist dabei primär sprachlich vermittelt (Mead, S. 299), aber auch durch abstraktere Formen der Kommunikation, wie Bücher oder Zeitschriften etc., die ebenfalls inhaltliche Muster bereitstellen, die im Rahmen des role-taking eingebaut werden können und somit im Rahmen der Interaktion zum Teil des Bewußtsein werden.
Die Anforderungen, sei es individuelle, Gruppenzwänge oder institutionelle Zwänge, treten bei Mead als „generalisierter Anderer“ in Erscheinung (vgl. Habermas, S. 61 ff). Und konfrontieren das Individuum, sich den heterogenen Erwartungen der unterschiedlichsten „generalisierten Anderen“ zu stellen.
Durch diesen Prozess der Anpassung und der Abgrenzung werden die entsprechenden sozialen Milieus geschaffen, die als dominantes oder als subkulturelles Milieu in Gesellschaften zu finden sind. Typische Beispiele wären die wilhelminische Aristokratie, das wilhelminische Bürgertum oder auch die sozialdemokratische Arbeiterschaft.
Die Erkenntnisse, die das Individuum aus der Interaktion sammelt, kristallisieren sich im Zuge des Sozialisationsprozesses aus. In Anlehnung an Rokeach kann man dabei von unterschiedlich zentralen Einstellungselementen im Rahmen des „Glaubenssystems“ eines Individuums sprechen. Zentralere Inhalte definieren in höherem Maße die Indentität des jeweiligen Individuums und spiegeln nicht selten die Bedeutung von ideologisch begründeten Werten wider. Und bilden damit die Summe der kulturellen Werte, in dem sich das Individuum bewegt.