H
hyokkose
Gast
Das AiD Heft findet es immerhin bemerkenswert.
Die Formulierung "wahrlich kein Wunder" triffts demnach auch nicht.
Bemerkenswert finde ich es auch, als kleines Indiz für die einsetzende Germanisierung der romanischen Bevölkerung im 6. Jahrhundert. Aber eben kein Wunder.
Ich bin über mittag schnell nach Hause gefahren, und habe die germanischbenamste Moselromanin nachgeschlagen, die Brestereien "4. Nachfrage usw." zu beenden.
Dafür an dieser Stelle meinen herzlichen Dank. Nachdem Du eigentlich vergangene Nacht nachschlagen wolltest, habe ich mir erlaubt, noch einmal nachzuhaken.
Ich bin hingegen schnell zur Bibliothek gefahren und habe mir das Buch Dieter Geuenich, Wolfgang Haubrichs und Jörg Jarnut (Hrsg.), Nomen et gens - Zur historischen aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen, Berlin/New York 1997 zu Gemüte geführt (der von Dir verlinkte Pressetext ist z. T. wörtlich aus diesem Buch abgeschrieben). Demnach kann von einer "Abschußliste" keine Rede sein. Die Leute schreiben ja nicht Hunderte von Seiten über die historische Aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen und starten ein riesiges Forschungsprojekt mit Konferenzen und allem Drum und Dranhalten, wenn sie wie Du überzeugt wären, daß die Personennamen keinerlei Aussagekraft hätten und komplett ignoriert werden könnten.
Diese Wissenschaftler haben nämlich ernsthaft vor, anhand der Personennamen nicht nur Romanen und Germanen voneinander zu unterscheiden, sondern anhand der Personennamen sogar Alemannen, Langobarden, Franken etc. voneinander zu unterscheiden. Wie ich schon oft wiederholt habe, läßt sich anhand eines Einzelnamens keine zuverlässige Aussage über den einzelnen Träger treffen, aber darum geht es ja gar nicht. Der Trend ergibt sich erst aus einer Fülle von Daten. Daher gibt es ja auch mittlerweile eine
Datenbank mit 400.000 Einträgen
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Ach so, eins noch.
Ab ca. 600 sind in Deutschland keine Romanen mehr archäologisch fassbar.
Quelle nochmals das AiD Sonderheft zur Völkerwanderung.
Dafür gilt dasselbe, was ich Dem Geist zum Thema "Kelten" geschrieben habe:
"Latène" bezeichnet die keltische Sachkultur. Auch wenn diese mit der Ankunft der Römer schnell verschwindet, heißt das ja nicht, daß nicht weitere Reste keltischer Kultur, z. B. die keltische Sprache, noch einige Generationen erhalten geblieben sein können.
Die romanische Sprache links und rechts des Rheins läßt sich in vielen Gebieten auch noch nach 600 nachweisen:
- Moselromania: Romanisch um 1200 ausgestorben
- Romaneninsel um Mayen: "Romanität über das 8. Jahrhundert hinaus"
- Prümer Romanen: "Nebeneinander von Romanen und Germanen ... zur Karolingerzeit"
- Romaneninsel um Saint-Avold: "im 8. Jahrhundert zumindest noch Spuren der Romanen"
- Romanen der Westricher Hochfläche "vermutlich noch im 7. Jahrhundert"
- Hochwaldromania: "bis in das 9. Jahrhundert hinein sprachlich intakt geblieben"
- Mittelrheinische Romanen: "chronologisch gestaffelter Verfall dieser Sprachinsel ... vielleicht in der Kernzone von Boppard im 8./9. Jahrhundert"
- Mainz und Umgebung: Germanisierung im 7./8. Jahrhundert
- Mittlerer Schwarzwald: Assimilation der Romanen "im 9., vielleicht sogar erst im 10. Jahrhundert abgeschlossen"
(Zitate nach Kleiber/Pfister)