Gandolf
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Wurde in Deutschland nach dem WK1 über die Kriegsschuldfrage diskutiert?
Die Kriegsschuldklausel wurde ursprünglich aus rechtstechnischen Gründen in den Versailler Vertrag aufgenommen. Man konnte die von Deutschland zu zahlenden Reparationen „ihrer Höhe nach“ nicht vollständig beziffern. Also benötigte man eine Bestimmung, mit der man die deutsche Schuld „dem Grunde nach“ festschrieb. Die Aufnahme dieser Klausel in den Vertrag war kein Ausdruck einer irgendwie gearteten Diskussion über die deutsche Kriegsschuld.
In Deutschland wurde über die Kriegsschuldfrage ziemlich einseitig und emotional „diskutiert“. Viele glaubten – entsprechend der kaiserlichen Propaganda - noch das Märchen, Deutschland sei 1914 überfallen worden. Der Rest klammerte sich an die These vom „fahrlässigen Hineinschlittern“ in den Krieg. Zudem gab man sich dem Irrtum hin, dass die gleichmäßige Aufteilung der Kriegsschuld unter den Beteiligten zu einer gleichmäßigen Verteilung der Reparationslast führen würde. Vor solchen Vorstellungen und Erwartungen galt es als „verräterisch“ und „volksschädlich“ Deutschland eine besondere Verantwortung für den Ausbruch des WK zuzuschreiben. Als der Deutsche Reichstag Kantorowicz den Auftrag erteilte, über die Kriegsschuldfrage ein Gutachten zu erstellen, hatte man die Hoffnung, sich mit diesem reinwaschen und die Reparationen mildern zu können. Und als dessen Gutachten zu dem Ergebnis kam, die Mittelmächte seien die Hauptschuldigen, wurde es vom Auswärtigen Amt unter Verschluss gehalten. An einer offenen und ehrlichen Diskussion über die Kriegsschuldfrage war man halt nicht interessiert.
Da man es in Deutschland ablehnte, den deutschen Schuldanteil am Ausbruch des WK1 offen und ehrlich aufzuarbeiten, führte diese Verdrängung der Kriegsschuldfrage auch auf jene abschüssige Bahn, an deren Ende – entsprechend Kantorowiczs Einschätzung – logischerweise ein Politiker stehen musste, der „keinerlei Pflichten, also auch weder Ehre noch Gewissen hat, also überhaupt kein Mensch, sondern eine Bestie in Menschengestalt ist.“
Arne schrieb:Aber im Ergebnis sind wir uns einig. Eine Diskussion über Kriegsschuld und Hintergründe ist immer auch ein Weg neue Kriege zu verhindern.
Arne sprach von einer (offenen und ehrlichen) Diskussion und nicht über eine Vertragsklausel.heinz schrieb:gerade da bezweifele ich. Schau Dir den Verseiller Vertrag an. Dort wurde die Kriegsschuld von Deutschland schriftlich festgehalten. Was geschah, Die rechten Parteien in Deutschland kämpften immer gegen diesen Pasus, bis von dem ganzen Vertrag nichts mehr übrig war.
Die Kriegsschuldklausel wurde ursprünglich aus rechtstechnischen Gründen in den Versailler Vertrag aufgenommen. Man konnte die von Deutschland zu zahlenden Reparationen „ihrer Höhe nach“ nicht vollständig beziffern. Also benötigte man eine Bestimmung, mit der man die deutsche Schuld „dem Grunde nach“ festschrieb. Die Aufnahme dieser Klausel in den Vertrag war kein Ausdruck einer irgendwie gearteten Diskussion über die deutsche Kriegsschuld.
In Deutschland wurde über die Kriegsschuldfrage ziemlich einseitig und emotional „diskutiert“. Viele glaubten – entsprechend der kaiserlichen Propaganda - noch das Märchen, Deutschland sei 1914 überfallen worden. Der Rest klammerte sich an die These vom „fahrlässigen Hineinschlittern“ in den Krieg. Zudem gab man sich dem Irrtum hin, dass die gleichmäßige Aufteilung der Kriegsschuld unter den Beteiligten zu einer gleichmäßigen Verteilung der Reparationslast führen würde. Vor solchen Vorstellungen und Erwartungen galt es als „verräterisch“ und „volksschädlich“ Deutschland eine besondere Verantwortung für den Ausbruch des WK zuzuschreiben. Als der Deutsche Reichstag Kantorowicz den Auftrag erteilte, über die Kriegsschuldfrage ein Gutachten zu erstellen, hatte man die Hoffnung, sich mit diesem reinwaschen und die Reparationen mildern zu können. Und als dessen Gutachten zu dem Ergebnis kam, die Mittelmächte seien die Hauptschuldigen, wurde es vom Auswärtigen Amt unter Verschluss gehalten. An einer offenen und ehrlichen Diskussion über die Kriegsschuldfrage war man halt nicht interessiert.
Da man es in Deutschland ablehnte, den deutschen Schuldanteil am Ausbruch des WK1 offen und ehrlich aufzuarbeiten, führte diese Verdrängung der Kriegsschuldfrage auch auf jene abschüssige Bahn, an deren Ende – entsprechend Kantorowiczs Einschätzung – logischerweise ein Politiker stehen musste, der „keinerlei Pflichten, also auch weder Ehre noch Gewissen hat, also überhaupt kein Mensch, sondern eine Bestie in Menschengestalt ist.“