WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Ablenken tust du, nämlich von den erbetenen Literaturhinweis.

Versuchen wir jetzt mangelnde Argumente mit mit Polemik und schwachem Leseverständnis zu substituieren?

Wir?
Ich sehe darüber hinaus kein Smiley, der zu einer besseren Einordnung deine Aussage hätte führen können, deshalb nehme ich diese als das was sie ist.
 
Und vielleicht bekomme ich auf die Frage dieses mal eine ernstzunehmende Antwort, statt Versuchen dieser Diskussion auszuweichen oder sie mit dem Versuch auf Autoren zu verweisen, die den Begriff "Weltmacht" ohne nähere Definition dessen verwenden und dementsprechend auch keine Antwort auf die Fragestellung liefern, abzubügeln?
...da schau her:
erst trompetest du, dass das Kaiserreich mit den meisten seiner Nachbarn im Krieg sei, was falsch ist, siehe WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch" worauf du dich zu keiner Antwort bequemen mochtest;
danach trompetest du, dass GB keine echte Weltmacht war und sowieso auf dem europäischen Festland nur ein Randakteur gewesen sei, zwei erneut steile Thesen, für die du a) keine Quellen bieten kannst und die b) dem offensichtlichen common sense der Fachliteratur widersprechen;
Und nach dieser merkwürdigen diskursiven Vorgehensweise forderst du voller anklägerischem Zorn von denen, die dir widersprechen, sie sollten endlich richtige Argumente auffahren? Potztausend, sind denn die beiden steilen Thesen (siehe oben) etwa ernst zu nehmende Argumente???
 
Ja? Wer wollte dem denn tatsächlich entgegentreten? Frankreich? Deutschland? Österreich-Ungarn? Italien?

Antwort schuldig geblieben.

1864 gab es keine Blöcke in Europa und Großbritannien befand sich noch in seiner splendid Isolation und benötige noch keine Unterstützung, um sein Imperium zusammenzuhalten.

Reaktion schuldig geblieben.

Dann hättest du diese Ausführung vielleicht nicht in dieser Form bringen sollen.

Keine Reaktion.

Vielleicht hast du @Shingami ja einen Literaturhinweis, der Großbritannien als Randakteur oder als Randnotiz der Weltgeschichte bezeichnet. Erleuchte uns begriffsstutzige, ungebildete Forianer.:D

Antwort schuldig geblieben.
Und dann möchte ich mir den Hinweis auf die Mansion-House Rede von Lloyd George gestatten. Er hat dort klar gestellt, ohne Großbritannien geht nichts und auch mit Krieg gedroht.
Diese Rede ist beim Adtessaten Berlin angekommen und wurde sehr ernst genommen.

Keine Reaktion. Von "nur Wirkungsverstärker" kann hierbei wohl nicht die Rede sein.

Ja. Ein Akteur, der nur dann mit Erfolgsaussichten aktiv werden kann, wenn er sich an die Position eines Anderen drannhängen kann, weil ihm die Kapazitäten fehlen selbst die Durchsetzung eigener Positionen zu erzwingen, ist ein Randakteur, vollkommen egal, in wie viele Ereignisse er letztendlich involviert ist, er ist in keinem davon Hauptakteur.

Die Einschränkung auf Europa und Nordamerika ist hier aber nicht erfolgt.
 
Noch ein paar Worte zu dem "Randakteur".

Es fällt auf, wie hier die Stärke einer politischen Macht an militärischen an aber so gar nicht an wirtschaftlichen Maßstäben gemessen wird. Ganz sicher ist die von England ausgeübte Seeherrschaft ohne seine industrielle Überlegenheit über die Konkurrenten nicht denkbar. Das ist schon etwas überraschend, da die Schlagkraft der Armee ja wohl auch nicht zuletzt von den ständigen technischen Neuerungen abhing. Immerhin gab es hierfür so etwas wie eine Rüstungsindustrie. Erwähnt seien beispielsweise die Rüstungswerke von William George Armstrong.

Wichtig ist sicher auch die jeweilige militärische Organisation, der Form der Aushebung von Reserven etc.etc. ein Aspekt.

Noch bis weit in das 19.Jahrhundert hinein hielten sich die politischen Ziele im Großen und Ganzen in den Grenzen, die einerseits durch Machtvorstellungen traditioneller Interessenpolitik und andererseits durch das Nationalitätenprinzip bestimmt wurden. Einzig Großbritannien sprengte mit seiner globalen Seeherrschaft und ausgedehnten Welthandel diesen Rahmen, ebenso Russland mit seinem Vordringen nach Asien.

Erst zum Ende des 19.Jahrhunderts nahm die Tendenz zu, Machtveränderungen durch territoriale Korrekturen auf dem Kontinent vorzunehmen, sondern auch in die von europäischer Herrschaft unberührten Räume.

Wenn man ein Blick auf die Karte wirft, ist unschwer festzustellen, das Großbritannien als Insel, unter den Mächten am meisten begünstigt war. Unnötig zu sagen, das beim damaligen Stand der Waffentechnik und Transportmittel es so gut wie unangreifbar war. Solange Großbritannien durch seine Überlegenheit der Flotte und durch sein gut ausgebautes Stützpunktsystem zur Sicherung der Herrschaft für die Weltmeere verfügte, war seine Versorgung mit Rohstoffen gesichert.
 
Frankreich z.B. mußte seine Kräfte zwischen Marine und Heer aufteilen, konnte aus diesem Grunde auch in beiden Bereichen nicht stark genug sein, als Kontinentalmacht tritt dieses Problem Land/Seemacht fast immer auf. GB konnte es sich wegen seiner Insellage leisten, die Kräfte auf die Marine zu bündeln, nicht nur konnte es sich leisten, nein vielmehr mußte auch so agieren. Mit einer starken Marine war es so de facto "unangreifbar". Zudem hatte die Marine dort fast immer ein hohes Ansehen, wo hingegen das Heer etwas abfiel.
 
Gleich zu Beginn des Krieges hatte sich Reichskanzler Bethmann in seiner Erregung über den Kriegseintritt Großbritanniens, der ihn tief erschütterte, den internationalen, völkerrechtlich verbindlichen Vertrag, der die Neutralität Belgiens garantierte, „als einen Fetzen Papier“ bezeichnete und im Reichstag aber auch vom deutschen „Unrecht an Belgien“ sprach. Das wirkte und gab dem Ausland eine "schöne" Propagandawaffe in die Hand.

Komischerweise ist die Rede des britischen Premiers Asquith vom 01.März 1915 viel weniger bekannt.

Im Unterhaus äußerte sich Asquith zur Seeblockade: "Wir werden nicht unsere Anstrengungen in einem Netz von juristischen Subtilitäten erdrosseln lassen....Unter den obwaltenden Umständen gibt es keine Form vom ökonomischen Zwang, auf die wir uns nicht berechtigt fühlen zurückzugreifen." Die vollständige Rede lässt sich in der Times vom 02.März 1915 nachlesen.

Hervorhebungen durch mich.

Dort der Fetzen Papier und hier das Netz juristischer Subtilitäten. Wo liegt da der große Unterschied? Im Grunde genommen sagte der Advokat Asquith in fein gedrechselter Redewendung, was Bethmann mit ungehobelter Derbheit von sich gab.
 
Die Frage der vorhandenen oder kommenden Bedrohung zur See* für Großbritannien hing aber im Londoner Verständnis von der * Konstellation auf dem europäischen Festland ab (eine Konstante der britischen Politik zurückgehend bis mindestens in die Napoléonik)(*ich rede von der realen strategischen Bedrohung, nicht von übersteigerten Invasionsphantasien o.ä.
GB als uebermaechtige Seemacht hatte 1914 keine Gruende gehabt, sich um Machtkonstellationen und Landarmeen auf dem europäischen Festland Gedanken zu machen. Fuer GB's Kriegsmarine gab es zwei Kardinalaufgaben 1. per seiner ausgedehnten Kriegsflotte die Insel gegen Invasoren zu schuetzen - von 'übersteigerten Invasionsphantasien o.ä.' kann diesbezueglich keine Rede sein, und 2. den Seeweg GB-Mittelmeer-Suezkanal und den Kanal als solchen, fest in britisher Hand zu behalten, komme was will. Alles andere war fuer GB nur von untergeordneter Bedeutung gewesen.
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Willi & Prince v. Buelow glaubten fest an das Hirngespinst einer abgesprochenen Einkesselung DEU's durch GB; U.S.A. und FRA .
Einer Verschwoerung, welche Willi als 'gentleman's agreement' bezeichnete. (Sie stipulierte angeblich, dass im Fall Deutschland oder Österreich, oder sie beide Krieg zwecks Pangermanismus anfangen sollten, die U.S.A. sofort eine Solidarerklärung zugunsten Englands und Frankreichs abgeben, und ihnen mit allen ihren Mitteln zur Seite stehen wuerde.) Ja, war Quatsch, doch Willi liess sich davon beeinflussen:

"Der gegen Deutschland gerichtete Vertrag - manchmal als 'Gentlemen's Agreement' vom Frühjahr 1897 bezeichnet - ist die Grundlage, der Ausgangspunkt dieses Krieges, der von den Entente-Ländern siebzehn Jahre lang systematisch entwickelt wurde. Als es ihnen gelungen war, Rußland und Japan für ihre Zwecke zu gewinnen, schlugen sie zu, nachdem Serbien den Mord von Serajevo inszeniert und damit das Zündholz für das sorgfältig gefüllte Pulverfaß angezündet hatte.“ (Wilhelm II in einem Brief an seinen Freund Ballin; 'Albert Ballin," by B. Huldermann, English translation— Cassel), 1922,ppg. 190)'
"There is a sucker born every minute"
Aus britischer Sicht konnte als gegeben angenommen werden, dass ein militärischer Sieg Deutschlands über Frankreich in einem kontinentalen Krieg mit Veränderungen der Machtbalance in Westeuropa in jedem Fall zu einer potentiellen maritimen Bedrohung Großbritanniens führen würde, unabhängig davon, ob es gerade eine entsprechende Flottenpolitik gab oder nicht.
Wären Teile des französischen, belgischen oder niederländischen Kolonialreichs in deutsche Hände gekommen, hätte das Deutschlands maritime Operationsfähigkeit durch die Gewinnung von Stützpunkten weltweit erhöht, wären Teile der niederländischen, belgischen oder französischen Kanal- oder Nordseeküste in deutsche Hände gekommen, hätte es die Möglichkeit erhöht, im besonderen mit Zerstörern, schnellen Kreuzern und Tauchbooten gegen den britischen Seehandel zu operieren.

Im Besonderen, wäre Frankreich als Großmacht dauerhaft ausgeschaltet worden und gezwungen gewesen sich in irgendeiner Form mit dem deutschen Nachbarn zu dessen Bedingungen zu arrangieren.
Prime Minister Asquith und sein Kabinett hegten solche Gedanken jedoch nicht.

Der Bau einer Flotte selbst, war in meinen Augen kein entscheidender Punkt, sondern eher die Schaffung von Kapazitäten für die Marinerüstung (Werften etc.) um jederzeit in relativ kurzer Frist eine sehr schlagkräftige Flotte schaffen zu können.Für letzteres (nordfranzösische, belgische, niederländische Küste) stellte ein europäischer Krieg eine entscheidende Möglichkeit durch Annexion oder dauerhafte Unterwerfung vor allem der Be-Ne-Lux-Staaten unter deutschen Einfluss dar.
Im Besonderen wenn Frankreich dabei geschlagen würde und Deutschland infolgedessen Jahre Zeit haben würde sich voll auf Marinerüstungen zu konzentrieren, da Frankreich dann auf Jahre zu Lande nicht mehr Handlungsfähig gewesen wäre und Deutschland die Kosten für das Landheer zu Gunsten der Marinerüstung deutlich hätte reduzieren können, ohne eine Gefährdung seiner Sicherheitslage zu riskieren.

Ob London sich herausgehalten hätte, hätte sich Deutschland im Westen defennsiv verhalten, hätte wahrscheinlich massiv davon abgehangen, ob man Berlin zugetraut hätte, nach einem potentiellen Sieg im Osten einen mäßigen Frieden zu schließen, im Besonderen ohne die Verhältnisse in Westeuropa zu verändern und keineswegs den freien Rücken im Osten zu nutzen um dann zusammen mit den Österreichern alle Ressourcen gegen den Westen zu werfen um Frankreich als Großmacht endgültig lahmzulegen und Belgien und die Niederlande de facto zu deutschen Sateliten zu machen.
Das dürfte für London der Knackpunkt gewesen sein, weil aus britischer Sicht ohne eigenes adäquates Landheer einfach klar sein musste, dass man die Deutschen aus eigener Kraft im Alleingang nirgendwo in Kontinentaleuropa wo sie ihren Fuß hinsetzten wieder herauswerfen hätte können.
Deswegen musste es darauf ankommen, sie gar nicht herein kommen zu lassen und ihnen auf keinen Fall auch nur die Gelegenheit zu bieten ihre Positionen in Westeuropa ausbauen zu können.
Musings of a quintessential armchair general. :)
 
GB als uebermaechtige Seemacht hatte 1914 keine Gruende gehabt, sich um Machtkonstellationen und Landarmeen auf dem europäischen Festland Gedanken zu machen.
Wenn es die nicht gehabt hätte, hätte es keinen Grund gegeben auf die Integrität Belgiens und den Erhalt der französischen Großmacht Wert zu legen. Darauf legte London allerdings gesteigerten Wert oder es hätt kaum einen sinnvollen Grund gehabt in den Krieg einzutreten.

von 'übersteigerten Invasionsphantasien o.ä.' kann diesbezueglich keine Rede sein
Vielleicht ließt du einfach nochmal, was ich geschrieben hatte, bzw. bemühst dich darum es inhaltlich zu verstehen?

Willi & Prince v. Buelow glaubten fest an das Hirngespinst einer abgesprochenen Einkesselung DEU's durch GB; U.S.A. und FRA .
Ich weiß nicht wie du da jetzt, was den näheren Zusammenhang der unmittelbaren Vorkriegszeit angeht, darauf kommst v. Bülow irgendeine Relevanz zuzuschreiben.
Bülow war 1909 entlassen worden, Reichskanzler seit dem bis zum Kriegsausbruch war Bethmann-Hollweg. Das der jemals von Einkreisung durch die USA phantasiert hätte, wäre mir neu.
Der Mann hatte wohl bedenken, wegen der britisch-russischen Marinekonvention, deren Existenz als Projekt Grey ihm gegenüber verleugnete, über die man aber eben über den Spion Benno v. Siebert in der Londoner Botschaft des Zarenreiches in Berlin durchaus bescheid wusste.

Insofern spielten Befürchtungen einer gegen Deutschland gerichteten Einkreisung durch andere Großmächte für das deutsche Verhalten in der Juli-Krise 1914 durchaus eine Rolle.
Aber nicht in Form substanzloser Hirngspinste im Bezug auf die USA, sondern im Bezug auf die europäischen Großmächte und sicherlich nicht zuletzt wegen des durchaus problematischen Betragens Greys, der dadurch, dass er bestritt, was Berlin aus sicherer Quelle bekannt war natürlich bis zu einem gewissen Grad den Eindruck erwecken musste, dass London ein falsches Spiel spielte.

Wie gravierend und wie offensiv das gedacht war, sind wiederrum andere Fragen, die vor allem für die Militärs relevant waren.

Einer Verschwoerung, welche Willi als 'gentleman's agreement' bezeichnete. (Sie stipulierte angeblich, dass im Fall Deutschland oder Österreich, oder sie beide Krieg zwecks Pangermanismus anfangen sollten, die U.S.A. sofort eine Solidarerklärung zugunsten Englands und Frankreichs abgeben, und ihnen mit allen ihren Mitteln zur Seite stehen wuerde.) Ja, war Quatsch, doch Willi liess sich davon beeinflussen
Du übergehst den Umstand, dass das auf Dokumenten beruht, die während des Krieges entstanden sind, nicht vor dem Krieg.

Bei deren Entstehung spielten natürlich Einflüsse von Propaganda eine Rolle, so wie durchaus auch ein Erklärungsbedürfnis der beteiligten Personen, die Schwierigkeiten hatten die Situation zu verstehen (was nachvollziehbar ist, weil sie die internen Überlegungen der anderen beteiliten Seiten nicht kannten).

Das ist im Übrigen auch umgekehrt der Fall.

Man sollte allerdings, fixe Ideen und Vorstellungen, die Akteure während eines laufenden, existenziellen Konflikts entwickeln/aufgreifen nicht mit ihrer Vorstellungswelt vor Eintritt eines solchen Extremereignisses durcheinander werfen.
Prime Minister Asquith und sein Kabinett hegten solche Gedanken jedoch nicht.
Zweifellos taten sie das, ansonsten hätten sie sich für Belgien und Frankreich ja nicht zu interessieren brauchen. Das taten sie, weil sie die Vorstellung von Antwerpen, Brügge und der fanzösischen Kanalküste in deutscher Hand (Tauch-Boot-Problematik und Marinepotential), so wie eine dauerhafte Ausschaltung Frankreichs als eigenständigen Machtfaktor fürchteten

Musings of a quintessential armchair general. :)
Nun, wenn der "armchair general" in diesem Fall so unrecht hätte, wie erklärst du dann den Umstand, dass sich London auf Anfrage seitens Berlin in eine Erklärung der britischen Neutralität kurz vor Beginn des Konflikts, für den Fall, dass Berlin im Gegenzug garantierte keine agrssiven Handlungen gegen seine westlichen Nachbarn zu betreiben, nicht einlassen wollte?

Wäre es London hier vor allem um die eigenen Garantiepflichten für Belgien und sonst um nichts gegangen, hätte ja nichts dagegen gesprochen Berlin die eigene Neutralität zuzusichern, wenn Deutschland seine westlichen Nachbarn in Ruhe ließe.
Warum also unterließ man es, wenn nicht um den französischen Großmachtsstatus und Frankreich als Gegenspieler Deutschlands auf dem europäischen Festland zu stützen?

Warum stützte man diesen Akteur, wenn man aus territorialen Zugewinnen Deutschlands in Westeuropa keine Gefahr für die eigene Position und die eigenen Interessen sah?

Und wenn man Frankreich auch diesem Grund stützte, welche Gründe hätte es dann gegen können, zuzulassen, dass Deutschland und Österreich-Ungarn im Osten Russland militärisch besiegen würden, ohne die Garantie zu haben, dass sich beide danach nicht gegen Frankreich wenden würden?


Der "armchair general" hätte hierauf gerne ein paar plausible Antworten.;)
 
Zuletzt bearbeitet:
GB als uebermaechtige Seemacht hatte 1914 keine Gruende gehabt, sich um Machtkonstellationen und Landarmeen auf dem europäischen Festland Gedanken zu machen.

Nanu. Wie erklärst du dir denn den Umstand, das Großbritannien genau dies tat? Der Briefwechsel zwischen Grey und Cambon ist dir sicher bekannt?
Ebenso die Tatsache, das London mit Petersburg im Juli 1914, in London, über eine Marinekonvention verhandelte? Und sicherlich auch, das der Staatssekretär des Foreign Office das Unterhaus und auch die deutsche Diplomatie in dieser Angelegenheit schlicht belogen hat und die Stirn besessen hat, entsprechende Gespräche zu bestreiten.
Überhaupt ist zu konstatieren, dass das britische Foreign Office keinen Schritt zu gehen wagte, der ebentuell in Paris oder Petersburg missverstanden werden könnte. Das ging soweit, das eine britische Musikkapelle es verboten wurde nach Deutschland zu reisen.

per seiner ausgedehnten Kriegsflotte die Insel gegen Invasoren zu schuetzen - von 'übersteigerten Invasionsphantasien o.ä.' kann diesbezueglich keine Rede sein,

Da kann aber ganz sicher die Rede von sein. Diese alberne Psychose ging sogar so weit, dass das Comitee of Inmperial Defence sich mit der Frage beschäftigen musste. Ergebnis war, es bestünde keine Gefahr. Aber dies wurde der britischen öffentlichkeit verheimtlicht. Die angebliche deutsche Gefahr ließ sich doch wunderbar instrumentalisieren um entsprechende Gelder für die eigene Rüstung bewilligt zu bekommen.

den Seeweg GB-Mittelmeer-Suezkanal und den Kanal als solchen, fest in britisher Hand zu behalten, komme was will. Alles andere war fuer GB nur von untergeordneter Bedeutung gewesen.

Und weil dieser Seeweg so wichtig war, komme was da will, überließ Großbritannien die Sicherung dieses Seeweges Frankreich.

Willi & Prince v. Buelow glaubten fest an das Hirngespinst einer abgesprochenen Einkesselung DEU's durch GB; U.S.A. und FRA .

Man kann den Staatsmänner Frankreichs, Großbritanniens und Russlands zumindest attestieren, das es sie nicht im Geringsten bekümmert hatte, wie ihr außenpolitischen Handeln, welches die Bewegungsfreiheit Deutschlands immer weiter reduzierte, in Deutschland wirken musste. So lange sich beispielsweise die Russen in östlichen Asien engagierten, war auf dem Balkan absolute Ruhe. Das änderte sich erst nach der Abmachung von 1907. Die Triple Entente nahm nun bei der Vermittlung des Friedens nach den Balkankriegen nicht sehr viel Rücksicht auf die deutschen und österreichischen Interessen.

Und ganz grundsätzlich: Bezüglich Wilhelm II. empfiehlt es sich diesen an seinen tatsächlichen Taten zu messen und nicht an seinen schriftlichen Ergüssen, die häufig einfach nur dummes Zeug waren.
 
den Seeweg GB-Mittelmeer-Suezkanal und den Kanal als solchen, fest in britisher Hand zu behalten, komme was will. Alles andere war fuer GB nur von untergeordneter Bedeutung gewesen.
Und weil dieser Seeweg so wichtig war, komme was da will, überließ Großbritannien die Sicherung dieses Seeweges Frankreich.
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...naja... GB hatte sooo viele Außenstellen, Filialen - da konnte ein Onkel auf Malta, eine Tante auf Gibraltar, ein Cousin in Hongkong, ein Neffe auf den Falklands wohnen usw usw, und die alle hatten weite Wege, um an Heiligabend zur Weihnachtsfeier einzutrudeln. Diese weiten Wege gut zu schützen, das benötigte halt "Wege-/Duchfahrtsrechte" (kurzum Verbündete, auch wenn sie französisch sprachen) - - Und fürderhin: GB hatte diese "Filialen" allesamt zum Nutzen und Frommen der Christenheit von Jesus geschenkt bekommen!
:D:D:D
 
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...naja... GB hatte sooo viele Außenstellen, Filialen - da konnte ein Onkel auf Malta, eine Tante auf Gibraltar, ein Cousin in Hongkong, ein Neffe auf den Falklands wohnen usw usw, und die alle hatten weite Wege, um an Heiligabend zur Weihnachtsfeier einzutrudeln. Diese weiten Wege gut zu schützen, das benötigte halt "Wege-/Duchfahrtsrechte" (kurzum Verbündete, auch wenn sie französisch sprachen) - - Und fürderhin: GB hatte diese "Filialen" allesamt zum Nutzen und Frommen der Christenheit von Jesus geschenkt bekommen!
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bibliophile das war fuer GB nur von untergeordneter Bedeutung gewesen.
 
Der Erste Weltkrieg hat ja bekanntermaßen mit dem Diktatfrieden von Versailles 1919 sein Ende gefunden.
Der erste deutsche Außenminister Brockdorff-Rantzau wird bis heute für seine Replik auf die Rede von Clemenceau, auch das er sich nicht erhoben hatte, kritisiert.

Nachfolgend ein paar Auszüge aus der Rede:

"Es wird von uns verlangt, daß wir uns als die allein Schuldigen am Kriege bekennen; ein solches Bekenntnis wäre in meinem Munde eine Lüge. Wir sind fern davon, jede Verantwortung dafür, von Deutschland abzuwälzen. [...]
Keiner von uns wird behaupten wollen, daß das Unheil seinen Lauf erst in dem verhängnisvollen Augenblick begann, als der Thronfolger Österreich-Ungarns den Mörderhänden zum Opfer fiel. In den letzten 50 Jahren hat der Imperialismus aller europäischen Staaten die internationale Lage chronisch vergiftet. Die Politik der Expansion und die Nichtbeachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker hat zu der Krankheit Europas beigetragen, die im Weltkrieg ihre Krisis erlebt. Die russische Mobilmachung nahm den Staatsmännern die Möglichkeit der Heilung und gab die Entscheidung in die Hand der militärischen Gewalten.

Die öffentlich Meinung in allen Ländern unserer Gegner hallt wider von den Verbrechen, die Deutschland im Krieg begangen habe. Auch hier sind wir bereit, getanes Unrecht einzugestehen. Wir sind nicht hierhergekommen, um die Verantwortlichkeit der Männer, die den Krieg politisch und militärisch geführt haben, zu verkleinern und begangene Frevel wider das Völkerrecht abzuleugnen. Wir wiederholen die Erklärung, die bei Beginn des Krieges im Deutschen Reichstag abgegeben wurde: Belgien ist Unrecht geschehen, und wir wollen es wieder gutmachen."

[...]

Aber auch in der Art der Kriegführung hat Deutschland nicht allein gefehlt. Jede europäische Nation kennt Taten und Personen, deren sich die besten Volksgenossen ungern erinnern. Ich will nicht Vorwürfe mit Vorwürfen erwidern, aber wenn man gerade von und Buße verlangt, so darf man den Waffenstillstand nicht vergessen. Sechs Wochen dauerte es, bis wir ihn erhielten, sechs Monate , bis wir ihre Friedensbedingungen erfuhren. Verbrechen im Krieg mögen nicht zu entschuldigen sein, aber sie geschehen im Ringen um den Sieg, in der Sorge um das nationale Dasein in einer Leidenschaft, die das Gewissen der Völker stumpf macht.
Die Hunderttausende von Nichtkämpfern, die seit dem 11. November an der Blockade zugrunde gegangen sind, wurden mit kalter Überlegung getötet, nachdem für unsere Gegner der Sieg errungen und verbürgt war. Daran denken Sie, wenn Sie von Schuld und Sühne sprechen."

Davon, gerade von den erhobenen Vorwürfen und Anschuldigungen im letzten Absatz, wollten die Alliierten selbstverständlich nichts hören. Die Rede rief Empörung hervor.
 
bibliophile:

GB als uebermaechtige Seemacht hatte 1914 keine Gruende gehabt, sich um Machtkonstellationen und Landarmeen auf dem europäischen Festland Gedanken zu machen.

Shinigami:

Wenn es die nicht gehabt hätte, hätte es keinen Grund gegeben auf die Integrität Belgiens und den Erhalt der französischen Großmacht Wertzu legen. Darauf legte London allerdings gesteigerten Wert oder es hätt kaum einen sinnvollen Grund gehabt in den Krieg einzutreten. [...] Der "armchair general" hätte hierauf gerne ein paar plausible Antworten.
meine rote Hervorhebung
Hello "armchair general" :
Diese 'plausible Antwort' bezieht sich auf den ersten Absatz Deines #1,848; "Wenn es die...."

Du meinst fuer GB als ‘gewoehnliche’ Macht, haette in 1914, trotz seiner am 19. April 1839 gegenueber Belgien feierlich unterschriebene Neutralitaetserklaerung, keine Obligationgehabt, Belgien im Notfall solidarisch zur Seite zu stehen?
Stimmt. Damit hast Du Recht.
Doch warum?

Weil im Text der ‘Neutralitaetserklaerung’ vom 19. April 1839 kein Wort von [militaerischer] Hilfeleistung Belgiens gegenueber steht. [2]Dies bedeutet, dass fuer GB, bzw denfuenf Signatoren keine vertragliche, legale Obligation bestand, Belgien militaerische Hilfeleistung zukommen zu lassen.
Der operative Teil der Five Power ‘Neutralitaetserklaerung’ steht im Annex des Vertrags:

ANNEX TO THE TREATY SIGNED AT LONDON ON THE 19 TH APRIL 1839, BETWEEN GREAT BRITAIN , AUSTRIA, FRANCE, PRUSSIA, AND RUSSIA ON THE ONE PART AND THE NETHERLANDS ON THE OTHER PART.​
Article VII.​
“Belgium, within the limits specified in Articles I, II, and IV, shall form an independent and perpetually neutral State. It shall be bound to observe such neutrality towards all other States.”​


Die Five-Power-Garantie per se wurde im Neutralitaetsvertrag nicht spezifiziert. Sie wurde rueckschluessig per Annex-Artikel VII impliziert. Die ‘Garantie’per se bestand einzig und allein aus der Unterschrift der fuenf Vertragssignatoren in Bezug auf den schlichten ‘Artikel VII’ im Annex-Artikel VII. Die Signatoren waren nicht nur textuell sondern auch in Bezug auf militaerische Beistandshilfe nicht obligatorisch an jeden Vertragsartikel gebunden. [1]

Nichtsdestotrotz fuehlten sich 75 Jahre spaeter die Mehrheit britischer Politiker in 1914 moralisch an die Neutralitaetsgarantie gebunden. [3]
  • “Eine allgemeine Verurteilung gegenueber sich maßlos, territorial erweiternde - aggrandizing - wie auch immer gearteten Macht.” [2]
  • Britische Politiker verband in 1914 noch immer eine gewisse ‘kinship’ mit Belgien. Britische Politiker fuehlten sich daher in 1914 moralisch ehrgebunden an den 75 Jahre alten Neutralitaetspakt mit Belgien.
August 4; 1914(Tuesday).
Belgian territory invaded by German troops. Order given for mobilization of British army. British Government, in ultimatum to Germany, demand an assurance that neutralityof Belgium will be respected; an answer required by midnight. German Government refuse the required assurance. A state of war exists between Great Britain and Germany from 11 P.M.
___________
On August 2 the French Ambassador in London wrote to his Government:
“ The protection of Belgian neutrality is here considered so important that Great Britain will regard its violation by Germany as a casus belli."
___________
‘England would be for ever contemptible,’ Sir Edward said, ‘if it should sit by and see this treaty violated. Its position would be gone if Germany were thus permitted to dominate Europe. I have therefore asked you to come to tell you that this morning we sent an ultimatum to Germany. We have told Germany hat if this assault on Belgium’s neutrality is not reversed England will declare war.’
___________
Hence Sir Edward Grey’s historic speech in the House of Commons on Monday, August 3, from which I have already quoted, and which was followed by our ultimatum to Germany requiring her to give us an assurance by midnight the following day that the neutrality of Belgium would be respected.

__________
Du irrst Dich mit: “weil London gesteigerten Wert auf den Erhalt der französischen Großmacht legte”. Kam garnicht in’s Spiel.
Du irrst Dich mit: “dass GB keinen Grund gehabt hatte auf die Integrität Belgiens Wert zu legen”. Im Gegenteil, das war GB’s Hauptgrund gewesen. GB sah sich quasi Belgien’s Schutzpatron.
(Siehe dazu auch H.G. Wells: “Why Britain went to war” : ”We declared war because we were bound by a treaty.”
https://i.ibb.co/BT1Z3Y3/WHY-WAR-2.jpg )


[1] In 1870 there was a possibility that France or Prussia would violate the neutrality of Belgium.The official view of the Liberal Government in 1870 is found in a speech by Mr. Gladstone on August 10, 1870 {Hansard, III, vol. 203,col. 1787); in explaining the motives which actuated the Government in the matterof themaintenance of Belgian neutrality he says :
" There is, I admit, the obligation of the Treaty " (of 1839). " It is not necessary, nor would time permit me, to enter into the complicated question of the obligations ofthat Treaty ; but I am not able to subscribe to the doctrine of those who have held in this House what plainly amounts to an assertion, that the simple fact of the existence of a guarantee is binding on every party to it,irrespectively altogether of the particular position in which it may find itself at the time when the occasion for acting on the guarantee arises. The great authorities on foreign policy to whom Ihave been accustomed to listen—such as Lord Aberdeen and Lord Palmerston —never, to my knowledge, took that rigid, and, if I may venture to say so, that impracticable view of a guarantee. The circumstance thatthere is already an existing guarantee in force is of necessityan important fact and a weighty element in the case, to which we are bound to give full and ample consideration. There is also this further consideration, the force of which we must all feel most deeply, and that is the common interest against the unmeasured aggrandizement of any Power whatever."
[2] “There is also this further consideration, the force of which we must all feel most deeply, and that is the common interest againstthe unmeasured aggrandizement of any Power whatever." --speech by Mr. Gladstone on August 10, 1870 (Hansard, III, vol. 203,col. 1787)

Territoriale Erweiterung - aggrandizing- einer Macht auf Kosten einer anderen Macht wurde schon ‘immer’ als “ feeling most deeply” , also illegitim empfunden.
Die Verwendung des Begriffs ‘aggrandizing’ finden wir wieder in 1941 im ersten Artikel der von Pres. Roosevelt und PM Churchill ausgestellten Argentia Declaration (AtlanticCharter) :
“FIRST: Their countries seek no aggrandizement, territorial or other; […]”

Da die ‘Atlantic Charter’ die Basis der 1944 U.N.O. Charter darstellt, finden wir dort auch wieder , diplomatisch elegant umschrieben, das Verbot von ‘territorial or other aggrandizement:

UNO CHARTER, ARTICLE II:4.
All Members shall refrain in their international relations from the threat or use of force against the territorial integrity or political inde pendence of any state, or in any other manner inconsistent with the Purposes of the United Nations.
Erkennt unser 'armchair general' die ubiquitaere Fehlerhaftigkeit seiner Meinung "Wenn es die nicht gehabt hätte, hätte es keinen Grund gegeben auf die Integrität Belgiens und den Erhalt der französischen Großmacht Wertzu legen."
Wie man sehen kann , ist das schon in 1870 so verhasste “unmeasured aggrandizement of any Power whatever” seit 1944 bis heute geltendes Voelkerrecht.
[3] Queen Victoria, in 1839 20 Jahre alt, wuenschte ihrem gluehend verehrten Onkel Leopold; Bruder von Q.V.’s Mutter Victoria Saxe-Coburg; amals 49 Jahre alt und schon acht Jahre lang Koenig vom winzigem Belgien; Bruder von Q.E.’sMutter Victoria Saxe-Coburg; Sicherheit in Neutralitaet.

 
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