Keine der Mächte hat entsprechende Zweifel geäußert. Lediglich die Russen haben als Vorwand den "übertriebenen" Kräfteansatz moniert.
Naja, du betrachtest das als Vorwand. Andere sahen das ihrerzeit möglicherweise etwas anders.
Die Russen waren nicht blöde. Denen war auch klar, das es einfacher für sie wird, wenn ein Teil der Streitkräfte der Monarchie gegen Serbien gebunden war.
Was hat das mit blöde zu tun?
Die Russen hatten keine Glaskugel auf dem Tisch stehen. Die konnten nicht vorweg nehmen, wie genau sich die Serben verhalten, wie lange diese der K.u.K.-Armee würden Widerstand leisten können und sie konnten auch nicht vorweg nehmen, wie sich Bulgarien verhalten würde.
Sie konnten darauf hoffen, dass sich die Serben kämpfend ins landesinnere zurückziehen und die Österreicher eine Zeit lang beschäftigen würden und das Sofia die Füße still halten würde.
Es hätte aber durchaus auch passieren können, dass den Serben hätte einfallen können, ihre Hauptstadt Belgrad auf keinen Fall preisgeben zu wollen. In diesem Fall hätte es zu einer Entsheidungsschlacht in Nordserbien kommen können, die die Österreicher wahrscheinlich gewonnen hätten und wenn es dazu gekommen wäre, dann wären mit großer Wahrscheinlichkeit die Bulgaren schnell mit an Bord gewesen um sich serbisch-mazedonien zurückzuholen.
Wie lange die Österreicher beschäftigt sein würden konnten die Russen im Vorhinein nicht wissen. Das konnte ein Blitzfeldzug werden oder eine länger dauernde Angelegenheit, darauf hatte St. Petersburg keinen Einfluss.
Es sei denn es tat etwas um Teile des Österreichisch-Ungarischen Heeres im Norden beschäftigt zu halten.
Z.B. eine Teilmobilmachung.
Wäre es zur weitgehenden Mobilmachung Österreich-Ungarns und zu einem Blitzsieg gegen Serbien gekommen, hätten die bereits mobilisierten Truppen für andere Zwecke rasch umdisponiert werden können.
Wäre Wien hingegen ohne Mobilisation lediglich mit dem Friedensheer gegen Serbien vorgegangen und hätte rasch gesiegt, hätte die Option die bereits mobilgemachten Truppen jetzt in andere Richtungen zu dirigieren nicht bestanden.
Auffallend, das beide fast synchron mit der Mobilmachung begonnen haben und zwar deutlich vor Österreich-Ungarn, was du nicht erwähnst.
Das Serbien vor Österreich-Ungarn mit der Mobilmachung begann nimmt nicht Wunder.
Du behandelst wenn du darauf herumreitst Österreich-Ungarn und Serbien, als wären das zwei vergleichbar starke Mächte gewsen, aber das waren sie nicht.
Österreich-Ungarns Friedensheer wäre wahrscheinlich stark genug gewesen Serbien relativ zügig und sicher zu schlagen, wenn das Österreich-Ungarns einziger Kriegsschauplatz gewesen wäre. Es war den serbischen Streitkräften nummerisch deutlich überlgen.
D.h. Serbien musste Mobilisieren, wenn die serbischen Militärs sich überhaupt eine Chance aurechnen wollten, einige Zeit effektiv Widerstand leisten zu können.
Und da Wien den Serben qua Ultimatum offen mit Krieg gedroht hatte, kann die serbische Mobilisation in diesem Zusammenhang auch nicht als Akt reiner Provokation aufgefasst werden.
Es war jedenfalls damit zu rechnen, dass Wien die serbische Antwortnote verwerfen und der Drohung Taten folgen lassen würde.
Was Russland angeht, Russland machte ab dem 29. Juli mobil. Also nachdem Österreich-Ungarn Serbien den Krieg erklärt und die Kampfhandlungen eröffnet hatte und nach dem ab dem 27. Juli deutlich wurde, dass Berlin versuchte einer Konferenzlösung auszuweichen.
Damit war klar, dass Berlin die Österreichische Aktion deckte, was in letzter konsequenz heißen musste, dass man in Deutschland bereit war einen Krieg in Kauf zu nehmen.
Wenn aber Deutschland äußerstenfalls zum Krieg bereit war, war im Hinblick auf die Österreichischen Aktionen Vorsicht geboten weil das für Wien im Falle eines schnellen erfolges gegenüber Serbien ggf. die Möglichkeit geboten hätte anschließend seine Truppen im Norden zu konzentrieren und gegebenenfalls mit dem Zarenreich anzubinden.
Man konnte ja aus St. Petersburger Perspektive durchaus auf den Gedanken kommen das man in Wien die Lösung des Balkanproblems letztendlich vor allem in einer Zurückdrängung Russlands sehen würde, da eine temporäre Schwächung Serbiens nur das Syptom behandeln aber nicht das Problem dauerhaft lösen konnte.
Das wiederrum hätte in St.Petersburg niemanden aufregen müssen, so lange Wien, falls es solch eine Konzeption verfolgte, allein war.
In dem Moment aber, in dem Berlin Österreich-Ungarns Angriff auf Sebien deckte, hätte dann der Gedanke auftauchen können, dass Wien mit einer solchen Absicht möglicherweise nicht mehr allein war.