Und darf man auch fragen wodurch?
Aus dem, was der von dir genannte Clark geschrieben hat, geht das durchaus nicht hervor. Clark hat in seinen Schlafwandlern vermieden offen Stellung zu Fragen von Schuldverteilung zu beziehen und aus dem, was er in dem Buch geschriben und wie er sich verschiedentlich geäußert hat, wird man ableiten können, dass Clark eher kein Anhänger des Fischer'schen "Hauptschuld-Postulats" ist.
Die Behauptung, dass man die These, dass Deutschland allerdings dennoch große Schuld am Kriegsausbruch trage, als widerlegt betrachten könnte, geht allerdings weit über das hinaus, was Clark jemals geschrieben oder behauptet hat.
Und insofern Clark sich zwar gegenüber dem Fischer'schen Hauptschuld-Postulat eher reserviert gezeigt hat, die wesentlichen Erkenntnisse Fischers hinsichtlich problematischer Schritte seitens Berlin, allerdings in seine Gesamtsicht übernommen hat, wage ich mal die Vermutung, dass sich Clark selbst einem Gesamturteil, dass keine erhebliche Verantwotung für den Kriegsausbruch auf deutscher Seite konstatieren würde eher nicht anschließen würde.
Ablehnung des Hauptschuld-Postulats und Ablehnung einer großen Schuld/Verantwortung Deutschlands insgesamt (ohne darüber etwas über die Verantwortung anderer Akteure in Relation auszusagen) sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Mal davon abgesehen, dass sich eine Hauptverantwortung Deutschlands, wenn man sie denn postulieren wollte, möglicherweise auch aus anderen Argumenten herleiten ließe, als aus denen, die Fischer verwendet hat.
Insofern bei aller methodisch durchaus berechtigten Kritik an Fischers Hauptschuldpostulat, widerlegt ist, abgesehen von der fischer'schen Hauptschuldthese, eigentlich nichts und diese auch nur, weil Fischer seinerzeit keine umfassende Untersuchung der Verhältnisse bei allen Kriegsteilnehmern in sein Postulat hat einfließen lassen, sondern sich lediglich um die deutschen Verhältnisse gekümmert hat.
Das macht sein Hauptschuld-Postulat natürlich angreifbar, weil man ihm vorwerfen kann, es auf keine solide Datengrundlage gestützt zu haben, wobei ihm allerdings durchaus zuzugestehen ist, dass er eine Umfassende Betrachtung aller Parteien in der Julikrise, wie Clark das geleistet hat, seinerzeit nicht liefern konnte, schon weil es vor 1990 nicht möglich war an die sowjetischen/russischen Archive heran zu kommen und das dort vorhandene Material einigermaßen vollständig zu sichten und einzuordnen, womit der gesamten Geschichtsschreibung bis zum Ende der Sowjetunion ein detailliertes, einigermaßen unverfälschtes Bild dieses Schlüsselakteurs in der Juli-Krise fehlte.
Allerdings, wie gesagt, auch wenn man Fischers Postulat zurückweist, kann man durchaus zu dem Schluss kommen, dennoch eine Hauptverantwortung für diesen Krieg bei Berlin zu sehen und das anders zu begründen.
Ob die Begründung dann in Einzelnen valide wäre, wäre zu diskutieren, aber jedenfalls resultiert aus der Ablehnung der Begründung Fischers nicht, dass sämtliche anderen denkbaren Begründungen ebenfalls zu verwerfen seien.
Weder im Hinblick auf eine Hauptverantwortung, noch gar im Hinblick auf eine niedrigschwelligere "große Schuld/Verantwortung", die Fischer mit dem "Blancoscheck" und einigen anderen Verhaltensweisen der Deutschen Regierung während der Krise valide begründet und der im Gegensatz zu Fischers Hauptschuldpostulat die spätere Geschichtsschreibung im Kern auch nicht mehr widersprochen hat (das ist bei aller Kritik ein bleibendes Verdienst Fischers, das herausgearbeitet zu haben).