Maria-eine Jungfrau?

Ich muß mich doch schon wundern, wenn ich einiges hier lese.

Wo bitte steht in den Evangelien, dass Joseph im fortgeschrittenen Alter war (verwechselt da jemand den Vater Johannes des Täufers mit Joseph?) oder schon Kinder hatte?

Später werden Geschwister aufgezählt, Jakobus, Simon, Judas etc. das ist richtig.
Doch wo steht denn, dass diese älter als Jesus waren und aus einer früheren Ehe stammten?
Das ist einfach ein Schluß den jene ziehen, die glauben, dass Joseph und Maria nie Verkehr hatten. Dafür gibt es aber keinerlei Hinweis, das ist einfach ein Dogma der katholischen Kirche, die Marias immerwährende Jungfernschaft postuliert.
Das wird von anderen "kirchlichen Gemeinschaften" (wie die röm.-kath.-kirchl.-Gemeinschaft das nennt *g*) nicht vertreten.
Es werden ja auch in den Weihnachtsgeschichten keinerlei Geschwister erwähnt, es ist also zu vermuten, dass sie einfach die jüngeren Geschwister waren.
Abgesehen davon wird von vielen vergessen, dass die Evangelien sich entwickelt haben, teilweise aufgrund von mündlichen Vorläufern diesen oder jenen Gedanken aufnahmen, der mit der historischen Situation damals nichts zu tun hatten.
Das wird ja allein schon deutlich wenn der Zeitpunkt von Jesu Geburt um über 10 Jahre schwankt (Tod Herodes des Gr. 7 v. Chr., Zensus in Judäa erst 6/7 n. Chr.).
 
Hallo Irene!

In den Evangelien ist mir das Alter von Joseph auch noch nicht untergekommen.
Über Joseph wird erst später "Genaueres" berichtet in den Apokryphen.

Hier: JOSEF von Nazareth wird zumindest ein bisschen was erklärt wenn Du mal schauen möchtest.

Woher hast Du Deine Info bzgl. seines Alters?

In einigen Romanen wird gerne darüber berichtet, die Autoren bedienen sich dann mitunter der Apokryphen um ein Bild von Jesus zu beschreiben. Ist auch legitim vom Autor.
Aber das ist nun ein Roman, und daher - auch unter der Verwendung apokryphischer Texte - keine sichere Auslegung ob es nun so war. Vor allem da es sich ja um noch spätere Berichte handelt (das ist aber nur meine Meinung, je weiter weg vom Ereignis umso schwieriger das Ereignis historisch nachzuvollziehen).
Das ist aber vielleicht auch gar nicht der Sinn der Evangelien.
 
Richtig, Sinn und Zweck der Evangelien war es nicht historisch korrekte Begebenheiten zu berichten, sondern die Gottessohnschaft Jesu zu beweisen.
Auch wenn Lukas beispielsweise immer als der Historiker unter den Synoptikern gilt, ist er wohl eher Geschichtenerzähler.

Die Apokryphen sind zwar sehr interessant, denn sie geben oftmals (da muss man deutlich unterscheiden) die mündliche Traditionen unter verschiedensten urchristlichen Gruppierungen wieder, doch keinesfalls kann man sagen, dass die Apokryphen nun durchweg älter wären als die kanonischen Evangelien.

Auch merkt, man, wenn man die Apokryphen liest sehr deutlich die verschiedenen Botschaften die die Verfasser dem Leser mitgeben wollten.
Sie lassen sich vielfach historisch bekannten christlichen Strömungen zuordnen und sind daher ebenfalls historisch genauso zuverlässig oder unzuverlässig wie verschiedene Teile der kanonischen Evangelien.
 
Enkidu, dazu mal eine Frage.
Welche Apokryphen werden denn als jünger bzw. zeitgleich oder nur gering älter als die Evangelien eingeschätzt?

Nochmal zum hist. in den Texten. Wenn in den Apokryphen steht, Joseph war soundsoalt dann gilt das ja genausoviel - oder wenig - wie die Evangelien (in denen das nicht steht, war auch nicht wichtig, es ging ja auch eher darum Joseph überhaupt zu erwähnen aufgrund seiner Abstammung oder?) Ich kann mir daher vorstellen daß Irene ihre Info aus den Apokryphen hat.
Aber wenn es um die Abstammung bis zu David hin ging, ist das doch eigentlich irrelevant, weil es ja bei Jesus eher darum ging daß er keinen leiblichen Vater hatte. Warum also der Hinweis zu David?

Schade daß uns Joseph nicht einmal in den Evangelien was mitteilt, soweit ich das noch weiß sagt er in den Evangelien nicht ein Wort.
 
Das wird ja allein schon deutlich wenn der Zeitpunkt von Jesu Geburt um über 10 Jahre schwankt (Tod Herodes des Gr. 7 v. Chr., Zensus in Judäa erst 6/7 n. Chr.).


Ich dachte, Herodes der Große sei 4 v. Chr. gestorben - also knapp 10 Jahre vor dem Zensus.
 
Ohja, verzeih, natürlich starb Herodes 4 v. Chr. Ich hab das wohl mit der Sternenkonstellation durcheinandergewirbelt ;)
Ändert aber letztlich nichts am Kern meiner Aussage.

@Caecillia: Es ist so eine Sache, ob nun GILT was in einem apokryphen Werk steht, denn teilweise stehen die Verfasser einiger apokrypher Texte theologisch sehr weit von den kanonischen Evangelien (die auch verschiedene Akzente setzen) entfernt und verfolgen bestimmte (teils kirchenpolitische, wenn man von einer Kirche schon sprechen kann) Ziele.

So, ich setz mich mal direkt hin und schau nochmal nach was das Alter verschiedener apokrypher Texte angeht.
 
Fragmente:

Papyrus Egerton 2, (PEg 2)
datiert auf ca. 200 n. Chr. vereinzelt frühdatiert auf 50-60 n. Chr. (womit es dann etwa so alt wäre wie die Paulusbriefe).
Dies Fragment weist enge Parallelen zum Johannesevangelium auf.

Oxyrhynchos-Papyrus 840 (POxy 840)
Datierung unsicher, Fragment selbst stammt aus dem 3./4. Jahrhundert, passt sachlich aber in eine Auseinandersetzung des 2. oder 3. Jahrhunderts um die richtige Taufpraxis.
Behandelt ein Streitgespräch zwischen Jesus und einen Oberpriester

Der Straßburger koptische Papyrus
erhalten auf Blättern eines Kodex aus dem 5./6. Jahrhundert.
Inhalt: Abschiedsgebet Jesu mit fernen Anklängen an Joh 17 und deutlicheren Anleihen an 1. Kor 15.
Rückseite erinnert stärker an Matth.

Das "unbekannte Berliner Evangelium" (UBE=PBerol 22220)
Kodex wird aufgr. äußerer Indizien auf die Zeit zw. 4. und 7. Jahrhundert datiert mit dem Schwerpunkt auf dem 6. Jahrhundert.
Inhalt wird auf frühestens Ende des 2. Jahrhunderts, eher aber aufs 3. Jahrhundert datiert.
Inhalt behandelt Wirken Jesu und Ostergeschehen.

Das sind erstmal die ersten Fragmente. Bin grad müd, werd weitere Fragmente und apokryphe Texte morgen posten :)
es folgt das geheime Evangelium nach Markus, da ist etwas mehr zu durchackern, deshalb mach ich das später.
Dann kommt ein ganzer Schlund Evangelien, wird spannend ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Enkidu, vielen Dank für Deine Mühe und Deinen Einsatz, daß Du das jetzt noch um halb drei Uhr früh hier reingestellt hast.

Spannung ist nett gewählt als Ausdruck für das was noch kommt.
Danke!

Guter Ansatz für weitere Gespräche und auch Fragen.
 
Hallo Irene!

In den Evangelien ist mir das Alter von Joseph auch noch nicht untergekommen.
Über Joseph wird erst später "Genaueres" berichtet in den Apokryphen.

Hier: JOSEF von Nazareth wird zumindest ein bisschen was erklärt wenn Du mal schauen möchtest.

Woher hast Du Deine Info bzgl. seines Alters?

In einigen Romanen wird gerne darüber berichtet, die Autoren bedienen sich dann mitunter der Apokryphen um ein Bild von Jesus zu beschreiben. Ist auch legitim vom Autor.
quote]

Richtig, und das Wort Bibel bedeutet, wenn ich mich nicht irre, das Buch und es wurde von vielen Autoren geschrieben und ergänzt. Meines Wissens zählt die Bibel nicht zu den wissenschaftlilchen Werken mit historisch belegten Quellen. Zu dem habe ich nicht geschrieben, Josef war älter, sondern lediglich die Möglichkeit ins Auge gefasst. Eine Spekulation ganz sicher, aber da wir es hier mit einem Thema zu tun haben, dass nichts mit Geschichte sondern nur mit dem Glauben innerhalb einer Religion zu tun hat, durchaus legitim.
 
Und weiter im Text :)

Das "Geheime Evangelium nach Markus" (gE)
Entdeckt 1958 zwischen den Seiten einer gedruckten Ausgabe der Briefe des Ignatius weist die Handschrift selbst auf das 18. Jahrhundert hin.
Inhaltlich lässt es sich, so meinten Experten, als Verfasser Clemens (von Alexandria?) vermuten.
Schwierig ist die ganze Sache, da der Finder lediglich Fotografien des Fundes freigab und niemand ausser Smith (der Finder) die Originale je zu Gesicht bekam.
Inhalt: Clemens richtet einen Brief an Theodoros in welchem er sich mit der gnostischen Gruppe der Karpokratianer auseinandersetzt.
Diese hätten eine laxe Sexualmoral. Sie beriefen sich auf eine besondere Fassung des Markusevangeliums und daher rekapituliert Clemens in diesem Fragment die Entstehung des Markusevangeliums.
Nach Clemens gäbe es 3 Fassungen: die erste verfasste Markus in Rom (die kanonische), eine erweiterte in Alexandria und eine dritte verfälschte der Gnostiker Karpokrates.
Clemens zitiert nun aus der zweiten, alexandrinischen Fassung die die Lücke zwischen Mk 10,34 und Mk 10,35 schliesst.
Hier handelt es sich um eine andere Fassung der Lazarusgeschichte (der Jünger wird hier aber nicht mit Namen genannt).
Diese Fassung wurde in diesem Threat schon zitiert, sie wird bisweilen homophil gedeutet behandelt aber wohl eher einen in der damaligen Zeit üblichen Initiationsritus in einen Mysterienkult.
Es wird von manchen Experten vermutet, dass es sich um eine ursprünglichere Fassung des Markusevangeliums handelt, die heutige Fassung also eben wegen der Gefahr der Fehldeutung durch gnostische Kreise entschärft wurde.
Dennoch lässt sich, so das Fragment wirklich auf Clemens von Alexandria zurückzuführen ist, lediglich ein Alter von ca. 150 n. Chr. als gesichert feststellen.
 
Da hier zwar Interesse besteht, aber die Apokryphen selbst in der Hauptsache nicht Maria und ihre vermeintliche Jungfrauschaft als Hauptthema hat hab ich nun einen neuen Threat eröffnet.
 
Richtig, und das Wort Bibel bedeutet, wenn ich mich nicht irre, das Buch und es wurde von vielen Autoren geschrieben und ergänzt. Meines Wissens zählt die Bibel nicht zu den wissenschaftlilchen Werken mit historisch belegten Quellen.


Freilich bedeutet "Bibel" ursprünglich nichts anderes als "Buch", aber wenn wir von der Bibel bzw. vom Bibeltext sprechen, meinen wir eben ein ganz bestimmtes Buch. Daher kann man solche Formulierungen eben nicht stehenlassen:

Es spricht noch etwas dafür, dass Josef schon in einem fortgeschrittenen Alter war, er hatte ja nach dem Bibeltext schon Kinder



Meines Wissens zählt die Bibel nicht zu den wissenschaftlilchen Werken mit historisch belegten Quellen.


Die Texte der Bibel sind antike historische Texte und damit aus wissenschaftlicher Sicht antike historischen Quellen - wie alle anderen Texte der Antike auch.

Wissenschaftliche Werke im modernen Sinn von "Wissenschaft" gibt es aus dieser Zeit überhaupt nicht. Ciceros Reden, Caesars "de bello gallico", Suetons Kaiserbiographien sind allesamt keine wissenschaftlichen Werke, aber dennoch erstklassige Quellen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Richtig, zwar wird natürlich immer gern nach ausserchristlichen Quellen gesucht, aber dies nur um "die andere Seite der Medaille" und eine gesicherte Grundlage zu finden.
So kann man teilweise bestimmte Briefe Paulus zeitlich nur einordnen, da uns andere antike Briefe überliefert sind.
Paulus beispielsweise hat nie absolute Zeitangaben, also keinen Zeitpunkt auf den er sich bezieht, sondern immer nur relative Zeitangaben ("dann blieb ich 6 Monate in A" etc.).
Wir können seine Briefe aber einigermassen zeitlich einordnen, weil er einen römischen Statthalter erwähnt vor den er in Griechenland geführt wurde, welcher uns durch einen Briefwechsel mit Kaiser Claudius bekannt ist.
Da so eine Statthalterschaft immer ein Jahr dauerte und sich andere Bezugspunkte ergeben (so muss man beispielsweise die Zeit einkalkulieren die ein Briefwechsel von Rom nach Griechenland und zurück gedäuert hätte) kann man diesen Paulusbrief, bzw. die darin berichteten Ereignisse auf +-1,5 Jahre genau einem Jahr zuordnen.
Dies ist der Angelpunkt an dem sich die gesamte zeitliche Zuordnung der anderen Geschehnisse um Paulus festmachen.
 
Ich muss Irene mal ein wenig in die Seite treten, sie hat zwar die falsche Quelle benannt, aber es gibt tatsächlich ein apokryphes Evangelium, welches Aussagen zum Verhältnis von Maria und Josef macht und Josef als Witwer darstellt: Das Protoevangelium des Jakobus. Ich habe davon bei der Lektüre eines Buches erfahren und gleich danach gegoogelt.

Protoevangelium des Jakobus Griechisch-Deutsch

Protoevangelium des Jakobus nur Deutsch (flüssiger zu lesen)

Darin heißt es über Maria als Tempeldienerin:

Dem Kinde aber mehrten sich seine Monate. Es wurde das Kind zweijährig. Und Joachim sagte: »Wir wollen es zum Tempel des Herrn hinaufbringen, um das Versprechen einzulösen, das wir abgegeben haben. Sonst schickt der Gebieter Gott zu uns um es zu holen, und unsere Gabe wird als eine in diesem Fall erzwungene nicht genehm sein.« Und Anna sagte: »Wir wollen das dritte Jahr zu warten, damit das Kind nicht bei früherer Trennung nach Vater und Mutter Verlangen trägt.« Und Joachim sagte: »Dann wollen wir warten.« Und das Kind wurde dreijährig. Da sagte Joachim: »Rufet die Töchter der Hebräer, die unbefleckten, als Begleiterinnen herbei! Sie sollen je eine Fackel nehmen, und die sollen zur Ablenkung für das Kind brennen, damit das Kind sich nicht nach hinten umdreht und sein Herz nicht verführt wird weg vom Tempel des Herrn.« Und sie hielten es so, bis sie zum Tempel des Herrn hinaufkamen. Und der Priester nahm Maria in Obhut, küsste und segnete sie und sprach: »Groß gemacht hat der Herr deinen Namen unter allen Geschlechtern. An dir wird am Ende der Tage der Herr sein Lösegeld den Kindern Israel offenbaren.« [...] Maria aber war im Tempel des Herrn, wie eine Taube mit ganz wenig Speise sich beköstigend, und empfing Nahrung aus der Hand eines Engels.

Über Marias Hochzeit mit dem Witwer Josef:

Als sie aber zwölfjährig wurde, besprachen sich die Priester und sagten: »Siehe, Maria ist zwölfjährig geworden im Tempel des Herrn. Was sollen wir nun mit ihr machen, damit sie nicht das Heiligtum des Herrn befleckt?« Und sie sagten zum Hohenpriester: »Du hast deinen Platz am Altar des Herrn. So geh hinein und bete um sie! Und was der Herr dir offenbaren wird, das wollen wir dann tun.« und es ging der Hohepriester im Ornat mit den zwölf Schellen hinein ins Allerheiligste und betete um sie. Und siehe, ein Engel des Herrn trat herzu und sprach zu ihm: »Zacharias, Zacharias! Geh wieder hinaus und biete die Witwer des Volkes auf! Und sie sollen je einen Stab mitbringen, und wem der Herr ein Zeichen erteilt, dessen Weib soll sie sein.« Es zogen aber die Herolde aus in das ganze Gebiet von Judäa, und es erdröhnte die Posaune des Herrn, und alle liefen herzu. Joseph aber warf mitten in der Arbeit das Beil hin und machte sich auf, sich mit den anderen Witwern zu treffen. Und als sie beieinander waren, zogen sie hin zum Hohenpriester und brachten die Stäbe mit. Er aber nahm allen die Stäbe ab und ging in den Tempel hinein und betete. Als er das Gebet beendet hatte, nahm er die Stäbe und ging wieder hinaus und überreichte sie ihnen. Und irgendein Zeichen war an ihnen beim Austeilen nicht zu beobachten. Den letzten Stab aber erhielt Joseph, und siehe, eine Taube kam aus dem Stab heraus und flatterte auf das Haupt Josephs. Da sprach der Priester zu Joseph: »Du bist dazu erlost, die Jungfrau des Herrn heimzuführen, um sie dir jungfräulich zu behüten.« und Joseph widersprach und sagte: »Söhne habe ich bereits und bin ein alter Mann, sie aber ist ein junges Mädchen. Ich möchte den Kindern Israel nicht zum Gespött werden.« [...]

Mariä Verkündigung und Jesu Geburt weist viele Parallelen mit dem Lukasevangelium auf, ich würde sogar sagen, es handelt sich hier um eine Bearbeitung des Lukasevangeliums:

[...]Und es sprach der Priester: »Rufet mir unbefleckte Jungfrauen aus dem Stamme Davids!« Und die Diener gingen hin und machten sich auf die Suche und fanden sieben Jungfrauen. Und es erinnerte sich der Priester an die kleine Maria, dass sie ja aus dem Stamme Davids war und unbefleckt war vor Gott. Und die Diener gingen hin und brachten sie Maria, und sie führten sie die sieben Jungfrauen und Maria hinein in den Tempel des Herrn, und es sprach der Priester: »Stellt mir durchs Los fest, wer das Gold spinnen soll und den Bergflachs und die Baumwolle und die Seide und das Hyazinthenfarbige und das Scharlachfarbige und den echten Purpur!« Und auf Maria entfiel dabei der echte Purpur und das Scharlachfarbige, und sie nahm's und ging heim in ihr Haus. Zu jener Zeit aber wurde Zacharias stumm, und an seine Stelle trat Samuel, bis Zacharias wieder redete. Maria aber nahm das Scharlachfarbige und widmete sich dem Spinnen. "Und sie nahm den Krug und ging hinaus, um Wasser zu schöpfen. Und siehe, eine Stimme sprach: »Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr sei mit dir, du Gepriesene unter den Frauen!« Und sie blickte sich um nach rechts und nach links, woher diese Stimme wohl käme. Und es kam sie ein Zittern an. Da ging sie heim in ihr Haus und stellte den Krug ab. Dann nahm sie den Purpur und setzte sich auf ihren Sessel und zog ihn zu Fäden, und siehe, ein Engel des Herrn trat vor sie hin und sprach: »Fürchte dich nicht, Maria! Denn du hast Gnade gefunden vor dem Gebieter über alles, und du sollst empfangen aus seinem Wort.« Als sie das aber hörte, bekam sie bei sich Zweifel und sagte: »Soll ich empfangen vom lebendigen Gott her und gleichwohl gebären, wie jede Frau gebiert?« und es sprach der Engel des Herrn: »Nicht so, Maria! Denn Kraft des Herrn wird dich überschatten. Deswegen wird auch das, was von dir geboren wird, heilig, nämlich Sohn des Höchsten genannt werden. Und du sollst seinen Namen Jesus nennen; denn er wird sein Volk erretten von seinen Sünden.« Und Maria sprach: »Siehe, des Herrn Magd will ich gern sein vor ihm; mir geschehe, wie du gesagt hast!«
[...]
Maria aber wurde von Freude erfasst, und sie ging fort zu Elisabeth, ihrer Verwandten. Und sie klopfte an die Türe. Als Elisabeth es hörte, legte sie das Scharlachfarbige an dem sie gerade arbeitete eilig fort und lief zur Türe und machte sie auf. Und als sie Maria erblickte, wünschte sie ihr Segen und sprach: »Woher kommt mir diese Ehre, dass die Mutter meines Herrn mich besucht? Denn siehe, das Kind in mir hüpfte und wünschte dir Segen.« Maria aber hatte die Geheimnisse längst vergessen, von denen der Erzengel Gabriel ihr gesprochen hatte, und blickte auf zum Himmel und sprach: »Wer bin ich, Herr, dass alle Geschlechter der Erde mir Segen wünschen?« und sie verbrachte drei Monate bei Elisabeth. Tag um Tag aber wurde ihr Leib stärker, und Maria fürchtete sich und ging heim in ihr Haus und verbarg sich vor den Kindern Israel. Sie war aber sechzehn Jahre, als diese Geheimnisse sich begaben.

Josef kommt nach Hause und findet seine Frau schwanger:
Sie war aber im sechsten Monat, und siehe, da kam Joseph von seinen Bauten wieder zurück. Und als er in sein Haus eintrat, musste er bei ihrem Anblick feststellen, dass sie in anderen Umständen war. Und er schlug sich voller Unmut ins Gesicht und warf sich zu Boden auf die Decke und weinte bitterlich und sagte: »Mit was für einem Gesicht soll ich nun hingehen zu dem Herrn, meinem Gott? Was soll ich wohl beten wegen dieses Mädchens? Denn als Jungfrau habe ich sie aus dem Tempel des Herrn, meines Gottes, übernommen und habe sie nicht behütet. Wer mag der sein, der mich hintergangen hat? Wer hat diese Schandtat in meinem Hause begangen und die Jungfrau befleckt? [... Er] sagte zu ihr: »Du für Gott in Obhut Genommene, warum hast du das getan? Hast du den Herrn deinen Gott ganz vergessen? Warum hast du deine Seele so erniedrigt, du, die im Allerheiligsten auferzogen worden ist und Nahrung empfangen hat aus der Hand eines Engels?« Sie aber weinte bitterlich, und sie sagte: »Rein bin ich und weiß von keinem Mann.« Und Joseph sagte zu ihr: »Woher ist dann das in deinem Leibe?« Sie aber sagte: »So wahr der Herr mein Gott lebt, ich weiß nicht, woher ich es habe.« Und Joseph bekam gewaltige Angst, und er ließ sie in Ruhe und überlegte, was er mit ihr anfangen solle. Und Joseph sagte bei sich: »Wenn ich ihre Sünde verberge, dann stehe ich da als einer, der gegen das Gesetz des Herrn streitet, und andererseits, wenn ich sie, Maria, den Kindern Israel anzeige, dann muss ich befürchten, dass das, was in ihr ist, vielleicht von Engeln stammt und ich als einer dastehen werde, der unschuldig Blut der Verurteilung zum Tod ausliefert. Was soll ich also mit ihr anfangen? Ich werde sie in aller Stille fortschicken von mir.« Und, während er so überlegte, überfiel ihn die Nacht. Und siehe, ein Engel des Herrn erscheint ihm im Traum und spricht: »Hab keine Angst wegen dieses Mägdleins! Denn was in ihr ist, das stammt vom heiligen Geist. Sie wird aber einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen; denn er wird sein Volk erretten von seinen Sünden.« Und Joseph erhob sich vom Schlaf und pries den Gott Israels, der ihm diese Gnade geschenkt hatte, und war weiter um sie besorgt.

Es findet dann ein grammatischer Wechsel statt, zwischendurch berichtet Josef in der ersten Person; außerdem tritt eine Salome auf, die an den ungläubigen Thomas des Johannesevangeliums erinnert:

Und siehe, eine Frau kam vom Gebirge herab, die sagte zu mir: »Mann, wohin bist du unterwegs?« Und ich sagte zu ihr: »Ich suche eine hebräische Hebamme.« [...] »Und wer ist die, die in der Höhle gebären soll?« Und ich sagte: »Meine Verlobte.« Da sagte sie zu mir: »Dann ist sie also nicht dein Weib?« Und ich sagte zu ihr: »Es ist Maria, die im Tempel des Herrn auf erzogen worden ist; sie hatte ich mir zum Weibe erlost, und gleichwohl ist sie nicht mein Weib, sondern Empfängnis hat sie erhalten vom heiligen Geist.« Da sagte die Hebamme zu ihm: »Das soll wahr sein?« Und Joseph sagte zu ihr: »Komm und sieh!« Und die Hebamme ging mit ihm hin. Und sie standen an dem Platz, wo die Höhle war, und siehe, eine lichte Wolke hüllte die Höhle in Schatten. Da sagte die Hebamme: »Erhoben ist heute meine Seele. Denn meine Augen haben Wunderbares gesehen; denn für Israel ist Heil geboren worden.« Und sogleich verzog sich die Wolke aus der Höhle, und es erschien ein gewaltiges Licht in der Höhle, so dass unsere Augen es nicht ertragen konnten. Und nach kurzer Zeit verschwand jenes Licht, bis das Kind zu sehen war; und es kam und nahm die Brust von seiner Mutter Maria. Und die Hebamme schrie auf und rief: »Groß ist der Tag heute für mich, dass ich dieses neue Schauspiel habe sehen dürfen!« und die Hebamme verließ die Höhle. Da begegnete ihr Salome, und sie sagte zu ihr: »Salome, Salome! Ein neues Schauspiel habe ich dir zu erzählen: eine Jungfrau hat geboren, was doch ihre Natur gar nicht erlaubt!« Da sagte Salome: »So wahr der Herr, mein Gott, lebt, wenn ich meinen Finger nicht anlege und ihren Zustand untersuche, so glaube ich nicht, dass eine Jungfrau geboren hat.« Und die Hebamme ging hinein und sagte zu Maria: »Lege dich zurecht! Denn kein geringfügiger Streit ist um dich im Gange.« Und Salome untersuchte unter Anlegen ihres Fingers ihren Zustand. Dann stieß sie Klagerufe aus und rief: »Wehe über mein Unrecht und meinen Unglauben! Denn ich habe den lebendigen Gott versucht. Siehe da, meine Hand fällt verbrannt von mir ab!«


Danach erneut ein grammatischer Wechsel, von Josef wird wieder in der dritten Person berichtet, Rückkehr zur Parallelität mit dem Lukasevangelium.
 
Jesu der Sohn des Panthera?

Nochmals zurück zu Origenes (Contra Celsum). Da behauptet Celsus, Maria wäre von einem römischen Soldaten namens Panthera geschwängert worden. Das dürfte die Meinung der jüdischen und nichtchristlichen Gesellschaft gewesen sein, sofern sich diese mit dem Thema beschäftigt hat.

Ein Mädchen ist schwanger und behauptet, der Heilige Geist sei die Ursache. Bei Nichtchristen kam das zur Zeit des Origenes nicht gut an. Heute, denke ich, hätte ein Mädchen mit dieser Behauptung gleichfalls seine Probleme.

Epicharm
 
El Quijote, danke schön für Deinen Beitrag!
(Jetzt weiß ich auch woher der Autor eines Jesus-Romans seine "Josefsversion" her hat.)
Habe hier auch ein Buch zu den Apokryphen im Bücherschrank stehen und vorhin rausgeholt. Lese mir das später in Ruhe durch.
 
Habe hier auch ein Buch zu den Apokryphen im Bücherschrank stehen und vorhin rausgeholt. Lese mir das später in Ruhe durch.
Ich besitze auch ein solches, in dem mehrere apokryphe Texte abgedruckt sind (wenn ich bloß wüsste wo es steht?), allerdings ist das Protoevanglium des Jakobus nicht darin zu finden.
 
Ja, das Phänomen des verschollenen Buches kenne ich auch.
Was ich noch interessant fand ist unter 18,1:
Und er fand dort eine Höhle und geleitete sie hinein, und er ließ seine Söhne ihr zur Seite und zog aus, um eine hebräische Hebamme in der Gegend um Bethlehem zu suchen.
Und dann, unter 18,2: Ich aber Joseph ging umher und ging wiederum nicht umher und blickte nach oben in die Luft und sah die Luft erstarrt und blickte nach oben an das Himmelsgewölbe und sah es stillstehen und die Vögel des Himmels ohne Bewegung...

Also sind hier die Söhne dabei. Das mit dem Sprung in die Ich-Form hast Du ja oben geschrieben.

Mein Buch: "Die Apokryphen" - Verborgene Bücher der Bibel von Erich Weidinger, Pattloch Verlag 1994.
Im Klappentext steht daß das eine populäre, zeitgemäße Auswahl der apokryphen Schriften sei.
 
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