Die Herkunft der Serben?

Dr. Iotchev schrieb:
Auch wenn die Völkerwanderung überwiegend als "germanisch" in der Geschichte eingegangen ist, pflege ich persönlich die slawischen Wanderungen und auch die Einfälle einiger anderen Stämme in Osteuropa als "verlängerte" Endetappe derselben anzusehen.

Sehr richtig. Politisch laufen die "germanische" und "slawische" Völkerwanderung nämlich ähnlich ab und stehen auch beide in engem Zusammenhang mit dem römischen Reich und dessen "Verlängerung". Leider ist mir keine Arbeit bekannt, in der das mal in einem Gesamtkontext betrachtet wird.
 
Dieter, du schreibst, die Proto-Slawen breiteten sich nach 100 n in alle Richtungen aus, Ihre Ethnogenese verlief zwischen 500v und der Zeitenwende, vielleicht sogar seit 1000 v. Ich gebe dir Recht, daß dies vielfach in Fachpublikationen steht, doch stimmt das auch?

Ich habe in diesem Thread mehrfach betont, dass die Ethnogenese der Slawen weitgehend im Dunkeln liegt und daher bis zum heutigen Tage kontrovers diskutiert wird. Man findet daher alle möglichen Zeitangaben, die von 1200 v. Chr. bis zur Zeitenwende reichen.

Es gibt kein Gebiet, das eine kontinuierliche Entwicklung hin zu den historischen Slawen hat, nicht von 1000 v, noch von 500v. Erst mit der Zarubinsky-Kultur kommen wir in Zeiten, die zu den Vorläufern der Slawen gehören könnte. Slawen gibt es erst sicher mit der Kiewer Kultur. Diese breitet sich im Wesentlichen im Gebiet der vorhergehenden Zarubinsky-Kultur aus und erfährt durch die Cernjachov-Kultur ab dem 4.Jhd Gebietsverluste.

Wenn wir die Kiewer Kultur als Entstehungszeit der slawischen Ethnogenese annehmen, kommen wir auf das 2./3. Jh. n. Chr. Das kann durchaus möglich sein, doch vermag ich nicht zu beurteilen, ob das allgemeine Anerkennung gefunden hat. Es gibt dazu einen interessanten Bericht unter folgendem Link:

Kiewer-Kultur

Wenn wir seit dem 5./6. Jh. Slawen auf dem Balkan und in Ostdeutschland finden, dürfte das der allerspäteste Zeitpunkt sein. Ich vermute allerdings, dass sich das Geschehen etwas früher abgespielt hat.
 
Im Prinzip richtig, aber ganz so war es nicht. Was heißt geräumt?

Bis zur Völkerwanderung waren die Gebiete östlich der Elbe von germanischen Stämmen besiedelt. Wir finden dort Vandalen (Silingen und Asdingen), Burgunder, Goten, Rugier, Langobarden und andere.

Alle diese Stämme wanderten nach dem Hunneneinbruch im Jahr 375 und der anschließenden Völkerwanderung Richtung Westen und Süden ab. Zurück blieben vermutlich kleine Bevölkerungsreste, deren Größe kontrovers diskutiert wird. Somit entstand zwar kein bevölkerungsleerer, aber sicherlich bevölkerungsarmer Raum jenseits von Elbe und Saale.

In diesen siedlungsarmen Raum sickerten allmählich slawische Stämme ein (Liutizen, Obodriten, Heveller, Sorben usw.). Ein Wiki-Artikel verlegt den Vorgang der slawischen Landnahme ins "späte 6. und 7. Jh.", was zutreffen mag.
 
Es gab mal auch die sehr interessante These von Erich Linnenkohl, dass die "Slawen" eine Erfindung der russischen Expansionspolitik sind und dass die Staemme, die sich selbst uebrigens Slowenen und nicht Sclavenen nannten, ein germanisches Volk waren. Diese These hat an sich schoene Argumente, allein die Satem-Phonetik stellt ihr Grenzen auf.
 
Es gab mal auch die sehr interessante These von Erich Linnenkohl, dass die "Slawen" eine Erfindung der russischen Expansionspolitik sind und dass die Staemme, die sich selbst uebrigens Slowenen und nicht Sclavenen nannten, ein germanisches Volk waren. Diese These hat an sich schoene Argumente, allein die Satem-Phonetik stellt ihr Grenzen auf.

Dann haben wir vermutlich die slawischen Identitäten und Sprachen in Ost- und Südosteuropa nur geträumt und sollten Polen und Tschechien als 17. und 18. deutsches Bundesland integrieren.
 
Selbst wenn Erich Linnenkohl Recht gehabt haben sollte dürfen wir nicht vergessen, dass die Osteuropäischen Kulturen und auch Sprachen, Einflüsse aus dem finno-ugrischen, turk-mongolischen und iranischem, durch Byzanz auch verstärkt griechische und romanische Einflüsse haben. Die Frage die Linnenkohl sich damals stellte war, was passiert, wenn man alle diese Einflüsse subtrahiert? Er kam zu den Schluß, dass die slawische Sprache in ihrem Kern ostgermanisch ist. Die befremdlichen Elemente in der Aussprache führte er auf die Altiraner und Turkmongolen zurück, die immer wieder aus der Steppe ins slawische Gebiet eingefallen waren, während die grammatikalischen Besonderheiten aus der romanischen Sprache entlehnt seien, die die Slawen von den Wallachen und anderen romanischen Gruppen des byzantinischen Reiches entlehnt hätten. Was das Romanische angeht konnte ich ihn vollends bestätigen, die bulgarische Grammatik zeigt mehr Gemeinsamkeiten mit der romanischen als jede westliche nicht-romanische Sprache und auch ist es in der Tat so, dass ein künstliches Entfernen dieser Gemeinsamkeiten, das Bulgarische Idiom dem Deutschen näher bringt. Was die Phonetik angeht wurde ich eines besseren belehrt. Fragt mich nicht warum, aber scheinbar kann eine Lautverschiebung wie die "Satem" genannte nicht übernommen worden sein, zumindest ist diese Möglichkeit von linguistisch erfahreneren Leuten als mir heftigst widersprochen worden. Da ich nicht verstanden habe warum, habe ich Linnenkohls These weder ad absolutum verworfen noch akzeptiert. Seine These impliziert übrigens nicht, dass es heute keine eigenständige slawische Sprachfamilie gibt, er aber davon aus, dass diese sehr jung ist und bis ins Mittelalter noch nicht eigenständig war sondern ein ostgermanischer Dialekt.
 
Mir erschließt sich beim besten Willen nicht, dass eine ausgereifte Sprache wie das Gotische sich in die heutigen slawischen Idiome wandeln soll, egal ob mit oder ohne weitere Fremdeinflüsse. Ich denke, wir können Linnenkohls Theorie da lassen, wo sie hingehört. Im Papierkorb.
 
Häh? Was bitte verstehst du unter einer ausgereiften Sprache?

Ich verstehe nicht wie eine ausgereifte Sprache wie das urindogermanische sich in germanisch, keltisch, romanisch und indisch spalten konnte^^
 
Ok, unglücklich ausgedrückt. Das Gotische ist doch dank der Wulfila-Bibel relativ gut bekannt. Da sollte eine Ableitung mit Rekonstruktion der einzelnen Veränderungsschritte zum Slawischen hin möglich sein. Aber wie gesagt, ich persönlich denke, das würde Zeitverschwendung sein, weil es nicht stimmt. Einzelne Entlehnungen aus dem Ostgermanischen mag es geben, mehr aber auch nicht.
 
Ich habe mal deutsche und mir bekannte norwegische Sätze in lateinische Grammatikstrukturen reingequetscht, da waren sie mit einem mal ziemlich slawisch-klingend und auch für mich als Bulgaren wieder erkennbar.
 
Er kam zu den Schluß, dass die slawische Sprache in ihrem Kern ostgermanisch ist. Die befremdlichen Elemente in der Aussprache führte er auf die Altiraner und Turkmongolen zurück, die immer wieder aus der Steppe ins slawische Gebiet eingefallen waren, während die grammatikalischen Besonderheiten aus der romanischen Sprache entlehnt seien, die die Slawen von den Wallachen und anderen romanischen Gruppen des byzantinischen Reiches entlehnt hätten.

Ich bin kein Sprachforscher und kann daher die Stichhaltigkeit oder den Unsinn solcher Hypothesen nicht beurteilen. Wir sollten uns daher an das halten, was beweisbar oder in Schriftquellen verankert ist.

Zu Beginn des 6. Jh. hören wir erstmals in byzantinischen Quellen etwas über "Slawen", die damals Plünderungszüge auf den Balkan ünternahmen und sogar vor Konstantinopel auftauchten. Zu diesen südslawischen Stämmen wird auch ein noch "protoserbischer" Stamm gezählt haben, dessen Ethnogenese begonnen hatte, vielleicht auch schon fortgeschritten war. Das lässt sich nicht mehr zuverlässig entscheiden.

Zu Beginn des 7. Jh. kam es zur festen Ansiedlung der Südslawen und im Jahr 822 taucht erstmals der Name "Sorabi", später in byzantinischen Quellen die Bezeichnung "Serboi" auf. Zu diesem Zeitpunkt sitzen die Serben bereits in ihren historisch bezeugten Sitzen.

Sollte es tatsächlich Rudimente einer romanischen Sprache im Serbokroatischen oder Bulgarischen geben, so können die nur aus einem Kontakt mit der romanisierten Sprache der Daker herrühren. Derartige romanische Einflüsse gelten aber nur für den Balkanraum, denn die Elb- bzw. Westslawen hatten keine Konatkte zu romanischen Völkern, d.h. es gab keine geografischen Kontaktzonen.
 
Ich bin mit den westslawischen Sprachen leider nicht so vertraut, die südslawischen sind wie gesagt entweder sehr stark romanisiert oder der slawische und der romanische Zweig der Indogermanischen Sprachfamilie haben sich über die Jahrhunderte viele Gemeinsamkeiten aufbewahrt, ich schließe auch diese Möglichkeit nicht aus, wenn auch die Gemeinsamkeiten zu den romanischen Sprachen viel zu auffällig für eine solche Interpretation sind. Der romanische Einfluss ist im Falle eines Kontaktes in der Tat auf die Wallachisch-Rumänische Bevölkerung zurückzuführen, wobei es jedoch übereilt ist daraus zu schließen, dass er nur auf die Südslawen gewirkt habe.

Als Kulturmittler zwischen Byzanz und Russland haben die südslawischen Völker nämlich auch einen beträchtlichen Einfluss auf Kultur und Sprache der Ostslawen, während die Russen ihrerseits in Polen ans Werk gegangen sind, wie stark ihre dortigen Einflüsse sind ist mir letztendlich nicht bekannt.

Ich möchte am Beispiel des Bulgarischen und Serbokroatischen nur kurz aufzeigen wie stark der romanische Einfluss ist und wie er zu einer Entfremdung zwischen den germanischen und slawischen Sprachen beigetragen hat, denn selbst wenn diese nicht eins gewesen sein sollten im Mittelalter, so sind sie doch ziemlich eng verwandt und nicht wenige Bücher sprechen von einem Germano-Balto-Slawischen Sprachzweig der Indogermanischen Familie:

Zunächst einmal sind einige Pronomen identsich(!):

sum = (ich) bin
se = sich
te = dich

restliche Pronomen zeigen Ähnlichkeiten die zu den germanischen Sprachen nicht gegeben sind:

Bulg.: nashe Lat.: nosotrus Deutsch: unser
Bulg.: vashe Lat.: vosotrus Deutsch: euer

Einige Pronomen und Suffixe sind zwischen den modernen romanischen und den slawischen Sprachen nahezu oder ganz identisch:

Serbokroat.: Ya Spanisch: Yo Deutsch: Ich
Bulgarisch/Serbokroat.: i Spanisch: y(sprich: i) Deutsch: und

In modernen romanischen und slawischen Sprachen gibt die Endung -i das Plural an im alten Latein war die Pluralisierung wohl differenzierter.

Dann KNG-Kongruenz: In romanischen und slawischen Sprachen verändern sich attributive Wörter mit dem Geschlecht des Bezugswortes, wobei die Endung -a weibliche Worte kennzeichnet.

In romanisch und slawisch gibt es denn Vokativ (Namen verändern sich bei Ansprache) und der Imperativ wird im Plural identisch gebildet:

audite! (lat.) chuite! (bulg.) = hört!

Zuletz vergleiche man die Struktur folgender Sätze:

Spanisch: se llama = (er/sie/es) heißt
Bulgarisch: se kazva = (er/sie/es) heißt

Man subtrahiere diese Romanismen aus den südslawischen Sprachen und schon sind diese den germanischen näher.
 
Ich bin mit den westslawischen Sprachen leider nicht so vertraut, die südslawischen sind wie gesagt entweder sehr stark romanisiert oder der slawische und der romanische Zweig der Indogermanischen Sprachfamilie haben sich über die Jahrhunderte viele Gemeinsamkeiten aufbewahrt

Das lässt sich wohl nur von Indogermanisten mehr oder weniger schlüssig - wenn überhaupt - beantworten.

... wobei es jedoch übereilt ist daraus zu schließen, dass er nur auf die Südslawen gewirkt habe.

Worauf soll er denn sonst gewirkt haben?

Als Kulturmittler zwischen Byzanz und Russland haben die südslawischen Völker nämlich auch einen beträchtlichen Einfluss auf Kultur und Sprache der Ostslawen,

Davon habe ich noch nie gehört und kann mir das auch schwerlich vorstellen. Bekannt ist vor allem der kulturelle und religiöse Einfluss des Byzantinischen Reichs auf die Südslawen und auf Russland.

IIch möchte am Beispiel des Bulgarischen und Serbokroatischen nur kurz aufzeigen wie stark der romanische Einfluss ist

Da ich von slawischer Linguistik keine Ahnung habe, kann ich den Gehalt dieser Beispiele nicht beurteilen.
 
Es ist einigermaßen unglaubwürdig, das katalanische i/spanische y (= 'und') und als Beleg für den romanischen Einfluss auf das Slawische zu bewerten, da es keinerlei Kontaktzonen gibt. Auch das Polnische kennt das i als 'und'.
In den anderen romanischen Sprachen ist das lateinische et als et oder e erhalten, im Rumänischen als iar.
Auch Reflexiva, wie llamarse, sind ein gesamtindoeuropäisches Phänomen, wenn auch nicht alle Reflexiva in allen indoeuropäischen Sprachen auftauchen. Ich kann se kazva nicht übersetzen, aber llamarse ist eigentlich nicht 'heißen' sondern 'sich nennen'. Hier ist dann auch die deutsche Entsprechung reflexiv.
Was das te angeht: Das [t] schein ein alter indoeuropäischer Laut gewesen zu sein, der im Germanischen zu þorn wurde. Dieser Laut wurde im Deutschen zu [d], im Englischen ist er aber erhalten, wenn auch als <th> verschriftlicht. Es handelt sich also nicht um eine spezielle lateinisch-slawische Lehnverwandtschaft, sondern um das gemeinsame indoeuropäische Erbe. Vgl. auch drei, three, trzy und tres.
Gleiches dürfte für die Analogie nashe - nosotrus bzw. vashe - vosotrus gelten. (Hier sind im Übrigen die polnischen Formen entsprechend). Im Polnischen gibt es allerdings eine ganze Reihe lateinischer Begriffe: Kirchlich vermittelt.
 
Davon habe ich noch nie gehört und kann mir das auch schwerlich vorstellen. Bekannt ist vor allem der kulturelle und religiöse Einfluss des Byzantinischen Reichs auf die Südslawen und auf Russland.


Das ist traurig Dieter. Es ist nur allzubekannt, dass das erste bulgarische Reich zum einen die Architektur und auch die Kirchensprache der Russen geprägt hat. Noch bis in die Neuzeit hinein werden die russischen Gottesdienste ins altbulgarische gehalten, dass auch unter dem Namen "Altkirchenslawisch" bekannt geworden ist. Das kyrillische Alphabet schließlich gelang ja erst überhaupt über Bulgarien nach Russland. Das Byzanz sich überhaupt direkt um kulturellen Austausch mit den Russen bemüht haben sollte ist eine wahnwitzige Idee. Für die Byzantiner waren die Russen Gelegenheitsverbündete nicht mehr und nicht weniger. Haben die Byzantiner etwa versucht den Magyaren oder anderen Föderaten eine Architektur oder ein Alphabet näher zu bringen!?
 
@Dr. Iotschev: Haben die Byzantiner etwa versucht den Magyaren oder anderen Föderaten eine Architektur oder ein Alphabet näher zu bringen!?
Das kann man überhaupt nicht mit den Bulgaren vergleichen, da die Magyaren erst viel später in das Gebiet kamen (Ende 9. Jh.). Zu dem Zeitpunkt hatte Byzanz ganz andere existentielle Sorgen (Abwehr der arab. Expansion) als Glauben und Architektur zu verbreiten. Der lange Todeskampf des Byzantinischen Reiches hatte begonnen.

Bei den frühen Westslawen an der Elbe lassen sich anhand ihrer materiellen Kultur jedenfalls allenfalls sehr lockere Beziehungen in Richtung nördl. Balkan/Byzanz finden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im übrigen möchte ich darauf verweisen, dass vergleiche zwischen slawischen und modernen romanischen Sprachen bei mir nicht dazu dienen eine Beeinflussung oder Verbindung zwischen diesen Sprachen aufzuzeigen, sondern eher eine gemeinsame Beeinflussungsquelle, in diesem Falle hypothetisch des Lateinischen. Wenn sich das spanische Wort für "und" aus dem lateinischen "et" entwickelt hat, warum sollte das phonetisch identische slawische Wort für "und" nicht auch nur eine Version von "et" sein? Es ist natürlich ein sonderbarer Gedanke, dass ein Volk ausgerechnet Worte wie "und" übernimmt. Normalerweise übernehmen Völker Worte für Gegenstände die sie selbst nicht kennen oder kürzere Begriffe für Worte die in ihrer eigenen Sprache zu lang sind. Fundamentele, zur Kommunikation unentbehrliche Worte wie "und" werden in der Regel nicht übernommen, es sei denn man übernimmt eine ganze Sprache. Dies wäre ein viel stärkeres Gegenargument gewesen, als die Verbindung zwischen Katalaunier und Slawen anzuzweifeln, um die es mir eh nicht ging.

Jedenfalls sind die Parallelen zu offensichtlich um einfach ignoriert zu werden. Ihre Offensichtlichkeit wird vorallem in ihrer Gesamtbetrachtung deutlich. Keine der Parallelen allein für sich muss etwas bedeuten, aber es ist eben nicht nur eine, sondern viele ihrer! Und meine Argumente sollten so betrachtet werden wie ich sie dargelegt habe um verstanden zu werden, es ging mir zum Beispiel nicht bloß darum dass es sowohl in slawischen als auch romanischen Sprachen Reflexivsätze gibt, sondern dass diese in der 3. Person singular mit "se" gebildet werden und nicht mit "sich"! Zwischen se und sich sind drei Buchsstaben unterschied.

Was die russische und bulgarische Kultur angeht so ist folgendes zu sagen: Die bulgarische Kultur des Mittelalters ist eine Variation der byzantinischen. Die russische wiederum eine Variation der bulgarischen und keine eigene Auslegung der byzantinischen.
 
Es ist nur allzubekannt, dass das erste bulgarische Reich zum einen die Architektur und auch die Kirchensprache der Russen geprägt hat. Noch bis in die Neuzeit hinein werden die russischen Gottesdienste ins altbulgarische gehalten, dass auch unter dem Namen "Altkirchenslawisch" bekannt geworden ist.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die griechischen Mönche Kyrillos und Methodios begründeten das Altkirchenslawische, das dann später als Staatssprache ins Bulgarische Reich zurückkehrte. Insofern steht der byzantinische Einfluss am Anfang. Wikipedia sagt dazu:

Wikipedia schrieb:
Auf Anfrage des großmährischen Fürsten Rastislav an Byzanz und die Ostkirche, Geistliche zur Verbreitung des christlichen Glaubens zu schicken, wurden die Brüder Konstantin (später Kyrillos genannt) und Methodios vom Patriarchen Photios I. mit der Missionierung beauftragt und begaben sich im Jahre 863 nach Großmähren. Konstantin hatte zuvor bereits Teile der Evangelien und während der Mission den Psalter sowie andere christliche Bücher in die slawische Sprache übersetzt und sie schriftlich mit Hilfe des von ihm entworfenen glagolitischen Alphabets fixiert.

Nachdem die Schüler Methods aus Großmähren vertrieben worden waren, fanden sie – und mit ihnen die kirchenslawische Literatur – im bulgarischen Reiche die so genannte „zweite Heimat“. Unter dem Zaren Simeon I. entstand eine Vielzahl an vorwiegend aus dem Griechischen übersetzten Texten, deren älteste sie überliefernde Handschriften zum Teil noch zum altkirchenslawischen Kanon zählen.

Später, ab etwa 1200, unterscheiden sich die Texte von den altkirchenslawischen durch den Einfluss der lokalen Dialekte, zum Beispiel durch die Verwechslung der Nasalvokale. Dieses Textkorpus wird als Bulgarisch-Kirchenslawisch oder Mittelbulgarisch bezeichnet.

Der kulturelle Einfluss von Byzanz auf Russland ist sowohl im religiösen als auch architektonischen Bereich kaum zu überschätzen. Aus Byzanz erhielt Russland schon früh wesentliche Impulse, die bis heute fortwirken.

Wikipedia schrieb:
Bis heute wirkt die byzantinische Kultur fort vor allem im Ritus der östlich-orthodoxen Kirchen. Durch byzantinische Missionsarbeit verbreitete sich das orthodoxe Christentum bei vielen slawischen Völkern und ist bis in die Gegenwart die vorherrschende Konfession in Osteuropa und Griechenland wie auch in Teilen von Südosteuropa und Kaukasien sowie bei den meisten arabischen Christen. Die byzantinische Kultur und Denkweise hat alle orthodoxen Völker tief geprägt.

Die slawischen Reiche auf dem Balkan und am Schwarzes Meer übernahmen neben der orthodoxen Kirche auch profane byzantinische Bräuche. Vor allem Russland sollte das Erbe des Byzantinischen Reiches fortführen. Schon im 9. Jahrhundert kamen die Rus mit Byzanz in Kontakt, und in Folge entwickelten sich – trotz immer wiederkehrender Versuche von Seiten der Rus, Konstantinopel zu erobern – intensive wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen zwischen dem Byzantinischen Reich und dem Reich der Kiewer Rus, die 988 zum Übertritt der Rus zum orthodoxen Glauben führten. In den folgenden Jahrhunderten wurden auf ostslawischem Gebiet zahlreiche prachtvolle Kirchen nach byzantinischem Vorbild gebaut, byzantinische Priester und Mönche standen bei der Entwicklung der kyrillischen Schrift aus dem griechischen Alphabet Pate und machten die Russen mit rudimentärer griechischer Philosophie vertraut. Die russische Architektur und Kunst hat neben (meist späteren) skandinavischen und genuin slawischen vor allem byzantinische Wurzeln.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die griechischen Mönche Kyrillos und Methodios begründeten das Altkirchenslawische, das dann später als Staatssprache ins Bulgarische Reich zurückkehrte. Insofern steht der byzantinische Einfluss am Anfang. Wikipedia sagt dazu:



Der kulturelle Einfluss von Byzanz auf Russland ist sowohl im religiösen als auch architektonischen Bereich kaum zu überschätzen. Aus Byzanz erhielt Russland schon früh wesentliche Impulse, die bis heute fortwirken.

Darum sagte ich doch auch als Mittler zwischen Byzanz und Russland. Die Bulgaren haben keine vollkommen neue Kultur geschaffen, sie haben die byzantinischen Einflüsse an die Russen weitergeleitet. Allerdings nicht so wie sie sie selbst übernommen haben sondern verbogen durch ihre eigene Brille. Die Russen wollten ebenso wie Jahrhunderte zuvor die Bulgaren eine eigene von Byzanz unabhängige Kirche haben, also schloßen sich die Russen der bulgarischen Kirche an, weil diese ja bereits von Byzanz unabhängig war und so entstand die slawische Autokephale Kirche die stark geprägt ist von ihren Begründern, den slawischen Donau-Bulgaren.
 
@Dieter und @Dr. Iotschev, langsam wird es Krümelsammelei. Eure Standpunkte sind doch grundsätzlich nicht verschieden.

Die russische Orthodoxie entstand aus der byzantinischen über die Vermittlung der altkirchenslawisch-bulgarischen Kirche. Ich denke, so können wir das alle unterschreiben.
 
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