Naziwissenschaftler und ihr Erbe heute

"....selbst wenn ihr Fach völlig unpolitisch war."
Mir scheint, die Grenzziehung zwischen politischen und unpolitischen Fächern ist nicht ganz so einfach. Auch wenn zweifelsfrei im Dritten Reich 1+1 = 2 war. Es läßt sich Vieles (vielleicht sogar noch mehr...) ideologisch anreichern und ist dann nicht mehr neutral, sondern dient dieser Ideologie, stützt sie, fördert sie und zieht gleichzeitig aus ihr die Legitimation.

Gerade bei der Mathematik erinnere ich mich an Aufgabenstellungen für Schüler (vor Jahren in einem Buch gelesen, den Beleg muß ich daher schuldig bleiben), in denen die monatlichen Lebenshaltungsausgaben einer sogen erbgesunden Familie denen einer Heimunterbringung von Behinderten gegenübergestellt wurde; es sollte dann errechnet werden, wieviele Familien von dem Betrag ernährt werden konnten, der reichsweit jährlich für Behinderte aufgewendet wurde. Oder Mathematikaufgaben zb aus dem militärischen Bereich.
Hier geht es auch nicht nur um die Schüler, denen solche Aufgaben gestellt und die damit zugleich entsprechend indoktriniert wurden. Es gibt ja auch noch den Bereich Pädagogik - um solche Schulbücher zu produzieren und in den Schulen verfügbar zu haben, mußten sie zunächst einmal geschrieben werden.

Also wäre nach dieser Einordnung auch ein Ameisenforscher ein Nazi-Wissenschaftler, der ausserhalb seiner Studien im Braunhemd Scheiben eingeworfen hat?
Grauzonen sind menschlich....
Abgesehen davon würde ich die Bezeichnung auf jeden Wissenschaftler anwenden, der aktiv und mit Überzeugung die Politik und die Ideologie der NSdAP mitgetragen, mitverbreitet, mit angewendet, mit ausgearbeitet hat, wenn er ideologische Theorien und Prämissen der Nazi-Ideologie wissenschaftlich 'beweisen' oder gar weiterentwickeln wollte. Wenn dein obiger Ameisenforscher mit seinen Studien zb herausstellte, daß auch die Ameisen in einem Führerstaat leben, der somit zum Modell/wünschenswert wird: dann ist er ein Naziwissenschaftler. Wenn er in seinem Fachbereich zb dafür sorgte, daß keiner Karriere machen, sich promovieren konnte, der nicht Parteimitglied war, die Ideologie der Nazis vertrat etc, würde ich auch dann sagen, daß es sich um einen Naziwissenschaftler handelte, auch wenn er sich rein fachlich mit dem Nahrungsangebot der Maikäfer befaßte.
 
Wenn wir Arbeitsfelder da mit einbeziehen, die nichts mit Ideologie zu tun haben, gibt es auch Nazi-Elektriker, Nazi-Bäcker und Nazi-Maurer......
:autsch:
 
El Quijote hat es ja schon geschrieben, ein Naziwissenschaftler wird in Mathematik, Physik.. die gleichen Ergebnisse erzielen.

Diese Lorbeeren habe ich nicht verdient. Das war Timo, aber wir werden häufiger verwechselt. (Noch häufiger Timo und Themi, was dann zum Hybrid Thimo führt).

Abgesehen von ästhetischen Überlegungen habe ich aber keine Probleme mit noch so unhandlichen Begriffen, solange man weiß, was gemeint ist. Hier geht es um Wissenschaftler, die eben Nazis waren, fertig.

Als steile These hierzu: Ohne die naturwissenschaftlichen Leistungen eines Wernher von Braun hätte es vielleicht die nukleare Wettrüstung im Kalten Krieg nicht gegeben - damit wären wesentliche Elemente der diese Auseinandersetzung bestimmenden Ideologien nicht zum tragen gekommen.

Wernher von Braun stellte seinen Wissenschaft in den Dienst der Nazis, seine Finanzierung sicherte er durch Kriegswichtigkeit. Aber seine Thesen, waren die nationalsozialistisch?

Man sollte den Begriff Naziwissenschaftler vielleicht ganz unabhängig von Mitgliedschaften in NSDAP, SS u.ä. verwenden und ihn vielmehr für diejenigen gebrauchen, deren Wissenschaft ideologisch kontaminiert war. Dies waren natürlich die Vertreter der Deutschen Physik, die aber am mangelnden Pragmatismus scheiterten. In erster Linie waren es die Geistes- und Kulturwissenschaftler (Philosophen, Historiker, Germanisten, Keltologen, manche Theologen, Archäologen etc. pp.), deren Forschungsergebnisse ideologisch beeinflusst waren - das SS-Ahnenerbe war ja auch ein großzügiger Arbeitgeber! Es geht letztlich um die Glaubwürdigkeit der Forschungsergebnisse.
 
Mir scheint, die Grenzziehung zwischen politischen und unpolitischen Fächern ist nicht ganz so einfach. [...]
Gerade bei der Mathematik erinnere ich mich an Aufgabenstellungen für Schüler (vor Jahren in einem Buch gelesen, den Beleg muß ich daher schuldig bleiben), in denen die monatlichen Lebenshaltungsausgaben einer sogen erbgesunden Familie denen einer Heimunterbringung von Behinderten gegenübergestellt wurde; es sollte dann errechnet werden, wieviele Familien von dem Betrag ernährt werden konnten, der reichsweit jährlich für Behinderte aufgewendet wurde. Oder Mathematikaufgaben zb aus dem militärischen Bereich.
Das ist aber eher Nazi-Pädagogik, als Nazi-Wissenschaft, das würde ich trennen wollen.

Abgesehen davon würde ich die Bezeichnung auf jeden Wissenschaftler anwenden, der aktiv und mit Überzeugung die Politik und die Ideologie der NSdAP mitgetragen, mitverbreitet, mit angewendet, mit ausgearbeitet hat, wenn er ideologische Theorien und Prämissen der Nazi-Ideologie wissenschaftlich 'beweisen' oder gar weiterentwickeln wollte. Wenn dein obiger Ameisenforscher mit seinen Studien zb herausstellte, daß auch die Ameisen in einem Führerstaat leben, der somit zum Modell/wünschenswert wird: dann ist er ein Naziwissenschaftler.
Dem möchte ich soweit zustimmen.
Wenn er in seinem Fachbereich zb dafür sorgte, daß keiner Karriere machen, sich promovieren konnte, der nicht Parteimitglied war, die Ideologie der Nazis vertrat etc, würde ich auch dann sagen, daß es sich um einen Naziwissenschaftler handelte, auch wenn er sich rein fachlich mit dem Nahrungsangebot der Maikäfer befaßte.
Hier dann nicht mehr, weil die eigentliche wissenschaftliche Tätigkeit von der Ideologie getrennt ist. Hier führt die Ideologie mehr zu Intrigantentum.
Ähnliches gilt für Karrieristen und Mitläufer.
 
Wenn wir Arbeitsfelder da mit einbeziehen, die nichts mit Ideologie zu tun haben, gibt es auch Nazi-Elektriker, Nazi-Bäcker und Nazi-Maurer......:autsch:
Nicht ganz so schnell mit dem Autsch ... Selbstverständlich lassen sich auch vorgeblich ideologiefreie oder ideologieferne Arbeitsfelder ideologisch anreichern - siehe mein Beispiel mit den Mathematikaufgaben. Da bleibt zwar immer noch 1 + 1 zwei, es wird jedoch zur Erreichung dieses ideologieunabhängig gültigen Ergebnisses, bei der Aufgabenstellung, ganz gepflegt Ideologie eingesetzt.

Außerdem möchte ich sicherlich nichts gegen Elektriker, Bäcker oder Maurer gesagt haben - gesellschaftlich sind alle möglichen Berufe notwendig; wo kämen wir hin, wenn niemand Sch...häuser einbauen und reparieren könnte. Jedoch sprechen wir hier über Wissenschaftler zu Zeiten, in denen weder Gymnasium noch Universität jedem offen standen, da beides mit Kosten verbunden war, die sich lange nicht jede Familie leisten konnte. Zumal die an den Universitäten versammelte Professoren- und Studentenschaft sich auch selbst als geistige, wissenschaftliche Elite verstand und so angesehen wurde. Ich meine, bei solchen Personen darf man dann auch ruhig rigidere Maßstäbe anwenden als auf einen Karl Ar...m, der Lokusverstopfungen beseitigt.
 
Das ist aber eher Nazi-Pädagogik, als Nazi-Wissenschaft, das würde ich trennen wollen.

Natürlich ist das - angewandte - Nazi-Pädagogik, aber die Forschung und Lehre an Universitäten gab es ja nun auch in diesem Bereich. Wer hier entsprechend Nazi-Ideologie in Forschung und Lehre miteinfließen ließ bzw Forschung und Lehre darauf begründete, war nicht nur selbst Mulitplikator (als Ausbilder von Pädagogen), sondern bildete seinerseits Multiplikatoren aus, die diese Ideologie noch weitertrugen.
 
E.Q., sieh mal nach den Links in Post 37.

Wenn ich Dich richtig verstehe, möchtest Du mich darauf stoßen, dass auch Naturwissenschaftler ideologisch kontaminierte Ergebnisse hervorbringen können? Das habe ich nicht angezweifelt. Ich habe aber versucht den Wissenschaftler, der ideologisch kontaminierte Ergebnisse hervorbringt von dem Wissenschaftler der ideologische Hochschulpolitik betreibt, dessen Forschungsergebnisse aber sauber sind, zu trennen. (<== Das sind natürlich Prototypen, der einzelne Mensch ist viel zu vielschichtig um genau so zu sein).
 
Also für mich ist ein Naziwissenschaftler jemand der:
a) der NSDAP angehört, diese unterstützt (egal ob aus Überzeugung oder nicht)und aus dem Ansehen den ihm daraus erwächst seinen Forschungen mehr Gewicht geben kann.
b) moralisch fragwürdige Forschungen betreibt, die ihm erst unter dem Nazi-Regime möglich wurden.
c) die Ideologie der Nazis wissenschaftlich zu untermauern versucht.
d) 2oder 3 der obigen Punkte zusammen.
 
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Wenn wir Arbeitsfelder da mit einbeziehen, die nichts mit Ideologie zu tun haben, gibt es auch Nazi-Elektriker, Nazi-Bäcker und Nazi-Maurer......
:autsch:


Bei uns gab es bis in die 60er den "Nazi-Bäck" war Ortsgruppenleiter und Bäckermeister.
Aber eigentlich in seinen späten Jahren ein angesehener Mann. Hat 45 die Panzersperre geöffnet und mit den anderen Volksstürmern, die anscheinend auch ihren Verstand beisammen hatten, die Flinten in einem Feuerlöschteich versenkt.

Fällt mir gerade noch ein, der hat wöchentlich einmal mit einem Altkommunisten und KZ-Häftling "gebinokelt".
Kleinstadtwirklichkeit der 60er-Jahre.
 
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Ich komme immer noch nicht klar mit dem Wort "Naziwissenschaftler".

Hier geht es um Wissenschaftler, die eben Nazis waren, fertig. Da brauche ich keine künstliche Diskussion um Begrifflichkeiten.

Da wird es aber schon schwierig...

Ist jemand Nazi, der sich still in Strukturen einfügt?
Muß er aktiv Parteipolitik unterstützt haben?
Oder muß er überzeugt voran gegangen sein?

Ich stimme da ganz klar mit dem Standpunkt von Ingeborg und El zusammen, denn eine Zugehörigkeit zur NSDAP oder zu einer anderen nationalsozialistischen Organisation ist nicht zwingend ein Indikator ud vor allem nicht der Indikator einer bestimmten ideologischen Linie (auch wenn es in den meisten Fällen so war). Es kann ebenso ideologische Treue außerhab dieser Organisationen geherrscht haben, wie eben in der Wissenschaft.
Ein "Naziwissenschaftler" ist also ideologisch kontaminiert (sehr schöner Audruck, El!).

[...]ein Naziwissenschaftler wird in Mathematik, Physik.. die gleichen Ergebnisse erzielen.
Selbst wenn im Auftrag des Reiches Versuche durchgeführt wurden, sind die Ergebnisse wissenschaftlich korrekt, kann man sie auch verwenden.
Ein Naziwissenschaftler ist dann unglaubwürdig und zu ignorieren, wenn er irgendwelche Studien/Experimente veröffentlichte um zu beweisen, dass Osteuropäer Untermenschen waren.
Rein wissenschaftliche Arbeiten können doch betrachtet werden. Moralisch ist sowas nicht einwandfrei...

Ich bin da sehr vorsichtig. Mathematik und Physik haben zwar den Ruf, rein logische und unbeeinflußbare Wissenschaften zu sein, aber der Wissenschaftler ist das Medium der Wissenschaften und damit kein bisschen logisch oder unabhängig. Ich erinnere dabei nur an die Hetze, die auch in Physikerkreisen gegen Albert Einstein betrieben wurde, wonach seine Relativitätstheorie doch nur eine "Judenphysik" sei, geschaffen um den Rest der Menschheit zu verdummen.
So eine ideologische Wissenschaft verliert die Fähigkeit, objektiv zu urteilen, Fakten zu beurteilen und Theorien (egal welcher Herkunft) konsequent zu prüfen.
DieTendenz ist meiner Meinung nach aber schon da, dass sich die Geisteswissenschaften eher ideologisieren lassen.

Mir scheint, die Grenzziehung zwischen politischen und unpolitischen Fächern ist nicht ganz so einfach. Auch wenn zweifelsfrei im Dritten Reich 1+1 = 2 war. Es läßt sich Vieles (vielleicht sogar noch mehr...) ideologisch anreichern und ist dann nicht mehr neutral, sondern dient dieser Ideologie, stützt sie, fördert sie und zieht gleichzeitig aus ihr die Legitimation.

[...]

Grauzonen sind menschlich....
Abgesehen davon würde ich die Bezeichnung auf jeden Wissenschaftler anwenden, der aktiv und mit Überzeugung die Politik und die Ideologie der NSdAP mitgetragen, mitverbreitet, mit angewendet, mit ausgearbeitet hat, wenn er ideologische Theorien und Prämissen der Nazi-Ideologie wissenschaftlich 'beweisen' oder gar weiterentwickeln wollte. Wenn dein obiger Ameisenforscher mit seinen Studien zb herausstellte, daß auch die Ameisen in einem Führerstaat leben, der somit zum Modell/wünschenswert wird: dann ist er ein Naziwissenschaftler. Wenn er in seinem Fachbereich zb dafür sorgte, daß keiner Karriere machen, sich promovieren konnte, der nicht Parteimitglied war, die Ideologie der Nazis vertrat etc, würde ich auch dann sagen, daß es sich um einen Naziwissenschaftler handelte, auch wenn er sich rein fachlich mit dem Nahrungsangebot der Maikäfer befaßte.

Man sollte den Begriff Naziwissenschaftler vielleicht ganz unabhängig von Mitgliedschaften in NSDAP, SS u.ä. verwenden und ihn vielmehr für diejenigen gebrauchen, deren Wissenschaft ideologisch kontaminiert war. Dies waren natürlich die Vertreter der Deutschen Physik, die aber am mangelnden Pragmatismus scheiterten. In erster Linie waren es die Geistes- und Kulturwissenschaftler (Philosophen, Historiker, Germanisten, Keltologen, manche Theologen, Archäologen etc. pp.), deren Forschungsergebnisse ideologisch beeinflusst waren - das SS-Ahnenerbe war ja auch ein großzügiger Arbeitgeber! Es geht letztlich um die Glaubwürdigkeit der Forschungsergebnisse.

Euch beiden volle Zustimmung meinerseits.
 
Ich stimme da ganz klar mit dem Standpunkt von Ingeborg und El zusammen, denn eine Zugehörigkeit zur NSDAP oder zu einer anderen nationalsozialistischen Organisation ist nicht zwingend ein Indikator ud vor allem nicht der Indikator einer bestimmten ideologischen Linie (auch wenn es in den meisten Fällen so war). Es kann ebenso ideologische Treue außerhab dieser Organisationen geherrscht haben, wie eben in der Wissenschaft.
Ein "Naziwissenschaftler" ist also ideologisch kontaminiert (sehr schöner Audruck, El!).

Ich kann mir vorstellen, dass eine Mitgliedschaft in der NSDAP die Forschung eines Wissenschaftlers erleichtert haben wird, in Form von Geldmittel, Förderung...
Die nationalsozialistische Herrschaft ging 12 Jahre, eine lange Zeit für einen Forscher, der ganz nach oben will. Andere Perspektiven gab es vielleicht nicht.

So eine ideologische Wissenschaft verliert die Fähigkeit, objektiv zu urteilen, Fakten zu beurteilen und Theorien (egal welcher Herkunft) konsequent zu prüfen.
DieTendenz ist meiner Meinung nach aber schon da, dass sich die Geisteswissenschaften eher ideologisieren lassen.
Natürlich, bestes Beispiel ein Professor in einer Uni könnte ideologisch lehren, beispielsweise bei Mathematik wird das zwar schwerer, aber möglich scheint es auch zu sein.
Aber ich bezog mich auch auf eine Ausgangsfrage, nämlich darf man diese Erkenntnisse übernehmen. Dabei spielt für mich eine große Rolle die Vermischung mit Ideologischen - denn dann sollte man solch eine Erkenntnis nicht anführen. Dass Ideologie eine Wissenschaft verändern kann ist klar. Aber ob das Ergebnis nun mit Ideologischem vermischt ist oder nicht, muss man differenzieren und prüfen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mathematik und Physik haben zwar den Ruf, rein logische und unbeeinflußbare Wissenschaften zu sein, aber der Wissenschaftler ist das Medium der Wissenschaften und damit kein bisschen logisch oder unabhängig. Ich erinnere dabei nur an die Hetze, die auch in Physikerkreisen gegen Albert Einstein betrieben wurde, wonach seine Relativitätstheorie doch nur eine "Judenphysik" sei, geschaffen um den Rest der Menschheit zu verdummen.

Ich weiß, daß ich mich da wiederhole, aber da dies offenbar noch immer mißverstanden wird: es geht überhaupt nicht darum, Wissenschaftler bestimmter Gebiete diesbezüglich grundsätzlich und generell freizusprechen oder zu verteidigen, sondern darum, daß es bei Wissenschaften wie bspw. Mathematik und Physik mitunter leichter fallen kann, zwischen wissenschaftlicher Leistung einerseits und ideologischer Vereinnahmung andererseits zu trennen.
Nochmals möchte ich dabei betonen, daß die moderne Physik in Deutschland während der Nazizeit weiter existierte - es also nicht nur die Deutsche Physik gab - und diese auch nicht von der Deutschen Physik verdrängt werden konnte. Im Gegenteil: selbst die Nazis griffen auf die Erkenntnisse und Arbeiten der modernen Physik zurück, um ihre militärischen Forschungen zu realisieren.

Und nochmals zur Wiederholung das Beispiel Ludwig Bieberbach: wenn ich heutzutage in einem mathematischen Diskurs bspw. ausführe, die Bieberbachsche Vermutung sei ein arger Mumpitz, weil Ludwig Bieberbach wegen seines damaligen Engagements für die Deutsche Mathematik politisch als belastet und damit als unseriös gelten muß, dann mache ich mich zutiefst lächerlich - und das vollkommen zu Recht.
Anm. zur Bieberbachschen Vermutung: Sie wurde wie bereits zuvor ausgeführt in den 1980ern mathematisch korrekt bewiesen.
 
Da wird es aber schon schwierig...

Ist jemand Nazi, der sich still in Strukturen einfügt?
Muß er aktiv Parteipolitik unterstützt haben?
Oder muß er überzeugt voran gegangen sein?

Bei jemandem, der sich lediglich still in Strukturen eingefügt hat, ist die Bezeichung "Nazi" eine Unterstellung.

Bei jemanden, der aktiv die Partei bzw. deren Ideologie unterstützt hat, ist die Bezeichnung "Nazi" gerechtfertigt.

Auf jeden Fall ist jemand offenbar kein "Nazi-Wissenschaftler" gewesen sofern er einfach zu der Zeit wissenschaftlich tätig war.

Wenn Du damit meinst: "Nicht jeder ist ein 'Nazi-Wissenschaftler' gewesen, nur weil er einfach zu der Zeit wissenschaftlich tätig war", stimme ich dem zu.
 
@hyo: Wenn Du damit meinst: "Nicht jeder ist ein 'Nazi-Wissenschaftler' gewesen, nur weil er einfach zu der Zeit wissenschaftlich tätig war", stimme ich dem zu.

Ich habe nirgendwo etwas anderes behauptet. Um diese unpolitischen, in ihr Fachgebiet vergrabenen Leute ohne Außenwahrnehmung ging es mir auch nicht, obwohl man da mit dem "Tatbestand des Wegsehens" argumentieren könnte.
 
Ich habe nirgendwo etwas anderes behauptet. Um diese unpolitischen, in ihr Fachgebiet vergrabenen Leute ohne Außenwahrnehmung ging es mir auch nicht, obwohl man da mit dem "Tatbestand des Wegsehens" argumentieren könnte.

Das ist mir schon klar. Dies war auch nur der Nachklapp zu meinem Statement: "... habe ich aber keine Probleme mit noch so unhandlichen Begriffen, solange man weiß, was gemeint ist. Hier geht es um Wissenschaftler, die eben Nazis waren, fertig. Da brauche ich keine künstliche Diskussion um Begrifflichkeiten."


 
Aber: Die Deutsche Physik scheiterte schließlich daran, dass sie die Ideologie pragmatischen Erwägungen vorzog, und dies wirtschaftliche Interessen und später kriegswichtige Ergebnisse behinderte.


Hm. Heißt das, dass die wissenschaftlichen Kreise beispielsweise die Relativitätstheorie außer acht ließen, weil sie von der Propaganda als Pseudowissenschaft des Juden Einstein dargestellt wurde?
 
Hallo,

Mal abgesehen von Weisgerber; ist ein Geschichts- oder gar Naturwissenschaftler automatisch unglaubwürdig und zu ignorieren, weil er Nazi war? Mit der Einstellung wären die Amis nie zum Mond gekommen.
Wie kommst du denn darauf, dass die Forschungen ignoriert werden? Die Naturwissenschaft hat doch die Ergebnisse der Nazi-Wissenschaftler munter verwendet, zumindest gilt das für die Medizin.

Die Methode, mit der sich heute Frauen sterilisieren lassen können, geht beispielsweise auf Clauberg zurück. Der hat damals bei seinen brutalen Experimenten einfach eine ätzende Flüssigkeit in den Uterus gespritzt. Heute kommt die Flüssigkeit in den Eileiter und man macht das unter Narkose.

Auch auf die Beobachtungen, die man damals gemacht hat, greift man nach wie vor zurück. Ich habe mal einen Arzt gefragt, ob es nicht gefählich ist, wenn die Infusion leer ist und Luft in die Vene kommt. Ich hatte da nämlich mal etwas gehört, dass das nicht sein darf - aber genau wusste ich es nicht.

Seine Antwort? "Nein, das macht nichts. Das wird erst ab ... ml gefährlich. Das weiß man von den Versuchen der Nazis."

Soviel zu deiner Frage, ob die Ergebnisse verwendet werden. Die Zahl habe ich wieder vergessen - ist schon fünf Jahre her - aber sie war beruhigend hoch.

Schöne Grüße

Petra
 
Hm. Heißt das, dass die wissenschaftlichen Kreise beispielsweise die Relativitätstheorie außer acht ließen, weil sie von der Propaganda als Pseudowissenschaft des Juden Einstein dargestellt wurde?

Die Vertreter der "Deutschen Physik" bekämpften nicht nur die Relativitätstheorie, sondern auch die Quantenmechanik. Damit hatten sie allerdings nur begrenzten Erfolg:

Deutsche Physik
 
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