fingalo:
In Skandinavien wurde nie mit dem Schwert gestochen - jedenfalls gibt es keine Überlieferung dazu. Da wurde zugeschlagen.
Das ist in dieser Absolutheit eine sehr merkwürdige Aussage. Tatsächlich werden Stiche sogar in Sagas erwähnt. Beispielsweise in der Hallfreðar saga, wo ein Stich mit einem Schwert gegen einen Kämpfer mit einer Brünne genannt wird.
Darüber hinaus waren Brünnen im Frühmittelalter im skandinavischen Raum selten. Die meisten Kämpfer hatten eher wattierte Stepppanzer, Vorläufer des Gambeson etc. Eine solche Rüstung bietet gegen Schläge einen erstaunlich guten Schutz da sie federt. Selbst ein wuchtiger Hieb kann von einem Gambeson abgewehrt werden. Ein Gambeson bietet aber keinerlei Schutz gegen Stiche, die solche Rüstungen immer durchstoßen.
Warum sollte man also etwas nie getan haben, was absolut sinnvoll ist? Noch mal ganz abgesehen davon, dass es auch in Überlieferungen und bildlichen Darstellungen ebenso beschrieben wird. Sogar noch aus dem Hochmittelalter, einer Zeit wo die Rüstungen viel stärker und besser waren, die Kettenhemden viel besser verarbeitet waren, gibt es noch Darstellungen von Stichen durch das Kettenhemd, beispielsweise im sogenannten Jungfrauenspiegel, wo ein Ritter einem anderen mit einer deutlich erkennbar abgerundeten Spitze durch die Brünne sticht.
Ilhuicamina:
Geht da nicht auch noch die Verteilung des Gewichts in die Rechnung ein? Eine Axt oder ein Beil ist extrem kopflastig und das sind auch Haumesser (Macheten), die man fast ausschliesslich zum Schlagen verwendet. Ich würde jedenfalls lieber mit einer 1 kg Axt Feuerholz machen als mit einem 1 kg Schwert.
Ich auch. Wobei mein Vergleich ja nicht 1k zu 1k war, sondern 700 gramm zu 1kg. Umgekehrt aber würde ich in einem Nahkampf auf Leben und Tod ein Schwert einer einfachen Axt jederzeit vorziehen.
ich glaube, dass bei den Ausgrabungen der Massengräber der Schlacht von Visby (1361, also nicht Wikingerzeit) beobachtet wurde, dass Hiebverletzungen der Beine sehr häufig waren. (Und auch da müsste ich nachschauen, Schläge nach den Beinen werden, glaube ich, auch in den isländischen Sagas erwähnt).
Schläge nach den Beinen machen schon wegen der Schilde absolut Sinn. Die damals verwendeten Schilde waren vergleichsweise groß, selbst die Rundschilde wiesen Größen bis zu 110 cm im Durchmesser auf (üblich waren 90cm bis 1m). Wenn nun jemand einen solchen Schild vor sich hält, und seinen Kopf gut deckt, dann bleibt einem gar nicht mehr viel was man überhaupt angreifen kann.
Offensichtlich wurde der Gegner mit Vorliebe durch einen Hieb in den Unterschenkel kampunfähig gemacht und dann in Ruhe niedergemacht.
Das liegt aber nicht primär an den Kettenhemden. Auch die Knochen von Kämpfern die keine Kettenhemden trugen weisen hier primär Verletzungen am Unterschenkel auf. Wenn man große Schilde hat, und damit einen Schildwall bildet, dann gibt es aufgrund der Schilde zunächst eben gar nicht so viele Möglichkeiten. Diese Verletzungen ergeben sich zwangsläufig aus der damaligen Kampfweise eines Schildwalls und aus der Verwendung großer Schilde.
Dekumatland:
überhaupt sollen die frühmittelalterlichen Schwerter nicht sonderlich effizient gegen gepolsterte Kettenhemden gewesen sein
Die meisten Kämpfer hatten damals keine Brünnen. Ein Kettenhemd mit Stepppanzer bietet nun mal einen sehr guten Schutz. Ein Kämpfer mit einer solchen Rüstung, einem Helm und einem Schild ist sehr gut geschützt und es ist schwierig, ihn schnell zu töten, nicht nur mit Schwertern. Wenn ein solcher Kämpfer technisch gut ist, dann kann er seine Schutzwaffen so gut nutzen, dass man es dagegen wirklich schwer hat. Gerade darin bestand nicht zuletzt die Überlegenheit der Panzerreiter, entsprechend bewaffneter Huskarle, Adeligen usw
Reinecke:
aber auch im Frankenreich war eine volle Rüstung (Helm, Kettenhemd und -Haube, Unterkleidung etc.) v.a. eines:teuer.
Dazu mal ein paar Zahlen:
Denn selbst wenn eine Klinge von einigem Gewicht eine Rüstung wie ein Kettenhemd nicht durchdringt, geht das nicht einfach so an einem vorbei. Von Knochenbrüchen, inneren Verletzungen, Prellungen bis zur einfachen Tatsache, nicht mehr auf den Beinen zu stehen.
Solche stumpfen Verletzungen treten übrigens auch bei Stichen auf, wenn diese ein Kettenhemd nicht durchdringen. Wenn ein Stoß sehr wuchtig ist, dann verursacht die Spitze eines Schwertes genau so innere Verletzungen, Prellungen, Knochenbrüche usw
huski:
die Schwerter dienten primär dem Hieb auf Oberkörper und Kopf, das mit den Oberschenkeln halte ich auch noch für wahrscheinlich
Der Aussage steht schon mal entgegen, dass fast alle Hieb-Verletzungen durch Schwerter die man an Knochen nachweisen konnte primär an den Unterschenkeln sind.
Und das ist auch logisch so. Der Kopf ist durch den Helm geschützt und ein Schwert der damaligen Zeit konnte die Helme der damaligen Zeit fast nicht durchdringen. Oberkörper und Oberschenkel schützt der Schild.
Woher willst du wissen wie ich mit Schwertern kämpfe?
Du schriebst, du bist ein historischer Fechter. Also Karten auf den Tisch: Kämpfst du Vollkontakt ohne Regeln oder nicht? Was soll Halb- bis Vollkontakt heißen? Ich vermute mal das du Huskarl machst. Richtig?
Im übrigen können wir uns jederzeit gerne zu einem richtigen Vollkontakt Kampf treffen.
mir weiß machen zu wollen ich verstünde nach sieben Jahren Halb- bis Vollkontakt Schwertkampfes nichts von jenen Waffen und ihren Auswirkungen,
Anscheinend nicht. Andere machen noch viel länger historisches Fechten und sind noch viel schlechter als du (bis auf Roland
Was mich so erstaunt ist, dass du selbst eingeräumt hast, dass man mit einem Speer ein Kettenhemd durchstechen kann, aber gleichzeitig behauptest, mit einem Schwert ginge dies nicht. Wo ein Schwert nicht durchkommt, kommt auch ein Speer fast nicht durch.
Im übrigen eine höchst einfache Sache: man nehme einen Kettenpanzer, ein Schwert und stoße. Unvernieteten Kettenhemden habe ich selbst noch immer durchstoßen. Vernietete Kettenhemden manchmal.
Ein vernietetes Kettenhemd und ein Gambeson bieten aber einen fast 100 prozentigen Schutz gegen Hiebe. Mit Hieben gegen den Oberkörper eines so geschützt zu wirken, wie du behauptest, ist also völlig sinnlos! Du kannst eine Brünne plus Gambeson mit Hieben nicht durchschlagen. Keine Chance, hab das selbst oft genug probiert.
Während unvernietete Kettenhemden von fast jedem Stoß durchdrungen werden, bieten selbst unvernietete Kettenhemden einen sehr großen Schutz gegen Hiebe.
Selbst ein einfacher Gambeson bietet noch einen erstaunlichen Schutz gegen Hiebe, weil er federt. Ein Gambeson, die damals üblichste Rüstung, wird aber von Stichen immer durchdrungen.
Nun noch rein praktisch:
Mein Gegner hat einen großen Schild: dann komme ich an den Oberkörper ohne zu großes Risiko für mich nur schwer heran. Dann werde ich versuchen seine Hand, seinne Unterarm zu treffen wenn er nach mir schlägt oder seine Unterschenkel unter dem Schild zu treffen. Komme ich aber zum Angriff gegen den Oberkörper und mein Gegner trägt eine Brünne, dann wäre ein Hieb gegen den Oberkörper absolut sinnlos.
Eine Brünne bietet mit einem Gambeson einen so guten Schutz, dass selbst stumpfe Verletzungen dadurch weitgehend verhindert werden. Gerade deshalb ist ja Vollkontakt wie ich ihn betreibe überhaupt möglich, weil die Rüstung die Wirkung unserer Schwertschläge abwehrt.
Man kann einen Mann in einer Brünne plus Gambeson nicht mit stumpfen Verletzungen erschlagen indem man sinnlos auf die Brünne einschlägt.