Turkomongolen

Bei einem Vortrag an der Universität Wien über die Mongolen (zwar von Studenten aber diese haben sich intensiv damit auseinandergefasst) versichert das der Tengrismus eine monotheistische Religion ist und die anderen Götter zu Engeln und Dämonen zur Zeit von Dschinghis Khan abgestiegen sind.

Was ist davon zu halten, weiß jemand was dazu???
 
Diether:


Die dünne Schicht der Mongolen konnte sich ethnisch nicht behaupten und wurde schon bald von den turkstämmigen Populationen assimiliert.


Also gerade in dieser Region, dem Gebiet der Il Khane würde ich eher davon sprechen, dass die dünne Schicht der Mongolen von den Persern assimiliert wurden. Gerade im Il Khanat ist das kulturell und auch sprachlich doch dermaßen eindeutig, dass sich die Mongolen in die persische Kultur einfügten und sich von den iranischen Völkern assimilieren ließen, dass ich mich wundere, wie du zu dieser Aussage kommst.


Der ganze Hof der der Il Khane war kulturell persisch geprägt, iranische Sprachen wurden übernommen, selbst religiös schloß man sich den Iranern an und nicht den Turkvölkern.


Diese Vorgänge, die in Südrussland unter der mongolischen Goldenen Horde noch viel deutlicher abliefen, kann man mit dem Begriff einer "turko-mongolischen Symbiose" umschreiben.


Meiner Ansicht nach gibt es zwischen dem Gebiet der Goldenen Horde, wo du absolut recht hast von einer turko-mongolischen Symbiose zu sprechen und dem Gebiet der Il Khane eben einen deutlichen Unterschied.


Schon vom Erscheinungsbild der Hazara her wird vielfach eine turko-mongolische Herkunft vermutet, wobei heute nicht mehr entschieden werden kann, welche Gewichtung einst vorherrschte. Man darf annehmen, dass die Hazara aus der Bevölkerung des mongolischen Khanats Tschagatai hervorgingen und im Verlauf ihrer Geschichte einen Sprachwechsel zum Persischen (Farsi) vollzogen, wobei ihre Sprache - das „Hazaragi“ - mit mongolischen und türkischen Wörtern durchsetzt ist.


Auch wenn ich leider keine Turkmenen kenne, so kenne ich immerhin einige Hazara. Deren ursprüngliche Sprache hat übrigens weniger türkische Fremdwörter als das heutige Khalkh Mongolisch. Dafür hatte diese (inzwischen als ausgestorben einzuordnende Sprache) sehr viele Fremdwörter iranisch-persischer oder paschtunischer Herkunft.


Zoki55:


Bei einem Vortrag an der Universität Wien über die Mongolen (zwar von Studenten aber diese haben sich intensiv damit auseinandergefasst) versichert das der Tengrismus eine monotheistische Religion ist und die anderen Götter zu Engeln und Dämonen zur Zeit von Dschinghis Khan abgestiegen sind.


Der Tengrismus war zu keinem Zeitpunkt eine monotheistische Religion. Er war allerdings in Bezug auf Rang und Stellung der Götter zur Zeit von Chinggis Khan sehr stark gewichtet. Der Himmel als Hauptgottheit stand deutlich über den anderen Göttern. Diese waren jedoch keine Engel oder Dämonen, sondern eben trotzdem echte Gottheiten, auch wenn sie gegenüber dem Hauptgott zurück traten.



 
Also gerade in dieser Region, dem Gebiet der Il Khane würde ich eher davon sprechen, dass die dünne Schicht der Mongolen von den Persern assimiliert wurden. Gerade im Il Khanat ist das kulturell und auch sprachlich doch dermaßen eindeutig, dass sich die Mongolen in die persische Kultur einfügten und sich von den iranischen Völkern assimilieren ließen, dass ich mich wundere, wie du zu dieser Aussage kommst.

Was wir mit Sicherheit sagen können, ist das Verschwinden der unter Hülagü in den Iran geströmten Mongolen. Sie verloren schon früh ihre ethnische Identität und gingen in der Mehrheitsbevölkerung auf. Ob diese dünne mongolische Schicht nun in erster Linie von Persern oder aber von Türken assimiliert wurde, lässt sich heute nicht mehr eindeutig entscheiden. Da aber die Mongolen als nomadische Hirten die gleichen Regionen wie die in Vorderasien ansässigen Turkstämme bevorzugten, erscheint mir ein Verschmelzen von Mongolen und Türken - auch aufgrund der ähnlichen Lebensweise - wahrscheinlicher zu sein, als ein Aufgehen in der sesshaften bäuerlichen persischen Bevölkerung. Ein gutes Beispiel dafür ist der Clan von Timur Lenk, wo sich mongolische Ursprünge mit einer späteren Turkisierung mischen.

Ich spreche dabei nicht von der kleinen mongolischen Schicht am Hof der Ilchane, die sich vermutlich am ehesten mit der persischen Elite vermischte, sondern von der Masse der mongolischen Reiternomaden, die mit ihren Herden das Weideland der Hochflächen durchzogen.

Meiner Ansicht nach gibt es zwischen dem Gebiet der Goldenen Horde, wo du absolut recht hast von einer turko-mongolischen Symbiose zu sprechen und dem Gebiet der Il Khane eben einen deutlichen Unterschied.

Die Entwicklung der mongolischen Goldenen Horde in Südrussland zu einer gänzlich turkisierten nomadischen und später halbnomadisch lebenden Bevölkerung lässt sich gut verfolgen. Dazu zählt auch die sprachliche Entwicklung, denn in den Khanaten von Kasan, Krim oder Astrachan wurde im 15. Jh. nur noch die tatarische Turksprache gesprochen, während das Mongolische keine oder kaum Spuren hinterließ. Seit einiger Zeit suche ich schon nach Quellen, die Auskunft über ein mongolisches Superstrat im Tatarischen geben könnten, bin dabei allerdings nicht erfolgreich gewesen.

Insofern sind die Bedingungen ähnlich: Sowohl in Südrussland als auch im Iran trafen die Mongolen auf Turkstämme - im Iran zusätzlich auf Perser, in Russland zusätzlich auf Russen - , und es kam in beiden Fällen zu einer Aufgabe der mongolischen Sprache und Identität und zu einer Verschmelzung mit der ansässigen Bevölkerung. In beiden Fällen bewahrte freilich die turkstämmige Bevölkerung ihre Identität und zwar bis heute.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was die Turkmenen/Turkoman-Debatte betrifft, muss man da ganz klar unterscheiden, ob man die Leute meint, die wir heute im Deutschen als Turkmenen bezeichnen oder die, die im Persischen historisch Turkoman genannt wurden.
Turkmenen leben neben Turkmenistan auch in Usbekistan, Afghanistan und im Norden und Nordosten Irans und sprechen Turkmenisch.
Das, was auf Persisch unter Turkoman lief, meint aber auch noch die Turkvölker, die im Westen Irans und dem heutigen Aserbaidshan ansässig sind. Die - oder das Volk, das aus ihnen hervorging - sprechen Azeri.
Der Begriff Turkoman wurde im Persischen lose für alle möglichen Turkvölker in der iranischen Peripherie benutzt. Zur Etymologie gibt es unter anderem den Vorschlag, dass sich das Wort aus turk-manand (türkenähnlich) entwickelt hat. Auch die beiden Turk-Dynastien der Aq-qoyunlu und Qara-qoyunlu (Weiße und Schwarze Hammel) wurden im Persischen Turkoman genannt. Unter anderem aus diesen Gruppen entwickelten sich aber z.B. die Aserbaidshaner.
 
Was die Turkmenen/Turkoman-Debatte betrifft, muss man da ganz klar unterscheiden, ob man die Leute meint, die wir heute im Deutschen als Turkmenen bezeichnen oder die, die im Persischen historisch Turkoman genannt wurden.

Gemeint sind hier alle Turvölker, die sich seit dem Einbruch oghusischer Stämme unter der Dynastie der Seldschuken im 10./11. Jh. in Vorderasien und speziell im Iran niederließen.

Es handelt sich also zunächst um die größte Gruppe von Turkvölkern, nämlich um die Aserbaidschaner/Azeri, die sich im Zuge des Einbruchs der Seldschuken nach Kleinasien in NW-Iran niederließen und auch die Bevölkerung des Staates Aserbaidchan bilden. Aber auch innerhalb des Iran gibt es noch isolierte Gebiete kleiner Turkstämme, die dort seit Jahrhunderten siedeln, ehemals nomadisch lebten und irgendwann zur sesshaften Lebensweise übergingen. Dazu zählen u.a. die Chaladschen und Afscharen, ferner die Kaschgai im Süden des Iran, die mit den Azeri verwandt sind.

Ende des 15. Jh. gab es im Iran noch Rückwanderungswellen türkischer Nomadenstämme aus Ostanatolien unter den turkmenischen Stammeskonföderationen der Kara Koyunlu und Ak Koyunlu, später eine letzte Welle der Kizilbasch, die fanatische Anhänger der Safawiden waren.

Turkmenisch und Aserbaidschanisch (Azeri) zählen beide zur oghusischen Sprachgruppe (Südwesttürkisch) der Turksprachen, sind also eng miteinander verwandt. Zu dieser Gruppe gehört u.a. auch das Türkei-Türkisch, nicht hingegen z.B. Usbekisch. Tatarisch oder Uigurisch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gemeint sind hier alle Turvölker, die sich seit dem Einbruch oghusischer Stämme unter der Dynastie der Seldschuken im 10./11. Jh. in Vorderasien und speziell im Iran niederließen.
Dieter, mir ging es eigentlich nur um die Diskussion, welche Sprache die "Turkmenen" sprechen. Wenn da jemand behauptet, sie sprächen Azeri, kannst Du gerne mit dem 11. Jahrhundert kommen, es tut nur einfach gar nichts zur Sache.
 
Dieter, mir ging es eigentlich nur um die Diskussion, welche Sprache die "Turkmenen" sprechen. Wenn da jemand behauptet, sie sprächen Azeri, kannst Du gerne mit dem 11. Jahrhundert kommen, es tut nur einfach gar nichts zur Sache.

Turkmenisch und Azeri sind eng miteinander verwandt, da beide zur oghusischen (südwesttürkischen) Sprachgruppe zählen. Natürlich handelt es sich dennoch um zwei verschiedene Sprachen.
 
Ja, eben. Dem habe ich ja gar nicht widersprochen, und ich gehe mal davon aus, dass Robert Guiskard auch nicht deshalb behauptete, dass die Turkmenen in Iran Azeri sprechen, weil Azeri und Turkmenisch eng miteinander verwandt sind. :nono:
 
Diether:

Ein gutes Beispiel dafür ist der Clan von Timur Lenk, wo sich mongolische Ursprünge mit einer späteren Turkisierung mischen.

So weit ich es weiß, hat Timur Lenk keinerlei mongolische Vorfahren. Ich sehe genau darin ein Problem: das sich damals Personen mit rein "türkischen" Vorfahren aus politischen Gründen sich vorgebliche mongolische Vorfahren zulegten. Ein gutes Beispiel hierfür sind meiner Ansicht nach die Usbeken, die ebenfalls keine mongolischen Vorfahren haben, sich aber trotzdem auf den mongolischen Khan Usbek beriefen.

Für den Bereich der Il Khane gehe ich trotz deinen Ausführungen eher für eine Vermischung mit iranischen Gruppen aus. Es gab damals auch iranische Gruppen, die als Nomaden durch das Hochland des Iran zogen. Die vielen Fremdwörter persischer Herkunft in der Sprache der Hazara und der Umstand, dass die Eliten der Mongolen sich ohnehin unter den Persern assimlierten und die "Leitkultur" damals in diesem Gebiet persisch war, deuten meiner Meinung nach darauf hin. Auch bei den Turkvölkern in diesem Gebiet war die "Leitkultur" stark persisch geprägt. In Afghanistan zog sich dass noch bis in die Neuzeit, in der die Eliten massiv persisch kulturell beeinflusst waren. Die Folgen dieser Beeinflussung reichten noch bis zur Begründung der Parcham in Afghanistan (Persisch für Banner), also noch bis in die Jetztzeit.
 
Die vielen Fremdwörter persischer Herkunft in der Sprache der Hazara und der Umstand, dass die Eliten der Mongolen sich ohnehin unter den Persern assimlierten und die "Leitkultur" damals in diesem Gebiet persisch war, deuten meiner Meinung nach darauf hin. Auch bei den Turkvölkern in diesem Gebiet war die "Leitkultur" stark persisch geprägt.

Gerade, weil das Persische eine Sprache von hohem kulturellen Prestige war, halte ich deine Schlussfolgerung, dass die Menge der persischen Lehnworte eher darauf hinweise, dass eher eine Vermischung mit iranischen als mit türkischen Gruppen stattgefunden habe - wiewohl ich mich in die Diskussion um das Faktum an sich gar nicht einmischen möchte und dazu auch keine Meinung äußere - für falsch (also nur die Schlussfolgerung, nicht das Faktum an sich). Persisch ist im Mittelalter via das Arabische bis in die europäischen Sprachen entlehnt worden. Zudem waren die mongolischen Reisedokumente, die Geleitbriefe, die es Reisenden erlaubten durch das mongolische Reich zu reisen, auf Persisch verfasst.
 
So weit ich es weiß, hat Timur Lenk keinerlei mongolische Vorfahren. Ich sehe genau darin ein Problem: das sich damals Personen mit rein "türkischen" Vorfahren aus politischen Gründen sich vorgebliche mongolische Vorfahren zulegten. Ein gutes Beispiel hierfür sind meiner Ansicht nach die Usbeken, die ebenfalls keine mongolischen Vorfahren haben, sich aber trotzdem auf den mongolischen Khan Usbek beriefen.
Timur kam aus dem Stamm der Barlas, der ein turkisierter Mongolenstamm war. Sein genealogisches "Handicap" bestand darin, dass er kein Nachkomme von Dschingis Khan gewesen ist.
Bei den Usbeken ist es schwieriger, weil einfach schon viel mehr Zeit zwischen der mongolischen Eroberung und dem Aufstieg der Usbeken lag. Wenn man sich aber die Quellen des 16. Jhs. anschaut, dann tauchen unter den usbekischen Stämmen sehr, sehr viele ursprüngliche mongolische Stammesnamen auf.
(Ohne jetzt die Expertin raushängen lassen zu wollen - ich habe in dem Bereich promoviert und kenne die Quellen wirklich gut, ebenso wie den wissenschaftlichen Diskurs zu dieser Problematik. ;) )
 
So weit ich es weiß, hat Timur Lenk keinerlei mongolische Vorfahren. Ich sehe genau darin ein Problem: das sich damals Personen mit rein "türkischen" Vorfahren aus politischen Gründen sich vorgebliche mongolische Vorfahren zulegten. Ein gutes Beispiel hierfür sind meiner Ansicht nach die Usbeken, die ebenfalls keine mongolischen Vorfahren haben, sich aber trotzdem auf den mongolischen Khan Usbek beriefen.

Die Herkunft Timurs ist nicht völlig eindeutig zu klären. Wie Turandokht oben bereits sagte, gilt sein Clan - die Barlas - vielfach als turkisierter monglischer Stamm. Wiki sagt dazu:

Timur entstammte dem im 13. Jahrhundert in Transoxanien eingewanderten mongolischen Nomadenstamm der Barlas, welcher jedoch mit der Zeit eine Turksprache angenommen hatte und von den türkischen Nomaden Zentralasiens nicht mehr zu unterscheiden war. Der Stamm der Barlas teilte sich in mehrere Zweige auf und Timurs Vater Taragai beherrschte als Stammesfürst[9] die Gegend um Kesch und das Tal des Flusses Kaschkadarja. Die Barlas führten ihre Abstammung auf Qarchar Barlas zurück, einen militärischen Führer in Tschagatais Armee, und über diesen – wie einst auch Dschingis Khan – auf einen legendären mongolischen Kriegsherren mit dem Namen Bodon'ar Mungqaq

Tamerlan ? Wikipedia

Dem entgegen sagt das "Lexikon des Mittelalters", dass die Barlas ein türkischer Clan seien, der seine Abstammung fälschlich auf Dschingis Khan zurückführen würde (Lexikon des MA, Band VIII, S. 794).


Was Usbek Khan angeht, von dem sich die Usbeken herleiten, so war er ein Nachkomme von Batu und damit zweifellos mongolischer Abstammung.

Muhammed Usbek Khan (Uzbek, Özbek o. ä., * 1282; † 1341/42) war ein Nachkomme Batu Khans (Sohn von Togrilcha, Enkel von Möngke Timur); seine lange Regierung 1312–1342 führte zur Blütezeit der Goldenen Horde. Zu seiner Zeit wurde die Goldene Horde bereits als das Land Usbeks bezeichnet, wovon sich der spätere Name des Volks der Usbeken ableitet.

Usbek Khan ? Wikipedia

Damit sind die Usbeken - ebenso wie die Tataren - ein gutes Beispiel für die völlige Assimilation einer kleinen mongolischen Erobererschicht durch eine breite turkstämmige Mehrheitsbevölkerung, also die Turkisierung mongolischer Eliten, die u.a. die Goldene Horde, das Khanat Tschagatai und das Reich der Ilchane begründeten.


Für den Bereich der Il Khane gehe ich trotz deinen Ausführungen eher für eine Vermischung mit iranischen Gruppen aus.

Die Verschmelzung mongolischer Hirtennomaden mit Turkstämmen im Reich der Ilchane ist nicht nur nur meine Meinung, sondern auch die von Fachhistorikern. So sagt die Iranistik-Expertin Monika Gronke:

Die in der Seldschukenzeit aufgebrochenen Gegensätze zwischen Iranern und Türken wurden durch den Mongolensturm noch verschärft, denn zahlreiche türkische Kämpfer folgten dem Heer des Dschingis Khan aus Zentralasien. Insgesamt dürften weitaus mehr Türken als Mongolen nach Iran gelangt sein. Im Laufe der Zeit wurden die Mongolen schließlich durch die Türken vollständig absorbiert. Langfristig kam es daher zu keiner Mongolisierung, sondern zu einer verstärkten Türkisierung Irans.

Der zwiefach ethnische Charakter der Bevölkerung und damit der Gesellschaft Irans wurde nach dem Mongolensturm zu einer festen Größe. Bis heute bilden Türken im Iran eigenständige Bevölkerungsgruppen mit geschlossenen Siedlungsgebieten in Nordwestiran, am Südufer des Kaspischen Meers und in Chorasan.

(Monika Gronke, Geschichte Irans. Von der Islamisierung bis zur Gegenwart, München 2003/2006, S. 5o f.)

Monika Gronke ist Professorin für Islamwissenschaften und Iranistik an der Universität Köln und ihr Urteil, das die Mongolen im Iran von den Türken absorbiert wurden, hat schon etwas Gewicht. Dennoch wird man heute nicht mehr exakt entscheiden können, in welcher Weise und mit welchen Anteilen sich die Mongolen im Iran assimilierten. Vermutlich waren daran sowohl Perser als auch Turkstämme beteiligt, wobei die mongolische Elite möglicherweise eher eine Verbindung mit der persischen Oberschicht einging. Die einfachen mongolischen Hirtennomaden, die mit ihren Herden ähnliche Areale besetzten wie die turkstämmigen Gruppen, verschmolzen eher mit diesen.
 
Dieter:

Usbeg Khan war natürlich ein Mongole. Die Usbeken stammen allerdings nicht von ihm ab, nicht mal die usbekischen Eliten. Es gibt genau genommen gar keinen Zusammenhang zwischen dem mongolischen Khan Usbeg und den Usbeken, bis auf den Namen und dass sich die Usbekischen Eliten auf eine Abstammung von Usbeg beriefen, die aber tatsächlich nie vorhanden war.

Gerade die Usbeken sind daher kein Beispiel für assimilierte Mongolen, sondern nur ein sehr gutes Beispiel dafür, dass sich türkische Clans und Stämme eine mongolische Abstammung zulegten um ihre Ansprüche damit zu legitimieren, die aber in Wahrheit gar nicht gegeben war.

Turandokht:

Was war der Titel und Inhalt deiner Doktorarbeit? Ich würde sie sehr gerne lesen (gerne auch per PN)

Timur kam aus dem Stamm der Barlas, der ein turkisierter Mongolenstamm war. Sein genealogisches "Handicap" bestand darin, dass er kein Nachkomme von Dschingis Khan gewesen ist.

Laut Mongolisten die ich kenne waren die Barlas von denen Timur abstammte kein mongolischer Stamm. Die waren von Anfang an ein Turkvolk. Die hatten auch keine mongolische Abstammung. Wie bei den Usbeken auch nehme ich hier eine bloße Behauptung einer solchen Abstammung an, um damit den eigenen Herrschaftsanspruch zu legitimieren.

Wenn man sich aber die Quellen des 16. Jhs. anschaut, dann tauchen unter den usbekischen Stämmen sehr, sehr viele ursprüngliche mongolische Stammesnamen auf.

Da die Usbeken eine Konföderation verschiedener Völker waren, gehe ich auch davon aus, dass sich unter den Usbeken auch Nachfahren von Mongolen befanden.

Aber so weit ich es weiß, haben sie mit dem Usbeg Khan rein gar nichts zu tun. Es gibt keine Linie von der Weißen Horde zu ihnen. Die mongolischen Stammesnamen unter den späteren Usbeken gehören zu westmongolischen Stämmen der Oiraten, die nie zur Weißen Horde bzw zu Usbeg Khan gehört hatten.
 
Dieter:

Usbeg Khan war natürlich ein Mongole. Die Usbeken stammen allerdings nicht von ihm ab, nicht mal die usbekischen Eliten. Es gibt genau genommen gar keinen Zusammenhang zwischen dem mongolischen Khan Usbeg und den Usbeken, bis auf den Namen und dass sich die Usbekischen Eliten auf eine Abstammung von Usbeg beriefen, die aber tatsächlich nie vorhanden war.

Gerade die Usbeken sind daher kein Beispiel für assimilierte Mongolen, sondern nur ein sehr gutes Beispiel dafür, dass sich türkische Clans und Stämme eine mongolische Abstammung zulegten um ihre Ansprüche damit zu legitimieren, die aber in Wahrheit gar nicht gegeben war.


Wenn ich davon sprach, dass auch bei den Usbeken eine kleine mongolische Elite mit turkstämmigen Gruppen verschmolz, so hatte ich diese Aussage von der alten Tante Wiki im Sinn:

Die Bezeichnung „Usbeke“ leitet sich von Usbek Khan ab, einem Herrscher der Goldenen Horde. Die Usbeken entstanden zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert, als von mongolischen Khanen geführte Stämme aus den nördlichen Steppengebieten in das bereits turkisierte Transoxanien einfielen. Dort gingen die Eindringlinge rasch in der dort ansässigen turk- und iranischsprachigen Bevölkerung auf.
Die Herkunft Timurs ist zumindest strittig, soweit ich das aus der mir zur Verfügung stehenden Literatur ergründen konnte. Bei Wiki fand ich das:

The origin of the Timurid dynasty goes back to the Mongol tribe known as Barlas, who were remnants of the original Mongol army of Genghis Khan.[6][12][13] After the Mongol conquest of Central Asia, the Barlas settled in what is today southern Kazakhstan, from Shymkent to Taraz and Almaty, which then came to be known for a time as Moghulistan - "Land of Mongols" in Persian - and intermingled to a considerable degree with the local Turkic and Turkic-speaking population, so that at the time of Timur's reign the Barlas had become thoroughly Turkicized in terms of language and habits.
Timurid dynasty - Wikipedia, the free encyclopedia

Die Iranistin Monila Gronke sagt hingegen: "Timur ... stammte aus Transoxanien aus dem wahrscheinlich türkischen Nomadenstamm der Barlas." (Geschichte Irans, S. 60). - Ähnlich widesprüchliche Angaben fand in anderen Publikationen, sodass man wohl sagen muss, dass die ethnische Identität des Clans, dem Timur entstammt, heute nicht mehr eindeutig zu klären ist.
 
Dieter:

Meiner Ansicht nach stimmt der Wiki Eintrag bezüglich der Usbeken nicht. Die Usbeken wurden im 15/16 Jahrhhundert nicht einmal von mongolischen Khane geführt, auch ihre Khane waren Türken.

After the Mongol conquest of Central Asia, the Barlas settled in what is today southern Kazakhstan, from Shymkent to Taraz and Almaty, which then came to be known for a time as Moghulistan - "Land of Mongols"

Dazu wurde hier im Strang glaube ich schon mal was geschrieben: Das Gebiet wurde gerade deshal Moghulistan genannt, weil dort Mongolische Stämme lebten. Diese wurden aber dann von dort vertrieben. Turandokht hat glaube ich dazu was geschrieben, aber ich finde es gerade nicht mehr?!

Ähnlich widesprüchliche Angaben fand in anderen Publikationen, sodass man wohl sagen muss, dass die ethnische Identität des Clans, dem Timur entstammt, heute nicht mehr eindeutig zu klären ist.

Die ethnische Identität des Clans war zum Zeitpunkt der Geburt von Timur ganz eindeutig türkisch. Ob unter den Vorfahren dieses Clans in ferner Vergangenheit auch Mongolen waren, ändert nichts daran, dass der Clan in den Jahrzehnten vor Timur und bei seiner Geburt eine türkische Idenität hatte.
 
Gerade im Bezug auf die Steppenbewohner sollte man doch endlich mit diesem Kästchendenken aufhören. Es wird uns nicht gelingen, jeden Steppenreiter fein säuberlich in eine ethnische Schublade zu stecken.
Diese Denkweise, die einerseits in den schematischen Klassifizierungen antiker Autoren, anderseits im Nationalismus des 19. und 20 Jahrhunderts fußt, war damals weitestgehend unbekannt, fremd, ja absurd.
Die Steppenreiche Zentralasiens, die dann auch teilweise nach Europa herüberschwappten, waren multiethnisch geprägt, schufen selbst immer wieder neue Identitäten, die sich auf die gemeinsame Lebens- und Kampfesweise gründete.
Stammesbezeichnungen, Titel, Ehrennamen wanderten problemlos zwischen den verschiedenen Gruppen, wie auch immer deren Ursprung war.
Seit langem versucht man vergebens, die Hunnen, die Awaren, die Protobulgaren usw. usf. irgendwie mit einem Etikett zu versehen - ohne größeren Erfolg. Und dies gilt ebenso für die Mongolen und ihre Nachfolger.
 
Stammesbezeichnungen, Titel, Ehrennamen wanderten problemlos zwischen den verschiedenen Gruppen, wie auch immer deren Ursprung war.
Seit langem versucht man vergebens, die Hunnen, die Awaren, die Protobulgaren usw. usf. irgendwie mit einem Etikett zu versehen - ohne größeren Erfolg. Und dies gilt ebenso für die Mongolen und ihre Nachfolger.

Dass die Steppenvölker des Mittelalters ethnisch durchmischt waren, dürfte doch im Verlauf dieses Threads klar geworden sein. Niemand hat etwas anderes behauptet.

Dennoch kam es zu im Verlauf eines gewissen Zeitraums zu einer Ethnogenese, aus der die heutigen Tataren, Kasachen, Usbeken und andere hervorgingen. Ich halte es für selbstverständlich, dass die Geschichtswissenschaft Bedingungen und Verlauf solcher Ethnogenesen untersucht. Dass das nicht immer restlos gelingt, liegt in der Natur der Sache.
 
Dieter:
Die ethnische Identität des Clans war zum Zeitpunkt der Geburt von Timur ganz eindeutig türkisch. Ob unter den Vorfahren dieses Clans in ferner Vergangenheit auch Mongolen waren, ändert nichts daran, dass der Clan in den Jahrzehnten vor Timur und bei seiner Geburt eine türkische Idenität hatte.

Ich habe hierzu bereits zwei Meinungen aus der Fachliteratur zitiert. Worauf stützt sich deine Aussage?
 
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