Der Name der Bayern wirft ein paar Fragen auf, dito ihre Ethnogenese, gerade weil sie ab ovo eben nicht wie alle anderen oder die meisten völkerwanderungszeitlichen Gentes ihre eigenen Leute als Oberchefs und Traditionskern hatten (also wie Goten Amaler, Franken Merowinger usw usw), sondern die (vermutlich fränkischen? jedenfalls nicht urbairischen) Agilolfinger als Chefs vorgesetzt bekamen (!), sich als "Stamm" aber nicht nach diesen benannten.
Die ethnische Zugehörigkeit der völkerwanderungszeitlichen Warlords ist ziemlich schwammig, da es offenbar üblich war über Stammesgrenzen hinweg aber innerhalb dieser neuen Oberschicht zu heiraten. Garibald I. spielt anscheinend schon in der gleichen Liga wie die Merowinger und die langobardischen Könige.
Nach welchem Agilulf, die Agilolfinger benannt wurden, ist nicht überliefert. Aufgrund der weitreichenden Beziehungen kommt eigentlich jeder Agilulf als Stammvater infrage - egal ob es sich um einen König der Sueben oder Langobarden handelt.
Wenn die Agilolfinger in der Fredegar-Chronik ein fränkischen Geschlecht gehalten werden, ist das sicherlich nur eine Sichtweise von vielen.
Dass bajuwarische Adelsgeschlechter schon damals richtige Namen hatten, ist sehr ungewöhnlich. Das bajuwarische Recht ist auch, dass einzige Stammesrecht, dass namentlich die Adelsgeschlechter aufführt und für die Besetzung des Herzogtum ein ganz bestimmes Geschlecht vorschreibt.
Hier noch ein abschreckendes Beispiel zur unklaren ethnischen Identität völkerwanderungszeitlicher Warlords:
Edikon war Botschafter der Hunnen in Byzanz und Fürst der Skiren und galt verschiedentlich Skythe oder Turkilinger, wobei letzteres auch eine andere Schreibweise der Thüringer oder gar der Türken sein könnte.
Odoakers als Sohn Edikons und einer skirischen Prinzessin, Odoakers Gefolge als König von Italien bestand aus Turkilinger, Skiren, Herulern und "diversen" Stämmen.
Ich will jetzt gar nicht aufdröseln, warum Edokon und Odoaker von antiken Geschichtsschreibern und neuzeitlichen Historikern manchmal für dieses und manchmal für jenes gehalten wurden. Das soll viel mehr ein Beispiel sein für die Flexibilität bei des Stammeszugehörigkeiten sein.
Vor seinem Zug nach Italien war Odoaker wahrscheinlich in dem Gebiet aktiv, wo Jahrzehnte später die Bajuwaren auftauchen.
Im Gräberfeld von Regensburg-Irlmauth sind auch auch mehrere Skelette von Männern und Frauen mit Turmschädeln gefunden wurde, die eine stark hunnische Prägung andeuten. Eine Hunnenidentität wird den Regensburgern nach dem Ende Attilas nicht mehr gefallen haben. Der Ruf der Hunnen war einfach nur schlecht. Egal, ob man in der Ursula-Legende, der Gotengeschichte von Jordanes oder im Hildebrandslied nimmt - in allen fränkischen und gotischen Quellen werden die Hunnen regelrecht dämonisiert. Und jetzt hatte diese Leute in Regensburg um 500 immer noch hunnische Turmschädel, die zum Zeitpunkt ihrer Geburt, der Blütezeit der Hunnen, so angesagt waren. Da war es sicherlich besser sich eine neue Stammesidentität zu suchen.
Mit der Angliederung ans Frankenreich wurde es zur Hauptaufgabe der Leute Regensburg unter dem neuen Dux die Awaren abzuwehren, die die Franken meist einfach nur die Hunnen nannten. Da klingt es doch besser, wenn man sagt, man sei Bajuware, auch wenn der Vater augenscheinlich noch ein alter Hunne war.
Ob erste Dux jetzt ein zugereister Franke war oder ein Einheimischer war, ist nur eine Detailfrage.
Klar ist nur, dass Mitte der 6. Jahrhundert diese Bajuwaren und Agilolfinger plötzlich da sind und anscheinend fest zusammengehören.
Bezugnehmend auf die Nummer 22 oben - warum gab es dann in Passau die Kastelle Boiodurum und Boiotro?
Mir ist nicht klar, warum man hier eine Herkunft aus Böhmen braucht.
Bezüge zu "Boio" waren doch in der Gegend allgegenwärtig.
Wenn man sich Passau auf der Karte anschaut, fällt natürlich auf, dass es fast schon an der Grenze zu Böhmen liegt. Der Unterschied ist nicht so groß.
Ich weiß es nicht - wie bezeichneten die Ostgoten zu Theoderichs Regierungszeit diese Region? Schon wie um 550 von Iordanes Baiovari oder noch als Noricum?
Jordanes nennt die Bajuwaren nur, um die "Suavia", das Suebenreich des Hunimund zu lokalisieren. Für die Bajuwaren interessiert er sich gar nicht.
Nach Jordanes bewohnen die Alamannen nur die Alpen, nördlich davon sind diese Sueben. Westlich der Sueben sind bereits die Franken, nördlich die Thüringer und östlich die Bajuwaren, über die Jordanes ansonsten nichts weiß.
Dieser König Hunimund ist mit seinen Sueben laut Jordanes aus Pannonien eingewandert, müsste dafür Bayern durchquert haben.
Noch verwirrender sind die Angaben bei Paulus Diaconus über die Wanderung der Langobarden. Die Langobarden hätten erst Burgundaib, dann Bainab und Anthaib durchzogen, um sich dann in Rugiland niederzulassen. Diese Gebiete sind wahrscheinlich nach irgendwelchen
gentes benannt. Welchen Land der Burgunden gemeint sein soll, ist natürlich unklar. In Bainab kann man vielleicht das rätselhafte *Baia sehen, nach dem die Bajuwaren benannt sind. Die Anten sind vermutlich ein slawischenr Volkstamm, denn auch Jordanes kennt. Rugiland ließe sich noch am leichtesten als ehemalige Rugier-Königreich an der Donau lokalisieren. Rugiland und Bainab können eigentlich nicht identisch sein, wenn die Wanderungsgeschichte einen Sinn ergeben soll.