Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

@Dion
Schau dir die Daten an, schau dir die Landkarte an, schau dir den Schlieffenplan samt seinen Implikationen an und dann dürftest du deine Antwort haben.
 
Aber bitte ziehe hier nicht die Russlandkarte, denn die Mobilmachung Russlands geschah nachdem in zwei deutschen Presseorganen* berichtet wurde, dass die deutsche Mobilmachung eine beschlossene Sache sei.

* Im Extrablatt der Chemnitzer Volksstimme vom 28. Juli 1914, einem Dienstag, stand – Zitat: "Wie wir aus absolut sicherer Quelle erfahren, steht das Eingreifen Russlands in den österreichisch-serbischen Konflikt unmittelbar bevor. Deutschlands Antwort wird die sofortige Kriegserklärung sein. Die Mobilmachung in Deutschland erfolgt wahrscheinlich schon morgen, ohne allen Zweifel noch im Laufe dieser Woche."


An dieser Stelle, stell du doch bitte de russische Mobilmachung nicht als Reaktion auf die beiden Zeitungen hin.
Keine davon war offizielles Presseorgan der deutschen Regierung und eine Generalmobilmachung ist nichts, was man in irgendeiner Form im stillen Kämmrlein hätte abwickeln können.
Wenn mobilisiert wurde, erkannte man das daran, dass der zivile Bahnverkehr gestrichen, alle Bahnhöfe mit Militär überlaufen und von überall uniformierte Reservisten in Richtung der Verkehrsknotenpunkte geströmt wären.

Das wäre überhaupt nicht zu übersehen gewsen. Um sich ein Bild davon zu machen, ob tatsächlich etwas passierte mussten die russischen Gesandten sich lediglich einen Überblick über die Lage an den Bahnhöfen verschaffen und was passierte oder nicht passierte weitermelden.
Da jede größere Bahnstation mit Telfonanschluss und Telegrafenbüro ausgestattet war, war es kein Problem das binnen Minuten bis Stunden als Falschmeldung/Zeitungsente zu identifizieren und entsprechendes augenblicklich nach St. Petersburg zu kabeln.
 
@Turgot

Worin wiederspricht dem Umstand, dass Eupen-Malmedy als Kriegsentschädigung an Belgien ging dem Umstand, dass es damit nicht vollständig abgefundenn war?
 
Es steht kein Wort davon im Versailler Vertrag; weder in die eine noch in die andere Richtung. Du spekulierst also; so meine ich.
 
"Eine weitere gravierende Auswirkung auf den deutschen Steinkohlenbergbau und die Energieversorgung hatte der Versailler Vertrag durch seine Reparationsregelungen. Danach hatte das Reich an Frankreich, Belgien, Luxemburg und Italien zehn Jahre lang eine bestimmte Menge Kohlen als Reparation zu liefern, und zwar pro Jahr bis 1929:

- An Frankreich sieben Millionen Tonnen
- An Belgien acht Millionen Tonnen
- An Luxemburg vier Millionen Tonnen

Italiens Ansprüche wurden von 4,5 Millionen Tonnen im Kohlenjahr 1919/1920 auf eine jährliche Lieferung von 8,5 Millionen Tonnen ab 1924/1925 gesteigert. [...]"


Ziegler, Dieter: Die "Kohlennot" von 1919-1923, der Versailler Vertrag und der deutsche Steinkohlenbergbau, in: 1919- Der Versailler Vertrag und die Deutschen Unternehmen, Hesse, Jan Otmar/Ziegler, Dieter (Hrsg.), Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Band 35, Berlin 2022, S. 49


Das wäre nun die Grundlage meiner "Spekulation".
Leider ist in der Fußnote zu diesem Abschnitt nicht angegeben auf welchen Artikel des Versailler Vertrags sich das im Detail bezieht.

Die Fußnote (43) beezieht sich auf:

"Gesetz über den Friedensschluss zwischen Deutschland und den alliieerten und assoziierten Mächten v.16. Juli 1919, Teil 8, Abschnitt 1, Anlage 5, 1035ff."

Ich habe den VV im Gesamtext im Augenblick leider nicht zur Hand, aber demnach müsste es irgendwo einen Artikel geben, der jedenfalls den Transfer von Steinkohle als Reparationsleistung nach Belgien festlegte.

Was im Hinblick auf die Verzögerung bei der Erfüllung das Mitgehen Belgiens mit einem Kontingent 8.000 Mann bei der Ruhrbesetzung 1923 bedingte.
Die belgische Beteiligung wird unter anderem in Volker Ulrichs Buch zum Krisenjahr 1923 erwähnt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Versailler Vertrag ist problemlos online zu finden.
documentArchiv.de - Versailler Vertrag (28.06.1919)

Eine genaue Höhe der Reparationszahlungen ist dort nicht festgelegt, sondern lediglich eine Abschlagszahlung von 20Mrd Goldmark zuzüglich Sachwerten und dass eine alliierte Reparationskommission eingesetzt wird, die für die endgültige Höhe der Reparationen und die Abwicklung gegenüber Deutschland verantwortlich ist. An Sachwerten als Abschlag kann man dort (Teil VIII, Anlage V) auch die Kohlelieferungen finden (,ebenso wie in Anlage 4 die Lieferung von Nutztieren).
 
"Eine weitere gravierende Auswirkung auf den deutschen Steinkohlenbergbau und die Energieversorgung hatte der Versailler Vertrag durch seine Reparationsregelungen. Danach hatte das Reich an Frankreich, Belgien, Luxemburg und Italien zehn Jahre lang eine bestimmte Menge Kohlen als Reparation zu liefern, und zwar pro Jahr bis 1929:

- An Frankreich sieben Millionen Tonnen
- An Belgien acht Millionen Tonnen
- An Luxemburg vier Millionen Tonnen

Italiens Ansprüche wurden von 4,5 Millionen Tonnen im Kohlenjahr 1919/1920 auf eine jährliche Lieferung von 8,5 Millionen Tonnen ab 1924/1925 gesteigert. [...]"


Ziegler, Dieter: Die "Kohlennot" von 1919-1923, der Versailler Vertrag und der deutsche Steinkohlenbergbau, in: 1919- Der Versailler Vertrag und die Deutschen Unternehmen, Hesse, Jan Otmar/Ziegler, Dieter (Hrsg.), Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Band 35, Berlin 2022, S. 49


Das wäre nun die Grundlage meiner "Spekulation".
Leider ist in der Fußnote zu diesem Abschnitt nicht angegeben auf welchen Artikel des Versailler Vertrags sich das im Detail bezieht.

Die Fußnote (43) beezieht sich auf:

"Gesetz über den Friedensschluss zwischen Deutschland und den alliieerten und assoziierten Mächten v.16. Juli 1919, Teil 8, Abschnitt 1, Anlage 5, 1035ff."

Ich habe den VV im Gesamtext im Augenblick leider nicht zur Hand, aber demnach müsste es irgendwo einen Artikel geben, der jedenfalls den Transfer von Steinkohle als Reparationsleistung nach Belgien festlegte.

Was im Hinblick auf die Verzögerung bei der Erfüllung das Mitgehen Belgiens mit einem Kontingent 8.000 Mann bei der Ruhrbesetzung 1923 bedingte.
Die belgische Beteiligung wird unter anderem in Volker Ulrichs Buch zum Krisenjahr 1923 erwähnt.

Okay. Dann hat Belgien also nicht nur territoriale, sondern auch materielle Entschädigung/Wiedergutmachung erhalten.
 
Ad Karthago

Welcher Frieden war doch gleich gemeint? Das große Karthago führte drei Kriege, und es war noch mächtig nach dem ersten und noch bewohnbar nach dem zweiten.

Nach dem Ersten Punischen Krieg verlor Karthago Korsika und Sardinien und einen Großteil des Einfluss auf Sizilien, baute aber unter den Barkiden eine solide Hausmacht in Spanien auf.

Theodor Mommsen war der Ansicht, dass der "römische Imperialismus" eher defensiv ausgerichtet war, dass es zumindest keinen Masterplan für die Eroberung des Mittelmeerraums gab und die römische Expansion sich eher von übersteigerten Sicherheitsbestrebungen leiten ließ.

Diese Ansicht teilte auch 1949 Alfred Heuss, der an Mommsens Einschätzung sich anschloss und der Meinung war, dass Rom recht kurze Zeit nachdem es Unteritalien unter seine Kontrolle brachte, sich territorial saturiert fühlen konnte und das auch tat: " Rom geriet unvorbereitet in diesen Krieg; da bei einer Niederlage viel auf dem Spiel stand, mobilisierte man alle Energien- und war am Ende erfolgreich."

Bei der historischen Rezeption der Punischen Kriege trieb die Alte Geschichte unter NS-Kuratel seltsame Blüten: Es gab Dozenten, die den Konflikt zwischen Rom und Karthago unter "rassebiologischen Kriterien" betrachteten. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang vor allem Joseph Voigt, Helmut Berve und Fritz Schachtermeyer.

In Karthago, in den Phönikiern sah man ein Wechselbalg zwischen Rassen und Welten, deren "Randsemitentum" sich durch die Übersiedelung nach Afrika rassebiologisch verschlechtert habe. In den Punischen Kriegen sah man einen Existenzkampf manifestiert zwischen semitischen und nordischen Völkern. Von Carthago wurde dann auch ein Bogen geschlagen zum perfiden Albion.

Es überrascht bei dieser Rezeptionsgeschichte dass das Bild vom Carthago-Frieden auf den Versailler Vertrag übertragen wurde.
 
Der Versailler Vertrag ist problemlos online zu finden.

Besten Dank.

Okay. Dann hat Belgien also nicht nur territoriale, sondern auch materielle Entschädigung/Wiedergutmachung erhalten.

Gerade einmal rein geschaut. Der Artikel scheint derjenige Nr. 244 zu sein und @Ugh Valencia hat auch mit der Bemerkung hinsichtlich Nutzvieh recht, dass wurde Belgien gemäß Anlage IV §6 des Artikels zugestanden.

Die Kohlelieferungen an Belgien gehen aus §3 der Anlage V zum selben Artikel hervor.

Im Hinblick auf Belgien auch interessant Artikel 232:

"Die alliierten und assoziierten Regierungen erkennen an, daß die Hilfsmittel Deutschlands unter Berücksichtigung ihrer dauernden, sich aus den übrigen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags ergebenden Verminderung nicht ausreichen, um die volle Wiedergutmachung aller dieser Verluste und Schäden sicherzustellen.
Immerhin verlangen die alliierten und assoziierten Regierungen und Deutschland verpflichtet sich dazu, daß alle Schäden wieder gutgemacht werden, die der Zivilbevölkerung jeder der alliierten und assoziierten Mächte und ihrem Gut während der Zeit, in der sich die beteiligte Macht mit Deutschland im Kriegszustand befand, durch diesen Angriff zu Lande, zur See und in der Luft zugefügt worden sind, sowie überhaupt alle Schäden, die in der Anlage I näher bezeichnet sind.
In Erfüllung der von Deutschland bereits früher bezüglich der völligen Wiederherstellung und Wiederaufrichtung Belgiens gegebenen Zusage verpflichtet sich Deutschland noch über den an anderer Stelle in diesem Kapitel vorgesehenen Schadensersatz hinaus, und als Folge der Verletzung des Vertrags von 1839, alle Summen zu erstatten, die Belgien von den alliierten und assoziierten Regierungen bis zum 11. November 1918 entliehen hat, nebst 5 v. H. Zinsen aufs Jahr für diese Summen. Der Betrag dieser Summen wird durch den Wiedergutmachungsausschuß festgestellt, und die deutsche Regierung verpflichtet sich, sofort eine entsprechende Ausgabe von besonderen Schatzscheinen auf den Inhaber, zahlbar in Mark Gold am 1. Mai 1926 oder nach Wahl der deutschen Regierung am 1. Mai eines der 1926 vorausgehenden Jahre, zu veranstalten. Unter Berücksichtigung obiger Bestimmungen wird die Form dieser Schatzscheine durch den Wiedergutmachungsausschuß festgesetzt. Die Schatzscheine werden dem Wiedergutmachungsausschuß ausgefolgt, der zur Entgegennahme und Empfangsbestätigung im Rahmen Belgiens ermächtigt ist."

Das regelt also durchaus auch ganz Konkret finanzielle Ansprüche Belgiens oder jedenfalls im Namen Belgiens an Deutschland, neben den noch festzulegenden nominalen Reparationssummen.
 
Es überrascht bei dieser Rezeptionsgeschichte dass das Bild vom Carthago-Frieden auf den Versailler Vertrag übertragen wurde.

Vielleicht weniger eine Überraschung, als vielmehr ein Hinweis darauf, dass es sich bei der Wendung nicht um politisch korrekten Nazi-Jargon handelt. Wir tun uns ja in Deutschland mit von den Nazis stark geprägter Sprache schwer. Wenn ich einen Beitrag im Netz lese, wo Vokabular wie Kulturbolschewismus oder Volksgemeinschaft verwendet wird, ist das mich mich natürlich eine Red Flag. Ähnlich hat ja hier ein User auf Turgots Verwendung von Kathago-Frieden reagiert.

Nun sind natürlich nicht alle Wörter, die ein Nazi je in den Mund genommen hat, automatisch verdächtig. Man kann ja auch nicht den Vegetarismus ablehnen und rechts einordnen, nur weil Hitler Vegetarier war.

Bei dem Karthago-Frieden scheint es sich also eher um enen neutralen Begriff wie zum Beispiel Phyrrus-Sieg zu handeln und nicht um explizit rechte Sprache, die sich aus bestimmter Ideologie oder einem best. Geschichtsbild speist.
 
Zur besseren Übersicht einmal die Daten der einzelnen Mobimachungen:
Ja, das sind offiziellen Daten. Was da nicht steht, sind die Ereignisse dazwischen: z.B., dass am 28. Juli 1914 um 11 Uhr morgens Österreich-Ungarn Serbien den Krieg erklärt hat, und dass danach Russland erklärt hat, mobil machen zu wollen, sollte Österreich-Ungarn die Grenze zu Serbien überschreiten. Trotzdem beschießt am 29. Juli morgens um 2 Uhr Österreich-Ungarn mit 3 Kanonen-Booten Belgrad, was, wie angekündigt, zu einer Teilmobilmachung Russlands in 4 Militärbezirken führt.

Österreich-Ungarn hat den Krieg angefangen im Wissen, Deutschland hinter sich zu haben, egal was da kommen sollte.

PS: In deiner Aufstellung steht, dass die deutsche Mobilmachung am 2. August erfolgte; richtig ist aber vielmehr, dass diese am 1. August vom Kaiser persönlich verkündet wurde. Außerdem fehlt darin, dass am gleichen Tag, d.h. am 1. August, Deutschland Russland den Krieg erklärt hatte, und dass deutsche Patrouillen bereits die Grenze zu Luxemburg überschritten hatten. Und am 2. August sind sie schon in Frankreich, es fallen die ersten 2 Soldaten: Je einer auf deutscher und französischer Seite; die deutsche Kriegserklärung am 3. August an Frankreich ist nur noch eine Formalität.
 
@Dion, schau doch einfach genauer hin. Es ist eine Übersicht der Mobilmachungen.
Zur besseren Übersicht einmal die Daten der einzelnen Mobimachungen:

25. Juli Serbien ordnet die Mobilmachung an
26.Juli (offiziell) Russland beginnt mit der Kriegsvorbereitungsperiode
27.Juli England stellt die vorgesehene Demobilmachung seiner gesamten Flotte nach der Probemobilmachung ein.
28.Juli Kriegserklärung Österreich-Ungarn an Serbien
29.Juli England erläßt die sogenannten Warnungstelegramme für Herr und Marine
29.Juli Montenegro befiehlt die Mobilmachung
30. Juli Russland befiehlt die Mobilmachung
30. Juli Frankreich befiehlt die Aufstellung des Grenzschutzes gegen Deutschland
31.Juli Österreich-Ungarn befiehlt die Alarmierung des Grenzschutzes gegen Russland
31.Juli Deutschland erklärt den Zustand der drohenden Kriegsgefahr
31.Juli Belgien ordnet die Mobilmachung an
01.August Frankreich ordnet die Mobilmachung an
02.August England macht die Flotte mobil
02.August Deutschland ordnet die Mobilmachung an
04.August England macht das Heer mobil

Die Kriegerklärung Österreich-Ungarns habe ich mit aufgenommen, um genau Ausführungen wie die von dir zu vermeiden. Ich kann dir auch eine Aufstellung der Kriegserklärungen einstellen.

Fakt ist, das Russland zuerst mit den Maßnahmen begonnen hatte. Gemäß Suchomlinow, der sollte es eigentlich ganz genau wissen, noch vor dem 25.Juli 1914. Kannst du "Die russische Mobilmachung" von Eggeling nachlesen. Serbien begann am 25.07.1914, der Tag an dem man Wien die Antwort auf das Ultimatum überreicht hatte. Belgrad konnte sich mit russischer Rückendeckung leisten, einige Punkte abzulehnen. Ohne die russische Unterstützung, hätte Belgrad das Ultimatum akzeptiert und Wien hätte kein Grund gehabt den Krieg zu erklären.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ohne die russische Unterstützung, hätte Belgrad das Ultimatum akzeptiert und Wien hätte kein Grund gehabt den Krieg zu erklären.
Ja, und ohne der Unterstützung Deutschlands hätte Österreich-Ungarn nicht ein solch unerfüllbares Ultimatum gestellt. Aber selbst dann war nicht alles verloren, denn Kaiser Wilhelm meinte am 28. Juli 10 Uhr nach der Lektüre der serbischen Antwortnote, dass nun jeglicher Kriegsgrund entfallen sei. Trotzdem erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg.
 
Niemand behauptet, das Deutschland unschuldig ist. Klar, das Ultimatum war vorsätzlich so abgefasst worden, das es angeblich unannehmbar sein sollte und Österreich seine "Strafexpedition" durchführen konnte. Nur, das Ultimatum war nicht unannehmbar und Wien wollte auch kein Territorium von Serbien annektieren.
 
Niemand behauptet, das Deutschland unschuldig ist.
Klar, aber wenn man sich Julikrise ansieht, dann kommt man nicht umhin, dass Deutschland mit der bedingungslosen Unterstützung Österreich-Ungarns den größten Fehler beging, weil es nicht glaubte oder nicht glauben wollte, dass Russland Serbien beistehen würde. Dabei lag dies seit 1912/1913 klar auf der Hand.

Die Hintergründe des I. Weltkrieges waren ohnehin andere: Deutschlands Bestreben, eine Kolonialmacht zu werden wie England und Frankreich. Deshalb seit 1898 und 1902 der verstärkte Ausbau der Flotte, für die wir noch heute mit der Sektsteuer zahlen. :D Das war das übliche Großmachtstreben nach mehr Lebensraum: Russland war schon groß, und England und Frankreich durch die Kolonien auch.

Das blieb den anderen Großmächten nicht verborgen, vor allem England befürchtete, ihre Rolle als führende Seemacht zu verlieren. Deshalb gab es ein Wettrüsten und am Vorabend des Krieges hatte Deutschland fast mehr Schiffe vor Ort in Europa als England, dessen Schiffe weit auf den Weltmeeren verstreut waren. Das war jetzt nur ein Beispiel, aber die Konstante im Denken Deutschlands war der Hunger nach mehr Lebensraum des zu spät gekommenen.

Die Zeit des Imperialismus ist vorbei, fast niemand mehr gestattet es noch Staaten, andere zu überfallen, um sich deren Gebiete einzuverleiben. Wenn man Kriege als etwas Positives sehen will, dann ist das die Lehre der beiden Weltkriege für die heutige Zeit.
 
Klar, aber wenn man sich Julikrise ansieht, dann kommt man nicht umhin, dass Deutschland mit der bedingungslosen Unterstützung Österreich-Ungarns den größten Fehler beging, weil es nicht glaubte oder nicht glauben wollte, dass Russland Serbien beistehen würde. Dabei lag dies seit 1912/1913 klar auf der Hand.

Da kann man durchaus geteilter Meinung sein. Deutschland hat als erster der Großmächte einen Fehler gemacht, ja, aber die anderen folgten mit ihren Fehler, die genauso schwer wiegen.

Und bezüglich Serbien ist das gerade eben nicht der Fall. Russland hatte 1908/09 und 1912/13 in Belgrad Zurückhaltung gepredigt.
 
Ja, und ohne der Unterstützung Deutschlands hätte Österreich-Ungarn nicht ein solch unerfüllbares Ultimatum gestellt. Aber selbst dann war nicht alles verloren, denn Kaiser Wilhelm meinte am 28. Juli 10 Uhr nach der Lektüre der serbischen Antwortnote, dass nun jeglicher Kriegsgrund entfallen sei. Trotzdem erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg.

Das Wien den Krieg erklärte, trotz des Umstands das KWII schwankte, spricht allerdings dafür, dass die Entscheidungsfindung in Wien wesentlich autonomer verlief, als du das unterstellst.
 
Klar, aber wenn man sich Julikrise ansieht, dann kommt man nicht umhin, dass Deutschland mit der bedingungslosen Unterstützung Österreich-Ungarns den größten Fehler beging, weil es nicht glaubte oder nicht glauben wollte, dass Russland Serbien beistehen würde. Dabei lag dies seit 1912/1913 klar auf der Hand.

Russland konnte Serbien ja durchaus unterstützen, dass allein war nicht der Punkt, dass Russland Serbien unterstützte, war im Sinne einer Sprengung der Entente für Berlin sogar wünschenswert, entscheidend war ob Frankreich mitging oder zurückzog.

In dieser Hinsicht war die französische Politik Russland um jeden Preis zu decken nicht wenigeer töricht als der deutsche Blankoscheck.

Die Hintergründe des I. Weltkrieges waren ohnehin andere: Deutschlands Bestreben, eine Kolonialmacht zu werden wie England und Frankreich.

Falls dir das entgangen sein sollte, Deutschland war bereits Kolonialmacht.
Das Deutsch-Britische Abkommen über die portugiesischen Kolonien von 1913 zeigt auch, dass eine Vergrößerung des Kolonialreiches auch ohne Krieg durchaus im Bereich des Möglichen war.

Deshalb seit 1898 und 1902 der verstärkte Ausbau der Flotte, für die wir noch heute mit der Sektsteuer zahlen.
Auch das ist so nicht haltbar. Tirpitz Implikationen beim Aufrüsten der Flotte bestand darin GB ein Entgegenkommen abzutrotzen.
Was im übrigen im Großen und ganzen nichts anders war als das Nachvollziehen einer Politik, die Frankreich und Russland bereits erfolgreich betrieben hatten.
Im Bezug auf Kolonien, waren die großen Schlachtschiffe, zumal bei den fehlenden Versorgungsstützpunkten recht nutzlos.

Das war das übliche Großmachtstreben nach mehr Lebensraum: Russland war schon groß, und England und Frankreich durch die Kolonien auch.
Und das ist eine Rückprojektion der Motive des 2. Weltkriegs in den 1. Weltkrieg.
Territoriale Ziele welcher Art auch immer, lassen sich für Deutschland vor Kriegesbeginn nicht nachweisen.
Im Gegeteeil zeigt die Ausarbeitung des Septembrprogramms und dessen Entstehungsgeschichte, dass man erst während des Krieeges darübeer zu diskutieren begann, was man eigentlich wollte, nachdem der große Krieg, den man nicht wollte, nun doch da war.

Das blieb den anderen Großmächten nicht verborgen, vor allem England befürchtete, ihre Rolle als führende Seemacht zu verlieren.

Das befürchtete es nicht, im Besonderen nicht mehr nach dem Dreadnaugt-Sprung, der GBs Vorsprung vergrößerte.
Auch so hatte sich gezeigt, dass Deutschland nicht genug Werften hatte, um im Wettrüsten gegen GB mitzuhalten, außerdem waren nachdem die Landrüstung durch die russischen Heeresvermehrungen wieder an Priorität gewann überhaupt kein Geld vorhanden um die Flotte weiter auszubauen und die Briten wussten das.

Deshalb gab es ein Wettrüsten und am Vorabend des Krieges hatte Deutschland fast mehr Schiffe vor Ort in Europa als England, dessen Schiffe weit auf den Weltmeeren verstreut waren
Sachlich nicht Richtig. Deutschland hatte zu keiner Zeit mehr Schiffe in Europa, als GB.
Auch Teile von Deutschlands Flotte, siehe Ostasiengeschwader, siehe SMS Emden kreuzten anderswo herum, davon ab benötigte Deutschland wegen der Blockkonstellationen in Europa maritime Kräftee in der Ostsee um Russland in Schach zu halten, die für ein Vorgehen gegen die britische Flotte nicht zur Verfügung stehen konnten und eine französische Flotte, die im Krigesfall das maritime Übergewicht GBs noch verstärken musste, gab es übrigens auch noch.

Das war jetzt nur ein Beispiel, aber die Konstante im Denken Deutschlands war der Hunger nach mehr Lebensraum des zu spät gekommenen.

Das war mehr ein Beispiel aus einer bunten Mischung aus Fischer und Dion'scher Rückprojektion des 2. Weltkriegs in den Ersten. In diesem Sinne weder plausibel noch zu belegen.
 
[QUOTE="PostmodernAtheist, post: 867024, member: 30381"
Sagst du. Was ist mit den Einnahmen aus den Kolonien?

[/QUOTE]

Welche Einnahmen? Was die deutschen Kolonien angeht, so war meines Wissens Togo die einzige Kolonie, die es durch Verbesserungen in der Landwirtschaft, etwa durch den Sisalanbau, bis 1914 schaffte, eine positive Handelsbilanz aufzubauen. Alle anderen deutschen Kolonien waren Zuschussprojekte. In Indien haben die Briten nach den Erfahrungen des Sepoy-Aufstands 1858 viel investiert in Infrastruktur, haben Bahnlinien, Schulen, Krankenhäuser und Colleges nach britischem Vorbild gebaut. Indien war enorm wichtig als Absatzmarkt für britische Waren, aber selbst Indien-sozusagen das Kronjuwel des britischen Empires war ein Zuschussprojekt. Es sind einzelne Leute und Firmen etwa durch Diamanten sehr reich geworden, aber fast alle Kolonien Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts waren Zuschussprojekte, in die das Mutterland Kosten für Verwaltung, Bahnbau, Infrastruktur etc., etc. aufwenden musste.

Die Zeiten des Merkantilismus, in denen Kolonien ausschließlich billige Rohstoffliferanten für Waren und Güter waren, die im Mutterland veredelt wurden, waren vorbei. Die Erfahrungen in Indien zeigten, dass sich eine Kolonie kaum dauerhaft als Privatkolonie von Handelsgesellschaften regieren ließen. Das Mutterland kam nicht umhin, Kosten für den Aufbau von Infrastruktur, für Verwaltung, Militär, Polizei auszugeben, Bahnlinien, Schulen, Krankenhäuser zu bauen- und unterm Strich überwogen in den meisten Provinzen nicht nur in den deutschen die Kosten die Einnahmen.

Ein Sonderfall war der Kongo-Freistaat- im Prinzip bis 1908 eine Privatkolonie des Königs Leopold II. von Belgien. Leopold hatte Henry M. Stanley unter Vertrag genommen- einen britisch-amerikanischen Journalisten, der berühmt geworden war, durch seine (erfolgreiche) Suche nach dem verschollenen Forscher David Livingstone. Stanley hatte als Erster Europäer Afrika von Ost nach West durchquert und das Kongobecken und den Viktoriasee erforscht und kartographiert. Auf der Berliner Kongo-Konferenz erhielt Leopolds Privatkolonie die Anerkennung als Staat. Im Auftrag Leopolds schloss Stanley Verträge mit Häuptlingen. Mit diesen Verträgen verloren die Kongolesen alle Eigentumsrechte an Land, landwirtschaftlichen Erzeugnissen, an Bodenschätzen, Wald und Gewässern. Die Sklaverei wurde offiziell abgeschafft- das hieß jetzt Zwangsarbeit. Im Kongo gab es riesige Vorkommen von wildem Kautschuk. Kautschuksammeln war harte, aufwändige und gefährliche Arbeit. Der Kautschuk wurde geritzt und der Latex gesammelt. Etliche Kautschuksammler mussten den Latex auf der eigenen Haut trocknen lassen. Das Sammeln erforderte lange Wanderungen im Dschungel, als Gefahren drohten Raubtiere, Sklavenfänger und gefährliche Klettertouren. Es wurden Quoten festgelegt, die erfüllt werden mussten. Bei Nichterreichen der Quote wurden ganze Dörfer niedergebrannt und massakriert. Es wurden Hände abgehackt. Da die Offiziere der Force publique den Soldaten nicht trauten verlangten sie, dass sie für jede verschossene Patrone eine Hand vorweisen mussten. Ende des 19. Jahrhunderts gingen Bilder um die Welt von verstümmelten Kongolesen, denen man die Hände abgehackt hatte. Das war nicht etwa ein skurriler, barbarischer afrikanischer Brauch, sondern ein europäischer Kulturimport.

Bis um die Jahrhundertwende konnte Leopold II. seinen guten Ruf wahren, es fiel aber allmählich Journalisten, Geistlichen auf, dass der Kongofreistaat zahlreiche Güter exportierte: Kautschuk, Kupfer, Elfenbein, dass aber außer Waffen fast gar nichts in den Kongo eingeführt wurde. 1908 starb Leopold und vermachte den Kongo-Freistaat dem belgischen Staat. Aus dem Kongo-Freistaat wurde Belgisch- Kongo. Die Belgier stellten einige der schlimmsten Greuel und Missstände ab, grundsätzlich aber änderten sich die Verhältnisse nicht.

Der Welt zeigte Leopold in Ostende und Brüssel nur die Schokoladenseite seiner Kolonialpolitik. Der Kongostaat-tatsächlich das Herz der Finsternis- wurde als Musterkolonie präsentiert, nahe Brüssel gründete Leopold ein eigenes Museum. In Belgien und im Kongo wurde Generationen von Schulkindern eingetrichtert, dass Leopold ein uneigennütziger Philanthrop war, der die Zivilisation und das Christentum in den Kongo brachte. Nach modernen Schätzungen hat allerdings ein Großteil der Kongolesen die Errungenschaften der Zivilisation nicht überlebt. Einige Schätzungen gehen von Bevölkerungsverlusten von bis zu 50 % in einem Zeitraum von den "Kongogräueln Ende der 1880er bis zum Ende des 1. Weltkriegs.

Bis vor ganz kurzer Zeit waren die Kongogräuel in Belgien ein Tabuthema.

Mit den Einnahmen aus den Kolonien war es gar nicht soweit her, recht beträchtlich war dagegen der militärische Einsatz von Kolonialtruppen. Auf Seiten der Briten und Franzosen kämpften im Verlauf des Krieges zahlreiche Soldaten aus den Kolonien und Dominions: Kanadier, Australier, Neuseeländer, Inder, Gurkhas aus Nepal, Südafrikaner, Rhodesier auf Seiten der Briten, Marokkaner, Algerier, Senegalesen auf Seiten der Franzosen.

Der Einsatz von Kolonialtruppen in Europa, vor allem von "Farbigen" wurde auf deutscher Seite von der Rechten als unerhörte Kulturschande skandalisiert.

Die deutschen Kolonien, abgeschnitten vom Mutterland, wurden fast alle innerhalb kurzer Zeit besetzt. In Deutsch-Ostafrika aber, konnten sich die Deutschen unter Paul von Lettow-Vorbeck durch geschicktes Taktieren bis 1918 halten. In Afrika haben auch die Deutschen eingeborene Soldaten (Askari) und Träger rekrutiert.
 
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