Unsere Mütter, unsere Väter

Sagen wir's mal so … überlassen wir die Kritik an der polnischen "offiziellen" Geschichtsschreibung lieber den Israelis. Das Schöne ist, wir müssen uns da auch nicht einmischen. Es genügt völlig, auf die Einhaltung der Freiheit von Rede und Wissenschaft durch die polnische Regierung zu pochen. Und das dürfen wir. Denn auch wenn viele "EU-Skeptiker" dies offenbar nicht begreifen: Es ist legitim, wenn die EU denjenigen Staaten, die zur EU gehören wollen, vorschreibt, wie sie sich in der EU zu verhalten haben.
 
Was tun wir denn in diesem Thread hauptsächlich? Über polnischen Antisemitismus und Antijudaismus bzw. über die nationalistische Geschichtspolitik unter der PiS reden. Dagegen ist auch überhaupt nichts einzuwenden.
sic!
Etwas völlig anderes ist es aber zu sagen: "Wir sind in Sachen Aufarbeitung so geil, die anderen sollen sich darin mal an uns messen."
auch in weniger vulgär-salopper Sprache habe ich eine derartige Forderung seitens deutscher Behörden/Ministerien/"Offizieller" und hier in dieser Unterhaltung/Diskussion noch nicht wahrnehmen können...
 
Ich sehe aber nicht ein, weshalb ich als Deutscher nicht auf den genannten Umstand hinweisen darf, nur weil ich ein Deutscher bin. Ich lebe in einem demokratisch verfassten Staat und die Meinung ist frei. Als Deutscher habe ich in meinem Leben schon so mehr einmal die ätzende Beleidigung an die Ohren bekommen, ein Scheiss Nazi zu sein und zwar von Menschen, die mich überhaupt nicht kennen.
Ich bewege mich ziemlich viel im Ausland und habe mich schon oft mit Menschen unterschiedlichster Herkunft unterhalten.
In Großbritannien, in Lateinamerika, in den USA, in Spanien, in Polen. Eine (mittlerweile nur noch Facebook-) Freundin von mir stammt aus einer algerisch-jüdischen Familie, die vom Holocaust also "nur" mittelbar bedroht war. Ich bin nie als "Scheiß-Nazi" tituliert worden, aber ich habe immer Neugierde erfahren. Wenn Leute behaupten, sie seien im Ausland als Nazis tituliert worden, kann ich das also nicht unbedingt nachvollziehen, es entspricht - trotz sehr vieler Reisen gerade auch ins osteuropäische Ausland - nicht meinem Erfahrungsschatz.

Die einzige unangenehme Begegnung die ich diesebezüglich hatte, war mit Verwandten von Kommilitonen eines Freundes in Jordanien, mit denen wir uns verabredet hatten, als wir in Amman waren, die fanden es nämlich ganz toll mit Deutschen zusammen zu sitzen und fingen plötzlich an von Hitler zu schwärmen. Das war eine unangehme Situation, nicht weil die Nazis "beschissen" fanden, sondern leider ganz im Gegenteil.

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Doch, eine andere Situation habe ich tatsächlich noch erlebt. Es war in Venezuela 2001, wo ich ein Foto von einem Geier auf einem Autodach machen wollte. Problem: Drei Männer standen an dem Auto. Ich ging also auf sie zu und fragte, ob ich ein Foto machen dürfe.
"Na klar, Gringo."
"Ich bin kein Gringo, ich bin Deutscher."
Drei Arme ausgestreckt in der Luft.
"Nee, dann bin ich lieber Gringo."
(Wahrscheinlich war ich nicht ganz so schlagfertig, wie in meiner Erinnerung.)

Aber auch dieser geschmacklose Witz war keine Anklage.
 
auch in weniger vulgär-salopper Sprache habe ich eine derartige Forderung seitens deutscher Behörden/Ministerien/"Offizieller" und hier in dieser Unterhaltung/Diskussion noch nicht wahrnehmen können...
Hat auch niemand behauptet. Man liest sie aber ab und an mal mehr im- mal mehr explizit von einzelnen Personen hier im Forum.
 
Was ich halt extrem ungeil finde, ist, wenn man sich selbst in Bezug auf historischer Aufarbeitung so geil findet, dass man sich selbst auf die Schulter klopft
da in deinen Beiträgen erneut "geil" (und nun auch "ungeil") auftauchen: was im Kontext von historischen Fragen ist denn "geil" und artikuliert sich die quellensichere ehrbare historische Wissenschaft auch mit solchem Vokabular? ;)
 
Ich bewege mich ziemlich viel im Ausland und habe mich schon oft mit Menschen unterschiedlichster Herkunft unterhalten.
In Großbritannien, in Lateinamerika, in den USA, in Spanien, in Polen. Eine (mittlerweile nur noch Facebook-) Freundin von mir stammt aus einer algerisch-jüdischen Familie, die vom Holocaust also "nur" mittelbar bedroht war. Ich bin nie als "Scheiß-Nazi" tituliert worden, aber ich habe immer Neugierde erfahren. Wenn Leute behaupten, sie seien im Ausland als Nazis tituliert worden, kann ich das also nicht unbedingt nachvollziehen, es entspricht - trotz sehr vieler Reisen gerade auch ins osteuropäische Ausland - nicht meinem Erfahrungsschatz.

Dann haben wir unterschiedliche Erfahrungen. In meinem Leben war ich ebenfalls, jetzt im Alter nicht mehr so, doch häufiger im Ausland als Tourist. Ich habe solche "netten" Beleidigungen in den Niederlanden, Griechenland, Spanien und auch Italien zu hören bekommen; nie in Frankreich. Aber auch hier in Deutschland, vor Jahren wurde ein Nachbar der Mietvertrag gekündigt, das war ein Deutsch-Russe, der sich dann auf dem Balkon stellte und lautstark schrie, "Ihr seid alles Scheiss-Nazis." Die gleichen Nachbarn, mit denen er abends zuvor noch zusammen gegrillt hatte.
 
da in deinen Beiträgen erneut "geil" (und nun auch "ungeil") auftauchen: was im Kontext von historischen Fragen ist denn "geil" und artikuliert sich die quellensichere ehrbare historische Wissenschaft auch mit solchem Vokabular? ;)
Kann es sein, dass du immer dann, wenn dir die Argumente ausgehen, dich auf Vokabelfragen stürzt?
 
Kann es sein, dass du immer dann, wenn dir die Argumente ausgehen, dich auf Vokabelfragen stürzt?
"ungeil" ist, Fragen nicht zu beantworten ;) Ich hatte dir eine zu deiner Wortwahl gestellt.

Da wir aber dank deiner Wortwahl bei "geil" und "ungeil" in obendrein belehrenden Beiträgen angelangt sind: mir kommen "geil" und "ungeil" im Kontext der deutschen Aufarbeitung der NS Zeit irgendwie deplatziert vor - aber ich bin nur Laie, kein Historiker.
 
Und wer hat das gesagt? Geil? Ich habe von weit gesprochen! Und auf anderen Nationen hingewiesen. Du bist, den Eindruck könnte man durch deine Auslassungen gewinnen, möglicherweise der Meinung Deutsche sollen einfach nur die Klappe halten. Das andere auch Unrecht begangen haben ist irrelevant; es zählt ausschließlich das deutsche Unrecht. Steht das so auch auf deinem Lehrplan?


Ich habe das eher dahingehend verstanden, dass es möglicherweise etwas anmaßnd rüberkäme, wenn man nun unseren Nachbarn Ansagen dahingehens macht, dass sie der eigenen Meinung nach mit ihrer Geschichte falsch umgehen und ihnen dann mit Verweis auf das eigene Beispiel sagt, wie sie, der eigenen Meinung nach damit umzugehen haben.
 
Ich habe das eher dahingehend verstanden, dass es möglicherweise etwas anmaßnd rüberkäme, wenn man nun unseren Nachbarn Ansagen dahingehens macht, dass sie der eigenen Meinung nach mit ihrer Geschichte falsch umgehen und ihnen dann mit Verweis auf das eigene Beispiel sagt, wie sie, der eigenen Meinung nach damit umzugehen haben.

Wurde von mir nirgendwo behauptet. Ich habe ausgeführt, das die Bundesrepublik relativ weit in der Aufarbeitung der Schreckenszeit von 1933 bis 1945 ist. Des Weiteren habe ich ausgeführt, das es Nationen gibt, die ihre eigene Schuld leugnen und bestreiten. Das war es. Da wurde dann möglicherweise zu viel reininterpretiert.

Wir wissen, das es in Polen seit 2018 sogar so ist, das es ernste juristische Folgen haben kann, wenn polnischen Bürgern oder den polnischen Staat, von wem auch immer, eine Mitverantwortung an den Verbrechen der Nazis zugeschrieben wird. Die Frage ist, wie dann noch eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte erfolgen soll?
 
Zuletzt bearbeitet:
"ungeil" ist, Fragen nicht zu beantworten ;) Ich hatte dir eine zu deiner Wortwahl gestellt.

Da wir aber dank deiner Wortwahl bei "geil" und "ungeil" in obendrein belehrenden Beiträgen angelangt sind: mir kommen "geil" und "ungeil" im Kontext der deutschen Aufarbeitung der NS Zeit irgendwie deplatziert vor - aber ich bin nur Laie, kein Historiker.
Ja, und mir kommt es, nicht zum ersten Mal, so vor, dass du das Thema auf die Wortwahl lenkst, wenn es eigentlich min etwas Ernstes geht. Das Thema war die Selbstbeweihräucherung in Sachen historischer Aufarbeitung. Ja, da ist Deutschland durchaus vorbildlich. Wenn ich aber, als Angehöriger der Nation, die den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust vom Zaun gebrochen hat, von anderen fordere, dass sie doch jetzt auch mal in ihrem Keller aufräumen sollen, dann dokumentiere ich damit zu einem gewissen Grad, dass ich aus der historischen Aufarbeitung nicht wirklich genug gelernt habe, weil ich die historische Aufarbeitung gewissermaßen dazu nutze zu sagen „ätsch, wir Deutschen sind besser.“
Wenn du mir daraufhin mit Petitessen wie der Wahl der Worte geil/ungeil kommst, dann habe ich dafür A kein Verständnis und B den Eindruck, dass du von dem angesprochenen Problem ablenken willst.
 
Das Thema war die Selbstbeweihräucherung in Sachen historischer Aufarbeitung
Ach ja? Geht es hier um das Thema "Selbstbeweihräucherung in Sachen historischer Aufarbeitung", oder ist das deine Erfindung, die du obendrein einigen Teilnehmern der Diskussion hier unterjubeln willst?
Tatsache ist, dass man neuerdings behördlicherseits in Polen gelinde gesagt einen sehr eigenwilligen Umgang mit historischen Fakten pflegt.

Wenn du mir daraufhin mit Petitessen wie der Wahl der Worte geil/ungeil kommst
ich stelle einfach nur fest, dass du es offenbar für stilistisch ok hältst, die Adjektive "geil/ungeil" im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der NS Zeit zu verwenden. Ich halte diese Wortwahl für sehr deplatziert und sie ist mir in dieser Form auch noch nicht in Publikationen zur Aufarbeitung der NS Zeit begegnet.
 
Nur, wer sieht, dass es eine Pflicht ist, auch andere zur Aufbereitung ihrer Geschichte zu bewegen, hat die Lehre aus der Aufarbeitung unserer Geschichte verstanden. Die Frage ist für mich aber, wie das geschieht. Der Zaunpfahl ist sicher unangebracht und manches Beispiel ist besser als alle Worte.
 
ich stelle einfach nur fest, dass du es offenbar für stilistisch ok hältst, die Adjektive "geil/ungeil" im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der NS Zeit zu verwenden. Ich halte diese Wortwahl für sehr deplatziert und sie ist mir in dieser Form auch noch nicht in Publikationen zur Aufarbeitung der NS Zeit begegnet.
Dann stellst du falsch fest. Ich verwende die Worte geil/ungeil nicht im Zusammenhang mit der historischen Aufarbeitung, sondern im Zusammenhang mit der Selbstbeweihräucherung.
 
Nur, wer sieht, dass es eine Pflicht ist, auch andere zur Aufbereitung ihrer Geschichte zu bewegen, hat die Lehre aus der Aufarbeitung unserer Geschichte verstanden. Die Frage ist für mich aber, wie das geschieht. Der Zaunpfahl ist sicher unangebracht und manches Beispiel ist besser als alle Worte.

Am Besten wäre wohl die Aufarbeitung ganz einfach zu betreiben.

In Polen wird die Forschung an diesen Themen nicht gefördert und der öffentliche Diskurs behindert. So weit so schlecht.
Was würde denn dagegen sprechen den entsprechenden Historikern in Polen über entsprechende Institutionen, in Deutschland, die in irgendeiner Weise mit der Shoa-Forschung verbunden sind entsprechend zu unterstützen, die Forschung, die Veeröffentlichung und die Übersetzung in andere gängige Sprachen zu ermöglichen?

Tut man das wird auch das offizielle Polen sich diesem Diskurs auf Dauer nicht verschließen können und die Unterstützung polnischer Forscher bei vollkommen legitimen Forschungsprojekten wäre auch nichts, dass sich in irgendeiner Form als eine Art besserwisserische Sebstbeweihräucherung verstehen ließe.

Es wäre Unterstützung eines Forschungsprojekts und damit in keiner Weise etwas ungebührliches, sondern etwas gänzlich normales.

Verweigerung von Fördermitteln durch das offizielle Polen wäre dann kein Problem mehr und sofern von vorn herein klar gestellt wird, dass Veröffentlichungen in Polen und in polnischer Sprache gar nicht angestrebt würden, bliebe auch die entsprechende Zensurgesetzgebung relativ stumpf.

Wenn der polnische Staat, auch das blockieren wollte, müsste er seine Gesetzgebung so verschärfen, dass er generell das Forschen zu dem Thema verbieten oder Studien, die aus dem Ausland finanziert werden generell verbieten müsste.
Ein solcher Schritt wäre dann allerdings keine innerpolnische Angelegenheit mehr, sondern würde die internationale Forschung insgesamt betreffen und zu einem entsprechenden Aufschrei führen, der die polnische Regierung in Erklärungsnot brächte.

Ich denke die eleganteste Lösung für dieses Problem bestünde darin den Forschenden in Polen einfach so weit unter die Arme zu greifen, dass die polnische Regierung entweder einlenken und diese Gesetzgebung zurücknehmen muss oder aber dass sie gezwungen ist diese Gesetzgebung so weit auszudehnen, dass sie sich damit international komplett ins Abseits schießt und dass es möglicherweise auch der polnischen Bevölkerung zu bunt wird.
 
Das Thema war die Selbstbeweihräucherung in Sachen historischer Aufarbeitung. Ja, da ist Deutschland durchaus vorbildlich. Wenn ich aber, als Angehöriger der Nation, die den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust vom Zaun gebrochen hat, von anderen fordere, dass sie doch jetzt auch mal in ihrem Keller aufräumen sollen, dann dokumentiere ich damit zu einem gewissen Grad, dass ich aus der historischen Aufarbeitung nicht wirklich genug gelernt habe, weil ich die historische Aufarbeitung gewissermaßen dazu nutze zu sagen „ätsch, wir Deutschen sind besser.“

@El Quijote

Noch einmal, zum widerholten Male, nur extra nur für dich:

Ich habe geschrieben, das die Bundesrepublik Deutschland in Sachen Aufarbeitung der Schreckensherrschaft 1933 bis 1945 recht weit ist. Des Weiteren habe ich ausgeführt, das andere Nationen ihre Schuld leugnen bzw. abstreiten.

Was du über meine Ausführungen fabulierst, sind zutreffende Unterstellungen von dir. Als höre bitte auf, mir unzutreffende Dinge unterzuschieben.

Selbstbeweihräucherung? Ein wenig passender Ausdruck. Allein die zutreffende und von dir bestätigte Feststellung, das die Bundesrepublik in der Aufarbeitung der NS Zeit relativ weit ist, ist für dich eine "Selbstbeweihräucherung". Das vermag ich nicht nachzuvollziehen.
 
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