WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Wenn konkrete britische Aktionen in der Juli-Krise auf diese Vorgeschichten zurückzuführen wären, dann im Sinne einer bestimmten Wahrnehmung und Wertung deutscher Aktionen.
Das verstehe ich nicht, denn GB befand sich doch nicht einzig mit D im diplomatisch-politischen Gerangel.
Abgesehen davon ist die deutliche britische Positionierung in der Juli-Krise

- (leider! zu spät erfolgt, um das einen M9nat umfassende Manöver der drei Kaiser inkl. ihrer Begleitungen mit den diversen - angeblich jeweils existenziell wichtigen - Risikopolitiken und Eskalationen einzubremsen und zu verhindern
- grundsätzlich reaktiv zu den anderen Akteuren
- zu undeutlich/zu weich für die diversen Treiber der Eskalation durch den Juli, um durch eine Abschreckung durch eine klare Positionierung die aktive Eskalation zum Weltkrieg zu verhindern.
Wer sind denn eindeutig und nachweislich die Treiber, und hier relevanter gar, wer zählt eindeutig und nachweislich nicht dazu? Mein laienhafter Eindruck von GB (an den Küsten und auf den Inseln vehement fortifizierend wie D, dazu auftrumpfend in Sachen Flotte(n)) ist nicht gerade der, dass dort 1914 eine Friedenstaubenzucht en Gros auf internationale Bewunderung gestoßen wäre.
Tante Wiki Stichwort Juli-Krise erwähnt eine interessante geheime GB-F Marineübereinkunft im Vorfeld.
 
Das verstehe ich nicht, denn GB befand sich doch nicht einzig mit D im diplomatisch-politischen Gerangel.

Wer sind denn eindeutig und nachweislich die Treiber, und hier relevanter gar, wer zählt eindeutig und nachweislich nicht dazu? Mein laienhafter Eindruck von GB (an den Küsten und auf den Inseln vehement fortifizierend wie D, dazu auftrumpfend in Sachen Flotte(n)) ist nicht gerade der, dass dort 1914 eine Friedenstaubenzucht en Gros auf internationale Bewunderung gestoßen wäre.
Tante Wiki Stichwort Juli-Krise erwähnt eine interessante geheime GB-F Marineübereinkunft im Vorfeld.

Tante Wiki liefert Stichworte und Schnipsel, zum Verstehen könnte den Literaturempfehlungen im Forum folgen.

Grundsätzlich, Beitrag 2014, 2015: (zur „geheimen“ Marinekonvention, Lit. zum Mittelmeer)
Bereits vor der Marokko-Krise gab es einen frz. Vorstoß, aus dem Interessenausgleich mit GB ein festes Bündnis mit verbindlicher Zusage des Beistands in einem Kontinentalkrieg zu machen. Dieses war für die britische Außenpolitik keine Option, weswegen - die Briten lavierten, verzögerten, lehnten ab - die Entente kriselte (frz. Unsicherheiten über die Verlässlichkeit von GB). Bereits ohne Marokkokrise herrschte hier Alarmstimmung.

Die britische Lageanalyse betr. deutscher Ziele war sachlich völlig zutreffend: Zuspitzung der Marokkofrage, Keil in den britisch-frz. Interessenausgleich zu treiben, das temporär geschwächte Russland auf die Seite zu ziehen, den strategischen Partner Japan von GB (gegen Russland!, nicht gegen das DR) abzuspalten.

Holstein und Bülow waren sich einig, dass Deutschland "am besten gedient sei, wenn die marokkanische Wunde offengehalten würde" (Winzen, Bülows Weltmachtkonzept). Dazu sollte Konfrontationspolitik vorgetrieben werden, bei bekanntermaßen verschwindend geringen deutschen ökonomischen Interessen in Marokko bzw. Sinn- und damals völlig substanzlosen Rohstoffphantasien mit dem aggressiven Zweck der Aufspaltung der Entente (die zu diesem Zeitpunkt aus britischer Sicht allein eine Globalfunktion hatte, dass Empire gegen eine koordinierte frz.-russ. Bedrohung zu sichern). Außerdem war erklärtes Ziel, mittels einer Krise den Sturz des frz. Außenministers Delcasses herbeizuführen (Holstein, bereits 1904).

Der Plan scheiterte, mit einem für Deutschland sogar gegenteiligen Ergebnis: die Risikopolitik mit Kriegsdrohung Deutschlands (was man zu sich leisten wagte, da Russland im Kriegsfall nach der Niederlage in Fernost militärisch unfähig zum Beistand für Frankreich sein würde - siehe auch den Schlieffen-Plan mit "Westausrichtung") richtete sich auf einen extrem hohen Konfliktgrad, nämlich das Testen des englischen Interesses am weltweiten Interessenausgleich mit Frankreich. Mit den Pressionen bewirkte das Deutsche Reich 1. die von GB bislang verweigerte Beistandszusage in der Krise und somit 2. die Intensivierung der frz.-brit. Beziehungen (Dülffer, Vermiedene Kriege, S. 577). Das britische Commitment war nach internem Tauziehen um den Kurs im Foreign Office unvermeidbar, wenn die Entente nicht gesprengt werden sollte, was wiederum keine Option war. Deutscherseits verpasste man sogar Deeskalationschancen, indem man nicht nach dem Sturz Delcasses (Ziel erreicht!) einlenkte, da die "Demütigung Frankreichs offenbar nicht ausreichte.

Deutscherseits lag eine völlige Fehlkalkulation der britischen globalen Ziele zur Absicherung des Empires (was alles nicht "antideutsch" oder "profranzösisch", sondern ausschließlich ein probritischer Ansatz war: Absicherung Cape-Cairo, Mediterranean, Middle East, India). Schlimmer noch, im Zuge dieser Fehlkalkulation eskalierte man in der deutschen politischen Führung eine Krise bis kurz vor den Krieg (Berliner Blätter meldeten bereits die französische Mobilmachung, bei der "Illusion des Kurzen Krieges" und dem 1914 völlig vergleichbaren Mobilmachungsdruck ein Spiel mit dem Feuer im Pulverfass).

Hier wie parallel in Mittleren Osten mischte sich eine deutsche imperialistische Politik in eine (selbstverständlich weder bessere noch schlechtere) imperialistische französisch-britische Politik ein: mit amateurhafter, völlig unrealistischer Zielsetzung, ohne belastbare Lageanalyse als Grundlage! Wie im Fall Irak-Persien mischte man sich - mit einer eigentlich kontinentaleuropäischen Stoßrichtung, in bereits bestehende imperialistische Krisensituationen ein und warf ohne Sinn und Verstand mit eigentlich "kontinentalem Interesse" Zündhölzer in globale, aus deutscher Sicht periphere "hot spots".

Der Hinweis auf die Hafenfrage ist zu ergänzen: selbstverständlich war das eine global-strategische, erstrangige Provokation für Großbritannien, die in der Royal Navy auf massivsten Widerstand stieß (hier ist auch das Fisher-Zitat im Kontext der Gremien zu sehen, und der Kontext war diametral anders!). Die seestrategische Bedeutung für die Kolonien und für Krisen ist auch Forum schon besprochen worden. Fishers "Sinneswandel" ist auf Greys Intervention zurückzuführen, dem Deutschen Reich einen Hafen zu verschaffen, um die Krise zu deeskalieren (an der GB insoweit kein Interesse hatte, als es keinesfalls zu einer beständigen, GB verpflichtenden Bündniszusage für einen französischen Kontinentalkrieg kommen sollte).

Warum verfocht Grey dieses Hafen-Zugeständnis, woher kommen die Kurswechsel?

1. zunächst: Weil er nicht der strategischen Beurteilung der Navy folgte, vielmehr die Bedeutung herunterspielte, um die Krise zu lösen (wäre übrigens im deutschen Interesse gewesen). Deutschland sollte den Hafen bekommen, gegen den klaren Willen der Navy und aller Strategiegremien, die den Hafen als Ausgangspunkt weiterer deutscher Konfrontationen mit GB ansahen). Fisher lenkte "nach außen" ein und schloß sich demonstrativ Grey an.

2. danach: Nicht der Royal Navy oder Fisher gelang es, Grey vom Gegenteil zu überzeugen, sondern das war die Dynamik der Krise und das durch Grey Zugeständnis an die deutsche Seite massiv gestiegene Missstrauen Frankreichs, im Stich gelassen zu werden. Ironischerweise ist der erneute Kurswechsel von Grey nicht der kritischen deutsch-britischen Hafenfrage zugestanden, sondern ausschließlich der drohenden Sprengung der Entente, die sich GB angesichts des prognostiziert schnell sich wieder erholenden Russlands unter keinen Umständen leisten konnte. Grey schloß sich somit nicht dem richtigen Sachurteil der Navy an, sondern "improvisierte" aufgrund des frz. Misstrauens.

Den Startpunkt habe ich auf das "Great Game" und die starke britische Mittelmeerposition verstanden, und als Kontrapunkt eines Abschwächungsprozesses ist 1907/1908/1912 zu verstanden, zu dem hin sich die britische Positionierung radikal umorientierte.

Das ist an zwei markanten Punkten zu verdeutlichen:

1. die maritime Präsenz, mit patieller Aufgabe des Two-Power-Standards 1912 für das Mittelmeer, Übergang zum One-Power-Standard hier und Flottenabsprachen mit Frankreich, dass für das Mittelmeer als sichernde Seemacht garantieren sollte.

2. die grundlegende Umdeutung der Positionierung zu den Dardanellen/Konstantinopel, bedingt
a) durch das strategische Dreieck Malta-Zypern-Suez/Ägypten
b) die ab 1907 verhandelte Zusage an Russland, bei der kommenden Änderung des Status der Meerengen die russischen Durchfahrtsbeschränkungen aufzuheben (worauf sich Russland 1912 berufen hat)
Interessanterweise wurde diese Forderung massiv von der (überforderten) Navy gestützt, während man im Außenministerium vor allem negative politische Konsequenzen durch dieses Signal im Blick hatte. Dies war ein strategischer Dissenz, der durch Faktenlage entschieden wurde.

Halpern, The Mediterranean Naval Situation 1908-1914
Lambi, I. N., The Navy and German Power Politics, 1862-1914
Lumby, E.W.R.: Policy and Operations in the Mediterranean 1912-1914


Während die "Straßen" hier eine immer geringere Rolle spielten, ging es nun um Ägypten/Suez hinter dem "Schild" Malta/Suez, in der Restrolle der Navy. Die strategischen Überlegungen kreisten um die Verteidigung Ägyptens bis zum Eintreffen indischer Verstärkungen. Gegen diesen Faktor trat völlig in den Hintergrund, ob Russland Durchfahrt durch die Dardanellen gewährt würde.

Ich interpretiere das auch nicht als Konflikt des Establishment, sondern von Exponenten unterschiedlicher strategischer Sichtweisen. Die Navy "bombardierte" das Außenamt geradezu mit Analysen, dass man
a) Russland nicht mehr maritim im Konfliktfall entscheidend beikommen könne
b) wegen der "Nordseebindung" im Mittelmeer nicht in der Lage sei, Seeherrschaft zu garantieren
Daraus forderten die Militärs, politische Konsequenzen zu ziehen, während das Außenamt wegen befürchteter Konsequenzen und Verlust von Handlungsoptionen sich sträubte, diese Einsichten umzusetzen. Dass waren unterschiedliche Folgerungen aus natürlich unterschiedlichen Sichtweisen, die sozusagen aus der gleichen Faktenlage abgeleitet wurden.
Otte, Foreign Office Mind, betont hier die politische "Seite", und läßt die einflussreiche Admiralität außen vor, zeichnet damit kein vollständiges Bild der komplexen Lage.
 
Das Deutschland die Krise für seine Zwecke nutzen wollte, ist unstrittig. Frankreich sollte am Ende des Tages auf die Seite Deutschlands gezogen werden. Habe ich auch schon an anderer Stelle erwähnt.
Du vernachlässigst aber eben die Ursache der Krise und auch das britische Motiv für das Eingreifen, eben der Vertrag mit Frankreich. Kannst du in den Britischen Dokumenten nachlesen.
Deutschland war formal in Recht. Keine Ahnung weshalb das immer wieder übersehen wird. Man kann sich darüber unterhalten ob das deutsche Vorgehen sonderlich geschickt oder diplomatisch war; aber die Krise wurde durch Frankreich ausgelöst. Und London stellte sich sehr entschlossen auf die Seite von Paris; im vollen Bewusstsein nicht im Recht zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um es einmal deutlich zu sagen: Die britischen, französischen und russischen Diplomaten jener Zeit haben Deutschland aber auch jede Schlechtigkeit zugetraut. Ihre eigenen wurden natürlich übersehen.Wenn irgendetwas passierte, Deutschland war schuld. Siehe Beschuss englischer Fischerboote durch die russische Flotte. Und dieses überaus negative Urteil wird von so manchen Historiker gepflegt.
 
Nach 1907 es nichts mehr mit dem Gleichgewicht der Kräfte auf dem Kontinent. Großbritannien nahm es über Jahre hinweg hin, das Russland seine Interessen in Persien wieder und wieder verletzte

Ja, darüber bschwerst du dich andauernd, blendest dabei aber aus, dass London nicht die Mittel hatte um sich in dises Konfliktszenario zu stürze, weil wegen des Marinewettrüstens, der maritime Sektor einen Großteil des Wehretats fraß.

Das Großbritannien es wohlwollend ignorierte, dass Russland mitunter die Abmachungenn wegen Persien unterlief, war kein Liebesdienst gegenüber St. Petersburg, sondern hat mit der Hierarchisierung der Konflikte aus britischer Perspektive zu tun.
GB steckte einmal bereits in zwei als eminent wichtig verstandenen Auseinandersetzungen, nämlich 1. im Flottenwettstreit mit Deutschland um die militärische Oberhand in der Nordsee und damit an den britischen Küsten zu behalten und darüber hinaus in der Auseinandersetzung mit zunehmend stärker werdenden irischen Unabhängigkeitsbewegung, bei der neben Ressourcen für GB, bedenkt man die geographische Lage Irlands auch eine strategisch nicht ganz unbedeutende Position auf dem Spiel stand.
Hinzu kommt auch die Bedeutung der irischen Werften bei der im Hinblick auf die Bedeutung der maritimen Kräfteverhältnisse.

Diese beiden Konflikte sind für GB vorrangig und so lange die nicht abgreäumt waren und die Möglichkeit bestand die vorhandenen Ressourcen in andere Konfliktfelder zu verschieben, ist es nicht verwunderlich, wenn sich London anderswo zähneknirschend kompromissbereit zeigte um nicht in weitere Konflikte zu geraten, die zur Überdehnung seiner Ressourcenbasis hätten führen müssen.

Persien war als Vorfeld Britisch-Indiens sicherlich von einiger Bedeutung, aber die Verhältnisse hier waren nicht so wichtig, wie in der Nordsee.

Was die konkreten Möglichkeiten der Wehrpolitik und der Sicherheit des Empire angeht, steht London um 1910 herum vor folgenden Problemen:

- Aufrechterhaltung der Seehoheit in der Nordsee und im Ärmelkanal (bindet massiv Mittel in der Marinerüstung).
- Militärische Sicherung Irlands gegen die Möglichkeit einer Abspaltung (bindet einen Teil der ohnehin nicht besonders üppig vorhandenen Landtruppen, sorgt dafür, dass es geraten erscheinen musste die innennpolitische Stimmung nicht durch Steuererhöhungen zur Finanzierung weiteren Militärs zusätzlich zur "home-rule"-Debatte anzuheizen)
- Militärische Sicherung Kanadas* (benötigte ein gewisses Maß an Kräften)
- Absicherung des indischen Vorfelds in Persien, Afghanistan, Tibet (hätte massiver Investitionen in die Landrüstung bedurft).

Das ist auf für das British Empire schlicht zu viel und kann nicht auf einmal bearbeitet werden.
Das macht es notwendig Dinge zurück zu stellen.

Dadurch

- Hongkong, Shanghai, Singapur und Malaya durch die Kooperation mit Japan zu sichern, Ägyten und das Mittelmeer durch die Entente mit Frankreich, hatte man bereits einige Probleme entschärft, musste aber darauf achten, dass die Einigungen tragfähig blieben.

So lange keine Mittel frei waren forciert in Indien die Landtruppen aufzurüsten, mit denen man in Persien den Russen hätte entgegentreten können, war es keine gute Idee die Abmachungen mit Russland zu kündigen und St. Petersburg die Fehde anzusagen.
Das die Russen teile des Abkommens wegen Persien unterliefen, war für London ärgerlich, aber nicht lebensbedrohlich und insofern GB zumindest theretisch noch auf Abkommen verweisen konnte und die Vereinbarungen mit Russland hinsichtlich Afghanistan und Tibet einigermaßen hielten, war das für GB nicht völlig wertlos daran festzuhalten, auch wenn darüber nicht der Umfang an Interessenausgleich gegeben war, den London gern gehabt hätte.


Auf den Rest gehe ich später ein.



* Die Lage Kanadas war durchaus, gerade auch vor dem Hintergrund des besonderen Status Kanadas einigermaßen delikat.
Kanada hatte damals keinen vollsouveränen Status, hatte als Dominion zwar ein eigenes Parlament und regelte seine internen Angelegenheit weitgehend selbst, allerdings beanspruchte London offiziell noch die Leitung der Außenpolitik, die Suprematie der Londoner Gesetzgebung, der kanadische Gesetze nicht zuwider sein durften etc. etc.

Aufgegeben wurde diese Linie von London offiziell erst mit dem "Statute of Westminster" von 1931.
Das GB weiterhin beanspruchte die Außenpolitik Kanadas zu leiten, bedeutet, dass GB sich mit der Absicherung Kanadas nach Süden hin befassen musste und dass es um seine Ansprüche in dieser Hinsicht aufrecht zu erhalten auch für die Sicherheit Kanadas Mittel bereitstellen musste.
Über die Frage der Sicherheit keinen offenen Bruch mit Kanada zu riskieren und nicht zu riskieren, dass Kanada seine außenpolitischen Fragen selbst in die Hand nehmen und sich damit von London vollständig unabhänging machen würde, musste umso wichtiger erscheinen, als dass der Status als sich weitgehend selbst verwaltende, allerdings nicht vollsouveräner Teil des Empires, den Kanada innehatte, durchaus mit demjenigen Australiens und Südafrikas vergleichbar war und der Umgang mit Kanada hier Signalwirkung haben konnte.
 
Ja, darüber bschwerst du dich andauernd, blendest dabei aber aus, dass London nicht die Mittel hatte um sich in dises Konfliktszenario zu stürze, weil wegen des Marinewettrüstens, der maritime Sektor einen Großteil des Wehretats fraß.

Na, das ist aber eigenartig. Aber in der 1.Marokkokrise, die ja nicht lange zuvor stattgefunden hatte, war London aber durchaus bereit bei zum Äußersten zu gehen. Sicher, die Liberalen hätten sehr gerne Soziale Programmen aufgelegt, wie sie es ihren Wählern versprochen hatten, aber es wurde halt gerüstet. Im Übrigen war ja nun nicht Deutschland die einzige Großmacht die rüstete. In Washington oder Tokio wurde sich nicht über deren maritime Rüstungen beschwert; in Paris auch nicht.
Das britische Entgegenkommen bzw. Wegschauen, welches schon die britische Öffentlichkeit aufbrachte, das war nichts anderes als Bündnispflege. Gerade der Botschafter vor vor Ort Buchanan und sein Vorgänger und sein Vorgänger Nicolson waren entschiedenen Verfechter gegenüber Russland ja nachgiebig zu sein, das man dieses benötige.

Das Flottenrüsten wird viel zu hoch gehängt. Schau dir bitten doch einmal die Stärkeverhältnisse der beiden Flotten an.
Gegenüber den USA hatte man bereitwillig und entgegenkommend zurückgesteckt. Japan war Verbündeter, ebenso Russland und Frankreich. Also musste jetzt die deutsche Flotte als Schreckensgespenst dienen. Allein die surreale Invasionsfurcht, obwohl der C.I.D. nachgewiesen hatte, das damit Essig war, hielt die es liberale Regierung nicht für erforderlich, im eigenen Hause zu beruhigen. Eher das Gegenteil. Es wurde verwendet, um eigene Rüstungsvorhaben umzusetzen. Es gab keine einzige Flotte auf der Welt, die für die britische eine tatsächlich, reale Gefahr darstellte.

Persien war als Vorfeld Britisch-Indiens sicherlich von einiger Bedeutung, aber die Verhältnisse hier waren nicht so wichtig, wie in der Nordsee.

Huch, wie erklärst du dir denn das jahrelanger Theater und Gezerre um die Bagdadbahn, wenn die Verhältnisse dort nicht so wichtig waren.
Großbritannien war jederzeit in der Lage in der Nordsee eine beeindruckende Überlegenheit herzustellen. Wer bedrohte denn bitte die Royal Navy denn eigentlich ernsthaft? Niemand. Die deutsche Flotte war als Druckmittel gegen England gedacht, damit man sich mit diesem endlich einig wurde. Aber Bismarcks Aussage, "diese Leute wollen sich von uns nicht lieben lassen" hatte zu jener Zeit noch mehr Gültigkeit als zuvor.

Kanada musste nicht großartig nach außen hin militärisch gesichert werden, da London die USA als Vormacht akzeptierten. Schon im Zuge der Venezuelakrise sind die Briten bereitwillig auf die amerikanische Kritik hin zurückgewichen. Die bösen Buben waren dann wieder die Deutschen. Die USA stellten für Großbritannien keine reale Gefahr mehr da, da London den Amerikanern das Feld geräumt hatte.

Für die inneren Verhältnisse Kanadas, eben den Anspruch die dortige Außenpolitik zu leiten, das war ja wohl ein inneres Problem.

Shinigami schrieb:
Das ist auf für das British Empire schlicht zu viel und kann nicht auf einmal bearbeitet werden.
Das macht es notwendig Dinge zurück zu stellen.

Die Briten hätten auch kürzer treten können, aber das kam nach ihren eigenen imperialen Selbstverständnis als Weltmacht nicht in Frage.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber in der 1.Marokkokrise, die ja nicht lange zuvor stattgefunden hatte, war London aber durchaus bereit bei zum Äußersten zu gehen.

Ja, gegen eine Großmacht. Aber doch nicht gleichzeitig gegen zwei in unterschiedlichen Erdteilen und gleichzeitig zu Lande und zu Wasser.

Im Übrigen war ja nun nicht Deutschland die einzige Großmacht die rüstete. In Washington oder Tokio wurde sich nicht über deren maritime Rüstungen beschwert; in Paris auch nicht.

1. Japan, war industriell noch nicht so weit, dass es GB da ernsthafte Konkurrenz hätte machen können.

Japan fängt in den 1900er Jahren an sich seine Flotte aufzubauen, ist bei den ersten Schlachtschiffen aber noch massiv auf Ankäufe in GB angewiesen.
Japan hatte zwar grundsätzlich eine Küstenlinie, die lang genug war um entsprechende Werft-Kapazitäten entwickeln zu könnn, hatte allerdings zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Rohstoffproblem, da weder große Erz- noch Kohlevorkommen in Japan vorhanden, dem konnte erst zum Teil abgeholfen werden, als nach der Festsetzung in Nordkorea und der Mandschurei dortige Bodenschätze im größeren Stil erschlossen werden konnten.

Das ist aber in den 1900er Jahren und Anfang der 1910er noch Zukunftsmusik.

Davon ab waren Japan und GB seit 1902 Verbündete, davon ab, hatte Japan zunächstmal keine weitergehenden Interessen in Indien oder gar in Europa.
Wäre man politisch mit Japan aneinander geraten, hätte das vielleicht die Sicherheit Honkongs und Singapurs gefährdet, was vielleicht wirtschaftlich weh getan, das Empire aber keineswegs in seinen Grundfesten bedroht hätte, anders als wenn es die Oberhoheit über die Nordsee verloren hätte.

2, Frankreich.

War kein Problem, weil Frankreich wegen des Dauerkonflikts mit Deutschland ohnehin darauf angewiesen war es sich mit GB nicht zu verscherzen, davon ab baute Frankreich keine Schlachtflotte, mit der sich GB effektiv hätte bedrohen lassen.
Wirtschaftliche Nadelstiche wären mit den schnellen französischen Kreuzern sicherlich zu setzen gewesen, aber eine Invasion aber eine Beherrschhung der Nordsee und eine Invasion der britischen Inseln war damit nicht machbar.

3. USA

Hatten abgesehen von Kanada und ein paar karibischen Inseln kaum größere Reibungsflächen mit GB, wo man aneinander hätte geraten können und tangierte weder die Verhältnisse in den britischen Heimatgewässern noch die wirtchaftlich wichtigen Routen nach Indien und Ostafrika.

Das Flottenrüsten wird viel zu hoch gehängt. Schau dir bitten doch einmal die Stärkeverhältnisse der beiden Flotten an.

Du musst mich nicht davon überzeugen, dass die deutsche Flottenrüstung keine extreme Bedrohung für GB darstellte, die GB auf einen anntideutschen Kurs hätte festlegen müssen.
Diese Deutung habe ich sowiso nie ganz verstanden.

Demgegenüber war das Wettrüsten dennoch eine Herausforderung, die GB nicht gänzlich ignorieren konnte, sondern mindestens mit Gegenrüstung beantworten musste, was zu entsprechenden finanziellen und strategischen Folgeerscheinungen führen musste, die man nicht einfach ignorieren kann.

Das Flottenwettrüsten musste GB nicht auf einen per se deutschlandfeindlichen Kurs festlegen, die daraus resultierenden Kosten, mussten aber verhindern, dass GB sich gleichzeitig in den Konflikt mit Russland wegen Persien stürzen konnte.
Und wenn es das nicht konnte, weil ihm die Mittel dazu fehlten, musste es an dem faulen Kompromiss, den es hier geschlossen hatte festhalten, bis Mittel frei würden.

Dadurch hat das Flottenwettrüsten Gb zwar nicht auf einen feindlichen Kurs gegenüber Deutschland, wohl aber einen freundlichen gegenüber Russland festgelegt.

Huch, wie erklärst du dir denn das jahrelanger Theater und Gezerre um die Bagdadbahn, wenn die Verhältnisse dort nicht so wichtig waren.

Ich habe nicht behauptet, die Verhältnisse dort wären nicht wichtig gewesen, sondern lediglich, dass sie weniger wichtig waren, als die Herrschaft über die Nordsee.

Davon abgesehen steckte GB wegen der Flottenrüstungen bereits im Konflikt mit Berlin, hier auch die Bagdadbahn zum Thema zu machen kosste GB insofern nichts, sondern fügte der Liste der Probleme mit Deutschland nur einen weiteren Punkt hinzu.

Hätte sich GB aber mit Russland überworfen, wäre das nicht nur ein weiterer Streitpunkt gewesen, sondern ein weiterer Gegner.

Du scheinst irgendwie der Meinung zu sein, dass das schon kein Problem gewesen wäre, aber damit übeerschätzt du meines Erachtens die Möglichkeiten des Empire deutlich.

Großbritannien war zu Beginn des 20. Jahrhunderts wirtschaftlich bereits in diversen Bereichen hinter Deutschland zurückgefallen, entsprechend musste schon dieser Konflikt sehr belastend sein.
Sich mit Deutschland und Russland gleichzeitig anzulegen (heißt mit ihren immensen Potentialen an militärischen und wirtschaftlichen Ressourcen), wäre nochmal eine andere Nummer gewesen, die wahrscheinlich über die Kräfte des Empire gegangen wäre.
Mal davon ab, dass ein gemeinsamer Gegner durchaus auch eine Annäherung Berlins und St. Petersburgs aneinander hätte begünstigen können und das konnte London nun überhaupt nicht gebrauchen.

Kanada musste nicht großartig nach außen hin militärisch gesichert werden, da London die USA als Vormacht akzeptierten.

Die Frage war nicht, ob London die USA als Vormacht auf dem nordamerikanischen Kontinent akzeptierte, die Frage war ob Washington dauerhaft bereit sein würde die Präsenz Großbritanniens in Nordamerika zu akzeptieren.

Nach dem Krieg von 1812 hatte sich die Expansion der USA eher Richtung Westen gewandt, was sicherlich insgesamt eine Mischung aus Gelegenheit (Möglichkeiten durch den Louisiana-Purchase, die Sezessionsbestrebungen in Texas etc.), aber auch Kalkühl (wichtigkeit der transkontinentalen Ost-West-Verbindung um zum Pazifik zu kommen) gewesen ist.
Die Westexpansion die im 19. Jahrhundert wichtiger wurde, als die Kanada-Frage, war inzwischen aber abgeschlossen.
Die USA hatten sich das Gebiet bis zum Pazifik inzwischen gesichert, nebenher noch Alaska, Hawaii, dieverse Pazifikinseln und die Philippinen erworben.

Nachdem aber die West-Expansion als alles überlagernder außenpolitischer Schwerpunkt enfallen war, war es durchaus im Bereich des Möglichen, dass die USA als nächstes versuchen würden am Ende doch noch Kanada einzugemeinden oder mindestens die Briten, gemäß den Implikationen der Monroe-Doctrine dort auszubooten.

Mit dieser Möglichkeit musste sich London befassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Juli 1910 wurde Buchanan mit den sehr wichtigen Botschafterposten in Petersburg betraut.
Anfang Dezember 1910 trat er seine neue Tätigkeit an.
Gemäß Buchanan seinen Memories, S.875, war er von Anfang an seiner verantwortungsvollen Aufgabe bemüht, die deutsch-russische Verständigung „ möglichst einzudämmen und zu paralysieren.“
Gleich beim Antrittsbesuch beim Zaren verlieh er seine Besorgnis über den Verlauf der deutsche-russischen Verhandlungen nachdrücklich Ausdruck.

Dies hier ist gänzlich unbeachtet geblieben. Ich habe hierzu noch eine Ergänzung.

Interessant sind auch die Ausführungen des britischen Botschafters Buchanan in Petersburg. Unter dem Datum des 25.06.1912 schreibt er an Nicolson über ein Gespräch mit Sasonow. Gegenstand des Gesprächs war das Treffen zwischen Kaiser Wilhelm II. und den Zaren Nikolaus II. in Baltishport.

Buchanan führt u.a. seine Befriedigung darüber aus, das Sasonow den Standpunkt einnimmt, das die Wiederherstellung des DreiKaiserbunds ein Unheil für Europa wäre, denn sie würde die Auflösung des Dreierverbandes bedeuten, während Russland, wenn es in einem solchen Bund einträte, den beiden Mittelmächten virtuell ausgeliefert wäre.

„Es käme zweifellos den Frieden zustatten, wenn Russland und Österreich über den Balkan zu einer Verständigung gelangen könnten, der auch die anderen Mächte beitreten könnten; aber ich habe immer das Gefühl, dass es ziemlich gefährlich für uns ist, eine österreichische-russische Verständigung zu fördern, weil ich fürchte, dass sie mit einem Bündnis der drei Kaiser endigen könnte.

Hervorhebung durch mich.

Die Amtlichen Britischen Dokumente, Band IX
 
Zuletzt bearbeitet:
Japan

Japan hat in den Kriegen gegen China und dann gegen Russland die Leistungsfähigkeit seiner Streitkräfte zu Lande aber zur See unter Beweis gestellt. Es war ohne Frage eine außenpolitische Leistung von Lansdowne mit den Japanern ein Bündnis unter Dach und Fach gebracht zu haben.

Frankreich

Ja, deshalb war man ja letztlich auch mit Großbritannien auf den Wege die Beziehungen so zu vertiefen, das man sich auch über eine militärische Zusammenarbeit gegen Deutschland ernsthafte Gedanken machte.

USA
Auf jeden Fall war auch hier Lansdowne schlau genug, den Amerikanern den dortigen Spielplatz zu überlassen, um unnötige Reibungen zu vermeiden. Sicher fanden die Briten es nicht so toll, das die Amerikaner den Russen Alaska abgekauft haben. Aber ob die USA willens waren, den Briten Kanada streitig zu machen, muss offenbleiben. Aber die USA hatten in den Vorkriegsjahren genug um die Ohren. 1903 landeten US Truppen in Honduras, im gleich Jahre unterstützte man Panama bei der Unabhängigkeitsbestrebungen gegenüber Kolumbien, 1905 übernahmen die USA von der Dominikanische Republik idie Zollbehörde, da meherer europäische Staaten Kriegsschiffe zwecks Schuldeneintreibung entsendet hatten.
1906 intervenierten amerikanische Truppen auf Kuba. 1907 wurden wieder amerikanische Truppen nach Honduras geschickt. 1909 intervenierte die USA militärisch in Nicaragua.
1911 war erneut Honduras dran und 1914 mischte man sich erheblich in die Innenpolitik Mexikos ein.
Die USA waren also ständig beschäftigt.

Du musst mich nicht davon überzeugen, dass die deutsche Flottenrüstung keine extreme Bedrohung für GB darstellte, die GB auf einen anntideutschen Kurs hätte festlegen müssen.
Diese Deutung habe ich sowiso nie ganz verstanden.

Na, das sind wir uns doch einmal einig.

Demgegenüber war das Wettrüsten dennoch eine Herausforderung, die GB nicht gänzlich ignorieren konnte, sondern mindestens mit Gegenrüstung beantworten musste, was zu entsprechenden finanziellen und strategischen Folgeerscheinungen führen musste, die man nicht einfach ignorieren kann.

Das Flottenwettrüsten musste GB nicht auf einen per se deutschlandfeindlichen Kurs festlegen, die daraus resultierenden Kosten, mussten aber verhindern, dass GB sich gleichzeitig in den Konflikt mit Russland wegen Persien stürzen konnte.
Und wenn es das nicht konnte, weil ihm die Mittel dazu fehlten, musste es an dem faulen Kompromiss, den es hier geschlossen hatte festhalten, bis Mittel frei würden.

Dadurch hat das Flottenwettrüsten Gb zwar nicht auf einen feindlichen Kurs gegenüber Deutschland, wohl aber einen freundlichen gegenüber Russland festgelegt.

Aber die deutsche Flotte war für die britische Armada für den von uns betrachteten Zeitfenster überhaupt noch keine ernsthafte Bedrohung. Zumal man auch hinreichend personelle Probleme hatte, die Schiffe überhaupt zu bemannen. Die Royal Navy hätte, wenn sie es gewollt hätte, immer mehr als ausreichend Schiffe in der Nordsee konzentrieren können. Das Kräfteverhältnis müsste so ca. bei 3:1 zu Gunsten der Briten gelegen haben.

Nachdem aber die West-Expansion als alles überlagernder außenpolitischer Schwerpunkt enfallen war, war es durchaus im Bereich des Möglichen, dass die USA als nächstes versuchen würden am Ende doch noch Kanada einzugemeinden oder mindestens die Briten, gemäß den Implikationen der Monroe-Doctrine dort auszubooten.

Ich habe dir ja oben aufgezeigt, das die USA hinreichend beschäftig waren, in Mittel- und Südamerika und vor ihrer Ostküste die Verhältnisse in ihrem Sinne umzugestalten, in denen "amerikanische Interessen" geschützt wurden.
 
Die Gründe für die Mission Haldanes sind dir sicher geläufig. Da wurde doch deutlich, das die britische Öffentlichkeit zu jenen Moment die auswärtige Politik Grey gegenüber Deutschland nicht mehr mittrug. Man wollte eine Verständigung, nicht immer nur Konflikte, mit Deutschland. Daran hatten aber weder Grey noch Haldane ein ausgeprägtes Interesse, alleine das man ausgerechnet den Kriegsminister, keinen Diplomaten, schickte, ist schon merkwürdig. Diese Komödie der Haldane Mission war für die Beruhigung der britischen Öffentlichkeit gedacht und die Deutschen, namentlich Wilhelm II. und Tirpitz machten es Grey durch ihre Dämlichkeit unglaublich einfach im Anschluss der Mission ihre Politik der Bündnispflege fortzusetzen.

Grey war sehr zufrieden mit den beiden Bündnisblöcken in Europa, von denen Großbritannien, durch Großbritannien, den eindeutig stärkeren Verband angehörte. Eine Balance of Power Politik hätte ganz anders aussehen müssen.

Das beantwortet in keinster Weise meine Frage.

Die lautete dahingehend, wie es der britischen Politik hätte möglich sein sollen einen Deutschland-Freundlichen Kurs zu steuern und gleichzeitig einem möglichen deutschen Hegemonialstreben entgegen zu wirken.

Das war offensichtlich nicht möglich.
So lange GB eine deutsche Hegemonie über Europa nicht zu akzeptieren bereit war, konnte sich London nicht so ohne weiteres auf die Seite Berlins schlagen, weil dass das die europäischen Kräfte entscheidend in Richtung Zentralmächte/Berlin verschoben hätte.

Allenfalls Neutralität und die vorherige Rolle eines blockfreien Players mit weitgehendem Handlungsspielraum hätte eine realistische Perspektive sein können, allerdings hätte das vorausgesetzt, über die Mittel zu Verfügen, sich einen Zusammenstoß mit Russland in Asien leisten zu können.
Das wäre die Grundvoraussetzung gewesen sich von dem Agreement mit St. Petersburg wieder zu verabschieden.
Die war aber nicht gegeben so lange die britischen Mittel für Rüstung im Flottenwettstreit mit Deutschland gebunden waren und der wiederrum konnte nur von deutscher Seite her beendet werden, weil die Priorität der Dominanz in der Nordsee für London tatsächlich eine lebenswichtige Frage war.

Das Empire konnte nur aufrecht erhalten werden, so lange man in Europa nicht angreifbar war und seine Mittel und Energien auf Ausbau und erhalt des Empire konzentrieren konnte.
Das war nicht mehr gegeben, wenn man die Dominanz in der Nordsee verlor.




Demgegenüber sind Stimmungen in der britischen Öffentlichkeit und persönliche Haltungen von Grey und Konsorten kein sinnvolles Argument.

Natürlich war die britische Öffentlichkeit daran interessiert das Flottenwettrüsten und den Ärger mit Deutschland, die beide andauernd kostspielige neue marinerüstungsprogramme hervorriefen zu beenden.

Das ändert aber nichts daran, das jede britische Regierung, gleich wie sie zusammengesetzt gewesen wäre zu diesem Zeitpunkt vor dem Problem gestanden hätte aus sicherheitspolitischen Erwägungen das Flottenrüsten wegen der Sicherheit der britischen Küsten nicht einseitig durch Aufgabe beenden zu können.

Wenn du meinst, dass eine andere britische Regierung oder ein anderes foreign office unter diesen Bedingungen einfach mal ungeachtet der deutschen Herausforderung Konzessionen hätte machen und sich mit Berlin zu für letzterem vorteilhaften Konditionen hätte einigen können, und es an Grey und seinen Mitarbeitern festmachst, dass das nicht passierte, dann verwcheselst du mMn die persönlichen außenpolitischen konzeptionen und Wünsche der nämlichen Herren mit britischer Staatsraison.


Mitunter könnte man, wenn man die Schlussfolgerungen deiner Beiträge zum Thema der britischen Politik liest meinen, die britische Außenpolitik sei so etwas wie das "persönliche Regiment" Sir Edward Greys über die Außenbeziehungen ohne Berücksichtigung der raison d'etat gewesen.

Was mir bei deinen Postulaten, dass es der britischen Politik ohne weiteres möglich gewesen wäre radikal anders zu handeln fehlt, ist eine tatsächliche Diskussion der materiellen Grundlagen dieser Möglichkeiten.

Du beschwerst dich darüber, dass sich GB trotz des russischen Gebarens in Persien, nicht mit Petersburg anlegte, diskutierst aber in keiner Weise, was die materiellen und wehrpolitischen Voraussetzungen hierfür gewsen wären und unter welchen Bedingungen sie hätten geschaffen werden können.

Es ist ganz offensichtlich: Wenn GB sich wegen Persien in einen Konflikt mit Russland hätte einlassen sollen, hätte es eines landheeres bedurft, um Russland nötigenfalls militärisch aus Persien und idealwerweise auch gleich Zentralasien und dem Südkaukasus hinaus zu werfen und Indien zu schützen.
Das war mit der relativ bescheidenen Indien-Armee, die GB unterhielt, offensichtlich nicht realisierbar, die war darauf ausgelegt den Subkontinent unter Kontrolle zu halten, Revolten zu unterdrücken und die Grenzen gegen mindermächtige Akteure zu sichern, nicht darauf sich mit einer europäischen Großmacht zu Lande zu schlagen.

Die Japaner hatten bewiesen, dass die russische Armee ihre Defizite hatte und im Besonderen die russischen Bahnkapazitäten in Asien noch nicht hinreichten um gewaltige Heere so weit an der Peripherie in befriedigender Weise mit Nachschub und Munition zu versorgen.
Von dem her ein Bestehen eines militärischen Konfliktes mit Russland in Persien für GB eventuell durchaus möglich gewesen.
Es hätte aber jedenfalls vorausgesetz die Indische Armee um ein paar 100.000 Mann aufzustocken und aus einer zum Großteil für Garnisoszwecke unterhaltenen Armee ein veritables Feldheer zu machen.
Es hätte das Heranschaffen von Unmengen von Fledbahn-Material vorausgesetzt um in Persien vernünftig operieren zu können, es hätte massive Expansion der Landrüstung und der Munitionsherstellung und Bevorratung (idealerweise direkt in Indien) vorausgesetzt, es hätte vorausgesetzt GBs Wehrstrukturen umzuwälzen, im Besonderen wenn man was die Zusammensetzung einer vergrößerten Indien-Armee angeht, wegen der Loyalität Wert auf einen explizit britischenn Charakter eines Großteils der kader gelegt hätte.

Das hätte Jahre der Vorbereitung bedurft und die Freiheit Mittel entsprechend in den Umbau des Militärwesens invstieren zu können, die aber durch das Flottenwettrüsten blockiert waren, da die Oberhohheit über die Nordsee in keinem Fall preisgegeben werden konnte.

Diese Vorbereitungen wären aber notwendig gewesen um sich einen Konflikt auf hohem Level mit veritablem Kriegsrisiko mit Russland tatsächlich leisten zu können.
Das war ein Sachproblem, vor dem jede britische Regierung gestanden hätte, das waren nicht einfach die Launen und Überzeugungen von Sir Edward Grey.

Du blendest wenn du dabei vor allem auf die Sentiments von Personen der britischen Außenpolitik abstellst den Umstand aus, dass jede Risiko-Politik eine Rückfall-Linie und eine minimale strategische Basis benötigt, will im Klartext heißen, aus Gründen der Staatsraison kann eine Politik, die möglicherweise in einen Krieg führen kann, wenn überhaupt nur dann als akzeptabel betrachtet werden, wenn man nach Lageanalyse zu dem Schluss kommt genügend Mittel zu besitzen am Ende mindestens ein Patt zu erreichen und ohne größeren eigenen Schaden aus der Situation wieder heraus zu kommen, wenn sie eskaliert.
Der britischenn Regierung vorzuwerfen den Konflikt mit Russland nicht gesucht zu haben, so lange sie keine Möglichkeit hatte politisches Vorgehen mit entsprechenden militärischen vorbereitungen zu flankieren und abzusichern, läuft letztendlich darauf hinaus ihr vorzuwerfe, sich nicht in ein vollkommen unverantwortlichs Abenteuer gstürzt zu haben, dass den Anfang vom Ende des Empires hätte zur Folge haben können.

Vor diesem Hintergrund ist "Sir Edward hat aber dies und das von sich gegeben...... und die britische Öffentlichkeit wollte aber diesen und jenen Konflikt nicht........" keine valide Argumentation.

Es hätte sich schlicht kein britischer Politiker leistnen können, den Flottenwettlauf und damit die Kontrolle der Nordsee einfach abzuschreiben genau so wenig wie sich ein Politiker gefunden hätte, der sich ohne weiteres hätte leisten können in einen Konflikt mit Russland zu steuern, der auf einen Krieg hinauslaufen konnte, auf den GB nicht vorbereitet war.
Jeden der das versucht hätte, hätten die militärischen Experten schon zurecht gestoßen, wenn das nicht gefruchtet hätte, hätte man ihn abgesetzt.
 
Dies hier ist gänzlich unbeachtet geblieben. [...]

Nun was erwartest du darauf als Reaktion?

Das GB die Perspektive einer deutsch-russischen Allianz auf keinen Fall gefallen konnte, liegt auf der Hand. Dabei wären so viele Ressourcen zusammen gekommen, dass diese Koalition jeder anderen auf dem europäischen Kontinent überlegen gewesen wäre.

Das ist ja genau der Grund, warum ich permanent schreibe, dass sich Deutschland mit Österreich-Ungarn den falschen Bündnispartner ausgesucht hatte.
Hätte man sich stattdessen von Wien getrennt und sich mit St. Petersburg verbündet, hätte man es sich zwar mit London verdorben und man hätte keine Möglichkeit mehr gehabt die eigene Kolonialpolitik imgrößeren Stil auszubauen, man wäre allerdings sämmtlicher sicherheitspolitischer Probleme ledig gewesen.


Natürlich konnte GB die Perspektive einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland nicht gefallen, schon weil Russland dann in Europa den Rücken frei gehabt hätte und sich wieder auf Expansionsziele in Asien hätte konzentrieren können.
Deutschland wiederrum hätte bei der Flottenrüstung weiter aufdrehen können, wenn es sich um die russische Landmacht im Rücken keine Gedanken mehr hätte machen müssen.
Natürlich unternahm GB alles in seiner Macht stehende um das zu hintertreiben.

Um so mehr verwundert es mich, wie du darauf kommst der Meinung zu sein, es hätte im britischen Interesse sein können, den Konflikt mit Russland in Persien zu suchen, so lange der mit Deutschland noch lief.
Bekanntlich schweißt nichts so gut zusammen, wie ein gemeinsamer Feind und sich mit Deutschland und Russland gleichzeitig anzulegen, wäre ein gutes Mittel gewesen, genau die deutsch-russische Zusammenarbeit herauf zu beschwören, die zu fürchten man in London Anlass hatte.

USA
Auf jeden Fall war auch hier Lansdowne schlau genug, den Amerikanern den dortigen Spielplatz zu überlassen, um unnötige Reibungen zu vermeiden. [...]

Die Interventionen in Lateinamerika banden realiter kaum militärisches und wirtschaftliches Potential der USA.
Der Aufwand für die Einmischungen hier dürfte kaum größer gewesen sein, als derjenige den die europäischen Mächte für ihre Kolonialpolitik aufwadten.
Die Vorstellung man aus britischer Perspektive mit Hinblick auf Kanada die USA mehr oder minder vollständig hätte vernachlässigen können, weil die durch Interventionen in Nicaragua, Honduras und Panama ausgelastet gewesen wären, erscheint offen gesagt abwegig.

Aber die deutsche Flotte war für die britische Armada für den von uns betrachteten Zeitfenster überhaupt noch keine ernsthafte Bedrohung. Zumal man auch hinreichend personelle Probleme hatte, die Schiffe überhaupt zu bemannen. Die Royal Navy hätte, wenn sie es gewollt hätte, immer mehr als ausreichend Schiffe in der Nordsee konzentrieren können. Das Kräfteverhältnis müsste so ca. bei 3:1 zu Gunsten der Briten gelegen haben.

Das ändert doch aber nichts daran, dass sie zu einer Bedrohung geworden wäre, hätten die Briten die deutschen Rüstungen einfach ignoriert und auf Gegenrüstung verzichtet.
Das konnten sie nicht.
Also mussten sie gegenrüsten und Grundvoraussetzung dafür, dass sie das beenden konnten, war das Ende der deutschen Rüstungen.

Das Verhältnis mag irgendwo zwischen 2:1 und 3:1 je nach Schiffstyp gelegen haben, hätten die Briten aber die eigene Seerüstung vernachlässsigt und die Deutschen einfach mal machen lassen, wäre das Verhältnis nach einigen Jahren annähernd paritätisch gewesen.
Und hätte die britische Dominanz in der Nordsee untergraben, was inakzeptabel war.

Damit waren Gegenrüstung und die Kosten der Gegenrüstung alternativlos und die mussten aufgebracht werden, was wenn man die Steuerschraube nicht so stark anziehen wollte, bis es in Irland und möglicherweise noch anderswo zur Revolte kam, nur Auf kosten von Einsparungen anderswo ging, mit anderen Worten auf Kosten der Landrüstung und die wiederrum war für die Sicherheit Indiens und die Konfliktfähigkeit GBs in Persien entscheidend.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Shinigami du verzeihst mir, wenn ich mich ein wenig pikant gewürzt einmische
Das ändert doch aber nichts daran, dass sie zu einer Bedrohung geworden wäre, hätten die Briten die deutschen Rüstungen einfach ignoriert und auf Gegenrüstung verzichtet.
Das konnten sie nicht.
...diese britische Gegenrüstung gegen die bösen Pickelhauben, ja die Notwendigkeit einer solchen als ganz natürliche, selbstverständliche Reaktion: daran habe ich erhebliche Zweifel. (jetzt ein tiefer Griff ins Gewürzbord) auf einer Insel an Nordsee und Atlantik war die Heimat, das Nest einer lieblichen Friedenstaube. Diese friedliebende Friedenstaube gab sich alle Mühe, ausgleichend den Frieden und das Gleichgewicht der Kräfte auf dem Festland und in fernen Weiten zu bewahren. Hierfür scheute sie keine Mühen und Kosten, wie der Opi in Jurassic Park :D Und um das zum Wohle aller leisten zu können, benötigte die Friedenstaube ganz doll viele Kolonien (welche natürlich segensreich kultivierend und friedenssichernd auf die "Kolonisierten" einwirkten...) und eine ganz doll große Flotte mit moderner Bewaffnung und ganz doll stets up to date befestigte Küsten- und Inselfestungen samt Kriegshäfen. Kurzum das übliche Equipment der Gattung liebliche altruistische Friedenstaube :D Und gestützt auf ihr Equipment flatterte die Friedenstaube nicht nur diplomatisch umher: als der grimme russische Bär Nippon anrempelte, schwuppdiwupp bekam Nippon up to date Geschütze von der Friedenstaube und der russische Bär holte sich in Port Artur eine blutige Nase. Aber Bären sind tumb: kurz darauf vergaß der Bär*) das und verbrüderte sich mit den Fünfsterneköchen zwischen Mittelmeer & Atlantik und der Friedenstaube, um die Pickelhauben sowie den Weaner Schmäh in Schach zu halten. Und damit das alles auch funzte, musste die Friedenstaube, die schon längst bis an die Zähne bewaffnet war, auch noch gegenrüsten ... ...ein niedliches Märchen - aber eben auch nur ein Märchen ;)
Ich glaube, dir war auch während des Schreibens deiner Replik auf @Turgot spürbar, dass du ins Märchennarrativ übergleitest, denn du flichst ja auch das hier ein:
Natürlich unternahm GB alles in seiner Macht stehende um das zu hintertreiben.
was ist daran natürlich, und was wäre unnatürlich bei anderen Akteuren, die ebenso wie GB an Macht, Einfluß etc gewinnen wollen? Nennen wir es doch einfach beim Namen: restlos alle Akteure handelten primär im eigenen Interesse, und dieses meist zu Lasten der Konkurrenten. Genauso "natürlich" wie das von dir formulierte "hintertreiben" sind solche Aktionen wie die franz. Besetzung von Fes und Rabat oder der deutsche Flottenbau etc etc etc - denn Aufrüstung, sich als Seemacht, sich als Kolonialmacht etablieren, bei günstiger Gelegenheit kleinere Nachbarn "fressen", ist kein britisches Vorrecht.
GB unternahm offen und verdeckt restlos alles, um seine Position zu halten, um etwaige Konkurrenten nicht hochkommen zu lassen und um vorhande Konkurrenten (Kolonialmächte wie Spanien) zu schwächen. Und nebenbei: als Friedenstaube hatte sich GB "seine" Kolonien nicht "erworben" ;)

So, das war jetzt spaßig referiert - als Kontrast zum Märchen vom "gegenrüsten" ein paar schnöde Fakten:
- schon Jahre bevor überhaupt ein dt. Kaiserreich gegründet war, hatte GB die brit. Küste, die Kanalinseln, die scilly Inseln u.a. vehement befestigt und setzte das durch Modernisierungen und Neubauten permanent nach der Brisanzkrise fort - um 1890 verfügte GB auf besagten Inseln und Küstenabschnitten über zahllose Panzerbatterien etc auf neuestem Stand // zu diesem Zeitpunkt existierte noch keine einzige deutsche Befestigung auf den Nordseeinseln
=> auf dem Gebiet der Fortifikation kann von brit. "gegenrüsten" nicht die Rede sein.
- gab es die Flotten (Plural) des British Empire 19./Anfang 20. Jh. noch nicht, und mussten diese erst während der deutschen Flottenrüstung aus dem Boden gestampft werden?
=> hier erübrigt sich das "gegenrüsten" offensichtlich!
- moderne weitreichende Artillerie, Brisanzgranaten etc: schon vor 1900 war der technische Fortschritt in Sachen Stahlbeton/Panzerfortifikation und Artillerie international geworden; und jeder kopierte Krupp, Gruson, Skoda usw und entwickelte adäquate eigene Waffen (sogar Zwerge bauten modernste Fortifikation, z.B. die Sereth-Linie)
=> das "aufrüsten" mit modernen Waffen und Defensivanlagen war international, die Rüstungsindustrie boomte, überall.

Impliziert das, was ich hoffentlich unterhaltsam dargestellt habe, eine britische Kriegsschuld? Nein. Aber es impliziert auch keine völlige Unschuld. Je mehr ich über die Zeit 1900-1914 lese, umso mehr neige ich zur Position von Clark - aber ich bin noch weit entfernt davon, mich im wirr polyphonen Geflecht der Diplomatie dieser Zeitspanne auszukennen.

______
*) das werde ich nie verstehen, aber egal, der Weltlauf hat nicht den Zweck, dass ich ihn begreife...
 
noch ein kleiner Jux:
um 1890 verfügte GB auf besagten Inseln und Küstenabschnitten über zahllose Panzerbatterien etc auf neuestem Stand // zu diesem Zeitpunkt existierte noch keine einzige deutsche Befestigung auf den Nordseeinseln
Das ist so gewesen. Erst nach 1890 begann der Ausbau von Helgoland, erst ab 1906 Borkum, Wangerooge, Norderney, Sylt. Aber ich käme angesichts der längeren britischen Tradition der Küsten/Inselnbefestigung nicht auf die Idee, dem deutschen Kaiserreich deswegen ein reaktives "nachrüsten" zu attestieren ;):D
 
Ich glaube, dir war auch während des Schreibens deiner Replik auf @Turgot spürbar, dass du ins Märchennarrativ übergleitest

Ganz ehrlich gesagt nein.

Ich habe nie davon fabuliert dass GB in irgendeiner Form eine "Friedenstaube" gewesen wäre, das Gegenteil ist der Fall, kein anders Land dürfte im 19. und beginnenden 20. jahrhundert so viele militärische Konflikte betrieben haben, wie GB, die meisten nur eben außerhalb Europas.

Ich habe auch nicht behauptet, dass hinter dem britischen Bemühen um das Kräftegleichgewicht auf dem europäischen Kontinent irgendwelche gemeinnützigen Absichten gesteckt hätten.
Übermäßiger Sorge um das Allgemeinwohl und ein übermäßiges Maß an Philantropie, sind sicherlich nichts, dessen die britischen Imperialisten sich verdächtig gemacht haben.

Die Kräfte der Kontinentalmächte so weit auszutarieren, dass sie sich im Gleichgewicht befanden, war für London nur einfach die effektivste Möglichkeit die Konkurrenz wo anders bechäftigt zu halten und mit relativ kleinem Aufwand bei Bedarf das Zünglein an der Wage spielen zu können, während man sich sonst anderswo in der Welt bereichern konnte, ohne das einem pickelhaubentragende Bären (interessanterweise ist die Pickelhaube wohl tatsächlich orriginär ein russischer Entwurf) und der Kaiserschmarrn jodelnde Hahn in die Quere kommen konnten, weil die damit bschäftigt waren sich gegenseitig zu belauern.




Im Übrigen, wenn ich die britische Politik als eine Politik begreifenn würde, mit der sich Deutschland gut hätte arrangieren können, würde ich nicht den Standpunkt vertreten, dass Deutschland um aus seinem Dilemma heraus zu kommen damals am Besten die Verständigung mit St. Petersburg gesucht hätte.;)
Mein Modell, wie das damals für Berlin aufzulösen gewesen wäre, lautet "mit Russland gegen Großbritannien und wenn nötig unter Inkaufnahme des Bruchs mit Wien".

London war aus eigennützigen Gründen daran interessiert ein tendenzielles Gleichgewicht der Kräfte in Europa zu erhalten und dieses Interesse musste sich grundsätzlich gegen den stärksten Akteur innerhalb des Systems richten, der am ehesten in der Lage gewesen wäre dieses Gleichgewicht zu seinen Gunsten zu kippen und dadurch GB priviligierte Stellung zu gefährden.
Dieser Akteur, war seinen militärischen und wirtschaftlichen Ressourcen nach für den Moment Deutschland und deswegen hätte Berlin niemals zu einem dauerhaft tragfähigen Ausgleich mit London finden können.

Im Gegensatz zu St. Petersburg, das an einem Kräftegleichgewicht in Europa nicht interessiert war, weil es davon keinen Vorteil hatte und das von dem her für eine die Machtkonstellation sprengende Koalition wesentlich eher zu habenn gewesen wäre, vorausgesetzt, es hätte selbst daraus angemessen Vorteil ziehen können.
Außerdem hätte man durch den polnischen Teilungskonsens nach wie vor eine gemeinsame solide Interessenbasis mit Russland gehabt.

So, das war jetzt spaßig referiert - als Kontrast zum Märchen vom "gegenrüsten" ein paar schnöde Fakten:
- schon Jahre bevor überhaupt ein dt. Kaiserreich gegründet war, hatte GB die brit. Küste, die Kanalinseln, die scilly Inseln u.a. vehement befestigt und setzte das durch Modernisierungen und Neubauten permanent nach der Brisanzkrise fort - um 1890 verfügte GB auf besagten Inseln und Küstenabschnitten über zahllose Panzerbatterien etc auf neuestem Stand // zu diesem Zeitpunkt existierte noch keine einzige deutsche Befestigung auf den Nordseeinseln

ja, nur dass sich diese Befestigungen vor allem gegen Süden richteten und da liegt dann bekanntlich eher Frankreich.

Was hatte GB denn so an Festungswerken in Ostanglien, den östlichen Midlands, Yorkshire und Nothumbria aufzubieten?

- gab es die Flotten (Plural) des British Empire 19./Anfang 20. Jh. noch nicht, und mussten diese erst während der deutschen Flottenrüstung aus dem Boden gestampft werden?

War es die britische oder die deutsche Seite, die mit dem Auflegen großangeleter Flottenprogramme begonne hatte?

Sicherlich hatte die britische Flotte vorher einen gewissen Bestand, allerdings einen Bestand, dessen Wert sich durch technische Neurungen, die an den vorhandenen alten Schiffen in Teilen nicht nachvollzogen werden konnten, mit der Zeit relativierte.

Auch das sollte man nicht übersehen, wenn man auf die zahlenmäßigen Verhältnisse verweist.


Impliziert das, was ich hoffentlich unterhaltsam dargestellt habe, eine britische Kriegsschuld? Nein. Aber es impliziert auch keine völlige Unschuld.

Es hat auch niemand eine völlige britische Unschuld behauptet, oder sehe ich das falsch?
Der in der Zwischenkriegszeit bekannteste Verfechter von der Theorie des "Hineinschlitterns" war niemand anderes als der britische Kriegspremier David Lloyd George.
Das war durchaus kein einseitiges Beschuldigen der Zentralmächte.

Nein, GB hätte sicherlich im gewissen Rahmen anders handeln können.

Man hätte von britischer Seite her in der Juli-Kriese von Anfang an klarer Position für die Entente-Partner beziehen können um zu versuchen die Zentralmächte abzuschrecken oder man hätte von vorn herein seine Neutralität erklären konnen, zumindest so lange Deutschland Westeuropa nicht überfiele um darüber Frankreich und Russland zur Mäßigung zu zwingen und Deutschland mehr Spielraum für diplomatische Lösungen zu lassen.

Auch die britische Haltung in der Juli-Krise war alles andere als glücklich, allerdings betrieb London anders als die anderen Großakteure keine entscheidenden Schritte in Richtung Krisenverschärfung, sondern verursachte eher durch eine unklare Haltung Schwierigkeiten die Lage richtig einzuschätzen.


Anders sieht es aber bei der längerfristigen Vorkriegspolitik aus.

Großbritannniens Geschäftsmodell bestand darin die anderen Mächte auf dem Kontinent beschäftigt zu halten, ohne selbst angreifbar zu sein, um die eigenen Kräfte auf den Ausbau des Kolonialreiches verwenden zu können.

Damit musste es eine Politik betrieben, die sich gegen den aussichtsreichsten Kandidaten für die europäische Hegemonie richtete und das war Deutschland.
Und deswegen war es auch völlig egal, ob Grey und Konsorten oder jemand anderes die außenpolitischen Beziehungen leitete.
Wenn die britische Politik sich vom Modell der antihegemonialen Koalition als Leitlinie für ihre Europapolitik verabschiedet hätte, hätte sie sich ein anderes Geschäftsmodell überlegen müssen, weil dann Sicherung des Kolonialreich durch Beschäftigung der Konkurrenz mit Konflikten in Europa und wechselseitige Eifersüchteleien nicht mehr funktioniert hätte.
 
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pickelhaubentragende Bären
...nicht die Pickelhaube, sondern der Bär holte sich in Port Artur eine blutige Nase ;) kannst du in#1092 nachlesen
Ganz ehrlich gesagt nein.
konträr sehe ich in deiner Formulierung vom "britischen gegenrüsten" ein Märchen - macht nix, ist wie beim essen: dem einen schmeckt Spargel, dem anderen nicht :)
...aber hier bleibe ich stur: nirgendwo ist ein Nachweis für brit. gegenrüsten zu erkennen.
War es die britische oder die deutsche Seite, die mit dem Auflegen großangeleter Flottenprogramme begonne hatte?
spitzfindige Fragen sind adäquater Antworten würdig! ...wer noch keine Flotte(n) hat, aber das nötige Kleingeld oder Kreditwürdigkeit, der betreibt großangelegte Flottenprogramme - wer schon Flotte(n) hat, hat diese Mühe hinter sich (ob er sein Equipment wartet, modern hält, oder nicht, ist seine Sache (aber wenn die Flotte(n) marode werden, ist es aus mit der Seemacht - na, da wird er wohl das nötige in die Wartung/Modernisierung gesteckt haben)
Was hatte GB denn so an Festungswerken in Ostanglien, den östlichen Midlands, Yorkshire und Nothumbria aufzubieten?
was drohte denn von dort? ;)
dito verzichtete das Kaiserreich darauf, im Bodensee Vorläufer der Mansell Forts zu errichten :D

Übermäßiger Sorge um das Allgemeinwohl und ein übermäßiges Maß an Philantropie, sind sicherlich nichts, dessen die britischen Imperialisten sich verdächtig gemacht haben.
kein anders Land dürfte im 19. und beginnenden 20. jahrhundert so viele militärische Konflikte betrieben haben, wie GB, die meisten nur eben außerhalb Europas.
da sind wir uns einig! :)

Ich habe nie davon fabuliert dass GB in irgendeiner Form eine "Friedenstaube" gewesen wäre
ach - warum so humorlos? In der Diskussion hier schien oft genug die Ansicht durch, dass GB diplomatisch besser, edler quasi dastand, als @Turgot es darstellt. Daraus habe ich mittels rhetor. Übertreibung die "brit. Friedenstaube" gemacht und dabei gedacht, das wäre leicht als humorige Metapher zu verstehen (wie Pickelhaube = D, Fünfsterneköche = F, Grimmer russ. (sic) Bär = R, Nippon dürfte auch nicht schwer zu enträtseln sein)
Nebenbei: "dies und das habe ich nicht gesagt" ist ein Totschlagargument, es will vermeiden, dass die inhaltlichen Implikationen des Gesagten aufs Tapet kommen. Dein "gegenrüsten" muss allgemein Rüstung enthalten, also Waffen, Festungen, Kriegsschiffe, kurzum Militärequipment. Flotten (Plural!) hatte GB längst, Festungen & Waffen dito.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die lautete dahingehend, wie es der britischen Politik hätte möglich sein sollen einen Deutschland-Freundlichen Kurs zu steuern und gleichzeitig einem möglichen deutschen Hegemonialstreben entgegen zu wirken.

Das war offensichtlich nicht möglich.
So lange GB eine deutsche Hegemonie über Europa nicht zu akzeptieren bereit war, konnte sich London nicht so ohne weiteres auf die Seite Berlins schlagen, weil dass das die europäischen Kräfte entscheidend in Richtung Zentralmächte/Berlin verschoben hätte.

Allenfalls Neutralität und die vorherige Rolle eines blockfreien Players mit weitgehendem Handlungsspielraum hätte eine realistische Perspektive sein können, allerdings hätte das vorausgesetzt, über die Mittel zu Verfügen, sich einen Zusammenstoß mit Russland in Asien leisten zu können.
Das wäre die Grundvoraussetzung gewesen sich von dem Agreement mit St. Petersburg wieder zu verabschieden.

Wer hatte denn die britische Politik zu einer deutschfeindlichen Politik gezwungen? Und als Balfour zurücktrat und die Liberalen die Regierung übernahmen, wurde der Kurs der britischen Außenpolitik deutschfeindlich bis ins geradezu Lächerliche.

Was für ein Hegemonialstreben? Deutschland hatte nicht die Absicht über Frankreich oder Russland herzufallen. Es wollte als europäische Großmacht beachtet und gefragt werden, das ganz bestimmt.

Und wie riesengroß war eigentlich das britische Empire, das französische Kolonialreich und das Zarenreich war mit großem Abstand das größte Land der Erde. Sie alle konnten aber nicht genug bekommen. An Deutschland wurde das kritisiert, was man selbst praktizierte.

Sowohl im Interessenausgleich mit Frankreich als auch in dem mit Russland ist überhaupt nicht die Rede davon, nunmehr eine feindliche Politik gegenüber Deutschland zu betreiben. Nun, aber "die Probe auf die Entente", wie es so treffend in den Amtlichen Britischen Dokumenten bezeichnet wird, ich spreche von der Marokkokrise Teil 1, hat das Foreign Office sich aufgrund der Entente verpflichtet gefühlt massiv zu Gunsten Frankreichs einzugreifen. Dabei war Großbritannien hierzu überhaupt nicht verpflichtet. Jedenfalls haben Frankreich und Großbritannien "das Spiel" gewonnen und nach der Krise begannen dann auch bald die ersten Gespräche über eine militärische Zusammenarbeit, die gegen Deutschland gerichtet war.

Cambon hatte im Verlauf der Verhandlungen zur Entente gegenüber Lansdowne ausgeführt, " Wir geben Ihnen Ägypten im Austausch gegen Marokko." (1)
Lansdowne wußte haargenau, worauf er sich da einließ. Das war ein Bruch mit dem Madrider Vertrag aus dem Jahre 1880, den immerhin 13 Staaten signiert hatten. Eine dieser Mächte war Deutschland. Lansdowne schlug deshalb vor, die Liquidierung Marokkos in einem separaten und geheimen Dokument zu vereinbaren, welches dem britischen Parlament nicht vorgelegt werden müsse. Wie Landdowne gegenüber dem britischen Statthalter in Ägypten Cromer offen zugab, das man im Interesse des Empire auf die Seite der internationalen Rechtsbrecher gewechselt sind, ein tödlicher Schlag für unsere Reputation. (2)

Lansdowne hatte damit sehr deutlich zum Ausdruck gebrach, dass das britische Eigeninteresse über allem stand und das man sich in der Marokkofrage gegen die bestehenden internationalen Vereinbarungen für Frankreich und gegen Deutschland positioniert hatte. Damit war der antideutsche Kurs in den beiden schweren folgenden Marokkokrisen festgelegt.

Die Entente war zwar zu jenem Zeitpunkt noch kein Bündnis, aber die geheime Abmachung hinsichtlich Marokkos kam 1904 im Zuge der Ratifizierung im Unterhaus nicht zur Sprache. Das eigene Parlament wurde belogen.
Delcassé feierte seinen Erfolg dann auch entsprechend. "Marokko wird uns wie eine reife Fruch in dem Schoß fallen." Oder: "Meine lieben Freunden, was für schöne Horizonte würden sich für uns auftun. Überlegen Sie! Wenn wir uns sowohl auf Russland als auch auf England stützen können, wie stark werden wir da im Verhältnis zu Deutschland sein. (3)

Der Amtsnachfolger von Lansdowne Grey war eindeutig auf Frankreich festgelegt. Paris hatte die oberste Priorität und es durfte rein gar nichts getan werden, um die Freunde an der Seine zu verärgern. Ab 1907 kam dann eben Petersburg dazu.

Grey war gar nicht willens über einen Kurs der Neutralität nachzudenken. Aus seiner Sicht war dem Empire so am Besten gedient. Nur Grey sein Kurs war ja nicht unumstritten.

Das war nicht mehr gegeben, wenn man die Dominanz in der Nordsee verlor.

Die Nordsee, du bringst diese immer wieder ins Gespräch. Ich wiederhole mich gern. Bitte vergleiche die Stärken der Royal Navy mit der Hochseeflotte. Dann hast du deine Antwort. Die anderen relevanten Flotten, waren keine Gefahr bzw. wurden nicht als solche wahrgenommen.

Nun was erwartest du darauf als Reaktion?

Das GB die Perspektive einer deutsch-russischen Allianz auf keinen Fall gefallen konnte, liegt auf der Hand. Dabei wären so viele Ressourcen zusammen gekommen, dass diese Koalition jeder anderen auf dem europäischen Kontinent überlegen gewesen wäre.

Das ist ja genau der Grund, warum ich permanent schreibe, dass sich Deutschland mit Österreich-Ungarn den falschen Bündnispartner ausgesucht hatte.
Hätte man sich stattdessen von Wien getrennt und sich mit St. Petersburg verbündet, hätte man es sich zwar mit London verdorben und man hätte keine Möglichkeit mehr gehabt die eigene Kolonialpolitik imgrößeren Stil auszubauen, man wäre allerdings sämmtlicher sicherheitspolitischer Probleme ledig gewesen.


Natürlich konnte GB die Perspektive einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland nicht gefallen, schon weil Russland dann in Europa den Rücken frei gehabt hätte und sich wieder auf Expansionsziele in Asien hätte konzentrieren können.
Deutschland wiederrum hätte bei der Flottenrüstung weiter aufdrehen können, wenn es sich um die russische Landmacht im Rücken keine Gedanken mehr hätte machen müssen.
Natürlich unternahm GB alles in seiner Macht stehende um das zu hintertreiben.

Na, dann sollte man (London) nicht mit Steinen werfen, wenn man selbst im Glaskasten sitzt. Um mit Lansdowne zu sprechen, mit der Reputation war es denn wohl endgültig vorbei. Es ist ja wohl kaum noch eine anständige Politik, bessere Beziehungen zwischen Deutschland und Russland oder eben zwischen Russland und Österreich, die ganz sicher im Sinne des Friedens gewesen wäre, aus egoistischen Motiven heraus zu hintertreiben. Weder mit Iswolsky noch mit Sasonow wäre eine Vereinbarung die dem alten Dreikaiserbund nahegekommen wäre realisierbar gewesen. Das war Wunschdenken.. Beide russischen Außenminister standen sehr fest mit beiden Füßen in der Triple Entente. Sie galt als Grundlage für die eigenen imperialistischen Ambitionen. Entspannung war nur soweit machbar, solange die Interessen der drei Staaten der Triple Entente berührt werden.

Bezüglich der deutschen Rüstung: Bis kurz vor dem Kriege hatte die Flottenrüstung doch schon absolute Priorität; das änderte sich erst kurz vor dem Weltkrieg wieder.

Auf die anderen Punkte gehe ich noch ein.



(1) DDF, Ser .2, Band 4, S.69
(2) Die Amtlichen Britischen Dokumente, Band 2, S.356
(3) Gooch, Before the war, Band 1, S.153
 
Mitunter könnte man, wenn man die Schlussfolgerungen deiner Beiträge zum Thema der britischen Politik liest meinen, die britische Außenpolitik sei so etwas wie das "persönliche Regiment" Sir Edward Greys über die Außenbeziehungen ohne Berücksichtigung der raison d'etat gewesen.

Grey hatte in seiner Amtszeit eine unerhört starke Stellung. Es genügt, das er mit Rücktritt drohte und das Kabinett im Falle von Meinungsverschiedenheiten nach. Er wurde ja auch immer wieder von den Konservativen unterstützt, was ihm einen großen Handlungsspielraum gab und diesen verstand er zu nutzten. Grey war durchaus der Auffassung das seine Ansichten die der Staatsräson entsprachen. Weshalb Grey tatsächlich so eine starke Position inne hatte, ist schwer zu begreifen, denn er war beispielsweise im Vergleich zu einen Lord Salisbury unbedeutend. Er hat das Verdienst, sein Land in dem Weltkrieg geführt zu haben.
 
ie Interventionen in Lateinamerika banden realiter kaum militärisches und wirtschaftliches Potential der USA.
Der Aufwand für die Einmischungen hier dürfte kaum größer gewesen sein, als derjenige den die europäischen Mächte für ihre Kolonialpolitik aufwadten.
Die Vorstellung man aus britischer Perspektive mit Hinblick auf Kanada die USA mehr oder minder vollständig hätte vernachlässigen können, weil die durch Interventionen in Nicaragua, Honduras und Panama ausgelastet gewesen wären, erscheint offen gesagt abwegig.

Die USA sind nicht dafür bekannt, das sie gleichzeitig mit mehreren Krisen/Krieg umgehen; einzige Ausnahme war der Weltkrieg Nr. 2.

Die USA konzentrierten sich um die Jahrhundertwende aber nicht auf Kanada, sondern u.a. eben auf Lateinamerika (Panamakanal), die gewaltsame Öffnung Japans und Chinas, den Philippinen, den Pazifik (Hawaii). Und die Grenzstreitigkeiten zwischen den USA und Großbritannien waren doch mit dem Oregon Vertrag aus der Welt geschafft worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ändert doch aber nichts daran, dass sie zu einer Bedrohung geworden wäre, hätten die Briten die deutschen Rüstungen einfach ignoriert und auf Gegenrüstung verzichtet.
Das konnten sie nicht.
Also mussten sie gegenrüsten und Grundvoraussetzung dafür, dass sie das beenden konnten, war das Ende der deutschen Rüstungen.

Die "Gegenrüstungen" begannen aber doch relativ frühzeitig, als die deutsche Flotte noch nicht einmal im Ansatz eine Gefahr für die mit großen Abstand der stärkste Flotte der Welt war.
Und die Deutschen wollten mit den Briten ein verbessertes Verhältnis erreichen; das war auch u.a. der Zweck der Flotte.
Zur Bedrohung konnte die deutsche Flotte in britischen Augen doch nur werden, wenn London diese als feindselig betrachtete. Großbritannien hatte sich festgelegt. Frankreich und Russland Freund, Deutschland wurde mindestens sehr unfreundlich, wenn nicht fast feindlich betrachtet. Die ganzen Äußerungen zu und über Deutschland, ich habe ja einige exemplarisch weiter oben zitiert, legen davon beredtes Zeugnis ab.
 
Die Kräfte der Kontinentalmächte so weit auszutarieren, dass sie sich im Gleichgewicht befanden, war für London nur einfach die effektivste Möglichkeit die Konkurrenz wo anders bechäftigt zu halten und mit relativ kleinem Aufwand bei Bedarf das Zünglein an der Wage spielen zu können, während man sich sonst anderswo in der Welt bereichern konnte, ohne das einem pickelhaubentragende Bären (interessanterweise ist die Pickelhaube wohl tatsächlich orriginär ein russischer Entwurf) und der Kaiserschmarrn jodelnde Hahn in die Quere kommen konnten, weil die damit bschäftigt waren sich gegenseitig zu belauern.

Das war lange Zeit die traditionelle britische Haltung. Diese Grundgedanke wurde aber mit den Vereinbarungen mit Frankreich und Russland und darauffolgenden Vertiefungen über Bord geworfen. Schon das man willens war, die Russen in das Mittelmeer zu lassen, hätten einen Palmerston oder Salisbury die Haare zu Berge stehen lassen. Die Triple Entente war der stärkere Block und mit dem Gleichgewicht der Kräfte war nichts mehr und London war durch seine Festlegung nicht mehr in der Lage das Zünglein an der Waage zu spielen.
 
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