WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Naja, dass sich die Briten da nichts abschwatzen ließen, war verständlich.

Naja, wer etwas möchte, der sollte auch schon etwas geben.

Russlands Erhohlung zeichnete sich ab, damit der Umstand, dass Deutschland ohnehin in zukunft wieder mehr für die Landrüstung würde tun müssen und das damit das Geld für neue Flottenprogramme mittelfristig fehlen würde.
Warum der anderen Seite für das Einstellen der Seerüstungen etwas geben, wenn diese das ohnehin in Zukunft tun muss? Hätte man von britischer Seite etwas angeboten, hätte man in GB der Regierung vorgeworfen, dass sie sich hätte über den Tisch ziehen lassen und dass sie sich erpressbar gemacht hätte.

Das ist die Mentalität, die dann letztlich und schließlich zur "Urkatastrophe" des 20.Jahrhunderts geführt hat.

Naja, wenn man von Anfang an, der Invasionspanik entgegengetreten wäre und versucht hätte das zu entkräften, hätte das anders ausgesehen.

Eben. Die Regierung hätte einfach nur die Wahrheit gesagt, aber es wurde bevorzugt nichts zu sagen, Rüstungsprogramme für ein Fantasieprodukt aufzulegen und auf jeden Fall im Gleichschritt mit Frankreich und Russland zu gehen.
 
Das musst du mir nicht erklären, dass das zwischen Berlin und Wien nicht angedacht war.

Dann musst du deine theoretische Ausführung erst auch erst gar nicht erwähnen. Ansonsten musst du meine Replik schon akzeptieren.
Ja natürlich, aber das waren zu großen Teilen untrainierte (jedenfalls was eine moderne Kriegsführung betrifft) Rekruten, deren reale Gefechtsstärke in einer offenen Konfrontation mit Jahrelang ausgebildeten, besser ausgerüsteten Truppen realiter stark abfallen musste.

Merkwürdigerweise haben diese untrainierten Rekruten einen sehr guten Job gemacht. Die Serben waren in Sachen Krieg erfahren und werden die Neuen mit den erfahrenen entsprechend gemischt und auch ausgebildet haben. Ansonsten wären sie im August 1914 wohl einfach überrannt worden.

Natürlich, Berlin und Wien betonten die Absicht das zu lokalisieren. Aber das konnte natürlich auch als Nebelkerze aufgefasst werden um die mögliche Absicht (wenn man es aus russischer Perspektive betrachtet) zu verschleiern, sich die Gegner nacheinander vorzunehmen und mit der Lokalisierung einfach nur die Ausschaltung des ersten Gegners zu bezwecken, bevor man ggf. gegen andere würde vorgehen können.

Ja, man hatte ja schon reichlich Übung, den Deutschen alles Schlechte zu unterstellen. Nur waren es die Russen, die tatsächlich und nicht nur theoretisch aggressive Absichten hatten.
 
Im Südosten standen die 5.,6. und 2.Armee.

Das ca. entsprach 2/5 des österreichisch-ungarischen Heeres. Franz Joseph hatte zunächst "nur" am 25.07., nach Ablauf des Ultimatums, die Mobilmachung gegen Serbien und dessen Mitläufer Montenegro unterschrieben.
Entsprechend verlief dann die Mobilmachung. Hätte der österreichisch-ungarische Generalstab mit Sicherheit erwartet, das Russland eingreifen würde, dann wäre doch sicherlich anders mobilisiert worden und zwar mit Schwerpunkt in Galizien; eben der Fall R.
 
Insofern könnte Mobilmachung auf russischer Seite mindestens theoretisch (belegen kann ich das nicht), als Vorsichtsmaßnahme gedacht worden sein, für den Fall, dass Wien und Berlin nach Niderwerfung Serbiens auf die Idee kommen könnten das Momentum zu nutzen um auch gleich, so zu sagen in einem Abwasch gegen Russland vorzugehen.
Ich halte derartige mutmaßliche "Befürchtungen" für unrealistisch. Das Deutsche Reich und Russland hatten doch eigentlich keine gröberen Konflikte. Ein Präventivkrieg gegen Russland, nur um die latente russische Bedrohung für den Juniorpartner zu minimieren? Außerdem hätte sich in Zusammenhang mit dem Doggerbank-Zwischenfall (der garantiert hätte, dass Großbritannien nicht Russland unterstützt), der russischen Niederlage gegen Japan und den folgenden revolutionären innenpolitischen Verwerfungen in Russland eine gute Gelegenheit für einen kombinierten deutsch-österreichischen Angriff geboten. Wenn man damals nicht angriff, warum dann Jahre später, als sich Russland wieder konsolidiert hatte?
 
Ich halte derartige mutmaßliche "Befürchtungen" für unrealistisch. Das Deutsche Reich und Russland hatten doch eigentlich keine gröberen Konflikte. Ein Präventivkrieg gegen Russland, nur um die latente russische Bedrohung für den Juniorpartner zu minimieren? Außerdem hätte sich in Zusammenhang mit dem Doggerbank-Zwischenfall (der garantiert hätte, dass Großbritannien nicht Russland unterstützt), der russischen Niederlage gegen Japan und den folgenden revolutionären innenpolitischen Verwerfungen in Russland eine gute Gelegenheit für einen kombinierten deutsch-österreichischen Angriff geboten. Wenn man damals nicht angriff, warum dann Jahre später, als sich Russland wieder konsolidiert hatte?

Ein Präventivkrieg gegen Russland nur um aus deutscher Sicht die Bedrohung für den Bündnispartner zu minimieren hätte sicherlich keinen Sinn ergeben. Einer um die Entente zu sprengen, bevor die einen nicht mehr einholbaren Rüstungsvorsprung erzielte oder einer um die Hegemonie über Europa zu erreichen (in der Interpretation der Entente jedenfalls, deren Mitglieder ja durchaus so etwas befürchteten) aber schon.

Natürlich wäre so zwischen 1905 und 1910 die Gelegenheit günstiger gewesen. Andererseits gab es da noch keine großen russischen Rüstungsprogramme, die Handlungsdruck auf Berlin ausüben konnten und ob die britisch-russische Verständigung von Dauer sein oder rasch scheitern würde, wusste damals auch noch niemand.
Wegen der krisenhaften Situation um die Irland-Politik, war aber auch im Juli 1914 durchaus fraglich, ob GB die Kapazitäten haben würde sich gerade in einen großen europäischen Konflikt einzumischen und dass London die eigenen Karten erst sehr spät auf den Tisch legte konnte der Vorstellung, GB würde sich ggf. heraushalten, während der Krise zuarbeiten.


Demgegenüber kannte man auf russischer Seite aber in groben Zügen den Schlieffenplan.
D.h. man wusste, dass Berlin militärisch mit Blitz-Feldzugsszenarien plante, auf so etwas vorbereitet und letztendlich bereit war in diesem Zusammenhang bis dato neutrale Länder nötigenfalls zu überfallen.
Außerdem wusste man, dass das Österreichische Vorgehen gegen Serbien bedeutete, dass Berlin hinter der Donaumonarchie stand, weil Wien sonst im Alleingang diesen Schritt nicht hätte gehen können.
Das aber bedeutet, dass St. Petersburg klar sein musste, dass Berlin im Machtpoker bereit war im Osten all in zu gehen und einen Krieg mit Russland zu riskieren.

Wenn Berlin wegen der Österreichisch-Serbischen Angelegenheiten einen möglichen Krieg gegen Russland billigend inkauf nahm, was es bereits zu verstehe gegeben hatte (obwohl es keine besonderen Probleme zwischen Deutschland und Russland gab), wäre es da aus St. Petersburger Sicht so abwegig gewesen zu befürchten, dass Berlin sich auch in einen direkten Krieg mit Russland einlassen würde?
Immerhin die Gefahr bestand bereits in der serbischen Angelegenheit und wurde von Berlin akzeptiert, was als hoch irrationaler und agressiver Schritt verstanden werden konnte.
Nicht wenn man die Berliner Interna kennt und weiß, dass die deutsche Regierung in Sachen Serbien von der Einkreisungspanik und der (aus meiner Sicht etwas irrationalen) Befürchtung den letzten wirklich verlässlichen Bündnispartner zu verlieren getrieben war.

Aber diese Interna dürften die russischen Militärs, als sie den Zaren zur Mobilisierung drängten eher nicht gekannt haben.


Bei den Westmächten, hatte sich ja bereits so ein wenig die (falsche) Einschätzung verfestigt, dass Österreich mehr und mehr zu einem Anhängsel Deutschlands geworden sei und dass hinter Wiens konfrontativer Balkanpolitik eigentlich Berlin als treibende Kraft steckte, der man eine einigermaße Dynamische Machtpolitik auf Grund der Kolonialen Aktivitäten und der Marokko-Kriesen eher zutrauen konnte und das deutsche Verhalten in der Juli-Kriese konnte diese Fehleinschätzung durchaus stützen.

Sollte St. Petersburg das Binnenverhältnis der Zentralmächte ähnlich eingeschätzt haben, wie London und Paris das taten und davon ausgegangen sein, dass am Ende vor allem Berlin aus imperialem Machtstreben heraus als Urheber hinter der Aktion stand, hätte das bedeutet, dass man davon hätte ausgehen müssen, dass Berlin gerade, wahrscheinlich mit dem Ziel einer Hegemonie in Europa volldampf vorraus in einen bewaffneten Konflikt im Osten steuerte mit dem Ziel in Russlands Interessenssphäre zu wildern und dass es dazu seinen Juniorpartner in Marsch gesetzt habe.

Wenn man das angenommen haben sollte, hätte man Deutschland durchaus auch zutrauen können aufs Ganze zu gehen und Russland direkt anzugreifen, wenn dieses keine Vorsichtsmaßnahen traf.


Es kommt da, denke ich, wirklich darauf an, wie viel von den realen Abläufen im Binnenverhältnis der Zenntralmächte die russischen Militärs tatsächlich richtig oder nicht richtig verstanden/einschätzten.

Und im Fall Russlands wird man berücksichtigen müssen, dass die Militärs, bei denen Einsicht in die politischen Vorgänge und deren richtige Beurteilung in weniger hohem Maße vorrausgesetzt werden können, als bei den Diplomaten, erheblichen Druck auf den Zaren ausübten die Mobilmachungsorder zu erlassen.
Hier wäre also auch zu fragen, war die Informationslage der Militärs vergleichbar mit der der russischen Diplomaten und Außenpolitiker, oder hatten die mittlerweile, möglicherweise aus mangelndem Verständnis der Vorgänge das Vertrauen in die eigene auswärtige Politik verloren und beschlossen die Dinge selbst in die Hand zu nehmen?
 
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Merkwürdigerweise haben diese untrainierten Rekruten einen sehr guten Job gemacht. Die Serben waren in Sachen Krieg erfahren und werden die Neuen mit den erfahrenen entsprechend gemischt und auch ausgebildet haben. Ansonsten wären sie im August 1914 wohl einfach überrannt worden.
Vor allem haben sich die serbischen Truppen von Anfang an in Richtung der Gebirgsregionen zurückgezogen und nicht versucht Belgrad und das Donautal in offener Feldschlacht mit den K.u.K.-Truppen zu verteidigen, so dass Belgrad im Herbst 1914 zunächst ja durchaus genommen werden konnte.

Gescheitert sind die Österreichischen Truppen dann vor allem in den Gebirgsregionen wo Geländevorteile und Ortskenntnis die Mägel an Ausrüstung und Ausbildung bei den Serben auffangen konnten.

Nun stellt sich aber die Frage, ob man es von Anfang an für notwendig halten musste, den Serben in diese Regionen nachzusetzen.
Es wurde notwendig, als sich die Sache zum Weltkrieg ausweitete, weil die Donaumonarchie die Truppen dann eigentlich vor allem in Galizien benötigt hätte und es auch wegen Anschluss an die potentiellen Verbündeten Bulgarien und das Osmanische Reich militärisch notwendig wurde, die Bahnlinie über Belgrad und Nis nach Bulgarien hinein zu sichern.

Aber damit rechnete man ja während der Juli-Krise nicht unbedingt.
Man ging ja in diesen Krieg mit der Vorstellung dass die Deutschen Waffen Russland von einer Intervention abschrecken würden und die Sache lokalisierbar bleiben würde.

Wenn man aber von dieser Vorstellung ausging, hätte man es von dem her auch auf einen Erschöpfungskrieg ankommen lassen können.

Es wäre auf dieser Folie sicherlich möglich gewesen, einfach Belgrad, das Donautal und die gegenüberliegenden Gebirgsausläufer, so wie einen Grenzsstreifen als Puffer gegen Bosnien zu besetzen, sich da einzugraben und die Serben beim Versuch der Rückeroberung da anrennen zu lassen, sie aber keineswegs nach Süden und in Richtung Gebirge zu verfolgen.
Dann hätte man ein entsprechendes Faustpfand gehabt, das man von serbischer Seite her aus politischen Gründen nicht dauerhaft hätte aufgeben können und damit die Serben zu immer neuen Offensiven in für sie nachteiligen Gebieten gezwungen.

Gleichzeitig wäre dabei den Serben die Zeit davon glaufen, weil die damit hätten rechnen müssen, dass Bulgarien das als Gelegenheit für Rache wegen des 2. Balkankrieges betrachten und sich früher oder später einschalten würde.

Eine Besetzung des Donautals und Belgrads, so wie das Halten dieser Position bei Verzicht weitgehender Offensiven ins Landesinnere, wäre aber sicherlich auch mit dem Friedensheer ohne Mobilmachung möglich gewesen.
 
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Das Problem des Augustfeldzuges war, das Potiorek die 6.Armee in weiter räumlicher Trennung von der 5.Armee operieren ließ. Des Weiteren ging Potiorek wohl davon aus, das er mit der 5. und 2. Armee gegen Serbien operieren zu können.
Der Entschluss die 6.Armee von Südostbosnien in den Kampf zu schicken, wurde auch dann aufrechterhalten, als immer deutlicher wurde, das die Serben eben nicht gegen Sarajewo vorgehen.

Dann kam erschwerend hinzu, das die 6.Armee erst sechs Tage nach der 5.Armee vollständig versammelt und einsatzbereit war. Die 5.Armee stand da schon im Kampf. Das serbische Oberkommando warf zwischen 12. und 19.August den 65 Bataillonen der 5.Armee 90 Bataillone entgegen. Nun wäre das Eingreifen der 2.Armee dringend geboten, aber die sollte nicht eingreifen, wegen des Abtransports nach Galizien.

Conrad selbst führt dazu aus, "Die ganze offensive war zu durch den breiten Ansatz der Kräfte in zwei getrennten, nahezu gleichstarken Gruppen, durch das spätere Angehen der von schwierigen Gebirgsverhältnissen stehenden Südgruppe (6.Armee) hauptsächlich durch das Versagend er 21.SchD zum Scheitern gekommen."

Den Serben ist es gelungen die erste Offensive der k.u.k. Streitkräfte erfolgreich abzuwehren.
 
Der Herbstfeldzug, die Serben haben den Drängen Petersburgs halbwegs nachgegeben, begannen die Serben mit einem Einbruch in das schwach geschützte Syrmien, wo sie leichte, auf den großen slawischen Bruder, gewiß besten Eindruck machende Erfolge erwarten ließen.

Potiorek kratzte alles zusammen, um seine Offensive über die Drina zu starten. Der Gedanke Potioreks war es die Front der Serben mit dem Gros der 5.Armee festzuhalten, mit seiner 6.Armee, in Südflanke und Rücken, mit der bewährten 29.ID in die Nordflanke zu stoßen. Diese Absicht konnte aber nur zum Teil verwirklicht werden. Die 29.ID musste sich gegen den Feind in Syrmien wenden und so lief die Zeit des guten Wetters ab, welches ein zügiges Vordringen in die Macva ermöglicht hätte.
Die 6.Armee wurde beim Vorgehen mehr durch das schwierige Gelände behindert, als durch die Serben.

Putnik begenete dem Vorstoß der 6.Armee nicht mit Rückzug, sondern mit einem Gegenstoß. Auf dem Südflügel gelang es ihm eine dreifache Überlegenheit in dem Kampf zu schicken. Dabei kam ihm sicher zustatten, dass der Durchbruch des XVI. Korps über Krupanj wegen der immer noch nicht vollendeten Eroberung des Gucevokammes nur mit zwei Gebirgsbrigaden eingeleitet und wegen des Erscheines der mit der Hauptkraft umkehrenden serbischen KomD am Horizont frühzeitig eingestellt wurde.

Die Serben haben sich eben nicht von Anfang an zurückgezogen. Sie waren auch durchaus offensiv geworden.
 
Die Serben haben sich eben nicht von Anfang an zurückgezogen. Sie waren auch durchaus offensiv geworden.
Ich rede nicht von partiellen Gegenangriffen. Und auch nicht von etwas Diversion mit einigen Geländegewinnen, die dann ähnlich schnell wieder aufgegeben werden mussten.

Die Serben haben eine Strategie verfolgt, die darauf hinauslief mit relativ schwachen eigenen Kräften im günstigen Gelände Österreichische Teilkräfte zu blockieren und ebenfalls unter günstigen Bedingungen Gegenangriffe gegen andere Teilkräfte zu führen.

Sie haben es aber nie auf eine Entscheidungsschlacht angelegt, sondern lediglich auf das Halten kritischer Punkte und sind ansonsten zurück gegangen.

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Hätten sich die serbischen Militärs zugetraut das Gros der Österreichisch-Ungarischen Truppen qua militärischer Überlegenheit in offener Schlacht zu besiegen, hätten sie eine andere Strategie gewählt, nämlich etweder die Österreicher vordringen zu lassen, um sie mit der Donau, Save und Drina als Hindernissen für einen Rückzug in Nordserbien zu stellen, abzuschneiden und aufzureiben oder von Anfang an, selbst offensiv zu werden.

Die serbische Armee sah so lange gut aus, wie sie schlecht koordinierte österreichische Teilkräfte in schwierigem Gelände, in dem die waffentechnische Überlegenheit der K.u.K.-Kräfte nur bedingt griff blockieren konnte.

Das war Produkt guter Führung auf serbischer Seite und weniger guter Führung und Chaos bei den Österreichern, aber nicht Ausweis der Gleichwertigkeit der serbischen und österreichischen Formationen und der ausgebildeten Truppen auf der einen, der frisch ausgehobenen Rekruten auf der anderen Seite, was die Kampfkraft der Formationen angeht.
 
Wenn Berlin wegen der Österreichisch-Serbischen Angelegenheiten einen möglichen Krieg gegen Russland billigend inkauf nahm, was es bereits zu verstehe gegeben hatte (obwohl es keine besonderen Probleme zwischen Deutschland und Russland gab), wäre es da aus St. Petersburger Sicht so abwegig gewesen zu befürchten, dass Berlin sich auch in einen direkten Krieg mit Russland einlassen würde?

Berlins erklärte Absicht war eben nicht der Krieg gegen Russland, sondern die Lokalisierung. Russland hingegen war entschlossen, Österreich die Satisfaktion nicht zuzubilligen und war fest entschlossen, wurde hierin auch von Frankreich bestärkt, einen Feldzug gegen Serbien als casus belli zu betrachten. Und Petersburg nahm eben aus diesem Anlass billigend den Weltkrieg hierfür in Kauf.

Sasonow wäre doch schon am liebsten im Zuge der Liman-von-Sanders-Krise in den Krieg gezogen. Er trotz des großen diplomatischen Erfolges keinesfalls zufrieden. Die Konferenzen nach der Krise zeigen deutlich was Sasonow für die Zukunft plante.

Jedenfalls war Berlin gegenüber Wien durch den Zweibund vom 07.Oktober 1879 verpflichtet. Petersburg war dem slawischen Bruder gegenüber zu gar nichts verpflichtet. Es wollte nicht zulassen, das Wien durch die "Strafexpedition" gegen Serbien seine Position auf dem Balkan wieder verbessert, die sich durch die Balkankriege ja gründlich verschlechtert hatte; nicht und gerade zuletzt durch die engagierte russische Unterstützung für Serbien.

Immerhin die Gefahr bestand bereits in der serbischen Angelegenheit und wurde von Berlin akzeptiert, was als hoch irrationaler und agressiver Schritt verstanden werden konnte.
Nicht wenn man die Berliner Interna kennt und weiß, dass die deutsche Regierung in Sachen Serbien von der Einkreisungspanik und der (aus meiner Sicht etwas irrationalen) Befürchtung den letzten wirklich verlässlichen Bündnispartner zu verlieren getrieben war.
Tatsache ist, das Wien nach den Balkankriegen, aufgrund der deutsch-britischen Kooperation, eben nicht unbedingt zum Vorteil der Monarchie, ziemlich sauer auf Berlin gewesen war. Das ist der deutschen Reichsleitung nicht entgangen und die Briten zeigten, trotz erfolgreicher Zusammenarbeit im Zuge der Balkankriege, nach wie vor die kalte Schulter.
Berlin musste sich also, durchaus nicht unberechtigt Sorgen machen, das Wien möglicherweise abspringen könnte. Deshalb war man entschlossen dem Freund und Bündnispartner bei der nächsten Krise beizustehen.

Bei den Westmächten, hatte sich ja bereits so ein wenig die (falsche) Einschätzung verfestigt, dass Österreich mehr und mehr zu einem Anhängsel Deutschlands geworden sei und dass hinter Wiens konfrontativer Balkanpolitik eigentlich Berlin als treibende Kraft steckte, der man eine einigermaße Dynamische Machtpolitik auf Grund der Kolonialen Aktivitäten und der Marokko-Kriesen eher zutrauen konnte und das deutsche Verhalten in der Juli-Kriese konnte diese Fehleinschätzung durchaus stützen.

Die Westmächte hatten die reizende Angewohnheit grundsätzlich Deutschland sehr negative Absichten zu unterstellen; egal was es tat oder unterließ. Auch das Wien nur ein "Befehlsempfänger" Berlins gewesen sei, ist absoluter Blödsinn.
 
Die serbische Heeresleitung hatte genau wie die der österreichisch-ungarischen bei ihren militärischen Operationen die politischen Hintergründe zu beachten. Diese waren einerseits durch Besetzung österreichisch-ungarischer gebiete territoriale Ansprüche zu dokumentieren, vielleicht sogar zu einen proserbischen Volksaufstand zu entfesseln, andererseits eben das russische Drängen, durch offensive möglichst viele österreichisch-ungarische Kräfte zu binden.
 
Der Augustfeldzug zeigt eigentlich eher das Gegenteil.
Gut, welche strategisch wichtigen Gebiete auf der Österreichisch-Ungarischen Seite der Grenze konnten die serbischen Truppen besetzen und über einen signifikanten Zeitraum (sagen wir mal 2-3 Monate und aufwärts) halten?

Die serbische Heeresleitung hatte genau wie die der österreichisch-ungarischen bei ihren militärischen Operationen die politischen Hintergründe zu beachten. Diese waren einerseits durch Besetzung österreichisch-ungarischer gebiete territoriale Ansprüche zu dokumentieren, vielleicht sogar zu einen proserbischen Volksaufstand zu entfesseln, andererseits eben das russische Drängen, durch offensive möglichst viele österreichisch-ungarische Kräfte zu binden.
Österreichsch-Ungarische Kräfte waren effektiv nicht durch Offensive, sondern nur durch Defensive zu binden. Eigene, ernsthafte großangelegte Offensiven von serbischer Seite hätten nur das wenige vorhandene militärische Potential verschlissen und es den Österreichern leicht gemacht den Krieg im Süden schnell zu gewinnen.

Heißt übersetzt, die serbischen Militärs hatten um den politischen Annforderungen, die die zivile Regierung und St. Ptersburg an sie herantrugen de facto ein paar Alibi-Angriffe auszuführen um zu dokumentieren, dass man etwas tat, aber ohne sich in potentiell halsbrecherische Kampagnen einzulassen und mit der Maßgabe zeitweise besetzte Territorien genau so schnell wieder zu räumen und sich ins Landesinnere zurück zu ziehen um sich auf die Verteidigung neuralgischer Punkte zu konzentrieren.
Und genau so gestaltete sich das dann auch im Herbst 1914.
 
Gut, welche strategisch wichtigen Gebiete auf der Österreichisch-Ungarischen Seite der Grenze konnten die serbischen Truppen besetzen und über einen signifikanten Zeitraum (sagen wir mal 2-3 Monate und aufwärts) halten?

Wir sprechen über Offensive und Defensive. Du hast ausgeführt, das die Serben von Anfang sich zurückgezogen hätten. Das impliziert, das keine offensive Aktivität seitens der Serben entfaltet wurde. und das ist so nicht zutreffend.

Österreichsch-Ungarische Kräfte waren effektiv nicht durch Offensive, sondern nur durch Defensive zu binden.

Das ist schon zutreffend, aber erkläre das den Russen und in der Folge den Serben, die eben den russischen Ansprüchen irgendwie genügen wollten.
 
Wann und wo genau soll Wilhelm II. das gesagt haben?
Haettest Du Beitrag #1.668 etwas aufmerksamer gelesen, haettest Du die Frage nicht stellen brauchen.

#1.668 bibliophile schrieb:
Noch ein Zitat vom Kaiser, Seite 9 :
Apropos Authoren die ueber den 1.WK geschrieben haben. Da gibt es z.B. den Stellvertretenden Generalstaatsanwalt der U.S.A., (Assistant Attorney-General of the U.S.) also ein gaaanz hohes Tier…eine'eminente Person', mit dem Namen James M. Beck, Doctor of Laws bitteschoen. Dieser schrieb ein duennes Buch mit dem Titel "THE EVIDENCE IN THE CASE, A Discussion of the Moral Responsibility for the War of 1914."
Noch ein Zitat vom Kaiser, Seite 9 :


“Remember the German people are the chosen of God. On me, as German Emperor, the spirit of God has descended. I am his weapon: His sword His Vice regent. Woe to the disobedient! Deathtocowardness and unbelievers!”

*„Denkt daran, dass das deutsche Volk von Gott auserwählt ist. Auf mich, als deutschen Kaiser, ist der Geist Gottes herabgestiegen. Ich bin seine Waffe,sein Schwert, sein Vize-Regent.Wehe den Ungehorsamen! Tod den Feiglingen und Ungläubigen!“ *(deepl)


Quelle:
Das Buch ist ein exaktes Faksimilee aus dem Bestand der 'New York Public Library'. Das bedeutet inklusiv aller Notizen, Strichen usw.
By Putnam and Sons, 1914. Man beachte den mehrmals erwaehnten, uebertragenden Begriff: 'Gewissen der Menschheit'.



Wer an der Echtheit der Zitate zweifelt, wird sie sinngemaess bestaetigt sehen im Buch des ehemaligen Botschafters der U.S.A. zum Kaiser, Mr. James W. Gerard in seinem Buch 'FACE TO FACE WITH KAISERISM'.




 
Kleine Bemerkung: dies ist das erste und letzte Mal dass ich Zeit verschwende mit Quellennachweisen. Wie jeder im obigen Beitrag sehen kann, gebe ich Quellen normalerweise an. Wer mir nicht glauben will...take it or leave it. Ich habe ein dickes Fell ,drum zeigt mein Avatar auch einen Stier. (Das Bild ist ein Ausschnitt eines Kirchenfensters der deutschen Friedeskirche in Jerusalem, ein Teil des Kaiserin Auguste Hospitals oben auf dem Oelberg, dass der Kaiser in ~1900 dort bauen liess. )
 
Zuletzt bearbeitet:
Haettest Du Beitrag #1.668 etwas aufmerksamer gelesen, haettest Du die Frage nicht stellen brauchen.

Ich habe den Beitrag aufmerksam gelesen, deshalb habe ich die Frage ja gestellt. Ich habe dann sogleich nach dem Buch gesucht und es hier online gefunden:


Die Frage "Wann und wo genau soll Wilhelm II. das gesagt haben?" wird dort leider auch nicht beantwortet.

Wann genau? Keine Angabe.
Wo genau? Keine Angabe.
Wo findet man den deutschen Originaltext? Keine Angabe. (Ganz sicher hat der Kaiser die Ansprachen an seine Truppen nicht in englischer Sprache gehalten.)

Da Du auf die Frage nicht reagiert hast, habe ich selber nach der Quelle gesucht und bin fündig geworden.

Es handelt sich um ein offensichtlich in Russland erfundenes Fake-Zitat, auf das der ehrenwerte James M. Beck hereingefallen ist.

Kleine Bemerkung: dies ist das erste und letzte Mal dass ich Zeit verschwende mit Quellennachweisen.
Quellennachweise sind keine Zeitverschwendung, wenn wir hier faktenbasiert diskutieren wollen.
 
Siehe diesbezueglich meinen Beitrag.
Diesen habe ich jetzt erst gesehen, der passt sehr gut.

Apropos Authoren die ueber den 1.WK geschrieben haben. Da gibt es z.B. den Stellvertretenden Generalstaatsanwalt der U.S.A., (Assistant Attorney-General of the U.S.) also ein gaaanz hohes Tier…eine'eminente Person', mit dem Namen James M. Beck, Doctor of Laws bitteschoen.

In Anlehnung eines Kommentars des beruehmten Physikers Richard Feynman: "Es spielt keine Rolle wieviel Titel du hast, es spielt auch keine Rolle wieviel Papiere und Buecher du geschrieben hast: wenn due fasch liegst, dann liegst du falsch"

Das gilt auch für gaaaanz hohe Tiere mit Titeln wie "Stellvertretender Generalstaatsanwalt der U.S.A", "Doctor of Laws" - hier hat er halt Mist verzapft.

(Da wir gerade bei Zitaten sind, habe ich mich auch noch schnell nach dem Feynman-Originalzitat umgesehen; es lautet: "It doesn't make any difference how beautiful your guess is, it doesn't make any difference how smart you are, who made the guess, or what his name is – if it disagrees with experiment it's wrong.")
 
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