Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit, nach sehr langer Zeit mal eine Serie wiederzusehen, an die ich mich noch lebhaft aus meiner Kindheit erinnerte: Die Onedin Linie (The Onedin Line) Die Serie spielt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Liverpool.
Die Hauptfigur James Onedin ist eine Segelschiff-Kapitän, der erkennt, dass er ein eigenes Schiff braucht, wenn er etwas verdienen will. Leider sind seine Mittel begrenzt. Sein Bruder Robert hat den Kramladen seiner Eltern geerbt und seine Schwester Isabel das Elternhaus. 25 Pfund ist auch schon alles, was er erbt. Bei einer Versteigerung kommt der Schoner Charlotte Rhodes unter den Hammer. Der Preis übersteigt Onedins Mittel, doch es gibt eine Möglichkeit. Onedin heiratet einfach die Tochter des Eigentümers, die bereits 33 Jahre alt ist und auch nicht unbedingt eine große Schönheit ist.
So wird die Charlotte Rhodes das erste Schiff der Onedin-Linie, und James Onedin baut in mehreren Staffeln mit Geschick, Glück und einer ordentlichen Dosis von Egoismus die Reedere auf. Die Serie lief Mitte bis Ende der 1970er Jahre im Vorabendprogramm. Die Serie war neben I Claudius, Upstairs Downstairs (Das Haus am Eaton Place) und "Poldark" eine der erfolgreichsten britischen TV- Serien, und eine, die wie Upstairs Downstairs sich durch ein sehr hohes Maß an historischer Genauigkeit auszeichnete.
Die Macher der Serie müssen jedenfalls einiges an Zeit für historische Recherche aufgebracht haben. Die Onedin-Linie hatte einen hohen Wiedererkennungswert. Als Intro zur Serie lief ein Stück aus dem Ballet Spartacus und eine Windjammer unter vollen Segeln. Ich habe als Kind die Serie sehr gern gesehen und erkannte sie auf Anhieb auch nach so vielen Jahren sofort wieder.
Ich bin mir sicher, die Älteren im Forum würden die Serie ebenfalls sofort wiedererkennen.
Als Upstairs Downstairs im deutschen Fernsehen lief, mochte ich die Serie überhaupt nicht, da war mir viel zu wenig Aktion. Als ich sie aber vor einigen Jahren auf YT wiedersah, war ich spontan davon begeistert, weil da wirklich alles passte: Story, Kostüme und die Leistungen der Darsteller. Seinerzeit war selbst die königliche Familie davon angetan, die verstorbene Queen sagte einmal, ihr Lieblingscharakter war die Köchin Kate Bridges- mein Favorit aber Gordon Jackson in der Rolle des Butlers Angus Hudson, der im Grunde der wahre Hausherr war. Beim Wiedersehen waren es vor allem die Detailgenauigkeit des Lebens "Upstairs" der Familie des Tory- Abgeordneten Richard Bellamy und "Downstairs" der Dienerschaft um "Mr. Hudson" und Mrs Bridges. Die Idee zur Serie stammte von Jean March, die selbst die Rolle der "parlor maid" Rose Buck übernahm.
Ich erkannte auch, weshalb mir die Serie so gut gefiel: Wegen der sprachlichen Finesse und Differenzierung. Den biographischen und sozialen Hintergrund der Figuren hört man den Darstellern sofort an: Das gepflegte Oxford-English der Charakter Upstairs, der Cockney-Dialekt der Bediensteten "Downstairs". Jean March hat seinerzeit wohl recht sorgfältige Recherchen zum Alltagsleben von Dienstboten im 19. und 20. Jahrhundert angestellt, und das merkt man der Serie auch an.