Attila, der Hunne

Wieso als Skythe?
Da muss ich zurückfragen: warum denn nicht als Skythe? Was wissen wir über die Homogenität der Hunnen? Warum sollten wir einer Überlieferung nicht glauben, so lange keine Beweise gegen die Aussage vorliegen? Mag Anonymus seinen Text auch im Delirium hingeschrieben haben, in dubio pro reo
 
Jetzt übertreibst Du ein bisschen! :D ;) Dann können wir mal ganz generell die geschichtliche Identität einiger Völker streichen. Dennoch, ich glaube nicht, dass es gerecht wäre zu glauben, Anonymus habe sich alles aus dem Finger gesaugt. Immerhin weiß er auch von verifizierten Fakten zu berichten...

Der Anonymus P. war allem Anschein nach ein französischer Auftragsschreiber, der für die Arpaden eine Legitimationsgeschichte geschrieben hat. Er war ein Propagandist. Dass er, wo er Vorlagen hatte (u.a. das Alte Testament mit seiner Völkertafel!) diese benutzte, ändert daran nichts und dass er ein Propgandist war, kann auch keine Begründung für eine Kollektivverwerfung aller historiographischen Quellen sein. Im Prinzip dient seine Schrift dazu, Herrschaftsansprüche der Arpaden im 12. Jahrhundert mit frisierten Fakten zu legitimieren.

Aber zurück zu Attila: was ist daran stoßend, wenn wir annehmen, dass Attila wahrscheinlich als Skythe im Domgebiet auf die Welt kam? Da kann er ja - wenn’s sein muss – den gotischen Namen erhalten haben.
Mit den Skythen machst du jetzt wieder ein neues Fass auf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da das Skythenreich riesig, und ich meine RIESIG gewesen sein muss (auch im Hinblick auf die zahlreichen Funde in Ungarn), kann auch sein – falls an der Geschichte was dran ist – , dass dieser Jafet ein Kleinkönig im Osten, also sowas wie ein ‘warlord’ war... (ähnlich wie möglicherweise auch der skythische König Atheas im Westen des Reiches)
Das kann definitiv nicht sein, da Jafet (ein Sohn Noahs) und sein Sohn Magog biblische Gestalten sind, die laut Bibel (wobei das Buch Genesis, in dem er genannt wird, schon vor Alexander dem Großen, zu dessen Zeit Magog laut Anonymus gelebt haben soll, entstanden war) kurz nach der Sintflut lebten. Herleitungen eines Volkes von Gestalten der griechischen Mythologie oder auch der Bibel waren im Mittelalter eben beliebt, wobei auf chronologische und geographische Plausibilitäten gerne gepfiffen wurde.

Wie auch die Jahreszahl zeigt, sind die Behauptungen von Anonymus nicht über jeden Zweifel erhaben – auch er schrieb über eine längst vergangene Zeit und ergänzte mit Legenden.
Nicht nur die Jahreszahl. Die Hunnen tauchten nicht erst mit Attila in Europa auf.
 
Japhet, Gog und Magog kommen in fast jeder mittelalterlichen Weltchronik vor, weil Japhet nach christlichem Verständnis der Stammvater der Europäer war. Gog und Magog hatten dagegen einen eher schlechten Ruf. Sie wurden zum Teil der Apokalypse und die Reitervölker hatten aus Sicht der mittelmeerischen Bevölkerung durchaus etwas apokalyptisches. Wann immer Reitervölker in die christlichen Territorien einfielen wurde dies als ein Teil der Johannesoffenbarung gesehen.
 
Kann man das angesichts der Heterogenität der hunnischen Föderation so eindeutig ausschließen?

Weiter oben hat ein Fachwissenschaftler gesagt: "Ein ansehnlicher Teil der Namen weist auf eine (Verbindungen mit dem Altbulgarischen und dem Mongolischen zeigende) Turksprache hin."

Aus diesem Grunde ist es naheligend, eine entsprechende Herkunft Attilas anzunehmen, da seine engste Verwandtschaft solche Namen aufweist.
 
Danke, Ravenik und El Quijote - klingt überzeugend! :)

Während ich zur Frage der Homogenität noch auf der Suche nach einem Buch über Ausgrabungen (skythische Gräber) bin - das Ding will einfach nicht auftauchen - bin ich auf ein Buch gestoßen, in dem von den “Skythen-Hunnen” die Rede ist, allerdings aus 1879, nur so als trotzige Anmerkung. :confused:
 
Weiter oben hat ein Fachwissenschaftler gesagt: "Ein ansehnlicher Teil der Namen weist auf eine (Verbindungen mit dem Altbulgarischen und dem Mongolischen zeigende) Turksprache hin."

Aus diesem Grunde ist es naheligend, eine entsprechende Herkunft Attilas anzunehmen, da seine engste Verwandtschaft solche Namen aufweist.

Auf welche Namen beziehen sich denn eigentlich diese Aussagen?

Attilas Onkel etwa wird als Rugila, Rua, Ruhas, Rona, Ruga bezeichnet - anscheinend je nach Sprache der jeweiligen Untertanen.
Eindeutige Namenszuordnungen kennen wir doch gar nicht.
 
Auf welche Namen beziehen sich denn eigentlich diese Aussagen?

Attilas Onkel etwa wird als Rugila, Rua, Ruhas, Rona, Ruga bezeichnet - anscheinend je nach Sprache der jeweiligen Untertanen.
Eindeutige Namenszuordnungen kennen wir doch gar nicht.

Mundschuk (alttürkisch: Muncuk = Perle), Oktar/Uptar (alttürkisch: Öktar = stark), Ernak/Irnäk (alttürkisch: Ernäk = Held), Kharaton/Karaton (alttürkisch: Qaráton = Schwarzbekleideter), Uldin/Uldis (alttürkisch: Öldin = Glücklicher), Vasik (alttürkisch: Bársig = Pantherähnlicher oder Basig = Gouverneur), Kursik (alttürkisch: Kürsig = Braver, Edler oder Qursig = Gürteltragender), Eskam (alttürkisch: Großer Pfarrer), Atakam (alttürkisch: Vater-Pfarrer).
 
Bekanntlich beherrschten die Skythen auch Norddeutschland - nach alten Völkertafeln! :D
Na..., würde mich nicht allzu lustig über die Skythen machen - muss ein kluges Völkchen gewesen sein... Es stimmt aber sicherlich, dass früher Goten und Germanen gerne zu den Skythen gezählt wurden (aber El Quijote hat recht, ich lasse mal die Skythen.. :D ).
 
Mundschuk (alttürkisch: Muncuk = Perle), Oktar/Uptar (alttürkisch: Öktar = stark), Ernak/Irnäk (alttürkisch: Ernäk = Held), Kharaton/Karaton (alttürkisch: Qaráton = Schwarzbekleideter), Uldin/Uldis (alttürkisch: Öldin = Glücklicher), Vasik (alttürkisch: Bársig = Pantherähnlicher oder Basig = Gouverneur), Kursik (alttürkisch: Kürsig = Braver, Edler oder Qursig = Gürteltragender), Eskam (alttürkisch: Großer Pfarrer), Atakam (alttürkisch: Vater-Pfarrer).

Die Übersetzung der Namen scheint mir doch z.T. etwas seltsam zu sein, insbesondere die beiden letzten. Schamane passt wohl besser.
 
Mundschuk (alttürkisch: Muncuk = Perle), Oktar/Uptar (alttürkisch: Öktar = stark), Ernak/Irnäk (alttürkisch: Ernäk = Held), Kharaton/Karaton (alttürkisch: Qaráton = Schwarzbekleideter), Uldin/Uldis (alttürkisch: Öldin = Glücklicher), Vasik (alttürkisch: Bársig = Pantherähnlicher oder Basig = Gouverneur), Kursik (alttürkisch: Kürsig = Braver, Edler oder Qursig = Gürteltragender), Eskam (alttürkisch: Großer Pfarrer), Atakam (alttürkisch: Vater-Pfarrer).

Unbestritten hatten sie alle türkische Namen. Aber eben wohl auch gotische, möglicherweise auch alanische oder weitere.
 
Weder Uptaros (=Octar), noch die meisten Namen, die ich oben bei Rugila aufgezählt habe, noch Bleda klingt sonderlich türkisch.
 
Welche Namen sollen das sein - sieht man einmal von Attila ab, den die Goten aus Ehrfurcht vergaben, der aber auch aus türkisch ata = Vater stammen könnte?
haben Turksprachen auch die Verkleinerungsform -la? Atta - Attila: beides ohne sonderliche Verrenkungen als gotisch erklärbar. Oder hältst du einen hunnischen (turksprachigen) Ata mit gotischer Verkleinerungsform für ebenso wahrscheinlich wie eine "nur" gotisch-sprachige Deutung des Namens (nicht der ethnischen Herkunft der Person!)

zu skythischen Hunnen, skythischen Goten: zeiteilig war aus römischer Sicht alles, was aus der Scythia, kam als "skytisch" bezeichnet worden, egal ob es Goten, Gepiden, Alanen usw. waren - es war ein quasi geografisches Großraster zur Einordnung der waffenrasselnden Barbaren; später dann differenzierte man diese geografischen "Skythen" und unterschied verschiedene Barbarenstämme (aus röm. Perspektive). Insofern gibt diese römische Sichtweise in diesem Fall keine Auskunft über die tatsächliche Herkunft solcher "Skythen".
vgl. Wolfram, die Goten - da wird das ausführlich aufgedröselt
 
haben Turksprachen auch die Verkleinerungsform -la? Atta - Attila: beides ohne sonderliche Verrenkungen als gotisch erklärbar. Oder hältst du einen hunnischen (turksprachigen) Ata mit gotischer Verkleinerungsform für ebenso wahrscheinlich wie eine "nur" gotisch-sprachige Deutung des Namens (nicht der ethnischen Herkunft der Person!)
Warum genau will man eigentlich Attila unbedingt verkleinert wissen?


zu skythischen Hunnen, skythischen Goten: zeiteilig war aus römischer Sicht alles, was aus der Scythia, kam als "skytisch" bezeichnet worden, egal ob es Goten, Gepiden, Alanen usw. waren - es war ein quasi geografisches Großraster zur Einordnung der waffenrasselnden Barbaren; später dann differenzierte man diese geografischen "Skythen" und unterschied verschiedene Barbarenstämme (aus röm. Perspektive). Insofern gibt diese römische Sichtweise in diesem Fall keine Auskunft über die tatsächliche Herkunft solcher "Skythen".
vgl. Wolfram, die Goten - da wird das ausführlich aufgedröselt
Nicht nur die Römer, sondern anscheinend auch klassizistisch gesinnte Geschichtsschreiber folgten dieser Unsitte.
 
haben Turksprachen auch die Verkleinerungsform -la? Atta - Attila:
Um auf Deine Frage zurückzukommen: das lässt sich nicht so leicht sagen. Das Problem mit Diminutivaffixen in altaischen Sprachen ist, dass sie sogar innerhalb einer Sprache je nach Region variieren können. Was aber die Sache noch mehr erschwert: die agglutinative Wortbildung, d.h. u.U. sehr komplexe Suffixe, die einer Vokalharmonie folgen, welche ebenfalls innerhalb der gleichen Sprache variieren kann. So kann das letzte “a” in “Attila” irgendein Suffix sein, während das “i” oder “-il-” (als Abwandlung aus “Ata”, “Atta”, bzw. “Attel”, oder eben aus ‘Ätel’) lediglich einer Vokalharmonie folgt. So einfach ist das... :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben