Die arabische Expansion - Tours und Poiters

Lieber Quichotte,

ich sehe da nicht nur die materiellen Dinge einer scheinbaren Überlegenheit orientalischer Kultur im frühen Mittelalter - sondern in erster Linie die Situation der breiten Masse. Und auf den Sohn eines Steppenhirten oder Karawanenführers aus Vorderasien, der in der Armee Abdel Rahmans diente, muss die Aussicht auf eine dauerhafte Stationierung im Frankenland genauso "attraktiv" vorgekommen wie zuvor einem italischen Legionär an der Lippe. Wenn es um die Aussicht auf Beute geht, meinetwegen - spanische Konquistadoren sind mit dieser Motivation noch mit ganz anderen Widrigkeiten klargekommen. Aber wirklich siedeln wollten die eigentlich auch nicht.
Vielleicht ist diese ganze Schlacht von fränkischen Chronisten (Gregor von Tours) nur hoch geschrieben worden. So groß war die Invasionstruppe ja wohl auch nicht und bis auf Anführer und Tross ist sie anscheinend einigermaßen heil weggekommen.

Du vergisst dabei aber, dass auch "Arabien" nicht nur aus Wüste besteht. Die eroberten Gebiete reichten damals ja schon bis Afghanistan und Pakistan, mit dem Hindukusch. Oder bist du schon mal im Libanon gewesen? Auch dort findest Du zwei schneebedeckte Gebirge: den Libanon und den Antilibanon: Die Umayyaden haben z.B. in Anğar eine Palaststadt errichtet. Als ich dort war, hat's geschneit. Auch der Hohe Atlas in Marokko und die Sierra Nevada in Spanien sind Skigebiete.
Und was die Ansiedlung von Muslimen im späteren Frankenreich angeht: es gibt eine umayyadische Münzprägestätte mit den Namen Arbūna, die im frühen 8.Jahrhundert mehr oder weniger aktiv im Prägen von Dirham ist. Dieses Arbūna ist die arabische Version des Namens von Narbonne, also Südfrankreich.

Das ist das erste Mal, dass ich etwas über die mutmaßliche Herkunft des Pelayo erfahre. Erstaunlich, dass über diesen spanischen "Helden" der Urzeit so wenig bekannt ist. Vor allem: Woher kommt der Name "Pelayo"?

Die Vertreter der westgotischen Adelsklasse hießen Receswind, Chindaswinth, Gundmar, Siseboth, Witiza, Amalrich, Favila usw. usw. Alles urgotische Namen. Aber "Pelayo"? - Vielleicht war er doch eher ein romanisierter Iberer?

Pelayo ist nichts weiter als die - moderne - hispanisierte Form des Namen Pelagius, ein Name griechischen Ursprungs - Pelagios. Er gibt uns also keine rechte Auskunft über die Herkunft jenes Pelayo.
 
Narbonne liegt in Südfrankreich und ist mediterran. Dass es in Anatolien, im Iiran, Marokko und im Libanon Berge, Wälder und Schnee gibt ist mir auch bekannt.

Naja, ich hoffe, mein Anliegen ist trotzdem verstanden worden.
Mein (kurdischer) Obsthändler beklagt sich jedenfalls nicht über Frost und Schnee, sondern über das oft düstere Nasskalte und die kurzen Wintertage hier in Norddeutschland.
 
Nach meiner Meinung war der arabische Feldzug nichts weiter als eine Razzia. Im Frankenreich gab es um die fragliche Zeit nichts zu holen, höchstens ein paar Klöster zu plündern. Eine andauernde Besetzung von Europa abseits des Mittelmeeres, selbst wenn möglich, kann nicht in arabischen Interesse gewesen sein...
Das stimmt so aber auch nicht. Garade in Gallien, wo die Araber ständig Plünderzüge unternahmen, gab es schon eine ganze Reihe von Städten. Umsonst sind sie schon nicht fast jedes Jahr nach Südgallien eingefallen.

Aber nun zum eigentlichen Anliegen: In diesem Pfad
http://www.geschichtsforum.de/f37/karl-martell-retter-des-abendlandes-4365/index4.html#post280460
habe ich schon einmal den folgenden Beitrag rein gestellt, aber lynxxx hat recht, er paßt besser hier herein. (Bei Karl Martell kann er ja von einem Mod gelöscht werden :winke: )
Also noch einmal:

Es gibt in letzter Zeit in der Wissenschaft Diskussionen darüber, ob die Araber tatsächlich das Frankenreich ihrem Kalifat einverleiben wollten und damit die Schlacht bei Poitiers tatsächlich eine der großen Schicksalsschlachten war, oder ob der Angriff im Jahre 732 vielleicht doch nur einer der vielen Raubzüge bzw. eine Stafexpedition der Araber war. Aus diesem Grunde möchte ich diese Schlacht bei Poitiers einmal genauer untersuchen:

Fest steht, daß Karl Martell die Langobarden um Unterstützung bei der Abwehr der Araber bat. Er verfügte damit über ein Heer von etwa 30.000 Mann und stand einem Araberheer von etwa 20.000 Mann gegenüber (es soll Quellen geben, die stark übertreiben und die Truppenstärke der Araber mit 400.000 Mann beziffern).
Zunächst zum Hergang selbst:

Der Anlaß für den Angriff der Araber ist überliefert. Der aquitanische Fürst Eudo hatte sich mit dem Berberfürsten Munnuz verbündet, der jedoch von seinen arabischen Nachbarn besiegt wurde. Nun überschritten sie auch die Pyrenäen und griffen Aquitanien an. Plündernd und brandschatzend zogen die Araber nach Norden und machten auch vor Poitiers nicht halt. Auch diese Stadt wurde erobert und gelündert. Damit standen sie bereits im Zentrum Galliens. Als sie auch Tours an der Loire bedrohten, stellte sich ihnen Karl Martell mit seinem fränkischen Reiterheer entgegen. Sieben Tage soll die Schlacht gedauert haben (wobei die meiste Zeit wohl mit Taktieren und Abwarten verbracht wurde), dann waren die Araber besiegt und zogen sich eilig unter hohen Verlusten über die Pyrenäen zurück. Ihr Heerführer Abd El-Rahman wird getötet.

Zur Berwertung dieser Schlacht muß man sich die Eroberungszüge der Araber insgesamt anschauen:

Mohamed hatte bis zu seinem Tod im Jahre 632 fast die gesamte Arabische Halbinsel vereinigt. Seine Nachfolger, die Kalifen griffen nun die Nachbarländer an und eroberten sie ganz oder teilweise. Zuerst griffen sie offenbar Persien (Sassanidenreich) und Syrien an, das zum Byzantinische Reich gehörte. Die (wieviele?) Araber siegten 636 in der Schlacht am Yarmuk über 80.000 Byzantiner.

So, und nun bitte ich um Unterstützung bei der Ausarbeitung weiterer Entscheidungsschlachten der Araber bei ihren Eroberungsfeldzügen - ob erfolgreich oder nicht ist egal.

Ach so:
Suche nach anderen Quellen, als Wikipedia.

Also an die Arbeit Leute!
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier gleich mal eine Buchempfehlung zum Thema:
Rolf Palm (1978): Die Sarazenen. Weltreich aus Glaube und Schwert - Econ Verlag Wien-Düsseldorf; 454 S.

Danach übrigens für Yarmuk folgende Truppenstärken:
arab. Quellen (?) 40000 Moslems - 250000 Byzantiner (LOL)
mod. Schätzungen (?) 25000 : 50000

Ich weiss nicht, welchen Wert dieses Sachbuch unter ausgewiesenen Experten hat, es ist auf jeden Fall unterhaltsam geschrieben und nach Augenschein der Bibliographie solide recherchiert. War auch eines der gestern von mir andernorts erwähnten Flohmarkt-Schnäppchen...:)
 
Es gibt in letzter Zeit in der Wissenschaft Diskussionen darüber, ob die Araber tatsächlich das Frankenreich ihrem Kalifat einverleiben wollten und damit die Schlacht bei Poitiers tatsächlich eine der großen Schicksalsschlachten war, ...
Ich habe das Gefühl, die Problematik hängt stark mit der Fragestellung bzw. der vielleicht dahinterstehenden Sichtweise zusammen.

"Die Araber wollten" klingt sehr stark nach großer strategischer Planung.
Als hätte der Kalif mit seinen Beratern einen umfassenden Welteroberungsplan ausgearbeitet der Art: "Jahr X erobern wir das Westgotenreich, Jahr Y Südgallien und dann Jahr Z das Frankenreich".

So war es bestimmt nicht. Und deswegen war Poitiers auch nicht eine Entscheidungsschlacht à la Marathon oder Issus, wo ein entschlossener Eroberer aufgehalten wird oder eben nicht.

Sondern die arabische Expansion vollzog sich im wesentlichen situativ: Die nächsten Ziele wurden danach ausgewählt, wo man mit möglichst wenig Risiko und Gegenwehr möglichst gute Chancen hatte.

Auch wenn das 732 "nur" ein Raubzug gewesen war - diesen so deutlich und mit heftigen Verlusten verloren zu haben, war für die Araber wohl schon "entscheidend". Sie nahmen es als klares Signal, daß man an dieser Ecke besser mal nicht weitermachen sollte - Risiko und Nutzen standen in keinem vernünftigen Verhältnis.

Hätten sie dagegen gewonnen, hätten sie wohl auch in den Folgejahren ihre Raubzüge fortgesetzt - und es wäre dann mittelfristig wohl schon zu einer Eroberung des Frankenreichs gekommen.

In diesem Sinne war Poitiers wohl schon die entscheidende Schlacht zur "Rettung des Abendlands", auch wenn es (noch) nicht der eigentliche Eroberungsversuch war.
 
Ich habe das Gefühl, die Problematik hängt stark mit der Fragestellung bzw. der vielleicht dahinterstehenden Sichtweise zusammen.

"Die Araber wollten" klingt sehr stark nach großer strategischer Planung.
Als hätte der Kalif mit seinen Beratern einen umfassenden Welteroberungsplan ausgearbeitet der Art: "Jahr X erobern wir das Westgotenreich, Jahr Y Südgallien und dann Jahr Z das Frankenreich".

So war es bestimmt nicht. Und deswegen war Poitiers auch nicht eine Entscheidungsschlacht à la Marathon oder Issus, wo ein entschlossener Eroberer aufgehalten wird oder eben nicht.

Sondern die arabische Expansion vollzog sich im wesentlichen situativ: Die nächsten Ziele wurden danach ausgewählt, wo man mit möglichst wenig Risiko und Gegenwehr möglichst gute Chancen hatte.

Bis hierhin gehe ich mit dir d'accord. Von Tariq Ibn Ziyad und Musa Ibn Nusayr ist sogar überliefert - wenn diese Quellen auch schon legendenhaften Züge haben und nicht zeitgenössisch sind - dass sie wg. ihrer eigenmächtigen Eroberung der PI vor dem Kalifen in Damaskus in Ungnade gefallen wären.
Bei dem Folgenden endet aber mein Einverständnis:

Auch wenn das 732 "nur" ein Raubzug gewesen war - diesen so deutlich und mit heftigen Verlusten verloren zu haben, war für die Araber wohl schon "entscheidend". Sie nahmen es als klares Signal, daß man an dieser Ecke besser mal nicht weitermachen sollte - Risiko und Nutzen standen in keinem vernünftigen Verhältnis.

Hätten sie dagegen gewonnen, hätten sie wohl auch in den Folgejahren ihre Raubzüge fortgesetzt - und es wäre dann mittelfristig wohl schon zu einer Eroberung des Frankenreichs gekommen.

In diesem Sinne war Poitiers wohl schon die entscheidende Schlacht zur "Rettung des Abendlands", auch wenn es (noch) nicht der eigentliche Eroberungsversuch war.

Es ist ja überhaupt nicht so, dass nach 732 die Pyrenäen die Wasserscheide zwischen dem muselmanischen Morgenland und dem christlichen Abendland gewesen wäre. Es sind eben auch in der Folge noch weitere Raub- und/oder Eroberungszüge maurischer Kontingente über die Pyrenäen nachgewiesen:
735 'Abd al-Malik, 737 Yusuf Ibn 'Abd ar-Rahman und 'Umar Ibn Khalid, 738 - hier habe ich allerdings keine Namen und Narbonne blieb bis 759 muslimisch. Und nicht zuletzt der Piratenstützpunkt Fraxinetum, der aber nicht in direktem Zusammenhang mit diesen Einfällen steht.
Ich hab es schon mal an anderer Stelle geschrieben: Professor Scheibelreiter schreibt in einem Beitrag über eben diese Schlacht von Tours und Poitiers in dem von ihm herausgegebenen Sammelband Höhepunkte des MAs, dass die Schlacht von Tours und Poitiers erst durch einen Abschreibfehler des Chronisten Paulus Diaconus aus dem Liber Pontificalis, der von den ihn abschreibenden Chronisten weiterverbreitet wurde, ihre herausragende Bedeutung gewann.
 
Es ist ja überhaupt nicht so, dass nach 732 die Pyrenäen die Wasserscheide zwischen dem muselmanischen Morgenland und dem christlichen Abendland gewesen wäre.
Völlig richtig, das wollte ich auch nicht behaupten.
Das eigentliche Frankenreich beginnt für mich aber nicht an den Pyrenäen, Tours und Poitiers (und dort hätten die Araber noch nicht haltgemacht mit ihrem Kriegszug, wenn die Schlacht anders ausgegangen wäre) sind dagegen schon Kernland.

Und meines Wissens (das ist aber sehr rudimentär!) waren die nachfolgenden Raubzüge deutlich kleiner in Mannschaftsstärke und Zielsetzung.

dass die Schlacht von Tours und Poitiers erst ... ihre herausragende Bedeutung gewann.
Ihre Bedeutung für den weiteren Geschichtsverlauf oder ihre Bedeutung für die abendländische Geschichtsschreibung?

Das könnte hier schon ein wesentlicher Unterschied sein.

Es wäre ja gar nichts Ungewöhnliches, wenn die Zeitgenossen gar nicht merken, daß irgendein Ereignis entscheidende Bedeutung für die weitere Entwicklung hat.
 
Ja. Nur hat Paulus Diaconus die Zahlenangaben aus dem Liber Pontificalis genommen und der Schlacht Karl Martells fälschlicherweise zugeordnet. In Wahrheit aber gehören diese zu einem Sieg Eudos bei Toulouse 721. Sind die Zahlengaben schon im Liber Pontificalis und später bei Paulus Diaconus übertrieben, werden sie im Nachhinein noch mehr aufgebauscht.
Scheibelreiter im Übrigen:

Diese Überwertung ist erst das Ergebnis moderner Historiographie, vor allem in Lehr- und Schulbüchern, populärwissenschaftlichen Darstellungen und Nachschlagewerken und schließlich im Internet.

Da könnte auch "...und schließlich bei geschichtsforum.de" stehen.
 
Ich denke immer solche Schlachten wie Tours und Poitiers sind Fixpunkte. Das heißt, es gab einen Konflikt und um den einordnen zu können, nimmt man eine Schlacht her.
Das ist fast, als wenn man Crécy als Beispiel für die Erfolge der Engländer im Hundertjährigen Krieg herausnähme. Tours und Poitiers das ist ein Begriff, auch wenn man sich nicht an den weiteren Verlauf des Krieges entsinnt oder diesen im Detail kennt. Die Franken siegten, als Gesamtergebnis unterm Strich kann man sagen, dass auf Dauer ein Einfall abgewehrt wurde. Eine Schlacht, bei welcher die Angreifer gesiegt hätten, was aber nicht dem Ausgang des Konfliktes entsprochen hätte, diese hätte man sich sicherlich schlechter gemerkt.

Ich denke nur aussagekräftige Funde v.a. von Tross etc. der Mauren können eindeutigen Aufschluss darüber geben, welchen Charakter der Kriegszug der Mauren hatte und welche Beudeutung ein Scheitern für diese. Wenngleich die Schlacht wohl auch aus militärhistorischer Sicht interessant ist, sollte man nicht vernachlässigen wie weit auch danach noch kleinere Verbände der Mauren ins Frankenreich vordrangen. (wenn ich das richtig in Erinnerung habe)
 
...Die Franken siegten, als Gesamtergebnis unterm Strich kann man sagen, dass auf Dauer ein Einfall abgewehrt wurde...Wenngleich die Schlacht wohl auch aus militärhistorischer Sicht interessant ist, sollte man nicht vernachlässigen wie weit auch danach noch kleinere Verbände der Mauren ins Frankenreich vordrangen. (wenn ich das richtig in Erinnerung habe)
Du erinnerst dich richtig. Noch Jahrzehnte danach gab es Überfälle der Araber auf fränkisches Gebiet, sogar noch zur Zeit von Karl dem Großen, weswegen er 803 die Spanische Mark als Pufferzone zur Iberischen Halbinsel errichtete.

Aber nun zu meiner Frage:

Wie groß waren denn die Heere der Araber so (und die Ihrer Gegner), bei Entscheidungsschlachten im Ramen ihrer Eroberungen?

Z. B. bei den Westgoten - am 23. Juli 711 die Schlacht am Guadalete?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier gleich mal eine Buchempfehlung zum Thema:
Rolf Palm (1978): Die Sarazenen. Weltreich aus Glaube und Schwert - Econ Verlag Wien-Düsseldorf; 454 S.
...
Ich weiss nicht, welchen Wert dieses Sachbuch unter ausgewiesenen Experten hat, es ist auf jeden Fall unterhaltsam geschrieben und nach Augenschein der Bibliographie solide recherchiert. War auch eines der gestern von mir andernorts erwähnten Flohmarkt-Schnäppchen...:)

Hi.
Also ich habe das Buch auch (geschenkt bekommen), und ich kann nur sagen, dass es 1978 nachdem man ein paar Karl May Romane verschlungen hatte, sicherlich eine Verbesserung der Kenntnisse diente, und wenigsten in die richtige Richtung geht.

Aber 2007 sollte man sich die Zeit ersparen, dieses zu lesen, selbst für 50 Cent auf dem Flohmarkt, dann lieber 5 Euro mehr, und was vernünftiges...

Oder ganz umsonst die eine oder andere Dissertation lesen, die sind manchmal auch sehr unterhaltsam und leicht zu lesen.



Und Barbarossa, ich hab mal einige Angaben zu deiner Frage rausgesucht, und zu anderen Schlachten und Daten auch, wie du es angeregt hattest.

Siehe hier:
http://www.geschichtsforum.de/f36/s...schlachten-mit-muslimischer-beteiligung-18227

Dort kannste ja mal weiter schreiben, was dir noch so einfällt, möglichst mit Quellen, dann können wir vergleichen, und ggf. feststellen, wo liegt für eine Zahl der Ursprung, wer hat wo abgeschrieben, etc.


EDIT:

Ich habe mir die Mühe nochmals gemacht, in der letzten halben Stunde diesen und den von mir zitierten Karl Martell-Thread durchzulesen, und ich denke, die oben neu aufgetauchten Fragen wurden alle schon erschöpfend in diesen beiden Threads beantwortet, und wenn nicht dort allein, dann aber sicherlich mit Hilfe der Links in den Posts.
Also vor weiteren Fragen, bitte doch noch einmal durchlesen, und dann die Frage nochmals präzisieren.

(Ich hatte mich nämlich bei einigen Aspekten in den Posts oben gewundert, denn mir war so, dass wir das alles schon mal hatten. Nun habe ich dann selber mal nachgeschaut, und weiß, dass ich hier mich nicht wiederholen brauche... :))

Danke und Servus, LG lynxxx


PS:

Ansonsten sollte man wie gesagt mal den Fokus auf das wirklich epochemachende richten:

Byzanz im 7.-8. Jh. wirklicher :) Retter des Abendlandes!
 
Zuletzt bearbeitet:
EIn bißchen habe ich die Befürchtung, daß wir aneinander vorbeireden.
Denn bei den Fakten gebe ich Dir völlig recht - mir geht es nur um einen anderen Aspekt.

Ja. Nur hat Paulus Diaconus die Zahlenangaben aus dem Liber Pontificalis genommen und der Schlacht Karl Martells fälschlicherweise zugeordnet. In Wahrheit aber gehören diese zu einem Sieg Eudos bei Toulouse 721. Sind die Zahlengaben schon im Liber Pontificalis und später bei Paulus Diaconus übertrieben, werden sie im Nachhinein noch mehr aufgebauscht.
Alles richtig.
Aber eigentlich nicht wirklich wichtig für die Beurteilung der Schlacht von Tours/Poitiers.
Auch wenn die in der mittelalterlichen Geschichtsschreibung mit falschen Zahlen und verwechselten Fakten wiedergegeben wurde - das ändert doch überhaupt nichts an der historischen Bedeutung.

Die ergibt sich - wenn meine Fakten hier stimmen - dadurch, daß sie ein Wendepunkt war. Nie wieder sind die Araber nach dieser Niederlage mit einem so großen Heer so weit nach Norden vorgedrungen.

Bei den späteren Schlachten sind ja schon die Franken wieder in der Offensive, die die Araber zuerst aus Südfrankreich und später aus Nordspanien zurückdrängen.

Die Schlacht von Tours/Poitiers bedeutet in der Tat nicht, daß damit der Konflikt endgültig beendet war und die Araber sich nie wieder blicken ließen.
Aber sie war wohl der Kulminationspunkt. Hätten die Araber gewonnen, hätte dies Martell und das Frankenreich empfindlich getroffen und sie hätten weiteren Kriegszügen vielleicht nicht mehr wirksam entgegentreten können - d.h. es ist eine durchaus begründete Vermutung, es wäre dann in "Oxford der Koran gelehrt worden".
Durch die Niederlage (egal wie groß die Heere nun wirklich waren) änderte sich der Verlauf entscheidend - die Araber verloren ihren wesentlichen Angriffsschwung und die Initiative ging an die Franken über.
 
...Die von (Militär-)Historikern getroffenen Abschätzungen - vorgenommen anhand Schriftwechseln zum Heerbann u. dgl. - haben ergeben, daß bspw. ein europäisches (Ritter-)Heer im Hochmittelalter schon groß war, wenn es aus 10000 Mann bestand.
Dann verstehe ich aber nicht, warum man versucht, die Schlacht bei Poitiers in seiner Bedeutung herunter zu spielen, an der 30.000 Franken und 20.000 Araber teilnahmen.
:grübel:
 
lynxxx: Also ich habe das Buch auch (geschenkt bekommen), und ich kann nur sagen, dass es 1978 nachdem man ein paar Karl May Romane verschlungen hatte, sicherlich eine Verbesserung der Kenntnisse diente, und wenigsten in die richtige Richtung geht.

Ich bin Biologe, kein studierter Historiker und habe leider Gottes nicht die Zeit und Muße, mir neue Dissertationen zum Thema zu besorgen und auch noch zu lesen. Mag das Buch auch gerne 30 Jahre alt sein, aber die geschichtlichen Fakten haben sich ja nun nicht geändert und neue Originalquellen (fränkische oder arab. Chronisten) sind ja wohl nicht hinzu gekommen.
 
balticbirdy.
niemand verlangt, dass man Dissertationen lesen sollte. (Das war nur ein Tipp für kostenlose meist gute Infos)
Aber mit Verlaub, nach deiner Argumentation bräuchte man seit dreißig Jahren keine neuen Bücher über die Araber schreiben?
Das mag für andere Bereiche der Historie vielleicht ein kleines bisschen mehr zutreffen, wo Standardwerke von vor 30 Jahren noch heute ihren guten Dienst teilweise erfüllen können, aber nicht bei so relativ jungen Fachbereichen wie der Orientalistik, wo noch ein Großteil der Archive weder katalogisiert ist, noch gesichtet wurde.
Nein auch als absoluter Laie solltest du lieber auf andere Bücher zurückgreifen, denn du liest dir ja sicherlich nicht nur die Chronologie hinten im Buch durch, um die Zahlen zu lesen... ;) Alles weitere ist leider veraltet, ich werde mir es jetzt aber bestimmt nicht noch mal zur Hand nehmen, um explizite Stellen herauszusuchen.
Und wenn du konkrete Lit.-Empfehlungen haben möchtest, dann nur her damit. :winke:

Barbarossa:
Ich denke, es geht nicht darum das Scharmützel/die Schlacht von Tour und P. herunterzuspielen, sondern darum, es an historischen Fakten (also keine historiographische Propaganda) orientierend "richtig" einzuordnen, es wieder von der Überhöhung der Historiographie auf ein normales Maß herunter zu holen.
Dabei kann es jedoch auch zu "Kontrareaktionen" einiger Autoren kommen, die meinen, sooo gering sollte man dieses Ereignis nun auch wieder nicht sehen. und so weiter...

Übrigens, woher hast du eigentlich die Zahlen der Armeen. Also woher haben deine Quellen ihre Zahlen? Welche Standardwerke wurden zitiert? In deinen Links seh ich nix...

Ich hab mal bei meinen wissenschaftl. Standardwerken zum Nahen Osten gesucht, und kaum konkrete Zahlen gefunden (auch nicht zu dieser Schlacht), schaute ich allerdings bei meinen populärwissenschaftlichen Werken, standen andauernd Zahlen ohne Quellenangaben drin... :grübel:

Ich vermute mal, selbst die 20-30000 Mann sind vielleicht übertrieben oder eine aus der Luft gegriffenen Schätzung, die immer mal wieder abgeschrieben wurde?

(Ich hab ja gesehen, wie bei der Ausdehnung (Fläche) des osmanischen Reiches einmal J. Matuz in seinem quasi Standardwerk was falsches ausgerechnet hat, und dieses nun seit 1985 überall abgeschrieben wurde, auch im I-Net und in seriösen Werken, bis ich mich mal drangemacht habe, das auszurechnen, und gesehen habe, dass Matuz sich verrechnete... (Hier im Forum näheres zu Ausdehnungen von Imperien.)) :still:


LG lynxxx
 
Zuletzt bearbeitet:
Barbarossa:
Ich denke, es geht nicht darum das Scharmützel/die Schlacht von Tour und P. herunterzuspielen, sondern darum, es an historischen Fakten (also keine historiographische Propaganda) orientierend "richtig" einzuordnen, es wieder von der Überhöhung der Historiographie auf ein normales Maß herunter zu holen.
Dabei kann es jedoch auch zu "Kontrareaktionen" einiger Autoren kommen, die meinen, sooo gering sollte man dieses Ereignis nun auch wieder nicht sehen. und so weiter...

Übrigens, woher hast du eigentlich die Zahlen der Armeen. Also woher haben deine Quellen ihre Zahlen? Welche Standardwerke wurden zitiert? In deinen Links seh ich nix...
LG lynxxx
In diesem Pfad
http://www.geschichtsforum.de/281066-post6.html
stehen in zwei Links die Truppenstärken, allerdings keine Quellenangabe zu den Zahlen und mehr habe ich im Netz auch nicht gefunden, was zumindest einigermaßen vertrauenserweckend war.
 
Natürlich habe ich mir darüber schon vor einiger Zeit Gedanken darüber gemacht, wie man in diesem Pfad sieht, wo ich schrieb:
eines dürfte nach dem Lesen der Artikel klar geworden sein: Daß die Araber an allen "Fronten" solange immer weiter vordrangen, bis sie auf so großen Widerstand stießen, daß ihnen ein weiteres Vordringen unmöglich war. Somit ist auch klar, daß man die Schlacht bei Poitiers auf keinen Fall kleinreden sollte.
Aus dem Pfad: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?p=210203&posted=1#post210203
Für mich stellt sich die Bedeutung der Schlacht bei Poitiers so dar:
Karl Martell hatte das Frankenreich zwar weitgehend geeint, aber anscheinend regierte Eudo Aquitanien, nominell zum Frankenreich gehörend, noch weitgehend autonom. Dieser verbündete sich mit den Berbern, die allem Anschein nach mit dem Arabern in Konflikt geraten waren und versuchte so, seine Machtstellung weiter zu stärken und sich vor weiteren Übergriffen der Araber zu schützen, die besonders ab 725 Aquitanien schwer bedrängten. Jedoch unterlagen die Berber im Kampf gegen die Araber, die nun auch Eudo von Aquitanien auzuschalten versuchten. Die Araber griffen das Herzogtum an und Eudo floh zu Karl Martell. Auf ihrem Zug eroberten und plünderten die Araber mehrere Städte, bis sich Karl Martell ihnen entgegenstellte und sie besiegte und damit ihren Vormarsch nach Norden stoppte.
Ich würde die Schlacht durchaus als sehr bedeutsam werten, da es im Zuge der Ausschaltung Eudos imho zu einer Herauslösung Aquitaniens aus dem Frankenreich und Eingliederung ins Kalifat hätte führen können, was eine empfindliche Schwächung des Frankenreiches in seiner Verteidigungsfähigkeit bedeutet hätte und damit auch der Anfang vom Ende des Frankenreiches.
eudo_herzog_von_aquitanien_+_735
:fs:
 
Ganz genau. Und obwohl wir das Thema schon eingehend diskutiert hatten, kommt immer wieder diese "Scharmützel-Theorie" auf. :S
Aber das war nicht nur ein Scharmützel, denn ich hatte bereits in anderen Threds die Zahlen mit den dazugehörigen Quellen angegeben.
Danach stellte sich Karl Martell mit einem fränkisch-langobardischen Heer von ca. 30.000 Mann (Quelle: Poitiers) einem angreifenden arabischen Heer von ca. 20.000 Mann (Quelle: 17.10.2007: Vor 1.275 Jahren: Karl Martell besiegt die Araber bei Poitiers - Stichtag - WDR.de) entgegen. Somit war das imho für meine Begriffe eine durchaus ausgewachsene Schlacht....

Schön und gut, nur woher kommen diese Zahlen? Nicht auf welcher Internetseite, nicht in welchem Buch, sondern welcher Historiker hat sie geschätzt, und auf welcher Grundlage, also welche Quellen verwertete er, um auf solche Zahlen zu kommen. Wie authentisch sind die Quellen, oder gar "objektiv", wie z.B. logistische Daten, "Lohnlisten", etc. wie sie z.B. für osmanische Heere bekannt sind. Wie sieht es bei dem Karl Martell aus?
 
Schön und gut, nur woher kommen diese Zahlen? Nicht auf welcher Internetseite, nicht in welchem Buch, sondern welcher Historiker hat sie geschätzt, und auf welcher Grundlage, also welche Quellen verwertete er, um auf solche Zahlen zu kommen. Wie authentisch sind die Quellen, oder gar "objektiv", wie z.B. logistische Daten, "Lohnlisten", etc. wie sie z.B. für osmanische Heere bekannt sind. Wie sieht es bei dem Karl Martell aus?
Zumindest klingend diese Zahlen nicht übertrieben. Wie gut der WDR seine Zahl recherchiert hat kann ich nicht so einfach herausfinden - die Quellenangaben, auf die sich jop-kriegskunst.de stützt, scheinen mir seriös zu sein:
Literatur (Texte und Bilder):
J. A. Rasin, Geschichte der Kriegskunst, Militärverlag des Ministeriums für Verteidigung der UdSSR 1955
Bruno Krüger, Die Schlacht im Teutoburger Wald Illustrierte historische Hefte Nr.43
Heinz Neukirchen , Seemacht im Spiegel der Geschichte transpress 1982
W. A.Artamonow, Rußlands Sieg über die Schweden bei Poltawa 1709, in: „Militärgeschichte", 5/1981
Ernst Werner/Walter Markov, Geschichte der Türken von den Anfängen bis zur Gegenwart, Akademie‑Verlag, Berlin 1978
Die Osmanen in Europa. Erinnerungen und Berichte türkischer Geschichtsschreiber, Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig und Weimar 1985
Vom Kriege. Hinterlassenes Werk des Generals Carl von Clausewitz
zit. nach: Neithardt von Gneisenau. Schriften von und über Gneisenau, Rütten & Loening, Berlin 1954
Michael de la Bedoyere, George Washington, Gustav Kiepenheuer Verlag GMBH., Weimar 1950
Kurbski, Geschichte des Moskauer Großfürsten, St. Petersburg 1903, (russ.). Russische Chroniken
Homer, Ilias, Reclam 1942
Tacitus, Germania, Reclam jun. Leipzig 1982
Rainer Lambrecht Der Krieg im Südatlantik Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik
"Pearl Harbor" H. Thürk Militärverlag 1983
Normandie: Auszug : "Deutschland im zweiten Weltkrieg" Akad.-Verlag Band 5 1984

Ist zwar fast alles aus der DDR, aber auf solche Literatur greife ich teilweise auch zurück, da von guter Qualität.
 
Ist zwar fast alles aus der DDR, aber auf solche Literatur greife ich teilweise auch zurück, da von guter Qualität.

Pflichte dem bei. Zur Literaturliste noch ergänzend das Poitiers-Kapitel in Markov/Helmut, Schlachten der Weltgeschichte, Leipzig: Edition Leipzig 1977, S. 132-135, worin die Stärke des fränkischen "freibäuerlichen Aufgebots" herausgehoben und konstatiert wird, der Sieg der Franken sei "taktisch vielleicht nicht sonderlich glanzvoll" gewesen, jedoch habe er araberseitig "die ohnehin gewaltigen inneren Widersprüche ihres aufgeblähten Machtbereichs" verschärft. - Kann man so sagen, meine ich.
 
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