Herkunft der Sumerer

Auf dem Ersten Kongress über die türkische Sprache im Jahr 1932, bei dem sich das offizielle Kongressprogramm auf Studien über die Beziehung zwischen der türkischen und indo-europäische Sprachen, "die Sprachen der weißen Rassen" und "andere" Sprachen Asiens und Europas" konzentrierte, unternahm Ahmet Cevat Emre den Vergleich von Türkisch und Sumerisch.

Es war ein übliches Thema des Türkischen Nationalismus dieser Zeit, um einen zentralasiatischen Ursprung für die Sumerer zu beanspruchen und damit für die mesopotamische Zivilisation. Die Sumerer besaßen eine Sprache, die nicht mit den indoeuropäischen oder semitischen Familien verwandt war; daher war es eines der Hauptziele der türkischen Linguistik, Thesen zur Herstellung der ethnischen Einheit der Sumerer, den Erfindern der Schrift, und der Türken herzustellen, eine Mission, die einen hohen Status für die türkische Nation versprach.

Auch Emre versuchte, mit einer Broschüre für diese Behauptung auf dem Kongress und auch danach in den USA zu argumentieren, die er im folgenden Jahr schrieb, wo er für die sumerische Sprache erklärte, die Keilschrift sei eine türkische Erfindung.

Auf dem zweiten Kongress 1934 wechselte er jedoch zurück zu seinem Lieblingsthema, dem Ursprung der indo-europäischen Völker und der Sprachen und wiederholte seine Ansichten, die in zwei weiteren Büchern erschienen, die im selben Jahr veröffentlicht wurden:

"Wenn dies [der türkische Ursprung aller indo-europäischen Sprachen] belegt werden kann, wird sich der Status unserer Sprache und unserer Nation und Rasse im Vergleich zu anderen Nationen und Sprachen ändern; Millionen von Menschen werden sich verändern. Millionen von Menschen werden auf eine der hervorstechendsten Meinungen verzichten müssen, die ihnen in ihrem Leben eingeprägt sind, den halb-religiösen Zustand, der das indo-europäische Land umgibt.

Die Sprachenfamilie, zu der auch europäische Sprachen gehören, wird zerstört, es wird verstanden werden, dass diese Sprachen aus einer alten türkische Sprache entstammen, einer Sprache, von der man annahm, dass sie damit nichts zu tun gehabt habe und auf das sie früher herabgesehen haben; sie werden anerkennen, dass das alte Türkisch als Ursprung diente, und wir werden diese Sprachen als unsere nahen Verwandten ansehen; Arroganz und Herablassung werden der Vergangenheit angehören. Sprachen werden auf eine neue Art und Weise klassifiziert.

Das Rassenproblem, geschaffen durch den Imperialismus des 18. Jahrhunderts und unterstützt von der Mystik des 19. Jahrhunderts, wird wie eine Fehlgeburt begraben. Wir werden uns dieser großen zivilisierten Familie mit dem Status eines Großvater anschließen.

Übersetzung DeepL.com/Translator


Zitat:
Aytürk İlker Turkish Linguists against the West: The Origins of Linguistic Nationalism in Atatürk's Turkey,
Middle Eastern Studies, Vol.40, No.6, November 2004, S. 1 – 25
Turkish Linguists against the West: The Origins of Linguistic Nationalism in Atatürk's Turkey
 
Ich meinte agglutinierende Sprache,mein Fehler..

Daß Sumerisch eine agglutinierende Sprache ist, heißt nicht, daß es mit anderen (womöglich allen anderen) agglutinierenden Sprachen verwandt ist. Diese Bezeichnung bezieht sich ja lediglich darauf, wie Worte miteinander zu Aussagen 'kombiniert' werden. Bei agglutinierenden Sprachen werden Silben zB davorgehängt (Präfix) oder auch hintendran (Suffix). Aus dem deutschen "In deinen Häusern" wird im Türkischen "evlerinden" (Haus = ev, Plural = ler, dein = in, in = den - wenn ich das noch richtig auf die Reihe bekomme...).

In der englischen Wikipedia gibt es einen Artikel zu agglutinierenden Sprachen, aus dem man sehr schön sehen kann, daß diese Sprachen auf allen Kontinenten vertreten sind.
Agglutinative language - Wikipedia
Im Bereich Amerika kenne ich mich ein wenig aus und kann dazu anmerken, daß dort fünf Sprachfamilien gelistet sind, die nur in Nordamerika vorkommen, sowie je zwei in Süd- und Mittelamerika. Außerdem noch die Sprachfamilie "Eskimo-Aleut" mit den Sprachen Aleutisch, Inuktitut und Yupik. Diese Sprachfamilien haben nur soweit miteinander zu tun, als sie alle auf einem der amerikanischen Kontinente gesprochen werden; eine Verwandtschaft besteht nicht. Noch weniger besteht eine Verwandtschaft zu Sprachen auf anderen Kontinenten.

Wenn wir also annehmen wollten, daß Sprachen aus Europa, Asien, Afrika, Amerika alle miteinander verwandt sind, nur weil sie agglutinieren, kommen wir da ganz schnell ins Schleudern.

Und ja, Sprache bzw Sprachen sind (finde ich) ein wahnsinnig interessantes Thema. Umso wichtiger ist es jedoch, die Spreu vom Weizen zu trennen und darauf zu schauen, daß man nicht irgendwelchen Scharlatanen und sonstigen Vollpfosten auf den Leim geht, die mit irgendwelchen fantasievollen "Theorien" ihr eigenes (nationalistisches oder politisches...) Süppchen kochen wollen. Eine Sprache wird nicht weniger "wert", wenn sie nicht mit einer bestimmten anderen verwandt ist - und nicht mehr "wert", wenn sie mit einer bestimmten anderen tatsächlich verwandt ist.
 
Das ist auch bei anderen verschwundenen "Völkern" (genauer gesagt: Sprachen) der Fall.
Das englische Wort car (verwandt mit deutsch Karren) stammt ursprünglich aus der Sprache der Gallier:
DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache

Und Wörter können sehr weit wandern...


Und das japanische Wort für Honig (michi bzw. mitsu) ist mit dem deutschen Wort Met ('Honigwein') verwandt:
Oder das türkische Wort Yoghurt: Findet sich zumindest in allen westlichen Sprachen.
 
Da ich mich hier im Forum länger nicht sehen lassen habe, wiederhole ich mich vielleicht in meinem Beitrag zu den Sumerern. Ich konnte auch alle vorhergehenden nicht nochmals lesen.

Jules Oppert (1825 - 1905) erfindet das Wort "Sumer" erst im Jahr 1869. Der Begriff wird von ihm nicht aus den Keilschrifttexten "herausdestilliert", sondern ist eine Entlehnung aus dem Alten Testament: " Der Anfang seines [Nimrods] Königreiches war Babel und Erech und Akkad und Kalne im Land Schinar" (1.Mose 10:10).
"Schinar" hatte Oppert also in blindem Vertrauen auf die Bibel als passend für ein südmesopotamisches Volk empfunden, dessen Sprache offensichtlich nicht zu den semitischen gehörte: "Ich habe diesen Namen [Sumer] seit 1869 verwendet" (Oppert 1875).
Das südmesopotamischen Volk in seiner Keilschrift nennt sich selbst gar nicht "Sumer(er)", sondern KALam! Das ist nun sehr nahe an KALdu der semitischen Keilschrifttexte. Die aber bezeichnen mit KAL das Volk, das die Griechen als Chaldäer kennen. Es gibt also gar keine "sumerische" Keilschrift, sondern nur die Keilschrift des Landes Kalam. Damit ist klar, warum die Griechen keine "Sumerer" kannten, aber dafür Chaldäer, die sie für ihr hohe Kulturentwicklung lobten. Interessant ist nun, dass die Wissenschaft dafür keine chaldäische Schrift kennt. Sie wurde für die "Sumerer" "verbraucht".
 
Das ist eine etwas seltsame Argumentation. Dass "die Griechen" die Sumerer nicht kannten - die sich selbst im Übrigen weder Sumerer noch Chaldäer (auch nicht Kaldu oder Kalam) nannten - dürfte vielmehr daran liegen, dass zwischen der Absorption der sumerischen Kultur und dem Beginn einer griechischen Überlieferung knapp 1000 Jahre liegen. Die westsemitische Bezeichnung für die Chaldäer wiederum ist כשדים oder כשדיא, also auch nicht "kaldu" sondern kasdia oder kasdim. Was die Diaspora-Juden dann geritten hat, dieses Begriff in der Septuaginta mit χαλδαίων bzw. χαλδαῖοι wiederzugeben, also das -s- im Hebräischen durch ein -l- im Griechischen zu ersetzen, erschließt sich mir noch nicht.
 
Jules Oppert (1825 - 1905) erfindet das Wort "Sumer" erst im Jahr 1869. Der Begriff wird von ihm nicht aus den Keilschrifttexten "herausdestilliert", sondern ist eine Entlehnung aus dem Alten Testament

Meines Wissens ist diese Behauptung (stammt die von Heinsohn?) falsch.

Jules Oppert fand die Titulatur "König von Sumer und Akkad" in Keilschrifttexten.
Seine Lesung war damals umstritten, wurde aber seither vielfach bestätigt.

Siehe auch:

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A New Inscription of Nebuchadnezzar II Commemorating the Restoration of Emaḫ in Babylon on JSTOR
 
Wikipedia gibt diese Erklärung:

Sumerische Sprache – Wikipedia

Die Wiederentdeckung des Sumerischen:

...Erst später erkannte man unter den babylonischen Texten eine vierte Sprache, die Jules Oppert 1869 als erster als „Sumerisch“ (nach akkadisch šumeru) bezeichnete. Die Selbstbezeichnung der Sumerer für ihre Sprache war eme-gi(r), was vielleicht „einheimische Sprache“ bedeutet; ihr Land nannten sie kengir....
 
Das erinnert daran, daß Gott den Menschen hier irgendwo anwies die Dinge zu benennen. "...und wie der Mensch jedes Lebewesen benannte, so lautet sein Name."

Jules Oppert hat das eben mit der Bezeichnung Sumerer getan. Er hätte sie z.B. auch Kengirer nennen können.
 
Das erinnert daran, daß Gott den Menschen hier irgendwo anwies die Dinge zu benennen. "...und wie der Mensch jedes Lebewesen benannte, so lautet sein Name."

Jules Oppert hat das eben mit der Bezeichnung Sumerer getan. Er hätte sie z.B. auch Kengirer nennen können.

Nein, da die Vorgabe 4000 Jahre früher erfolgte.

Siehe oben #86 von sepiola, oder etwas weiter "oben" im Text RIM 2.1.2.4:
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Frayne, Royal Inscriptions of Mesopotamia, Sargonic and Gutian Periods (2334-2113 BC), S. 41.
Natürlich ist das auch 4000 Jahre früher ein "intellektuelles Konstrukt" einer Ethnie, aber eben nicht erst von Oppert.
 
Die Zahlen von 1-10* lauten z. B. auf

Sumerisch: disch - min - esch - limu - ja - asch - immin - ussu - illimu - uh

Türkisch: bir - iki - üç - dört - beş - altı - yedi - sekiz - dokuz - on
Kasachisch: bir - eki - üsch - tort - bes - alte - jeti - segis - togis - on

Deutsch: eins - zwei - drei - vier - fünf - sechs - sieben - acht - neun - zehn
Dänisch: en - to - tre - fire - fem - seks - syv - otte - ni - ti

Bulgarisch: edno - dwe - tri - tschetri - pet - sches - sedem - ossem - dewet - desset
Polnisch: jeden - dva - trzy - cztery - piec - szesc - siedem - osiem - dziewiec - dziesiec

Was sehen wir da?
Türkisch und Kasachisch sind sich sehr ähnlich, Deutsch und Dänisch sind sich sehr ähnlich, Bulgarisch und Polnisch sind sich sehr ähnlich.
Sumerisch ähnelt keiner der anderen Sprachen. Nur bei einzelnen Zahlwörtern gibt es Zufallsähnlichkeiten (ussu ähnelt Bulgarisch ossem, esch ähnelt Kasachisch üsch)
Du wolltest schreiben, sumerisch ähnelt keiner der von Dir genannten anderen Sprachen.

Nach Kausen © neue Fassung 3/2006 in
Charakterisierung der sumerischen Sprache
soll sumerisch auch heute noch als sehr isoliert gesehen werden.

In einem anderen Thread habe ich hier #26 auf einen (zugegeben sehr schwach belegten) Eintrag von Wiki hingewiesen, wonach
Anselin ... mittels komparativer Methoden der linguistischen Altertumskunde zum Ergebnis (kommt), dass die Ethnogenese der Fulbe deutlich in die vorchristliche Zeit zurückgreife und in Ostafrika zu lokalisieren sei. Aus dem äthiopischen Hochland seien Rinder haltende Kriegerclans ins nördliche Ägypten vorgedrungen und dort auf indische Tamilhirten gestoßen.
Wenn es tatsächlich indische Tamilhirten (gemeint dürften eher Protodrawiden sein) im Bereich des nördlichen Niltals gegeben haben sollte, dann braucht es eine geographische Landverbindung. Die Viehhirten sindja nicht geflogen oder von Ausseririschen "gebeamt" worden. Und die kann (nur?) über das "Zweistromland", also die Heimat der Sumerer geführt haben.

Nun wissen wir, dass die Protodrawiden auch im Bereich des Indus sowie nördlich davon im Iran beheimatet waren, von den indo-europäischen Einwanderern aber letztlich verdrängt worden sind. "Genetische und archäologische Hinweise weisen auf eine mögliche Migration dravidischer Stämme von Vorderasien aus nach Indien während des 6. Jahrtausends v. Chr. hin." (Zitat mit w.N.) Das jetzige Verbreitungsgebiet in Südindien und auf Sri Lanka (Ceylon) ist lediglich ein Reliktgebiet.

Konkret gibt es u.a. folgende Überlegungen:
Drawiden und Induskultur (Harappe) - noch strittig
Drawiden und Südwestiran (Elam) - inzwischen wohl belegt - siehe Wayback Machine (archive.org) und Krebernik_Elamisch_2005.pdf (uni-heidelberg.de)

Und die Elamiten waren die unmittelbaren westlichen Nachbarn zu den Sumerern.
Elam (Altertum) – Wikipedia

Es wäre also im Vergleich sinnvoll, auch drawidische sowie elamitische Zahlenbezeichnungen heranzuziehen.

Sumerisch: disch - min - esch - limu - ja - asch - immin - ussu - illimu - uh
Protodrawisch: *onṯu - *iraṇṭu - *mūnṯu - *nālnk(k)V - *caymtu - *cāṯu - *ēẓ/*eẓV - *eṇṭṭu - *toḷ/*toṇ - *pahtu

Kann jemand die Elamischen Zahlen zum Vergleich hinzufügen?
 
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