Indianerreservate

udaipur99 schrieb:
...Beides Unsinn ! Niemand wird in ein Reservat gesperrt. Sie duerfen wohnen und arbeiten wo sie moechten, doch die Reservate gehoeren ihnen...
QUOTE]

Die Frage der indianischen Landrechte ist doch komplexer. Ich habe ein Beispiel der Western Shoshone gefunden, das eine andere Sprache spricht.
Hier ein Ausschnitt aus einem Internetartikel:

"...Da Nevada’s Norden zum größten Goldabbau-Gebiet der USA wurde, sind die Grundstückspreise rasant gestiegen. Doch diese Wertsteigerung konnte nicht genutzt werden, da es sich um «Staatsland» handelt, dessen Rechtstitel obendrein ungeklärt ist. Denn ein Vertrag von 1863 definiert das Land als Western Shoshone-Territorium. Das wollen die Politiker Nevadas jetzt mit Gesetzen ändern, die im Kongress und im Senat eingebracht werden...
...Die Western Shoshone - eine «gefährdete Art». Kevin Brady,Stammesratsvorsitzender von Yomba sagt: «Seit 1904 versucht die Western Shoshone Nation mit Washington eine Lösung auszuhandeln, die uns wenigstens eine zum Überleben ausreichende Landbasis lässt. Eine Auszahlung an die einzelnen Stammesmitglieder trägt nichts dazu bei, dass wir selbständig leben können – wir wollen nicht von staatlichen Programmen abhängig sein, wir wollen selbst für uns sorgen».

Entgegen dem Vertrag von Ruby Valley wurden die Western Shoshone bald auf winzige Reservaten innerhalb ihres Territoriums zusammengedrängt. Yomba wurde nachträglich noch mehrfach verkleinert, sodass das einzig verbliebene Weideland nun plötzlich Schutzgebiet für eine gefährdete Froschart ist. Mit dieser Begründung jedenfalls verweigert das BLM ihnen nun jegliche Weidegenehmigung. Dazu Kevin Brady: «Wenn der gefleckte Frosch eine gefährdete Art ist, dann sind wir es noch mehr. Es gibt etwa 10000 dieser Frösche in Nevada, aber nur 4500 Western Shoshone. Doch die Frösche erhalten mehr Schutz und Fürsorge als wir».

Der Vertrag sieht vor, dass die Western Shoshone «genügend Land» erhalten, wenn sie ihre alte Lebensweise aufgeben, um Landwirtschaft zu betreiben. Doch landwirtschaftlich brauchbares Land hatten sie nie erhalten. So blieb ihnen nur, die weitgehend unbewohnten Halbwüsten als Weideland zu nutzen. Das gilt seit 1934 als öffentliches Land, das vom BLM verwaltet wird. Weil diese Übergabe an die staatlichen Landverwalter ein Vertragsbruch war und daher illegal, weigern sie sich, die vom BLM erhobenen Weidegebühren zu zahlen.

Das löste eine Welle von Prozessen um die Landrechte aus, gefolgt von Strafgebühren in Millionenhöhe, welche die Western Shoshone nicht zahlen können. Diese Verschuldung soll die Bereitschaft der Stammesregierungen fördern, die «Entschädigung» anzunehmen. Doch die Rechnung geht nicht auf – das Geld wollen vor allem diejenigen, die ihre Bindungen verloren haben und in Städten leben.

Die geblieben sind, haben es mit einer von Hass geprägten Haltung des BLM zu tun, das in Nevada rund 80% des Landes verwaltet und sozusagen die «Staatsmacht» vertritt. Und die nutzt es ausgiebig, um den Widerstand gegen Landraub und Umweltzerstörung zu brechen. Nach Konfiszierungen der Viehbestände und Aberkennung von Wasserrechten werden es immer weniger, die noch vom Land leben können."

Den ganzen Artikel findet man unter:
http://www.incomindios.ch/aktuell/aktuell_shoshone.html

Vielleicht handelt es sich bei dem Problem um eine Ausnahme, ich glaube aber eher nicht.
 
Wie war das eigentlich mit den Einwohnern Alaskas? Sind für sie auch Reservate zur Verfügung gestellt worden, oder ging es da zivilisierter zu?
 
Das soll eine Entschuldigung sein für fast 250 Jahre (nur USA) Völkermord, Raub, Vergewaltigungen, biologische Kriegsführung (Blatterverseuchte Friedensgeschenke), Vertragsbrüche........"..the wrongs of the U.S..." na toll.
udaipur99 schrieb:
Ich muss auch zugeben dass die Informationen welche in BRD ankommen meist die extremsten sind.



Sie liegt der Regierung ja schon vor. So sieht die Entschuldigung aus, welche zur Abstimmung dem Senat seit letztem Jahr vorliegt :


Declares that the United States acting through Congress:
(1) recognizes the special legal and political relationship the Indian tribes have with it, the solemn covenant with the land we share, and that there have been years of official depredations, ill-conceived policies, and the breaking of covenants by the Federal Government regarding Indian tribes; (2) commends and honors the Native Peoples for the thousands of years that they have stewarded and protected this land; (3) apologizes on behalf of the people of the United States to all Native Peoples for the many instances of violence, maltreatment, and neglect inflicted on them by U.S. citizens; (4) expresses its regret for the ramifications of former offenses and its commitment to build on the positive relationships of the past and present to move toward a brighter future where all the people of this land live reconciled as brothers and sisters, and harmoniously steward and protect this land together; (5) urges the President to acknowledge the wrongs of the United States against Indian tribes in U.S. history in order to bring healing to this land by providing a proper foundation for reconciliation between such entities; and (6) commends the State governments that have begun reconciliation efforts with recognized Indian tribes located in their boundaries and encourages all State governments similarly to do the same.
Provides that nothing in this Joint Resolution authorizes any claim against the United States or serves as a settlement of any claim against it.

Wie langsam die Buerokratie voranschleicht kann man hier sehen :
http://thomas.loc.gov/cgi-bin/bdquery/z?d108:SJ00037:mad:@@L&summ2=m&
und hier :
http://thomas.loc.gov/cgi-bin/cpquery/R?cp108:FLD010:mad:1(sr310):
 
askan schrieb:
Wie war das eigentlich mit den Einwohnern Alaskas? Sind für sie auch Reservate zur Verfügung gestellt worden, oder ging es da zivilisierter zu?

Soweit ich das sehen konnte, gibt es in Alaska keine Indianer-Reservate. Eine gesetzliche Regelung für eingeborene Landrechte wurde wohl auch erst 1971 geschaffen.
Reservate
 

Ich bin bei einem Netsearch auf das Forum und gerade dieses Thema gestoßen und angefangen zu lesen. Und mich dann angemeldet. Ich bin sonst in keinem Forum, lerne also noch den Umgang damit.

Eingangs der Diskussion wurde erwähnt, daß fast alle Indianer Jäger und Sammler gewesen seien. Als Ausnahme wurden die Navaho erwähnt.
Die meisten indianischen Völker im Gebiet USA dürften Bauern gewesen sein, die allerdings zusätzlich durch Jagen und Sammeln ihren Speisezettel bereichert haben. An der Ostküste wurde überwiegend Ackerbau (Mais, Bohnen, Kürbisse) betrieben, der die Nahrungsgrundlage lieferte.
Die Navaho lebten in einer Umgebung, in der sie als Nichtbauern eher eine Ausnahme bildeten; Hopi, Zuni, Pueblovölker, Tohono O'odham (Papago) und andere waren Bauern. Die Navaho als Schafzüchter gibt es noch nicht so lange, das ist ein Ergebnis der Kolonisierung, da es vorher keine Schafe gab.

Die indianischen Bauern bebauten ihr Land außerdem nur einige Jahre und ließen es dann brachliegen, damit es sich erholen konnte. Dies "erlaubte" den Kolonisten, von ungenutztem Land zu sprechen bzw davon, daß die Indianer ihr Land angeblich nicht nutzten. Dieses Brachland wurde in vielen Fällen einfach okkupiert. Zum anderen besetzten die Kolonisten indianische Dörfer, die durch die Einwirkung von Seuchen entvölkert waren und übernahmen auch noch vorhandene Erntevorräte, wenn sie diese nicht gleich auf Beutezügen an sich brachten, sprich bei Überfällen stahlen.

Zu den Reservaten:
Es ist ja nun recht zynisch, wenn gesagt wird, da die indianischen Völker durch die von Europäern eingeschleppten Krankheiten teilweise nur noch 10% der ursprünglichen Zahlen aufweisen konnten, hätten sie ja auch weniger Land gebraucht und dann seien die kleinen Reservate ja okay! Viele Völker gerade an der Ostküste haben übrigens bis heute keine staatliche Anerkennung oder Reservate.

Die Landzuteilung erfolgte so, daß das indianische Land zu 50% Wüste und Halbwüste ist, für den Ackerbau also nicht geeignet. Im Fall des rein flächenmäßig so großen Navahoreservats reduziert sich dadurch die mögliche Nutzfläche enorm, so daß es keine Aussagekraft hat, wenn das Navahoreservat größer ist als manch ein Bundesstaat der USA.

Die Reservate wurden stetig verkleinert, zb durch Landzuteilungen an Familien (u.a. um die traditionellen Strukturen aufzubrechen). Das große Siouxreservat wurde so geradezu atomisiert, weil 'überzähliges' Land nicht etwa als Reserve in der Hand der Völker blieb, sondern billig an Weiße verkauft wurde. Gerade so, als wäre zwingend vorausgesetzt worden, daß es nie mehr BewohnerInnen werden als zu dem Zeitpunkt vorhanden waren.

Sofern indianische Völker unter Beweis stellten, daß sie sich mit ihrer Kultur an die weiße Umwelt anpassen konnten und wollten (die sogen Fünf Zivilisierten Stämme) und sie wirtschaftlich erfolgreich waren, wurde ihr Land zum begehrenswerten Objekt, was dann in den Trail of Tears mündete, bei dem die Betroffenen mitten im Winter einen 1.800-Meilen-Marsch absolvieren mußten. Die in Oklahoma angewiesenen Reservate waren in der Fläche kleiner, die Böden schlechter. Dazu kam, daß alle Vertriebenen ihre Habe zurücklassen mußten, also auch nicht mehr über landwirtschaftliche Geräte etc. verfügten (ihre ehemaligen Häuser und Ländereien wurden von Weißen übernommen, komplett mit Inventar).

Die erwähnte Sklavenhaltung war auch auf die Five Civilized Tribes begrenzt und kann auch nicht verallgemeinert werden.


Der Tourismus als Einnahmequelle ist nur bedingt mit Bayern oder Mallorca zu vergleichen - insofern, als ihnen gemeinsam ist, daß der Profit nicht im Land bleibt. Nicht jedes indianische Reservat hat Tourismus, daher kann die Aussage von wg "sie leben vom Tourismus" bei weitem nicht verallgemeinert werden.

Zum anderen ist die Frage, welche "Indianer" denn den Touristen dargestellt werden. Der/die weiße DurchschnittstouristIn hat ein bestimmtes Indianerbild (Gruß an Hollywood) und möchte den bestätigt sehen. Daher werden dann Cherokee in Adlerfederhauben gesteckt und sollen Tipis oder gar Totempfähle aufbauen.... Das entspricht in keiner Weise der traditionellen Kultur der Cherokee.

Auch an hergestellten Kunstgegenständen oder Schmuck verdient in erster Linie der Zwischenhandel, der vorwiegend von Nichtindianern betrieben wird.
Ingeborg
 
Ingeborg schrieb:
Ich bin bei einem Netsearch auf das Forum und gerade dieses Thema gestoßen und angefangen zu lesen. Und mich dann angemeldet. Ich bin sonst in keinem Forum, lerne also noch den Umgang damit.

Herzlich Willkommen!

Ingeborg schrieb:
Die erwähnte Sklavenhaltung war auch auf die Five Civilized Tribes begrenzt und kann auch nicht verallgemeinert werden.

Kann mich nicht erinnern, dass das hier verallgemeinert wurde?! Es doch wurden ausdruecklich die auch von dir erwaehnten Staemme genannt.
 

Sorry, das Alter..... ich hatte das Zitat in einer Antwort in Erinnerung und da stand nur 'Indianer'. Jetzt habe ich mir das Original angesehen. Soweit mir bekannt ist, haben die Seminolen aber keine Sklaven gehabt, sondern entflohene Schwarze als Mitglieder akzeptiert.
Ingeborg
 
Ingeborg schrieb:
Zum anderen ist die Frage, welche "Indianer" denn den Touristen dargestellt werden. Der/die weiße DurchschnittstouristIn hat ein bestimmtes Indianerbild (Gruß an Hollywood) und möchte den bestätigt sehen. Daher werden dann Cherokee in Adlerfederhauben gesteckt und sollen Tipis oder gar Totempfähle aufbauen.... Das entspricht in keiner Weise der traditionellen Kultur der Cherokee.Ingeborg
Es ist schon interessant wie sehr sich unser Geschichtsbild an den Medien orientiert, insbesondere an Hollywood. Hollywood ist wohl das Propagandamittel der USA. Wobei natürlich auch in den letzten Jahren von dort ab und zu kritische Filme kommen. In der Geschichte der USA werden auch ständig andere Einwanderergruppen vergessen. So sieht man bei Western am Eisengahnbau Chinesen nur als Köche, wobei diese doch teilweise die überwiegende Masse der Bahnarbeiter stellte. Ebensowenig sieht man schwarze Cowboys. Es dauert wohl noch Jahrzehnte, bis man Filme sieht, wo zivilisierte Indianer Weißen Nachhilfeunterricht in Sachen überleben geben.
Aber unser Geschichtsbild ist nicht nur in Amerika sehr verfälscht. Dies gilt auch für Afrika. Wer kennt denn die mächtigen Völker in West- und Zentralafrika. Wir kennen die Afrikaner doch meist nur als 'dumme Neger' die nur Bwana oder Massa sagen können und den Weißen ihre Sachen tragen.
 
beorna schrieb:
Es ist schon interessant wie sehr sich unser Geschichtsbild an den Medien orientiert, insbesondere an Hollywood. Hollywood ist wohl das Propagandamittel der USA.

Wobei ich mir gerade die Frage stelle, ob die deutsche Vorstellung des Indianers nicht früher anders gewesen ist. Zu einer Zeit, als es noch weniger Hollywood in den Wohnzimmern gab, dafür aber mehr Literatur, sprich Karl May. Fast jeder Jugendliche ist doch einmal mit den Büchern von Karl May in Berührung gekommen.
Und war es nicht gerade er, der das Bild vom edlen Indianer in uns geprägt hat? Karl May hat durchaus auch auf die Probleme der Urbevölkerung mit den weißen Einwanderern hingewiesen - zugegeben; auf seine Art. Er erwähnte auch Reservate, wobei er das Wort noch nicht benutzte, aber dasselbe meinte. Seine Haupt-Romanfigur Winnetou ließ er Überlegungen anstellen, alle Stämme zusammenzutrommeln und einen großen entscheidenden Kampf gegen die Eindringlinge zu führen.
 
Festus621 schrieb:
Wobei ich mir gerade die Frage stelle, ob die deutsche Vorstellung des Indianers nicht früher anders gewesen ist. Zu einer Zeit, als es noch weniger Hollywood in den Wohnzimmern gab, dafür aber mehr Literatur, sprich Karl May.

Und als Ergänzung gab es die beliebten "Völkerschauen". Veranstalter wie Hagenbeck oder "Buffalo Bill" sind uns heute noch geläufig...
 
Festus621 schrieb:
Und war es nicht gerade er, der das Bild vom edlen Indianer in uns geprägt hat? Karl May hat durchaus auch auf die Probleme der Urbevölkerung mit den weißen Einwanderern hingewiesen - zugegeben; auf seine Art. Er erwähnte auch Reservate, wobei er das Wort noch nicht benutzte, aber dasselbe meinte. Seine Haupt-Romanfigur Winnetou ließ er Überlegungen anstellen, alle Stämme zusammenzutrommeln und einen großen entscheidenden Kampf gegen die Eindringlinge zu führen.

Lieber Festus,

die Schilderungen von Karl May fand ich enorm erzieherisch, weil er versuchte das christliche Menschenbild in seinen Geschichten durch zu setzen.
Ich habe fast alle seine Bände gelesen.:)
 
heinz schrieb:
Lieber Festus,

die Schilderungen von Karl May fand ich enorm erzieherisch, weil er versuchte das christliche Menschenbild in seinen Geschichten durch zu setzen.
Ich habe fast alle seine Bände gelesen.:)

Lustigerweise hat er das ja in seinem eigenen Leben weniger geschafft. Goebbels, Goering und Hitler waren uebrigens auch grosse Karl May Fans, ob es denen auch das 'christliche Weltbild' May's angetan hatte, wage ich allerdings zu bezweifeln. Die waren wohl eher von seiner Propaganda-Masche beeindruckt udn kupferten fleissig ab.
 
Ich weiß es ja nicht, aber vielleicht ist Karl May der Grund, warum bei uns in Deutschland das Bild des Indianers eher das des "edlen Wilden" ist. Allerdings entspricht dieses Bild auch nicht der Wahrheit.
 
Ich glaube dieses Bild des halbwegs eldlen Wilder gab es schon in den "Lederstrumpf-Geschichten".

Bei Karl May ist dieses Bild schon ein wenig von Nietzsches "Übermenschen" beeinflusst. "Charlie" Shatterhand als der neue kulturell-hochstehende Übermensch und Winnetou als der naturreine ursprüngliche Übermensch.
 
askan schrieb:
Ich glaube dieses Bild des halbwegs eldlen Wilder gab es schon in den "Lederstrumpf-Geschichten".

Bei Karl May ist dieses Bild schon ein wenig von Nietzsches "Übermenschen" beeinflusst. "Charlie" Shatterhand als der neue kulturell-hochstehende Übermensch und Winnetou als der naturreine ursprüngliche Übermensch.

Ganz klar, Karl May stellt Old Shatterhand und Winnetou als Übermenschen dar, die es in dieser Form nie gegeben hat.
Darüber hinaus beschreibt er aber auch Indianerstämme bzw. Häuptlinge, die aus niederen Beweggründen mit "Weißen" zusammenarbeiteten.

Als ich Karl May ins Spiel brachte, wollte ich aber eigentlich darauf hinaus, dass es in Deutschland schon weit vor Hollywood ein "Indianerbild" gab, das sich in den Köpfen festgesetzt hat.
Und in seinen Büchern hat er die nativen Bewohner Nordamerikas nicht als Wilde dargestellt. Dies hat das Bewusstsein hierzulande durchaus geprägt. Eine noch konkretere Vorstellung wurde zudem durch die bunten Bilder auf dem Deckblatt der Winnetou-Bücher gefördert.
 
Lieber Festus,

Du hast völlig recht. Meiner Ansicht nach waren oder sind die Indianer auch nicht die "Wilden". Von Landwirtschaft Treibenden bis Jäger und Sammler gab es die verschiedensten Indianer auf verschiedenen Kulturstufen. Was sollten die Indianer in Nordamerika, wo die Weißen nicht nur Gold haben wollten, sondern eine Besiedelung mit eigener bevölkerung vornahmen, anders machen, als sich mit den bei ihnen vorhandenen Möglichkeiten zu wehren.
Ihr Land wurde geraubt und sie versuchten dagegen etwas zu machen, fast ohne Erfolg.:motz:
 

Karl May beschreibt aber nicht alle Indianer positiv. Diejenigen, die unter "deutschem Einfluß" stehen, sind etwas Besseres, so wie die von ihm beschriebenen Apachen, die einen Deutschen als Lehrer haben. Also bedürfen die Indianer der Belehrung (ganz klar), und möglichst von Deutschen. Da spiegelt sich das Zeitalter des Imperialismus wieder (bei Cooper veredelt dann natürlich der Kontakt mit und die Orientierung auf die englische Kultur), das die Segnungen der eigenen Kultur als Zivilisation zu den vorgeblich Wilden bringen wollte, tatsächlich damit aber die Kolonisierung und Eroberung bemäntelte.

Außerdem versetzt May seine Apachen in Pueblos, in denen sie nie gelebt haben. Noch besser kommen diejenigen weg, die sich in Richtung Christentum orientieren, also an einem europäischen Muster, nicht nur bei der Religion, sondern auch kulturell. Das erinnert schon an eine Umerziehung vom "Wilden" zum "Menschen" - und findet sich auch in der US-Geschichte wieder, in der lange Zeit indianische Kinder derart "erzogen" werden sollten: kill the Indian and keep the man.

Im Gegensatz dazu beschreibt May die "anderen" Indianer durchaus als wild, verschlagen, lügnerisch und äußerst gefährlich. Diese Dichotomie mit guten Indianern, mit denen man gerade verbündet ist und die man eine zeitlang für eigene Zwecke brauchen kann und denjenigen, die mit einem anderen Kolonisator verbündet und damit schlecht sind, ist in Nordamerika nicht ungewöhnlich.

Aber auch die Charakterisierung als edle Wilde oder brutale, blutdürstige Wilde ist nicht auf May oder Cooper begrenzt. Es sind aber beides rassistische Stereotypen, die die Beschriebenen eben nicht als Menschen wie du und ich wahrnehmen. Das eine stellt (nicht nur) Indianer als grausame Untermenschen dar, die sich der Zivilisation mit Blutbädern widersetzen. Das andere überhöht sie scheinbar, erklärt sie aber nichtsdestoweniger zu Wilden und gleichzeitig zu einer im Prinzip ausgestorbenen bzw zum Aussterben verurteilten Spezies, da sie einem Stand entsprechen, den wir Zivilisierten leider, leider glücklicherweise schon lange hinter uns gelassen haben. Im Grunde genommen wird damit gesagt: sie sind zwar besser als wir, aber das ist ein Fehler, der zum Untergang führt. Denn daß man sich selbst vielleicht wieder einem besseren Zustand annähert, ist gar nicht geplant, man ist ja gerade so schön am Erobern und Entdecken.

Es war auch kein neuer Einfall von May, seinem Winnetou Pläne anzudichten, alle Indianer gegen die Weißen zu vereinen. Solche Bestrebungen hatte es gegeben, zb von Tecumseh, der auch ein ansehnliches Bündnis von Völkern im östlichen Kulturareal zustande bekommen hatte.

Als Nebenbemerkung: interessant ist auch, wie Charlie Shatterhand sich innerlich krümmt und windet, weil Winnetous Schwester Heiratsabsichten hat. Es wird deutlich, daß er sie nicht als gleichwertig menschlich ansehen kann - da kommt denn der Überfall und ihr Tod sehr gelegen.

May bestärkt außerdem die europäisch-zentrierte Sichtweise indianischer Kulturen, indem er zb den Häuptlingen eine Stellung gibt, die nicht der Realität, sondern eher der europäischen Kultur entspricht.

Interessant dabei ist auch, daß eine ähnliche Herangehensweise Cooper dazu bringt, seinen Unkas als superguten reinen Wilden darzustellen - während er in Wirklichkeit wohl eher ein alkoholsüchtiger Stinkstiefel gewesen ist. Unkas war ein "brauchbarer Wilder", der bereit war, den englischen Siedlern bei der Bekämpfung und Vernichtung mehrerer Nachbarvölker zu helfen, wobei Unkas die Mohegan in eine ökonomisch und machtpolitisch bessere Position bringen wollte anstelle der Narragansett-Konföderation, die den Handel bis dahin kontrollierten und Nachbarvölker in abhängige Positionen gebracht hatten.
 
Gibt es eigentlich Bücher, speziell Romane, in denen aus Sicht der Indianer geschrieben wird?
Oder anders gefragt; gibt es Schriftsteller indianischer Herkunft, die die ganze Problematik aus der Perspektive der Urbevölkerung betrachten?
 

Ja, gibt es, zb Sherman Alexie, Louise Erdrich, N. Scott Momaday, Susan Powers. Ich schau zuhause nochmal nach weiteren (der Comp steht bei meiner Schwiegermutter). Das sind indianische Romanautoren.

In Richtung Sachbücher kann ich empfehlen:
Jack Weatherford, Indian Givers und Native Roots
(gibt es beide auch auf Deutsch)
Beide Bücher sind empfehlenswert; sie untersuchen jeweils andere Aspekte davon, was wir in Europa alles Amerika bzw den Indianern verdanken, und das sind nicht nur Kartoffeln, Tomaten und Paprika.


James Wilson, Die Erde wird weinen
Der Titel ist grottenmäßig und hört sich nach Newage an, ist aber inhaltsmäßig alles andere als Newage-Kram. Ich lese es gerade zum (mindestens) dritten Mal. Das Buch befaßt sich hauptsächlich mit historischen Aspekten des Aufeinandertreffens von indianischen Kulturen und Europäern.


Als indianische Sachbuchautoren zb Vine Deloria Jr., Jack Forbes, Ward Churchill. Leider ist von allen drei Autoren nur ein kleiner Teil der Veröffentlichungen auch auf Deutsch erschienen und vieles auch nur noch antiquarisch zu erhalten, oder zb auf Flohmärkten.
 
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