Indogermanen, Konstrukt oder Wirklichkeit?

Yamnaja/Jamnaja wird bei ihr unter Kurgan als Entwicklungsstufe subsumiert.

Entwicklungsstufe, oder anders ein Teil des weiteren Kurgan-Kultur-Begriffs von Gimbutas.

Die Auswertung folgt mE der Abgrenzung von Anthony (auch Co-Autor der Studie), der unter dem Sammelbegriff Yamnaja ausschließlich die fünf pontisch-kaspischen eneolithischen lokalen Kulturen ab 3300 BCE gefasst hat (weswegen der viel weitere Kurgan-Begriff von Gimbutas schon zurückgewiesen wurde).

Lower Mikhaylovka group - Wikipedia, the free encyclopedia
Post-Mariupol-Gruppe Mariupol culture - Wikipedia, the free encyclopedia
Sredni-Stog-Kultur
Post-Kvalynsk-Gruppe Khvalynsk culture - Wikipedia, the free encyclopedia
Späte Repin-Gruppe

Nach der Studie entsteht die Frage, woher diese große Anzahl stammt, bzw. wieso sie im Verhältnis der überschichteten Populationen in Europa rein zahlenmäßig offenbar deutlich überlegen war. Eine kriegerische Invasion wird nicht problematisiert, ist die Ausdünnung der ansässigen Bevölkerung vorher erfolgt, auf die anschließend eine Einwanderung traf (so für große Teile des Balkans angenommen)?
Daran anschließend wird vermutlich erforderlich sein, das genetische "Ergebnis" mit dem "Agrarproblem" im PIE widerspruchsfrei in Deckung zu bringen. Sofern der landwirtschaftliche "Kern" des PIE bei der Migration von Osten fehlt, stellt sich die Frage der Übernahme und Herkunft.
 
Zuletzt bearbeitet:
- Aussagen zur "homeland-Debatte" werden auf detaillierte genetische Vergleiche der Yamnaya-Population verschoben

- Schnurkeramiker zu 3/4 ihrer Abstammung auf Yamnaja zurückgeführt werden, was wesentlich auf Einwanderung zurückgeführt wird.

Eine indoeuropäische Einwanderung aus der Steppe gilt demnach als wahrscheinlich. Ferner eine Verschmelzung der altansässigen neolithischen Bevölkerung mit den Zuwanderern, woraus sich die Schnurkeramik entwickelt hat.

Falls ich das mit meinen beschränkten Englischkenntnissen richtig interpretiert habe.
 
Eine indoeuropäische Einwanderung aus der Steppe gilt demnach als wahrscheinlich. Ferner eine Verschmelzung der altansässigen neolithischen Bevölkerung mit den Zuwanderern, woraus sich die Schnurkeramik entwickelt hat.

Die Verschmelzung interpretieren sie als zahlenmäßig überlegene Überschichtung, woraus sich die 3/4-Abstammung von Schnurkeramikern von Yamna erklärt ("genetically closest to the Yamnaya 2600 km away"). Die Schnurkeramiker um 2500 BCE wären dann bis auf die verbleibenden 25% aus dem westeuropäischen mittleren Neolithikum überwiegend auf die Migration von Osten zurückzuführen. Ein weiteres Phänomen ist dann die "Erholung" der früheren alteuropäischen Anteile. ("second resurgence must have started during late Neolithic/Bronze Age"), da Glockenbecherkultur und Aunjetitzer Kultur wieder "geringere" Yamnaja-Anteile aufweisen, und wiederum vergleichbare Anteile mit heutigen Europäern.
 
In dem Artikel INVASION AUS DER STEPPE - bild der wissenschaft wird auch ein Grund genannt, warum die Angehörigen der Jamnaja-Kultur nach Europa kamen: Klimaveränderungen, die den ursprünglichen Lebensraum unattraktiver machten.


Während das Hirtenvolk mit seinen Tieren jahrein, jahraus im saisonalen Zyklus über die angestammten Weiden wanderte, zog ein großräumiger Klimawandel herauf. Pollenanalysen belegen: Das Klima in Osteuropa wurde kontinentaler – die Sommer heißer und regenärmer, die Winter frostiger. Die Klimatologen sprechen vom „ Subboreal", das das vorangegangene feuchtwarme „Atlantikum" ablöste und bis etwa 500 v.Chr. dauern sollte. Die nordpontischen und nordkaspischen Steppen trockneten von Osten her immer mehr aus.

Was tun, wenn das Gras schon im Juni gelb und saftlos ist, die Wasserlöcher versiegen und das Vieh vor Durst brüllt? Nomaden ziehen dann woandershin, wo die Weiden grüner sind. Daher mag ein Teil der Jamnaja-Bevölkerung in Richtung Balkan abgewandert sein, mutmaßen die Archäologen. Das stärkste Verdachtsmoment: Entlang der alten Völkerstraße Donautal, von der rumänischen Walachei bis nach Ungarn, stehen diese seltsamen Hügel.

Carolus: Besten Dank für den link, ...und: spannend, beeindruckende Autorenliste.

Der Dank gehört dem Forumskollegen aus dem englischsprachigen oben erwähnten Forum, Domen.:winke:
 
Die Sache hat nur einen Haken. Der genetische Anteil von Schnurkeramischer mDNA ist in Zentral-, West- und Nordeuropa- verschwindend gering...
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Daselbe Ergebnis ergibt die archäologische Forschung.

Darauf wird ja in der neueren Studie eingegangen.

Unterschieden wird zwischen dem hohen Anteil bzw. genetischer Verwandtschaft von Schnurkeramikern zu Yamna (3/4), und dann wird auf die spätere "Erholung" der älteren genetischen Anteile eingegangen:

Ein weiteres Phänomen ist dann die "Erholung" der früheren alteuropäischen Anteile. ("second resurgence must have started during late Neolithic/Bronze Age"), da Glockenbecherkultur und Aunjetitzer Kultur wieder "geringere" Yamnaja-Anteile aufweisen, und wiederum vergleichbare Anteile mit heutigen Europäern.

Der Rückgang der schnurkeramischen und damit zugleich Yamna-Anteile im Vergleich zum heutigen "europäischen Genpool", insbesondere Mitteleuropäer, ist ein noch zu klärender Aspekt, für den auf die weitere Forschung verwiesen wird.

Für mich stellt sich auch die Frage der Repräsentanz des untersuchten aDNA-Materials im Vergleich zur ansässigen Bevölkerung aus den Grabfunden, und hieraus möglicher Verzerrungen.

@Carolus: das hieße aber auch, dass eine Entvölkerung der Steppenregionen stattgefunden haben müsste. Frage ist, ob man archäologisch Lücken bemerkt hat (außer den Hinweisen auf fehlende Landwirtschaft östlich des Dnjepr). Danke nochmals für die link-Ergänzung.
 
Darauf wird ja in der neueren Studie eingegangen.

Man sollte an dieser Stelle aber deutlich sagen, dass das lediglich weitere Hypothesen sind, denen sicher längst nicht alle Indogermanisten und Archäologen zustimmen werden. Das "Indogermanenproblem" ist damit nicht gelöst, jedenfalls solange, bis andere Fachwissenschaftler Stellung bezogen haben.

Was ich z.B. dort überhaupt vermisse ist die von Alexander Häusler vorgetragene Hypothese einer autochthonen Entwicklung der Proto-Indoeuropäer (PIE) und ihrer Sprache in Europa ohne jede Invasion oder Zuwanderung von außen. Dazu hat er mehrere Schriften veröffentlicht, u.a. die hier (wurde bereits weiter vorn thematisiert):

http://www.nomadsed.de/fileadmin/us...ationen/Mitteilungen_des_SFB/owh3haeusler.pdf

Häusler
 
auch Folgendes gesagt:
In einer Materialschlacht ohnegleichen haben die Archäologen Zahn- und Knochenproben von 250 Skeletten aus Gräbern zwischen Kasachstan und Ungarn genommen. Partner an der University of Bristol messen derzeit die Strontium-Isotope in den Proben – ihr Spezialgebiet. Forscher an der University of Oxford analysieren die Isotope von Kohlenstoff und Stickstoff.

· Probenmaterial ging ebenfalls an den Archäogenetiker Joachim Burger in Mainz: In den Reinräumen des DNA-Labors der Universität forschen er und sein Team nach erhaltener Erbsubstanz der Jamnaja-Toten. Die Auswertungen werden voraussichtlich bis Frühjahr 2012 dauern.
Die Termine 2012/2013 sind schon lange vorbei: Wurden die Auswertungen inzwischen publiziert?
 
auch Folgendes gesagt:
Die Termine 2012/2013 sind schon lange vorbei: Wurden die Auswertungen inzwischen publiziert?

Ich habe von dem o. g. Herrn Burger etwas gefunden, allerdings handelt es sich dabei um die Veränderung im Aussehen der Europäer (beruht allerdings auf den Auswertungen der Skelette der Jamnaja-Kultur):

Starke positive Selektion hat Aussehen der Europäer in den letzten 5.000 Jahren verändert

und einige Presseberichte dazu:

Aussehen der Europäer veränderte sich in den letzten ... Aktuelle Nachrichten - DAMALS - Geschichte online

Partnerwahl der Ur-Europäer: Vom jungen Boom der Blonden und Blauäugigen - Wissen - FAZ
 
auch Folgendes gesagt:
Die Termine 2012/2013 sind schon lange vorbei: Wurden die Auswertungen inzwischen publiziert?

Interessant finde ich, dass anscheinend die Invasions- oder Einwandererhypothese in letzter Zeit wieder verstärkt Zuspruch findet, wie das ja im bereits verlinkten Artikel INVASION AUS DER STEPPE - bild der wissenschaft zum Ausdruck kommt. Ferner in der noch weiter oben von Carolus verlinkten Studie, an der internationale Wissenschaftler beteiligt waren.

Und wieder sind es - unter anderem - die Kugane der Gimbutas, die als Leitobjekte herangezogen werden. Allerdings ist der von Gimbutas geprägte Begriff "Kurgan-Kultur" inzwischen ein wenig aus der Mode gekommen und man spricht von der Ockergrab - oder Grubengrabkultur oder auch von der Jamnaja-Kultur. Alles Synonyme für die gleiche Sache. Jamnaja-Kultur ? Wikipedia

An eine massenhafte Einwanderung aus der pontisch-kaspischen Steppe, wie es in der von Carolus verlinkten Studie postuliert wird, kann ich nicht so recht glauben. Wo sollen solche Menschenmassen von Hirten vor rund 6000 Jahren (!) herkommen, noch dazu aus traditionell dünn besiedelten Steppen?
 
Die Ausbreitung der Kultur der Schnurkeramiker war verbunden mit einer Einwanderung von Menschen aus der osteuropäischen Steppe. Der Bevölkerungswechsel in Mitteleuropa war plötzlich. Die frühen mitteleuropäischen Neolithiker steuerten wenig bis gar nichts zu den Schnurkeramikern bei, welche u.a. die heute in Europa dominierenden Y-DNA-Haplogruppen R1a und R1b, mitbrachten. Interessant ist, dass diese Einwanderung nicht nur von männlichen, sondern auch von weiblichen Individuen getragen wurde.

Soweit die von Carolus hier eingeführte und unten zitierte Veröffentlichung.

Wichtig finde ich Silesias Frage zur Repräsentativität der untersuchten Proben. Möglicherweise erhielten sich vor allem die Skelette der besonders bestatteten Oberschicht.

Bei der Frage der Anzahl der Einwanderer muss man die damalige Bevölkerungsdichte, die Dominanz und Mobilität einer Hirtennomaden-Gesellschaft und die Größe des osteuropäischen Steppengebiets bedenken, welches sich von der Puszta bis an den Ural (und darüber hinaus) erstreckt. Die Eurasische Steppe hat eine Ausdehnung von 7000 km und ist die größte Steppe der Erde.

By extending our model to a three way mixture of WHG, Early Neolithic and Yamnaya, we
estimate that the ancestry of the Corded Ware was 79% Yamnaya-like, 4% WHG, and 17%​
Early Neolithic (Fig. 3). A small contribution of the first farmers is also consistent with​
uniparentally inherited DNA: e.g. mitochondrial DNA haplogroup N1a and Y chromosome​
haplogroup G2a, common in early central European farmers, almost disappear during the​
Late Neolithic and Bronze Age, when they are largely replaced by Y haplogroups R1a and​
R1b (SI4) and mtDNA haplogroups I, T1, U2, U4, U5a, W, and subtypes of H14,23,24 (SI2).​
The uniparental data not only confirm a link to the steppe populations but also suggest that​
both sexes participated in the migrations (SI2, SI4, Extended Data Table 3). The magnitude​
of the population turnover that occurred becomes even more evident if one considers the fact​
that the steppe migrants may well have mixed with eastern European agriculturalists on their​
way to central Europe. Thus, we cannot exclude a scenario in which the Corded Ware​
arriving in today’s Germany had no ancestry at all from local populations.
Wolfgang Haak et al., Massive migration from the steppe is a source for Indo-European languages in Europe, bioRxiv, Posted February 10, 2015, doi: http://dx.doi.org/10.1101/013433
 
Zuletzt bearbeitet:
Wichtig finde ich Silesias Frage zur Repräsentativität der untersuchten Proben. Möglicherweise erhielten sich vor allem die Skelette der besonders bestatteten Oberschicht

Ich misstraue der ganzen Studie.

Bis gestern noch wird eine "Invasion aus der kaspisch-pontischen Steppe" als Mythos und Lügenszenario verschrien und nun plötzlich soll es genau das gegeben haben, was die verunglimpfte Marija Gimbutas seit jeher postulierte.

Da sollten wir doch zunächst abwarten, was andere Genetiker. Archäologen und Linguisten dazu sagen, die die Vorstellung einer solchen "Steppeninvasion" bislang belächelten und als Märchen abtaten.
 
Was ich z.B. dort überhaupt vermisse ist die von Alexander Häusler vorgetragene Hypothese einer autochthonen Entwicklung der Proto-Indoeuropäer (PIE) und ihrer Sprache in Europa ohne jede Invasion oder Zuwanderung von außen.

Häusler stützt sich u.a. auf das Hydronymie-Argument. In der von dir verlinkten PDF heißt es:

Die Auffassung einer autochthonen Entstehung eines alten idg. Sprachkontinuums harmoniert m. E. recht gut mit der von H. Krahe begründeten und von W. P. Schmid weiterentwickelten "Alteuropa-Theorie", die sich auf die Untersuchung der alten Gewässernamen Europas stützt...

Zur Kritik an diesem Argument folgende Zitate:

http://mailhammer.userweb.mwn.de/htdocs/pdf/PrEu_rd.PDF

Vennemann (2003a, chapter 6) shows that the language of the Old European hydronymy is unlikely to be Proto-Indo-European or a direct descendent, and instead points out structural and lexical corresponcences to (Proto-)Basque.

Brugmann / Streitberg: Indogermanische Forschungen 2009, S. 65:

The specific problem is a misunderstanding of Häusler."Old European Hydronymy" is European only because it does not include hydronymy from Asia Minor and Asia per definitionem: "Dieses Kriterium ist als Schutzmaßnahme gegen voreilige Ausweitungen der Alteuropa-Theorie zu verstehen" (Schmid 1995: 756,777). Thus, assuming a relationship of this layer with PIE, nothing evolves from it to a location of the homeland. Moreover, as is well-known, there are hydronymycs both in Asia Minor and Asia, i.e. in Anatolian and Indo-European languages that perfectly fulfill the criteria of being part of "Old European Hydronymy" (...) Only one thing follows: "Old European Hydronymy" can be found everywhere where Indo-Europeans settled, i.e. it is entirely unreliable for locating the PIE homeland.

An eine massenhafte Einwanderung aus der pontisch-kaspischen Steppe, wie es in der von Carolus verlinkten Studie postuliert wird, kann ich nicht so recht glauben. Wo sollen solche Menschenmassen von Hirten vor rund 6000 Jahren (!) herkommen, noch dazu aus traditionell dünn besiedelten Steppen?

Gimbutas jedenfalls hat nirgendwo explizit von einer Massenmigration gesprochen. Es soll sich um kleine, aber schlagkräftige Gruppen gehandelt haben. Siehe auch:

http://en.wikipedia.org/wiki/Kurgan_hypothesis

The term "kurganized" used by Gimbutas implied that the culture could have been spread by no more than small bands who imposed themselves on local people as an elite. This idea of the IE language and its daughter-languages diffusing east and west without mass movement has proved popular with archaeologists.
 
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Zur Kritik an diesem Argument folgende Zitate:

http://mailhammer.userweb.mwn.de/htdocs/pdf/PrEu_rd.PDF

Vennemann (2003a, chapter 6) shows that the language of the Old European hydronymy is unlikely to be Proto-Indo-European or a direct descendent, and instead points out structural and lexical corresponcences to (Proto-)Basque.

Mailhammer hat bei Vennemann promoviert und ist Schüler und Co-Autor Vennemanns und gehört mittlerweile zu den prominentesten Vertretern der waskonischen Hypothese.
 
Gimbutas jedenfalls hat nirgendwo explizit von einer Massenmigration gesprochen. Es soll sich um kleine, aber schlagkräftige Gruppen gehandelt haben. Siehe auch:

Sie erweckt aber diesen Eindruck, indem sie z.B. schreibt:

"Die Eroberer waren mobile kriegerische Indogermanen, welche ich - aus Gründen terminologischer Vereinfachungen - "Kurgan-Leute" nenne. Die Kurgan-Leue drangen zwischen 4500 und 2500 in drei mächtigen Wellen (!) in das kupferzeitliche Europa ein. Die ungefähren Daten, basierend auf kalibrierter Radiokarbon-Chronologie, sind: 1. Welle, ca. 4400 - 4300; 2. Welle, ca. 3500 - 3400; 3. Welle, 3000 - 2900. Jede einzelne Welle hatte "kurganisierende" Wirkung auf die einheimische Bevölkerung, welche sich in einem beträchtlichen Kulturwandel niederschlus. Dieser Transformationsprozess ist gleichbedeutend mit dem Begriff "Indogermanisierung".
(Marija Gimbutas, Die Ethnogenese der europäischen Indogermanen, Innsbrucker Beiträge zur Sprachwissenschaft, Heft 54, Innsbruck 1992, S. 6)

Der oben zitierte Wiki-Eintrag ist demzufolge falsch, denn die Gimbutas postuliert durchaus drei große Invasionen bzw. Einwanderungswellen. Damit beschwört sie das Bild gewaltiger hunnischer oder mongolischer Heere, das es so sicher nicht gegeben hat.
 
Darauf wird ja in der neueren Studie eingegangen.
Unterschieden wird zwischen dem hohen Anteil bzw. genetischer Verwandtschaft von Schnurkeramikern zu Yamna (3/4), und dann wird auf die spätere "Erholung" der älteren genetischen Anteile eingegangen:
Auch zur Hochzeit der Schnurkeramik, war der genetische Beitrag sehr gering.

Die Ausbreitung der Kultur der Schnurkeramiker war verbunden mit einer Einwanderung von Menschen aus der osteuropäischen Steppe. Der Bevölkerungswechsel in Mitteleuropa war plötzlich. Die frühen mitteleuropäischen Neolithiker steuerten wenig bis gar nichts zu den Schnurkeramikern bei, welche u.a. die heute in Europa dominierenden Y-DNA-Haplogruppen R1a und R1b, mitbrachten. Interessant ist, dass diese Einwanderung nicht nur von männlichen, sondern auch von weiblichen Individuen getragen wurde.
Es gab keinen Bevölkerungswechsel und keine große Einwanderung von Menschen mit der Ausbreitung der Schnurkeramik. Aber meine Links liest hier wohl keiner, selbst wenn sie in deutsch sind.

Es gibt keinen Beweis, dass die Yamnaja indogermanisch sprachen, geschweige denn die indogermanische Ursprache. Denn dem müsste ja so sein, denn sonst könnten in den europäische Gewässernamen keine Wortschatzelemente aus einer Zeit enthalten sind, als die indoeuropäische Sprache noch nicht in einzelne Sprachen getrennt war. Auch Wortschatzelemente die ausschließlich in der indischen, tocharische, iranische Sprache enthalten sind.

Ich finde es abenteuerlich Haplogruppen, die vor 15.000 bis 20.000 Jahren entstanden sein sollen, einem spätneolithischen Volk zuzuordnen.
R1a hat übrigens seine größte Konzentration in einigen Völkern, die turksprachig und mongolisch sprachen oder sprechen.

Noch absurder bei R1b, deren größte Konzentrationen heute in der ansässigen Bevölkerung Westeuropas zu finden ist, wo die Schnurkeramik gar nicht hinkam und die mit ihren Untergruppen aber auch außerhalb Europas verbreitet ist. Eine hohe Konzentration einer Untergruppe gibt es unter der einheimischen Bevölkerung von Nordkamerun, einige Y-Chromosomen, die scheinbar mit dieser kamerunischen R1b1* Chromosomen eng verwandt sind, werden in hoher Konzentration unter der modernen Bevölkerung in Ägypten gefunden, Verbreitung bei den Baschkiren (Buryjan, Gayna und andere) von bis zu 87 %, Kamerun-Mandara bis zu 65 %, Iran und bei Assyrern um 55% (wikipedia).
 
Denn dem müsste ja so sein, denn sonst könnten in den europäische Gewässernamen keine Wortschatzelemente aus einer Zeit enthalten sind, als die indoeuropäische Sprache noch nicht in einzelne Sprachen getrennt war. Auch Wortschatzelemente die ausschließlich in der indischen, tocharischen, iranischen Sprache enthalten sind.

Vorsicht vor Fehlschlüssen: Wortschatzelemente, die in älteren Sprachschichten vorkommen, also in Topo- oder Hydronymen, aber in den historischen Sprachen nicht mehr, sind kein Beleg dafür, dass sie nur im Rahmen der *Ursprache auftauchten und daher vor der Vereinzelsprachlichung benutzt worden sein müssen. Es ist im Verlaufe der Sprachgeschichte immer wieder so, dass Worte wegfallen, weil sie nicht mehr gebraucht oder ersetzt werden.
 
Man sollte an dieser Stelle aber deutlich sagen, dass das lediglich weitere Hypothesen sind, denen sicher längst nicht alle Indogermanisten und Archäologen zustimmen werden. Das "Indogermanenproblem" ist damit nicht gelöst, jedenfalls solange, bis andere Fachwissenschaftler Stellung bezogen haben.

Was ich z.B. dort überhaupt vermisse ist die von Alexander Häusler vorgetragene Hypothese einer autochthonen Entwicklung der Proto-Indoeuropäer (PIE) und ihrer Sprache in Europa ohne jede Invasion oder Zuwanderung von außen. Dazu hat er mehrere Schriften veröffentlicht, u.a. die hier (wurde bereits weiter vorn thematisiert):

Da liegt offenbar ein grobes Missverständnis vor.

Die Veröffentlichung kann das auch nicht lösen, und dazu wird in dem Kommentar von Lazaridis, Haak, Patterson, David Anthony und Reich folgendes gesagt:

"The ultimate question of the Proto-Indo-European homeland is unresolved by our data".

Deutlicher geht es nicht. Es wird ausgeführt, dass manche der homeland-Thesen durch die genetischen Ergebnisse an Plausibilität gewonnen haben, andere verloren haben. Im Übrigen sind bzgl. der Verbreitung des PIE zwei Fragestellungen zu klären:
- das Gefälle in der genetischen Verwandtschaft zu Yammaja zwischen Nord- und Südeuropa (erklärungsbedürftig ist im Kontext der Thesen der hohe Anteil der genetischen "Verwandtschaft" der Schnurkeramiker
- die genetische "Verwandtschaft" nach Südosten bis Indien, die die Ausbreitungsthese mit dem Yamnaja-homeland erschüttern oder bestärken kann

Dieter schrieb:
Und wieder sind es - unter anderem - die Kugane der Gimbutas, die als Leitobjekte herangezogen werden. Allerdings ist der von Gimbutas geprägte Begriff "Kurgan-Kultur" inzwischen ein wenig aus der Mode gekommen und man spricht von der Ockergrab - oder Grubengrabkultur oder auch von der Jamnaja-Kultur. Alles Synonyme für die gleiche Sache.
Wie Anthony (Co-Autor auch dieser neuen Studie) an anderer Stelle erklärt hat, ist die Kurgan-Völker-Definition Gimbutas weder identisch noch synonym zu Yamnaja. Der volksbezogene Kurgan-Begriff von Gimbutas ist nach Anthony zu weit und unbrauchbar, und stimmt nicht mit der hier in der Studie vorgestellten Fokussierung auf Yamnaja überein.

David Anthony: The Horse, The Wheel and Language: How Bronze-Age Riders from the Eurasian Steppes shaped the modern World , S. 306: "Why not a Kurgan Culture?"

Dieter schrieb:
Bis gestern noch wird eine "Invasion aus der kaspisch-pontischen Steppe" als Mythos und Lügenszenario verschrien und nun plötzlich soll es genau das gegeben haben, was die verunglimpfte Marija Gimbutas seit jeher postulierte.
Das ist im ersten Teil falsch und im zweiten neben der Sache (weil die homeland-Hypothese überhaupt nicht beantwortet wird). Gimbutas ist hier überhaupt nicht Thema (sie wird neben Mallory und Anthony mit ihrer 1956-Publikation unter "Steppe-Hypothesen" einmal einsortiert).

Die zwei breit diskutierten homeland-Hypothesen im Fokus und Widerstreit (neben ein paar anderen) sind die - verkürzt:- Anatolien- und die Steppe-Hypothese. Soweit Mallory, Anthony und Co. sich professionell mit "Steppe-Szenarien" befassen, oder diese fachwissenschaftlich vertreten, wird dies auch nicht mit Schubladen wie "Mythos" oder "Lügenszenario" belegt.

Um was es hier im Kern geht: die genetische Verwandtschaft zu den Schnurkeramiker - wenn man die aDNA-Daten als repräsentativ für die damalige Bevölkerung sieht - stellt die Verbreitungshypothese für PIE auf einen neuen Stand. "Franchise-Modelle" nach Anthony bzw. "Elite-Dominanz"-Vorstellungen nach Mallory für die Ausbreitung werden in Frage gestellt.

Wie oben dargestellt, belegen die genetischen Daten eine massenhafte Migration. Die ideologisch aufgeladene Diskussion kriegerischer Invasionen, die gewaltsame Unterwerfung hellhäutig-matriarchal-friedlicher Zentraleuropäer durch männerdominierte Steppenkrieger (Gimbutas, und das wäre nach Deiner Fassung als Mythos "verunglimpft" worden) wird überhaupt nicht untersucht, also weder angesprochen noch bestätigt noch verworfen. Gimbutas Mythen stehen hier also überhaupt nicht zur Debatte, sondern die sozio-kulturellen und ethnischen Ausbreitungshypothesen der letzten 15 Jahre.

Das wird natürlich Gimbutas-Fans (diejenigen, die an ihren ideologisch aufgeladenen Hypothesen hängen) natürlich nicht davon abhalten, bei der Publikation mit dem Hinweis aufzuspringen: Aha, also Kurgan! (was das überhaupt mit "Kurgan" zu tun hat, ist oben mit Verweis auf Anthony erklärt, aber das interessiert beim "Aufsteigen" natürlich weniger :rofl: )



Heine schrieb:
Repräsentativität der untersuchten Proben. Möglicherweise erhielten sich vor allem die Skelette der besonders bestatteten Oberschicht.
Du hast das nochmal schön auf den Punkt gebracht. Dieses Problem wird vermutlich auch nicht mit weiteren Untersuchungen in östlicher Richtung geklärt, erhärtet sich aber vielleicht als Problem aus dem Nord-Süd-Gefälle der Verwandtschaft in Europa (was für "Oberschicht" oder die Mitnahme von Bestattungsritualen sprechen könnte)
 
Es gab keinen Bevölkerungswechsel und keine große Einwanderung von Menschen mit der Ausbreitung der Schnurkeramik. Aber meine Links liest hier wohl keiner, selbst wenn sie in deutsch sind.

Woher willst du das wissen?

Mit Beginn der Schnurkeramik kam es zu einem verhältnismäßig raschen Wechsel der Begräbnissitten. Die Bestattung in kollektiven Megalithgräbern wurde aufgegeben und ersetzt durch die Bestattung in Einzelgräbern, über die meist ein kleiner Erdhügel aufgeworfen wurde. Einige sehen in dieser Einzelgrabkultur den Hinweis auf eine neu eungewanderte Bevölkerungsschicht, die die Megalithbauern überformte und ihre eigene Kultur durchsetzte.

Es gibt keinen Beweis, dass die Yamnaja indogermanisch sprachen, geschweige denn die indogermanische Ursprache.

Nein, natürlich gibt es keinen solchen Beweis, weswegen die Kurgan-Hypothese eben eine Hypothese ist. Festgemacht wurde sie von Marija Gimbutas an den so genannten "Kurgan-Hügeln", die von der kaspisch-pontischen Steppe bis zu den schnurkeramischen Kulturen in Mitteleururopa verbreitet sind. Ferner an gesellschaftlichen, sozialen und religiösen Strukturen, die Gimbutas und ihre Verfechter als "typisch indogermanisch" ansehen, wobei sie sich auf den Sprachschatz der hypothetisch erschlossenen Grund(Ur)sprache stützen.

Denn dem müsste ja so sein, denn sonst könnten in den europäische Gewässernamen keine Wortschatzelemente aus einer Zeit enthalten sind, als die indoeuropäische Sprache noch nicht in einzelne Sprachen getrennt war. Auch Wortschatzelemente die ausschließlich in der indischen, tocharische, iranische Sprache enthalten sind.

Nach Hans Krahe und seiner Alteuropäischen Hydronomie sind die europäischen Gewässernamen "urindogermanisch" und bilden die tiefste Sprachschicht. Das würde für eine autochthone europäische Herkunft der PIE sprechen. Allerdings gibt es auch Gegenstimmen.

"Bis heute existiert kein Konsens über das Alter und die Herkunft der Namen; es wird sogar bezweifelt, dass sie überhaupt einer einheitlichen Sprachfamilie entstammen und die Ähnlichkeiten nicht auf Zufall beruhen. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass die ursprünglichen Bedeutungen der Namen unbekannt sind und daher die Bedeutungsseite der Wortgleichungen fehlt."
 
Das Problem bei Krahe ist doch, dass er jeden Ortsnamen irgendwie mit einem Sumpf oder Fließgewässer verbinden wollte. Das wurde schon zu seinen Lebzeiten verworfen.
 
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