In meiner Mittagspause hat mich gerade ein interessanter
Artikel wieder an diesen Themenstrang erinnert. 'The Last Duel' wird jetzt offiziell als Kinoflop eingestuft; der Film hat bisher kaum ein Drittel seiner Produktionskosten eingespielt, und Regisseur Ridley Scott hat eine wirklich
bemerkenswerte Erklärung dafür.
Er hält die mit "Scheiß-Handys aufgezogenen Millennials" für schuld, die "nichts mehr lernen" wollten, es sei denn, sie bekämen es auf ihren Handys vorgesetzt. Man sehe es an Facebook, die jüngere Generation habe "den falschen Weg eingeschlagen" und ein "ungerechtfertigtes Selbstvertrauen" entwickelt.
Auf der Suche nach einem Transkript des Interviews stieß ich auf einen bissigen Kommentar des History-Youtubers Matt Easton, der spottet, Scott hätte seine Energie lieber darauf verwenden sollen, für historische Detailtreue zu sorgen; der Film habe einfach nicht die Zielgruppe der Mittelalterenthusiasten überzeugt.
Ich würde sagen, beide haben Recht und Unrecht.
Scott hat insofern Recht, als sein wenig bekannter Stoff es wirklich schwer hatte in einer Zeit, in der die Studios fast nur noch Sequels und Reboots bringen, weil das heutige Publikum stromlinienförmige Unterhaltung verlangt und wenig Geduld für Neues und Ungewöhnliches hat.
Allerdings sind daran nicht die Millennials schuld, die bekamen ihre ersten internetfähigen Mobiltelefone vielleicht mit zwanzig Jahren. Er dachte wohl an die Generation Z. ("OK boomer", und so weiter…)
Liest man die Kritiken auf Rotten Tomatoes, würde ich eher vermuten, dass Scott 1. wegen seiner 'Alien'-Prequels zuletzt einfach viele Fans verloren hat, und 2. der Stoff von 'The Last Duel' – zwei Männer kämpfen wegen einer zur Passivität verdammten Frau – für unser empfindsames Zeitalter zu archaisch ist.
Easton hat natürlich auch Recht, schon mit den ersten Trailern und Werbeplakaten schossen im Internet die Diskussionen ins Kraut ("Was soll das für ein Helm sein?!", "Warum ist dort alles so schmutzig?"), und darunter die Kommentare von Lesern und Zuschauern, die erklärten, den Film nicht anschauen zu wollen.
Allerdings sind Geschichtsenthusiasten bestimmt nicht "die Zielgruppe" der Filmemacher gewesen, was finanzieller Selbstmord gewesen wäre. Schaut euch doch nur an, wie viele (oder: wie wenige) Mitglieder dieses Forum hat. Die Enthusiasten allein konnten den Film nicht retten, selbst wenn sie es gewollt hätten.
Die Studios wollen und müssen heute krampfhaft so viele Alters- und Interessensgruppen ansprechen wie möglich, darum hat es das Genre-Kino ja schwerer als früher. Nebenbei, was ist das bloß für ein dämlicher Trend seit den 2010er-Jahren, dass immer mehr Filmemacher das Publikum beschimpfen?
Ich sah da z.B. Vergleichbares schon in moderneren Produktionen wie "The outlaw king" oder "The king", wo selbst der König eher ausschaut wie ein Wegelagerer, der seine Rüstungsteile irgendwie zusammen geklaut hat.
Na, 'Outlaw King' hat das doch besser hinbekommen als 'The King'. Die Kostüme und Rüstungen sind sogar ziemlich authentisch, was Schnitt und Materialien angeht, lediglich ein bisschen schmucklos. Man hat sich sogar an Beinlinge und Tuniken gewagt. Ahistorisch waren auf den ersten Blick nur manche Helme.
Aber – ja, 'The King' ist in dieser Hinsicht seltsam, zumal Heinrich mit einer recht gut gemachten Rüstung 1403 an der Schlacht von Shrewsbury teilnimmt, und 1415 in Frankreich wie ein abgehalfterter Marodeur landet.
Ich vermute, die Filmemacher wollten den Kontrast zwischen Franzosen und Engländern verstärken, immerhin eines der Themen des Films: Hier die freien Bogenschützen, die zu Fuß kämpfenden Ritter und ihr hemdsärmeliger König, dort die versnobten Franzosen, gepanzert und hoch zu Ross. David gegen Goliath.
Zu dem Thema kann ich das FAQ-Video von Tod Todeschini alias Tod Cutler empfehlen, der als Propmaster Waffen und Rüstungen für mehrere Kino- und Fernsehproduktionen (u.a. 'Outlaw King', 'The King', 'Robin Hood') bereitgestellt hat. Allerdings kann ich auch seine Ausführungen nicht ganz nachvollziehen.
So erklärt er den Wunsch der Filmemacher nach einer schmucklosen Ausstattung damit, dass das Publikum nicht vom Spiel der Schauspieler abgelenkt werden oder nach einer versteckten Symbolik suchen soll. Aber was ist mit Kostümfilmen? Warum wurde Cate Blanchett in 'Elizabeth' nicht von ihren Kostümen sabotiert?