1.1.
Jane Fairfax meint hier nicht die Gouvernanten an sich, sie spricht also nicht über Mrs. Weston, aber sie geht z.B., wenn ich mich recht erinnere auch im Buch, z.B. von sexuellen Übergriffen der Herrschaft aus. Dann war die Gouvernante (wie das meinste Dienstpersonal im Haus) rund um die Uhr für die Herrschaft da, also fast ein 24-h-Job, wenn man so will. Das ist es, was Jane Fairfax als ihr Schicksal ansieht, wenn ihr Churchill nicht endlich die Hand reicht, bzw. ihre Beziehung offen macht und sie heiratet.
2.
Aber es war nicht überall gleich schlimm. Mrs. Weston hatte es als Gouvernante so getroffen, wie man es wünschen würde.
3.
Man weiß von Jane Austen, daß sie als Gouvernante eher von der Lebenssituation im Hause Woodhouse ausging, denn sie äusserte recht häufig, sie würde lieber als Gouvernante ihr Dasein fristen, als einen Mann zu heiraten, den sie nicht lieben könne.
4.
Oder sie fand eine lieblose Ehe noch schlimmer als Gouvernantentum, was natürlich ein sehr schlechtes Bild auf die englischen Ehen werfen würde. Aber Lady Montagu prangerte ja nun z.B. auch die Gewalt gegen Frauen an.
...
Sie spricht nicht direkt in der Szene über Mrs. Weston, das ist klar. Aber sie muss sie doch irgendwie berührt haben, finde ich. Ich meine, irgendwann stand Mrs. Weston vor einer ähnlichen Situation und der Entscheidung für die Laufbahn als Gouvernante.
Egal ob es Mrs. Weston dann besser traf, musste sie sich doch daran erinnert fühlen, dass es anders hätte kommen müssen. Und das insgesamt wirkt doch, als würde Jane Fairfax, wahrscheinlich eher unbewusst gegenüber Mrs. Weston, den Gouvernantenstand ein bisschen degradieren.
2.
Wie unten ausgeführt, eine schöne Gegenüberstellung von Befürchtungen und einem aufgezeigten Gegenbeispiel.
3.
Das macht natürlich die weite Stärke von Jane Austen gegenüber Autoren Historischer Romane von heute oder aus dem 20.Jh. aus. Sie kannte die Gesellschaft von Innen und beschrieb sozusagen weitesgehend die Welt in welcher sie lebte, während heute die Romanautoren über diese Zeit schreiben und trotz aller Recherchen doch auf eine ihnen im Grunde fremde Welt aus zeitlicher und auch mentalitätsbezogener Ferne schauen.
4.
Das wirft meines Erachtens kein Bild auf schlechte englische Ehen. Es wirft nur Licht darauf, wie sie es sah.
Wie so oft zeigt Jane Austen ja eben das Nebeneinander von Verhältnissen, in welchen die Menschen miteinander leben. Bei den Bennets, den Eltern, ist die Liebe vielleicht erkaltet. Aber man behandelt sich zumindest weitesgehend dennoch mit dem Respekt, an welchem es auch beispielsweise Mr. Collins, trotz der eher als Vernunftsehe zu bezeichnenden Verbindung, gegenüber seiner Charlotte nicht mangeln lässt.
Ganz misen Ehen bin ich in den Verfilmungen, glaube ich, noch nicht begegnet. Dabei mag aber auch eine Rolle spielen, dass vorzugsweise die besseren Kreise der Gesellschaft, oder zumindest deren Teil davon, vorgestellt werden, wo auch die Herren Anstand und Bildung besitzen und sich, trotz aller Unterschiede im Charakter ihrer Ehen, gegenüber ihren Gemahlinnen zu benehmen verstehen.
*Nachtrag*
Das gefällt mir an Jane Austen's Büchern ja besonders. Ihre Art milder Sozial-und Gesellschaftskritik, nicht agressiv, nicht lamentierend, aber in jedem Roman legt sie den Finger auf gesellschaftliche Wunden. Man muß nur die Ohren haben, die feinen Zwischentöne zu hören ...
Und dann die erfrischenden Dialoge!
Ich würde sagen, Jane Austen zeigt immer wieder beide Seiten der Medaille und stellt diese nebeneinander gleichberechtigt dar. Außerdem lässt sie ganz verschiedene Meinungen über die Ehe, aber auch über andere gesellschaftliche Aspekte sogar verhältnismäßig wertfrei zur Sprache kommen.
Dadurch ist sie sogar meiner Ansicht nach vielen ihren zeitgenössischen Autoren wie Moritz, Goethe oder auch Schiller mit deren langweiliger Parteilichkeit haushoch überlegen!
Ich glaube, man fand schon genug, aber eben nicht genügend qualifizierte. Die Sprache war ein ganz wichtiger Teil der Ausbildung der jungen Damen. Überall, auch bei den Männern, bemängelte man immer wieder, dass deren Französisch eigentlich grausam schlecht von Deutschen ausgesprochen würde. Man hoffte also mit französischen Gouvernanten, die den ständigen Umgang mit ihren Zöglingen haben würden, dass die Kinder dadurch ein wirklich gutes Französisch lernen würden, was nahe an der tatsächlichen Sprache wäre, welche in Frankreich gesprochen wurde.Interessant dabei übrigens die Bezeichnungen für Gouvernanten. Man exportierte deutsche bzw. preussische Frauen ins Ausland, fand hier aber nicht genügend Gouvernanten um den Markt zu bedienen und musste französische Gouvernanten/Hofmeisterinnen importieren, weshalb man die Gouvernante anfangs als "Französin" bezeichnete, woraus später die "Mamsell", als ältliches französisches Fräulein wurde, was sich auch hielt, wenn es sich um eine deutsche oder englische Gouvernante handelte.
In England und im englisch-sprachigen Raum prägte sich die Bezeichnung des "Froleins" für die preussischen (deutschen) Gouvernanten ein.
Leider stand dem beispielsweise an den deutschen Höfen im Wege, dass dort solche Posten wie der einer Gouvernante als einträgliche Positionen an niederadelige Damen vergeben wurden, was diese und deren Familien natürlich als großes Glück empfanden. Der Nachteil war zum einen, dass diese Niederadeligen, ja selbst so mancher Hofmeister, selber nur mangelhaft das Französische sprach und selbst das Französisch was sie sprachen war eben die deutsche "Version" mit einer teilweise vor allem schlechten Grammatik.
Ein Teil der francophonen Schweiz war im 18.Jh. schon für eine recht saubere französische Aussprache berühmt, so dass speziell Frauen von dort gern als Gouvernanten Verwendung fanden. Leider habe ich das nur einmal von einer Schweizerin so gehört.:red:
Im Prinzip war das Verhalten eine Jane Fairfax als Gouvernante zu verwenden also wahrscheinlich auf das Erlernen des Französischen bezogen wahrscheinlich sogar ein Fehler. Man hoffte aber grundsätzlich, dass eine Verwendung solcher Töchter aus halbwegs guten Familien zumindest nicht gänzlich ungenutzt deren gute bis sehr gute Ausbildung vergeuden ließ. So würde ich das zumindest interpretieren. Und Jane Fairfax scheint zumindest mit ihren musikalischen Talenten sich für die Gouvernantentätigkeit ja gerade zu empfehlen.
In dem Film singt sie ja ein deutsches Lied, was ich auch recht interessant finde. In P&P (1995) wird ja auch einmal von Mr. Bingley ausdrücklich erwähnt, dass auch Deutsch von den jungen gebildeten Damen erlernt würde.
Kann man das im Zuge der Begeisterung für Goethe mit seinem "Werther" und andere deutsche, große Schriftsteller dieser Zeit erklären?