Gandolf schrieb:
In diesem Strang kann es weniger um die korrekte juristische Bewertung der Ereignisse in Gallien aus heutiger Sicht gehen (Differenzierung zwischen Völkermord und Kriegsverbrechen; lag überhaupt eine vorsätzliche Verletzung des Kriegsvölkerrechtes vor?) als vielmehr um die Frage, ob es sich damals soziologisch betrachtet um das Phänomen
Völkermord handelte.
Ich muss Gandolf hier zustimmen!
Eine juristische oder völkerrechtliche Einordnung des damaligen Geschehens ist unter dem Begriff "Völkermord" nicht möglich.
Der Begriff stammt, wie oben bereits ausgeführt, aus dem Jahre 1943. Es ist moderner juristischer Begriff und somit nicht verwendbar für Geschehnisse die vor diesem Zeitpunkt lagen...in juristischer Hinsicht.
Soziologisch oder moralisch ist dieser Begriff natürlich übertragbar.
Also bitte beendet eine juristische Diskussion über dieses Thema und bleibt bei den rein historischen Fakten.
Bei einer Übertragung dieser Fakten in unser heutiges Verständnis über Völkerrecht und in unser heutiges Empfinden über Moral sollte beachtet werden, dass es solcherlei Verständnisse zur damaligen Zeit nicht gab.
Daher kann es diesbezüglich auch keine Aussage über eine Schuld geben (nur als Randbemerkung).
Zur Frage ob die betroffenen Stämme ein Teil ganz Galliens waren oder eigenständig betrachtet werden sollten, sollte meines Erachtens die jeweilige Zusammengehörigkeit gesehen werden.
Vercingetorix war der erste, der es meines Wissens wirklich geschafft hat Gallien zu einigen. Insoweit können wir ab diesem Zeitpunkt von einem "Staatenbund" (den Begriff Stämmebund fand ich irgendwie nicht geschickt) ausgehen.
Innerhalb eines solchen Bundes ist die Vernichtung eines Teil dieses Bundes nicht als Völkermord zu anzusehen.
Beispiel: Wenn jemand alle Hessen ausrotten würde (ich entschuldige mich vorsichtshalber schon jetzt bei allen Hessen) wäre dies kein Genozid an uns Deutschen, lediglich ein Genozid an den Hessen. Da wir aber als einheitlicher Staat gelten würde das nicht zählen. Es sei denn, und jetzt wird es juristisch, der Vorsatz des Täters würde gerade auf die Ausrottung der Hessen abzielen, dann wiederum wäre es Völkermord.
Kam es Caesar also darauf an gerade diese Stämme zu eliminieren, weil es eben diese Stämme waren, dann ist es Völkermord (immer nach heutigem Verständnis), wollte er jedoch nur einen Teil seiner Gegner, also aller Gallier, aus dem Weg räumen, dann wäre es kein Völkermord.
Vor der Einigung jedoch waren alle Stämme mehr oder weniger "Einzelstaaten". Insofern ist die Vernichtung eines Stammes die Vernichtung eines ganzen Volkes. Die Tatsache, dass diese Stämme zu den Gallischen Stämmen zählten, darf - wiederum m.E. - keine Rolle spielen, denn diese Einteilung wurde nicht von den Stämmen selbst vorgenommen. Sie sahen sich schließlich als eigenständig an (ich hoffe mal ich liege da nicht falsch...naja, bin eben kein Historiker).
Insofern würde, aus heutiger Sicht betrachtet, der Tatbestand des Völkermordes vorliegen, aus damaliger Sicht betrachtet kann es keinen Vökermord geben, da es lediglich das Recht des Stärkeren gab.
Das ist nur meine Einschätzung... und die ist, nachdem ich es nochmal durchgelesen habe, ziemlich juristisch - sorry.