Lukrezia Borgia
Moderatorin
Ich habe mal mit einem Theologen und Philosophen ein nettes Gespräch geführt und er versuchte mich davon zu überzeugen, dass es Gott geben muss, da ich schließlich über ihn spreche, auch wenn ich ihn verneine. Wenn ich sage: "Es gibt keinen Gott", dann müsse es einen Gott geben, da ich ihn sonst nicht verneinen könnte.
Das ist mE auch ein sehr interessanter Aspekt, den man für sich erst widerlegen muss, wenn man denn nicht an einen Gott glaubt.
Es handelt sich dabei um eine Abart des ontologischen Gottesbeweises. Prominent geworden durch Anselm von Canterbury und Descartes. Kurzfassung samt Widerlegung findest Du hier:
Gottesbeweis ? Wikipedia
Es lohnt jedoch auch, sich das Ganze bei Anselm mal direkt anzuschauen, sehr eindrucksvoll. Am schönsten geschildert ist dieser anselmische Gottesbeweis jedoch von Josef Pieper in seinem Buch über die mittelalterliche Scholastik. (Im übrigen sei hier noch einmal vehement Werbung gemacht für die Werke von Josef Pieper, denn sie sind nicht nur fundiert, sondern auch in eine wundervolle Sprache gekleidet, wie man sie bei heutigen Wissenschaftlern kaum noch findet!)
In diesem Zusammenhang vielleicht noch ganz interessant, dass sich an diesen ontologischen Gottesbeweis auch eine relativ neue, parodistische Religion anknüpft: Die des fliegenden Spaghettimonsters. Ich zitiere mal aus einem Artikel:
Bobby Henderson: Das Evangelium des fliegenden Spaghetti-MonstersSo geht es Henderson längst nicht nur um Kreationisten oder Fundamentalisten. Er knöpft sich auch die großen theologischen Argumentationen der abendländischen Tradition vor, zum Beispiel den ontologischen Gottesbeweis des Anselm von Canterbury oder die berühmte Wette von Blaise Pascal.
“Das fliegende Spaghettimonster ist ein Wesen höchster Vollkommenheit. Existenz an sich ist eine Form von Vollkommenheit. Also existiert das fliegende Spaghettimonster. [...] Am besten konvertiert man sofort. Sehen Sie es so: Wenn Sie übertreten und es sollte sich herausstellen, dass es das fliegende Spaghetti-Monster nicht gibt, ist nichts verloren. Wenn Sie allerdings nicht konvertieren und es gibt das fliegende Spaghetti-Monster doch, sind Sie ganz schön in den Hintern gekniffen.”
Hier mehr Infos:
Fliegendes Spaghettimonster ? Wikipedia
Ist nach christlicher Vorstellung das Handeln eines jeden Einzelnen von Gott so gewollt und geplant? Oder gesteht das Christentum dem Menschen Eigenständigkeit zu?
Dies ist deshalb interessant, da bei einer gewissen Eigenständigkeit eventuell doch von Eingriffen in Gottes Plan gesprochen werden könnte.
Das ist eine sehr verzwickte Angelegenheit. Einerseits gibt es ja im Brief an die Ephesser die Stelle (1,4), dass "er (Gott) uns denn erwählt hat durch denselben, ehe der Welt Grund gelegt war". Das setzt eine deterministische Sicht der Dinge voraus, also dergestalt, dass unser Leben auf bereits gezeichneten Bahnen abläuft. Nun hat man hier jedoch das Problem, dass damit der Mensch seiner Verwantwortung entzogen wäre, denn wären seine Handlungen determiniert, könnte man ihn nicht strafen. Dieses Problem löst Augustinus elegant, indem er behauptet, dass Gott als Allwissender selbst menschliches Wollen voraussieht. Sollten hierzu noch Konkretisierungen gewünscht sein, mache ich mir gerne die Mühe.
(Zu Sartre habe ich auch noch was im Ärmel, aber dazu vielleicht später mehr.)