Warum die positive Bezeichnung "Luzifer" für den Gegenspieler Gottes?

Ich habe mal mit einem Theologen und Philosophen ein nettes Gespräch geführt und er versuchte mich davon zu überzeugen, dass es Gott geben muss, da ich schließlich über ihn spreche, auch wenn ich ihn verneine. Wenn ich sage: "Es gibt keinen Gott", dann müsse es einen Gott geben, da ich ihn sonst nicht verneinen könnte.
Das ist mE auch ein sehr interessanter Aspekt, den man für sich erst widerlegen muss, wenn man denn nicht an einen Gott glaubt.

Es handelt sich dabei um eine Abart des ontologischen Gottesbeweises. Prominent geworden durch Anselm von Canterbury und Descartes. Kurzfassung samt Widerlegung findest Du hier:

Gottesbeweis ? Wikipedia

Es lohnt jedoch auch, sich das Ganze bei Anselm mal direkt anzuschauen, sehr eindrucksvoll. Am schönsten geschildert ist dieser anselmische Gottesbeweis jedoch von Josef Pieper in seinem Buch über die mittelalterliche Scholastik. (Im übrigen sei hier noch einmal vehement Werbung gemacht für die Werke von Josef Pieper, denn sie sind nicht nur fundiert, sondern auch in eine wundervolle Sprache gekleidet, wie man sie bei heutigen Wissenschaftlern kaum noch findet!)

In diesem Zusammenhang vielleicht noch ganz interessant, dass sich an diesen ontologischen Gottesbeweis auch eine relativ neue, parodistische Religion anknüpft: Die des fliegenden Spaghettimonsters. Ich zitiere mal aus einem Artikel:

So geht es Henderson längst nicht nur um Kreationisten oder Fundamentalisten. Er knöpft sich auch die großen theologischen Argumentationen der abendländischen Tradition vor, zum Beispiel den ontologischen Gottesbeweis des Anselm von Canterbury oder die berühmte Wette von Blaise Pascal.

“Das fliegende Spaghettimonster ist ein Wesen höchster Vollkommenheit. Existenz an sich ist eine Form von Vollkommenheit. Also existiert das fliegende Spaghettimonster. [...] Am besten konvertiert man sofort. Sehen Sie es so: Wenn Sie übertreten und es sollte sich herausstellen, dass es das fliegende Spaghetti-Monster nicht gibt, ist nichts verloren. Wenn Sie allerdings nicht konvertieren und es gibt das fliegende Spaghetti-Monster doch, sind Sie ganz schön in den Hintern gekniffen.”
Bobby Henderson: Das Evangelium des fliegenden Spaghetti-Monsters

Hier mehr Infos:
Fliegendes Spaghettimonster ? Wikipedia



Ist nach christlicher Vorstellung das Handeln eines jeden Einzelnen von Gott so gewollt und geplant? Oder gesteht das Christentum dem Menschen Eigenständigkeit zu?

Dies ist deshalb interessant, da bei einer gewissen Eigenständigkeit eventuell doch von Eingriffen in Gottes Plan gesprochen werden könnte.

Das ist eine sehr verzwickte Angelegenheit. Einerseits gibt es ja im Brief an die Ephesser die Stelle (1,4), dass "er (Gott) uns denn erwählt hat durch denselben, ehe der Welt Grund gelegt war". Das setzt eine deterministische Sicht der Dinge voraus, also dergestalt, dass unser Leben auf bereits gezeichneten Bahnen abläuft. Nun hat man hier jedoch das Problem, dass damit der Mensch seiner Verwantwortung entzogen wäre, denn wären seine Handlungen determiniert, könnte man ihn nicht strafen. Dieses Problem löst Augustinus elegant, indem er behauptet, dass Gott als Allwissender selbst menschliches Wollen voraussieht. Sollten hierzu noch Konkretisierungen gewünscht sein, mache ich mir gerne die Mühe.


(Zu Sartre habe ich auch noch was im Ärmel, aber dazu vielleicht später mehr.)
 
METADISKUSSION ON
Ich finde es einwenig schade, dass einige versuchen dem Thread hier seine Berechtigung im Geschichtsforum streitig zu machen. [...]
Einigt man sich darauf, dass man die Diskussion auf einer bestimmten Ebene führt, so kann man sich auch als Nicht-Gläubiger mit diesem Thema beschäftigen. Hier wird ja sogar nicht nur religiös, sondern zugleich auch philosophisch debattiert! Beides Bestandteile der menschlichen Kulturen und damit der Geschichte.
Zu jenen Bestreitern gehöre ich nicht, aber gleichwohl fände ich es vorteilhaft, wenn vorzugsweise religionsgeschichtlich argumentiert würde.

Andernfalls gerät man doch in die Nähe des bloßen "Bekennens" bzw. in eine Diskussion, die in rein philosophisch-anthropologische Betrachtungen führt, etwa bei Thesen wie "Tatsächlich wird der Mensch erst Mensch, so wie wir ihn kennen, durch seine Fehler" oder "Irgendwie messen wir unsere Gedanken und Taten doch an den christlichen Werten", die jeder für sich wieder sehr intensiv zu diskutieren wären.

Argumentationsfiguren wie "wir" und "unsere" finde ich auch nicht günstig. Aber nichts für ungut!
METADISKUSSION OFF

PS: Eine im Vergleich zu Bobby Henderson wirklich harmlose und zugleich ernsthafte Seite ist http://www.dittmar-online.net/uber/hga.html.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Lukrezia: Danke für die weiterführende Literatur und die Kontextualisierung von meinen Einwürfen.
Ich bin mal gespannt, was Du noch zu Sartre im Ärmel hast. Vor allem deshalb, da dieser Gedanke der "Verdammung zu Freiheit" mich immer wieder fasziniert, wenigstens in der Art, dass ich ihn in vielen Gedankengängen von mir finde, einmal um ihn zu negieren, einander mal um ihm Glauben zu schenken.

Sehr gerne würde ich weitere Ausführungen zur augustinischen Lösung lesen, denn ich verstehe nicht ganz, inwiefern das Voraussehen menschlichen Wollens dabei hilft zu begründen, dass der Mensch einerseits Gottes Plan unterworfen und andererseits doch verantwortlich und strafbar für seine Taten ist.

@jschmidt: Zunächst hast Du Recht, mit "wir" und "unsere" sollte man in Diskussionen vorsichtig umgehen. Hier sind die Worte ungeschickt gewählt. Ausgedrückt werden sollte, dass meiner Meinung nach die meisten Europäer, ob gläubig oder nicht, nach christlichen Werten leben. (Klar, könnte hier auch noch drüber diskutiert werden).

Ich verstehe deine Forderung nach mehr Religionsgeschichte, da ich mir selbst in vielen Themen hier im Geschichtsforum, die mit Religion zu tun haben, die Frage stelle, wo denn da wenigstens Belege zu finden sind, so dass Thesen nicht nur auf Spekulation und "Bekennen" gegründet sind. Bis jetzt sind in diesem Thread aber viele Thesen und Meinungen, wenn man sich denn zunächst darauf einigt, dass man sich hier im christlich-religiösem Bereich auf einer Metaebene bewegt, mit Blick auf historische Kirchenväter und historische Philosophen begründet. Ob diese Begründungen und Meinungen der Autoritäten als Belege ausserhalb des christlich-religiösen Bereiches Horizonts finden könnten, bleibt dabei zunächst ohne Belang.

Zudem bezieht sich die Fragestellung ja nicht in erster Linie auf ein historisches Ereignis, so dass philosophisch-anthropologische Gedanken meiner Meinung nach auch verfolgt werden dürfen.

In einem Forenbereich diskutiert man, ob Jesus nach seiner Kreuzigung noch nach Indien (wenn ich mich nicht irre) gewandert sei etc... Hier werden religiöse Vorstellungen und historische Ereignisse miteinander verwoben, was ich nicht richtig finde.

In unserem Fall ist die geschichtliche Seite dadurch gegeben, dass die Religion, um die es geht, ein Teil der Historie ist. Nach historischen Begebenheiten wird nicht gefragt, also muss auch nicht historisch geantwortet werden.
Oder?

(Wenn ich es verständlicher ausdrücken könnte, würde ich es tun. Aber ich hoffe, man kann meinen Gedankengang nachvollziehen.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich verstehe deine Forderung nach mehr Religionsgeschichte...
In unserem Fall ist die geschichtliche Seite dadurch gegeben, dass die Religion, um die es geht, ein Teil der Historie ist. Nach historischen Begebenheiten wird nicht gefragt, also muss auch nicht historisch geantwortet werden.
Oder?
(Wenn ich es verständlicher ausdrücken könnte, würde ich es tun. Aber ich hoffe, man kann meinen Gedankengang nachvollziehen.)

Man kann. Das Eis, auf dem hier die diskursiven Pirouetten gedreht werden, ist zwar ein bißchen dünn, aber Du wirst schon drauf achten, dass wir nicht einbrechen! :winke:
 
Damit hast Du mir zu geschickt die Stirn geboten! :yes:
:confused:

Sollte ich nicht gut genug Acht geben, dann wirst Du uns doch sicherlich aus dem kalten Wasser, das für Ernüchterung sorgt, rausziehen!?
 
Sollte ich nicht gut genug Acht geben, dann wirst Du uns doch sicherlich aus dem kalten Wasser, das für Ernüchterung sorgt, rausziehen!?
Versprochen, soweit die Füße tragen / Kräfte reichen...

Noch eine Literaturempfehlung zum Thema, zugleich die Würdigung eines jüngst verstorbenen großen Geistes:

  • Leszek Kolakowski: Der Himmelsschlüssel oder Erbauliche Geschichten nach der Heiligen Schrift zur Belehrung und Warnung
  • ders.: Gespräche mit dem Teufel. Acht Diskurse über das Böse.
Zitat aus dem ersten: Warum hat Gott die Welt erschaffen? "Es war für ihn die einzige Möglichkeit, sich aus der verdammten Leere zu retten, in der er sich befand" und außerdem ging es ihm womöglich "um die Befriedigung der Ruhmsucht", was allgemein als unfein gilt. Jedoch: "Man kann manchmal aus niedrigen Motiven handelnd zu wertvollen Resultaten gelangen." :devil:
 
Habe erst jetzt durch seinen Tod von ihm erfahren. Ich war gerade in Polen und dort ist er auch sehr beliebt.
Das von Dir zitierte klingt nicht blöd, wenn ich all die anderen Literaturempfehlungen durch habe, werde ich mich mal um Kolakowski bemühen. ;)
 
@Lukrezia: Danke für die weiterführende Literatur und die Kontextualisierung von meinen Einwürfen.
Ich bin mal gespannt, was Du noch zu Sartre im Ärmel hast. Vor allem deshalb, da dieser Gedanke der "Verdammung zu Freiheit" mich immer wieder fasziniert, wenigstens in der Art, dass ich ihn in vielen Gedankengängen von mir finde, einmal um ihn zu negieren, einander mal um ihm Glauben zu schenken.

Sehr gerne würde ich weitere Ausführungen zur augustinischen Lösung lesen, denn ich verstehe nicht ganz, inwiefern das Voraussehen menschlichen Wollens dabei hilft zu begründen, dass der Mensch einerseits Gottes Plan unterworfen und andererseits doch verantwortlich und strafbar für seine Taten ist.

Zunächst einmal die Entschuldigung, dass alles so zäh durchsickert im Moment, aber ich spiele morgen Turnier und stecke daher dick in der Vorbereitung. Nebenher soll man auch den ganzen Unikram nicht vernalässigen und ab und zu will auch die obligatorische Runde Mahjongg gespielt werden. ;)

Ich halte mich bei meiner Argumentation zum augustinischen Freiheitsprinzip eng an den Aufsatz von Siegbert Peetz in Verbindung mit Buch V von "De Civitate Dei". An dieser Stelle kurz die vollständige bibliographische Angabe zu Peetz:

Peetz, Sigbert, Augustin über die menschliche Freiheit, in: Horn, Christoph, Augustinus. De Civitate Dei (Klassiker Auslegen 11), Berlin 1997, S. 63-86.

Augustinus geht von zwei anthropologischen Grunderfahrungen aus:

1. Ich kann nicht alles, was ich will.
Hieraus ergibt sich eine Differenz zwischen Willens- und Handlungfreiheit

2. Ich kann nicht das Gute, das ich will.
Hier hält er sich eng an den Brief des Paulus an die Römer, wo es heißt: "nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich." (Röm. 7,19)

Also: Zwischen dem, was wir wollen und dem, was wir tun, besteht ein Schlund, der nicht zu überwinden ist. Dieser besteht seit dem Sündenfall. Denn obschon der Mensch mit dem Geschenk der göttlichen Vernunft ausgestattet war, tat er das, wozu ihn die spontane Lust trieb: Er aß vom Baum der Erkenntnis. (Hier noch mal ausdrücklich, dass das nicht mein Standpunkt ist, sondern der von Augustinus.) Ganz vereinfacht ausgedrückt: Der Mensch neigt seitdem dazu das Böse zu wollen. Erst, wenn er seinen Willen dem Willen Gottes unterordnet, will er auch das Gute. Er gewinnt also ein Stück Freiheit zurück, denn mit Gottes Gnade kann er nun diesen Willen nach dem Guten (Willensfreiheit) wieder realisieren (Handlungsfreiheit).

So viel zum Allgemeinen. Die vorangeganenen Ausführungen entnimmt Peetz Augustinus "De libero arbitrio". Ich muss gestehen, dass ich dieses Werk noch nicht durchgearbeitet habe und mich daher rein auf den Aufsatz gestützt habe. Die Ausführung über die Dependenz von Wissen und Willen, Böses, Nichts, Sein, Vernunft lasse ich jetzt im Groben weg, denn sie sind zu einem ersten Verständnis nicht unbedingt erforderlich. Du kannst ja den Aufsatz selbst mal durcharbeiten oder mir unbegrenzt Zeit lassen.

Jetzt aber ran an den Speck:
Augustinus setzt sich mit Cicero auseinander, der behauptet, dass es einen freien Willen gibt, jedoch dergestalt, dass ein göttliches Wesen diesen nicht voraussieht. Genau das aber will Augustinus beweisen.

Zunächst der Gedankengang von Cicero:

These 1: Es gibt ein göttliches Vorauswissen.

Folgerung a): Das Zukünftige ist geordnet, da die Abfolge des Eintreffens bereits bekannt ist.
Folgerung b): Auch die Ursachen haben eine feste Ordnung.
Folgerung c): Alles geschieht durch ein Fatum
Folgerung d): Wir haben keinerlei Macht, dies zu ändern und daher gibt es keine Willensfreiheit

These 2: Es gibt Willensfreiheit

Folgerung a): Nicht alles geschieht durch ein Fatum
Folgerung b): Die Ursachen haben keine feste Ordnung
Folgerung c): Das Zukünftige ist ungeordnet, da die Abfolge des Eintreffens nicht bekannt ist
Folgerung d): Es gibt kein göttliches Vorauswissen.

Das Schema erklärt sich denke ich von selbst: Dadurch, dass ich Folgerung d) von These 1 negiere, muss ich den ganzen Weg wieder zurück und komme mit Folgerung d) von These 2 zur Negierung von These 1. Cicero zeigt damit also die Unvereinbarkeit der beiden Annahmen. (Manchmal gibt es logische Strukturen von solcher Schönheit, das man vor Glück fast weinen könnte - das aber nur nebenher.)

Augustinus geht nun folgendermaßen vor und ändert 2a dergestalt ab, dass das Geschehen nicht auf ein Fatum, sondern auf den göttlichen Willen zurückzuführen ist. "Aus der Tatsache, dass es dann kein Fatum, sondern nur einen göttlichen Willen gibt, folgt aber mitnichten, dass es keine feste Ordnung der Ursachen gibt. Für Augustin schließt Gottes Wille vielmehr eine feste Ordnung der Ursachen ein, in welcher menschliche Willensfreiheit als eine der wirkenden Ursachenarten eine prominente Rolle spielt. Wenn dem aber so ist, trifft tatsächlich alles so ein, wie von Gott vorausgewusst, weil er auch menschilches Wollen voraussieht." (Peetz, S. 74)

Augustinus schließt auch den Zufall aus und legt fest, dass es nur Wirkursachen gibt, denen ein Wille vorausgegangen ist. Alles ist Schöpfung, alles hat Gott als Urheber und so könne man bei einer Zurückführung der Kausalkette zu Gott stets diesen (besser: Dessen Willen) als letzte Instanz sehen.

Ich hoffe, das Ganze war jetzt nicht allzu kryptisch. Vielleicht wäre es ratsam, Du holst Dir den Aufatz selbst bei euch in der Unibibliothek, denn in diesem kleinen Geschichtsforumsrahmen ist er nicht in seiner ganzen Komplexität zu schildern. Außerdem würde ich Dir noch das 5. Buch von "De civitate Dei" ans Herz legen wollen. In meiner dtv-Ausgabe sind es gerade mal 60 Seiten, von denen aber auch nur etwa die Hälfte für das Freiheitsproblem von tragender Bedeutung sind. (Augustinus lohnt immer, selbst wenn vieles streitbar ist!)



Zu Sartre:
Die Sache mit der Schöpfung wäre auch der Anknüpfungspunkt für meine Gedanken zu Sartre in diesem Kontext. Vorgestern Nacht habe ich versucht, das in einer Mind Map zu strukturieren, bin aber noch nicht so weit, dass ich diese Ideen jemand antun möchte. Insofern würde ich Dich also noch um etwas Geduld bitten, bis ich wieder mal einen etwas freieren Kopf habe - sofern das überhaupt was wird, denn vieles erscheint mir da allzu schwammig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was haltet ihr davon, mit dem ganzen philosophischen Gepäck in den Smalltalk umzuziehen?
Da halte ich nichts davon. Kausal hängen für mich die Figur des Gegenspieler Gottes und der Willensfreiheit, mit welcher sich Rafael und Luki momentan beschäftigen zusammen. Davon abgesehen, haben wir uns ja auch nicht so arg weit von dem Thema entfernt.

Philosophie und Religion, da wird mir wohl jeder zustimmen, sind nunmal auf das Engste miteinander verwoben.

@ Rafael
Hiermit:
"Ich habe mal mit einem Theologen und Philosophen ein nettes Gespräch geführt und er versuchte mich davon zu überzeugen, dass es Gott geben muss, da ich schließlich über ihn spreche, auch wenn ich ihn verneine. Wenn ich sage: "Es gibt keinen Gott", dann müsse es einen Gott geben, da ich ihn sonst nicht verneinen könnte.
Das ist mE auch ein sehr interessanter Aspekt, den man für sich erst widerlegen muss, wenn man denn nicht an einen Gott glaubt."
bist Du ja nah an

Zitat:
<TABLE cellSpacing=0 cellPadding=6 width="100%" border=0><TBODY><TR><TD class=alt2 style="BORDER-RIGHT: 1px inset; BORDER-TOP: 1px inset; BORDER-LEFT: 1px inset; BORDER-BOTTOM: 1px inset">Brissotin
Irgendwo hatte ich mal, bezogen auf die griechische Mythologie gelesen (bin da auch nicht sattelfest), dass ein Denker einmal sagte, es gibt die Götter, denn wir glauben an sie und errichten ihnen Tempel und Altäre. Es wäre ja unlogisch gewesen, dass die Griechen das getan hätten, wenn es die Götter nicht gäbe.
</TD></TR></TBODY></TABLE>
und
Gundbot:
Ich weiß auch nicht wer das gesagt haben soll
allerdings kenne ich es folgender Maßen
"Es gibt die Göter weil wir an sie glauben und ihnen Tempel bauen"
dran.

Fragt sich nur noch, was das direkt mit Luzifer zu tun hat???

Mein Beitrag von 05.08.2009 09:28 hat eher was damit zu tun, wobei mir leider der religionsgeschichtliche Hintergrund dazu fehlt.


@ Lukrezia

Kannst Du mir auf die Sprünge helfen? Wenn wir nun Augustinus folgen, dass die Geschehnisse dem Willen Gottes folgen wie ich der Passage von Dir entnehme
Augustinus geht nun folgendermaßen vor und ändert 2a dergestalt ab, dass das Geschehen nicht auf ein Fatum, sondern auf den göttlichen Willen zurückzuführen ist.
, so hat das aber doch auch einen gewissen Bezug zu dem was ich schrieb, dass schonmal Böse genauso wie Gut im Willen Gottes begründet liegt(siehe Beitrag von 05.08.2009 09:28 !). Demnach, unterbrich mich ruhig, wenn Du willst (oder kannst :D), wäre aber doch die Willensfreiheit recht begrenzt, bis auf den Willen zum Guten, der scheinbar aber eher eine Nebenerscheinung ist. Grundsätzlich ist der Mensch zum Bösen verleitet. Wo kann man nun in dieser Phase Luzifer einsetzen? Ist Luzifer, seitdem Heiligen Hieronymus die Vulgata-Bibel schuf, nun das Zündlein an der Waage, welches den Menschen statt zum Guten zum Bösen verleitet? Als Verführer taucht er dann ja immer wieder auf. (Mir ist leider nur der Faust auf Anhieb bekannt.) Seit wann häufen sich aber konkretere Beispiele der Lenkung von Menschen durch Luzifer?

PS: Tut mir leid, dass ich nicht bibelfest bin. Wenn ich mal preisgünstig ein Original "aus der Zeit" finde, ändert sich das vielleicht.:D
 
(...) Eine ganz und gar befriedigende Antwort stellt das aber in meinen Augen nicht dar, denn es bleibt ungesagt, wozu denn die "Erfindung" des Bösen notwendig war(...)

Vielleicht weil wir ohne das Böse, das Gute nicht erkennen würden :grübel:

Um zu wissen wie süß Essig schmeckt, müssen wir den Essig probieren.
Ich denke so verhält es sich auch mit Gut und Böse.

Es ist schon was dran an der Aussage, "...das Gute kann ohne das Böse nicht existieren...".
 
Vielleicht weil wir ohne das Böse, das Gute nicht erkennen würden

Um zu wissen wie süß Essig schmeckt, müssen wir den Essig probieren.
Ich denke so verhält es sich auch mit Gut und Böse.

Es ist schon was dran an der Aussage, "...das Gute kann ohne das Böse nicht existieren...".
Hatte nicht eben das Luki schonmal widerlegt bzw. zumindest die gegenläufige Möglichkeit daneben gestellt?

Zitat:
<TABLE cellSpacing=0 cellPadding=6 width="100%" border=0><TBODY><TR><TD class=alt2 style="BORDER-RIGHT: 1px inset; BORDER-TOP: 1px inset; BORDER-LEFT: 1px inset; BORDER-BOTTOM: 1px inset">Guntbot
Das Böse muß zusammen mit dem Guten entstanden sein,denn wie sollte das Gute sich vom Normalen unterscheiden wenn es das Böse nicht gibt,wenn alles nur gut ist ist Gut ja normal und nicht Gut
</TD></TR></TBODY></TABLE>

Muss es das wirklich? Könnte es nicht vielmehr so sein, dass das Gute schon da war und erst später hinzukam? Wie wäre es mit der christlichen Lehrmeinung der Allgüte und Ewigkeit Gottes vereinbar, dass das Böse auch Ewigkeitsstatus hat?
 
Brissotin schrieb:
@ Lukrezia

Kannst Du mir auf die Sprünge helfen? Wenn wir nun Augustinus folgen, dass die Geschehnisse dem Willen Gottes folgen wie ich der Passage von Dir entnehme
Zitat:
Augustinus geht nun folgendermaßen vor und ändert 2a dergestalt ab, dass das Geschehen nicht auf ein Fatum, sondern auf den göttlichen Willen zurückzuführen ist.
, so hat das aber doch auch einen gewissen Bezug zu dem was ich schrieb, dass schonmal Böse genauso wie Gut im Willen Gottes begründet liegt(siehe Beitrag von 05.08.2009 09:28 !). Demnach, unterbrich mich ruhig, wenn Du willst (oder kannst ), wäre aber doch die Willensfreiheit recht begrenzt, bis auf den Willen zum Guten, der scheinbar aber eher eine Nebenerscheinung ist.

Ja, Zustimmung, dass sowohl das Böse als auch das Gute im göttlichen Willen begründet ist. Wo ist aber die Begrenzung der Willensfreiheit?


Wo kann man nun in dieser Phase Luzifer einsetzen? Ist Luzifer, seitdem Heiligen Hieronymus die Vulgata-Bibel schuf, nun das Zündlein an der Waage, welches den Menschen statt zum Guten zum Bösen verleitet? Als Verführer taucht er dann ja immer wieder auf. (Mir ist leider nur der Faust auf Anhieb bekannt.) Seit wann häufen sich aber konkretere Beispiele der Lenkung von Menschen durch Luzifer?

PS: Tut mir leid, dass ich nicht bibelfest bin. Wenn ich mal preisgünstig ein Original "aus der Zeit" finde, ändert sich das vielleicht.

Mein Bibelwissen geht wohl auch nicht über eine gesunde Halbbildung hinaus, aber ich kann mich ja gerne mal daran versuchen. Die Geschichten, die das Böse personifizieren wollen - egal, ob das nun direkt in der Bibel geschieht oder durch spätere Interpretatoren - stellen in meinen Augen einen Versuch dar, etwas greifbar zu machen. Plakativ ausgedrückt: Es ist für die Menschen verständlicher, wenn man ihnen einen Buh-Mann in Gestalt eines Luzifers/Teufels vor die Nase setzt, statt sie über das abstrakte Böse philosophieren zu lassen. Deshalb findet sich in "De Civitate Dei" von Augustinus auch die Ansicht, dass das Böse geschaffen wurde, als Gott Tag und Nacht schuf. Die Schaffung der Tageszeiten ist ja an sich noch nichts, wo der Ottonormalverbraucher großartig was mit verbinden kann. Es ist denke ich am Besten, wenn ich mal aus dem Gottesstaat zitiere:

"So scheint es mir eine Auslegung zu sein, die den Werken Gottes gerecht wird, wenn man, wie bereits dargelegt, bei dem ersterschaffenen Lichte an die Erschaffung der Engel denkt und bei den Worten "Gott schied das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht" an die Scheidung zwischen den heiligen und unreinen Engeln. Denn diese Scheidung konnte nur er vornehmen, der schon vor ihrem Fall vorherzusehen vermochte, daß sie fallen und, des Lichtes der Welt beraubt, in der Finsternis des Hochmutes verharren würden. [...] Zwischen jenem Lichte aber, nämlich der heiligen Schar der Engel, die im Glanze der Wahrheit überirdisch leuchtet, und der ihr entgegengesetzen Finsternis, nämlich den verdüsterten Geistern der vom Licht abgefallenen bösen Engel, konnte nur er scheiden, dem auch das künftige, nicht durch die Natur, sondern den Willen verursachte Böse weder verborgen noch ungewiß sein konnte."
CD, XI, 19

Hier bereits setzt also Augustinus den Beginn des Bösen und personifiziert das Böse gleichzeitig. Zuvor gab es jedoch schon weitere Personifizierungen des Bösen, man denke an den König von Babel, die Episoden vom Engelsturz, die Hure Babylons in der Offenbarung und die Versuchung Jesu in der Wüste. Die Geschichte von der Versuchung ist im Lukasevangelium nachzulesen:
Bibel-Online.NET - - Lutherbibel 1912




So viel erst mal jetzt. Ich mach mir noch ein paar Gedanken. Insbesondere das Verführer-Motiv ist ein sehr guter Ansatzpunkt, Brissotin!
 
Zuletzt bearbeitet:
Friesengeist schrieb:
Es ist schon was dran an der Aussage, "...das Gute kann ohne das Böse nicht existieren...".

Natürlich ist was dran an der Sache - von unserem beschränkten Standpunkt aus. Wir entnehmen unserer Umwelt Begriffe und belegen sie mit Bedeutungen. Diese Begriffe werden in einen Kontext eingeordnet: Beispielsweise "Die Eiche ist kein Nadelbaum." Damit ein Dritter diese Definition versteht, muss auch er in einer Welt leben, die 1. weiß, was eine Eiche ist und 2. weiß, was ein Nadelbaum ist. Ist das der Fall, ist die Sache mit der Definition einfach.

In die Reihe ist auch der Satz "Das Gute kann ohne das Böse nicht exisiteren" einzuordnen. Wir haben eine Vorstellung davon, was das Gute ist und was das Böse ist. Deshalb würde man gemeinhin dieser Aussage zustimmen. Was wäre jedoch, wenn es tatsächlich der Fall sein sollte, dass das Gute bereits existent war, als das Böse als Neues hinzukam? Hier bewegen wir uns gedanklich in ein Gebiet, das außerhalb unserer Lebenswelt liegt. Deshalb wäre ich mit solchen Schnellschüssen vorsichtig. Ich kann es nicht widerlegen, dass dieses dualistische System durchaus abhängig voneinander ist. Andererseits ist jedoch auch das Gegenteil nicht zu beweisen.

Aber auch hier der erneute Hinweis darauf, dass wir uns hier im Pfad mit der christlichen Sicht der Dinge beschäftigen und nach deren Lehrmeinung ist es nun mal so, dass das Gute ewig ist, das Böse jedoch etwas Begrenztes: In transzendenter Sicht ab Scheidung von Tag und Nacht, unter uns Menschlein ab dem Sündenfall und die "Abschaffung" des Bösen findet statt, wenn das himmlische Jerusalem nach dem Jüngsten Tag errichtet wird.
 
Brissotin schrieb:
Als Verführer taucht er dann ja immer wieder auf. (Mir ist leider nur der Faust auf Anhieb bekannt.) Seit wann häufen sich aber konkretere Beispiele der Lenkung von Menschen durch Luzifer?


So, jetzt ist mein Hirn warmgelaufen und sprudelt über. Mir fällt es wie Schuppen von den Augen und mich wundert, dass mir das klassischte aller Verführungsmotive nicht schon sofort eingefallen ist:

Der Sündenfall ist doch Verführung, wie sie im/dem Buche steht. (Achtung, Doppeldeutigkeit ;)) In der bildenden Kunst des Mittelalters sind mir einige Darstellungen der Schlange bekannt, wo sie ein Gesicht hat - ein diabolisches Gesicht. Die Schlange als Personifizierung des Teufels! Seit wann dieser Link gemacht wird, da müsste ich weiter nachforschen, nur fehlt mir dazu im Moment die Zeit. Vielleicht schaffe ich es spät abends noch, mal in einschlägige Quellen zu schauen oder jemand anderes ist hier auf Anhieb kompetent.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, Zustimmung, dass sowohl das Böse als auch das Gute im göttlichen Willen begründet ist. Wo ist aber die Begrenzung der Willensfreiheit?


Vielleicht habe ich diese, Deine Passage missverstanden.:red:

Der Mensch neigt seitdem dazu das Böse zu wollen. Erst, wenn er seinen Willen dem Willen Gottes unterordnet, will er auch das Gute. Er gewinnt also ein Stück Freiheit zurück, denn mit Gottes Gnade kann er nun diesen Willen nach dem Guten (Willensfreiheit) wieder realisieren (Handlungsfreiheit).

Hierdurch hatte ich den Eindruck, dass der Mensch im Grunde, da er ja zum Bösen neigt, und die Willensfreiheit mit dem Guten verbunden ist, eher eben keinen freien Willen hat. Ich fragte mich dabei auch, welcher Mensch sich denn dem Willen Gottes unterordnet und dachte mir daher, dass es wahrscheinlich nicht der übergroße Teil der Menschen ist.

Oder wolltest Du mit den Worten in Klammern sagen, dass im Prinzip der Mensch eben die Willensfreiheit TROTZ der von Natur aus vorhandenen Neigung zum Bösen besitzt und eben durch seinen freien Willen, zum Guten tendieren kann?

So oder so, wäre Luzifer derjenige, welcher sozusagen die andere Option(das Böse), als Verführer, welches eben auch innerhalb der Willensfreiheit eine Entscheidungsmöglichkeit ist, offerieren kann. So gesehen, ist aber auch Luzifer von Grund auf sinnvoll, da durch diese doppelte Versuchung, derjenige, der sich für das Gute entscheidet, noch mehr Verdienst erwirbt. Huch jetzt spreche ich wieder wie Hume.:red:
 
So, jetzt ist mein Hirn warmgelaufen und sprudelt über. Mir fällt es wie Schuppen von den Augen und mich wundert, dass mir das klassischte aller Verführungsmotive nicht schon sofort eingefallen ist:

Der Sündenfall ist doch Verführung, wie sie im/dem Buche steht. (Achtung, Doppeldeutigkeit ) In der bildenden Kunst des Mittelalters sind mir einige Darstellungen der Schlange bekannt, wo sie ein Gesicht hat - ein diabilisches Gesicht. Die Schlange als Personifizierung des Teufels! Seit wann dieser Link gemacht wird, da müsste ich weiter nachforschen, nur fehlt mir dazu im Moment die Zeit. Vielleicht schaffe ich es spät abends noch, mal in einschlägige Quellen zu schauen oder jemand anderes ist hier auf Anhieb kompetent.
Stimmt, vergaß ich auch. (Ich renne wohl zu schnell durch die Alten Meister um zu Teniers und Chardin zu gelangen.:red:)
 
Brissotin schrieb:
Huch jetzt spreche ich wieder wie Hume.

Was für ein herrlicher Satz! Ich hab mich grad fast unter den Schreibtisch gekugelt vor Lachen... =):cry:


Hierdurch hatte ich den Eindruck, dass der Mensch im Grunde, da er ja zum Bösen neigt, und die Willensfreiheit mit dem Guten verbunden ist, eher eben keinen freien Willen hat. Ich fragte mich dabei auch, welcher Mensch sich denn dem Willen Gottes unterordnet und dachte mir daher, dass es wahrscheinlich nicht der übergroße Teil der Menschen ist.

Oder wolltest Du mit den Worten in Klammern sagen, dass im Prinzip der Mensch eben die Willensfreiheit TROTZ der von Natur aus vorhandenen Neigung zum Bösen besitzt und eben durch seinen freien Willen, zum Guten tendieren kann?

Es war wohl mein Fehler, dass ich mich nicht ganz klar ausgerdückt habe. Allerdings ist das Thema wirklich serh komplex, so dass ich an dem Beitrag heute morgen über zwei Stunden gesessen hab. (Eine lausige Bewertung bisher... :motz::still:)

Es stellt keine Einschränkung des Willens dar. Vielmehr ermöglicht uns die Brücke zwischen Willens- und Handlungsfreiheit, unsere Pläne auch zu verwirklichen - immer ausgerichtet auf den "großen Masterplan", der ja letztendlich zum Guten führt. Verwirklicht werden kann, wenn Gott uns die Gnade erweist. Freier Wille bleibt freier Wille - egal, ob wir ihn nun im teleologischen Sinne verwirklichen können oder nicht.

Ich sehe es im Übrigen ähnlich wie Du, dass das eine sehr unbefriedigende Interpretation der Welt ist.
 
Ich schaue mir in dem Zusammenhang gerne die 2 Schöpfungsberichte an, die ja bekanntlich von unterschiedlichen Verfassern stammen.

In Genesis 1 wird alles durch das Wort des Schöpfers erschaffen, der sein Werk als sehr gut betrachtet. Nirgendwo ist die Rede vom Paradies, Adam irrt nicht allein herum, der Mensch ist fruchtbar, mehret sich und macht sich die Erde untertan. Alles scheint perfekt, nur ist nirgendwo von der Beziehung Gottes zu seiner Schöpfung die Rede. Es steht auch nirgendwo, dass der Mensch Verantwortung für seinen Umgang mit der Schöpfung übernehmen muss. "Mache dir die Erde untertan" kann so jeder Ausbeutung Vorschub leisten.
Genesis 1 verspricht also trotz der perfekten Schöpfung kein zukünftiges Paradies zu werden.

Einsamkeit und Sehnsucht nach Gott, die (verbotene) Erkenntnis von Gut und Böse, Sexualität, Verführung und Nacktheit mitsamt der damit verbundenen Moral kommen erst in Genesis 2 zum Vorschein.
Für mich bedeutet die Erkenntnis von Gut und Böse das Übernehmen von Verantwortung für den Umgang mit der Schöpfung.

Paradiesisch war, gedankenlos im Garten Eden herumzuspazieren, den Garten hübsch zu pflegen...
Aber wäre es auf Dauer nicht viel zu langweilig geworden?

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass der Verfasser von Gen 1 wohl übersehen hat, dass nicht alles, was der Schöpfer für gut befand, dem Menschen auch gefallen hätte. Man denke nur an Krankheit, Einsamkeit, Geburtsschmerz, Sterben...
Dem Verfasser von Gen 2 ist das nicht passiert. Ihm war klar, dass nicht alles so paradiesisch war. Ob es nun wirklich nötig und gottgewollt war, die Widrigkeiten des Lebens als Strafen zu formulieren, kann ich nicht beurteilen.

Konsequent betrachtet wird über die Strafen Autorität vermittelt, Religion als Machtsystem "installiert".
 
Schöner Beitrag, vor allem dieser Satz ist (obschon seiner scheinbaren Schlichtheit) in meinen Augen besonders wertvoll, da er einen konkreten Bogen zur Moralphilosphie schlägt:


Für mich bedeutet die Erkenntnis von Gut und Böse das Übernehmen von Verantwortung für den Umgang mit der Schöpfung.


Paradiesisch war, gedankenlos im Garten Eden herumzuspazieren, den Garten hübsch zu pflegen...
Aber wäre es auf Dauer nicht viel zu langweilig geworden?

Kann jemand diesen Tag um ein paar Stunden verlängern? Dann könnte ich ausufernder darauf antworten, weil ich das Thema so unglaublich spannend finde. Naja, am Sonntag dann ein längerer Post dazu. Im Paradies befand sich der Mensch in einem Zustand von Glückseligkeit. Etwas, das schon Platon schwer umgetrieben hat und Augustinus als alter Platoniker schöpft hier natürlich aus dessen Werken. Kurz sei hier nur darauf hingewiesen, dass dem Menschen im Paradies Unbegrenztheit zur Verfügung stand: Also ewiges Leben in einer angenehmen Umgebung. Inwiefern das unter modernen Maßstäben auf Dauer langweilig sein soll, mag dahingestellt sein. Fakt ist jedoch, dass der Mensch von allen Übeln befreit gesehen hätte. (Übrigens eine Sicht der Dinge, die fast ein wenig an die Epikureer erinnert und die für diese das Telos darstellte.)

Diese Unbegrenztheit ist dem Menschen seit der Vertreibung aus dem Paradies genommen. Bestand also vor dem Sündenfall noch die Option auf Glückseligkeit (wir können Adam und Eva leider nicht befragen, ob sie tatsächlich glückselig waren oder sich langweilten), ist sie für unser jetziges Dasein ein Ding der Unmöglichkeit. Eben wegen der Begrenztheit. Selbst, wenn wir uns in einem Zustand des Glücks befinden, wird dieser dadurch unperfekt, weil er endet. Das ist ja auch der "Köder" des Christentums: Das Versprechen auf unendliche Glückseligkeit nach dem Jüngsten Gericht.
 
Das Böse ist immer und überall (EAV)
O Freunde, nicht diese Töne (FS)
[Augustinus:] "So scheint es mir eine Auslegung zu sein, die den Werken Gottes gerecht wird, wenn man, wie bereits dargelegt, bei dem ersterschaffenen Lichte an die Erschaffung der Engel denkt und bei den Worten "Gott schied das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht" an die Scheidung zwischen den heiligen und unreinen Engeln. ...
Hier bereits setzt also Augustinus den Beginn des Bösen und personifiziert das Böse gleichzeitig. Zuvor gab es jedoch schon weitere Personifizierungen des Bösen...
Augustinus webt in das Sechstagewerk (1. Mose 1) Schöpfungen hinein, nämlich "unreine Engel", die dort nicht erwähnt sind - ein Beispiel für extensive Auslegung von Texten. Halten wir uns ans Original:

1. Wer IST vor der Schöpfung? Gott allein [1]. Nach der Schaffung von Himmel und Erde ist es zunächst finster, bis Gott das Licht von der Finsternis scheidet (V.4).
Weder das Licht noch die Finsternis haben in der Schöpfungsgeschichte eine ethische Qualität - wozu auch, es sind ja bloß Naturzustände.

2. Und nach der Schöpfung? Es gibt Himmel und Erde und alles, was kreucht und fleucht inklusive des Mannes. Fazit des Schöpfers (V.31): "Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut."
Ausnahmen werden nicht erwähnt, weder die Schlange noch sonst etwas.

3. Alsdann treten drei Akteure auf:
a) die nachträglich erschaffene Männin vulgo Frau, welche sich von der Schlange verführen lässt und ihrerseits den Mann verführt;
b) die listige Schlange (1. Mose 3, V.1), die um das Geheimnis des "Baumes mitten im Garten" weiss;
c) die Cherubim als Wachen vor dem Garten Eden (V.23) - als (einziges) Beispiel für Geschöpfe, über deren Schöpfung nichts berichtet ist.

4. Anstifter zum Bösen ist die Schlange; aber sie ist nicht "das Böse in Person" (wie später Satan, der Widersacher, Luzifer usw.). Unabhängig davon: Was immer auch "das Böse" ist, es muss von Gott erschaffen sein! [2]

5. Das führt zu folgenden Kinderfragen:
- Warum erschafft Gott das Böse?
- Warum macht er den Mann (bevor die Frau geschaffen ist) darauf aufmerksam, dass es das Böse gibt? (Hast der Mann das der Frau überhaupt ausgerichtet?)
- Warum erlässt Gott das Gebot "von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen" (1. Mose 2, V.17) und bedroht die Übertretung mit der Todesstrafe? [3]


[1] Das NT und seine Ausleger setzen später den Sohn und den Heiligen Geist dazu.
[2] Alternative: Gott erschafft das Böse nicht, sondern er selbst ist gut und böse zugleich, also ambivalent!
[3] Und allerlei Nebenstrafen, unter denen das Schicksal der Frau, "dein Verlangen soll nach deinem Manne sein" (1. Mose 3, V.16) wohl eine der fürchterlichsten ist...
 
Zurück
Oben