Was bedeutet "saltus"?

Hmm, irre ich mich oder stößt Du jetzt ins selbe Horn wie Ostfale, nämlich daß "saltus" grundsätzlich nur eine Bedeutung haben kann, nur in Deinem Fall "Berg/Wald" im Gegensatz zu seinem "Landgut"?
Du irrst Dich sehr. (Siehe auch http://www.geschichtsforum.de/724961-post432.html)
Ich habe immer mit Nachdruck darauf hingeweisen, dass "saltus" mehrere Bedeutungen hat:
Jedenfalls hat "saltus" auch bei Catull zwei Bedeutungen, die nicht deckungsgleich sind.
Jedem war geläufig, dass das Wort "saltus" mehrere Bedeutungen hatte.
Dass es auch bei Catull und seinen Zeitgenossen mehrere Bedeutungen hatte, haben wir bereits durchgekaut.
Doch, eigentlich schon. Wenn wir die vielen Belegstellen für den "saltus" von verschiedenen Autoren zusammentragen, ergibt sich schon ein gutes Bild. Auch mit kümmerlichen Lateinkenntnissen kann man erkennen, dass da mehrere Bedeutungen im Spiel sind, die sich aber meistens ganz gut voneinander unterscheiden lassen. Warum soll das der lateinische Muttersprachler nicht gekonnt haben?


Die Bedeutung als Landgut hat ja auch niemand bestritten. Die Bedeutung Berg/Wald war aber dem Catull-Leser ebenfalls geläufig.


Du hast ausdrücklich nach dem Tacitus-Zusammenhang gefragt.
Diese Frage habe ich beantwortet.




Die Logik bestreite ich. Wenn Caecina die Gipfel des saltus Teutoburgiensis am Horizont sieht, braucht er das Ziel gar nicht zu suchen.
Da sind mehrere Wenns, die alle erfüllt sein müssen:
Wenn es sich um Gipfel handelt, die von weither zu sehen sind.
Wenn die Gipfel so unverwechselbare Silhouetten haben, dass sie zweifelsfrei identifizierbar sind.
Wenn Caecina klare Sicht hatte.
Wenn die Veteranen der Varusschlacht sowohl auch 9 n. Chr. klare Sicht hatten.
Und vielleicht noch:
Wenn die Silhouetten der Gipfel auch aus unterschiedlichen Perspektiven unverwechselbar sind.
 
Bei Tacitus, schreibt Dekumatland, kommt saltus nur in der Form des Waldgebirges vor. Ihm nun vorzuwerfen, dass er behauptet hätte, der saltus des Mentula bei Catull sei ein Waldgebirge gewesen, hat nichts mit dekumatlands tatsächlichen Aussagen bzw. Fragen an dich zu tun.
Ostfale hat eigentlich nur Dekumatlands Bemerkung "dass saltus nur in bestimmten technischen Kontexten die Bedeutung Landgut aufweist" aufgespießt.

Zu den anderen Punkten hat er sich nicht geäußert.
Schade.
 
Hallo zusammen,
da ist jetzt viel geschrieben worden, grade beim "Kampf" um das Übersetzen von angeführten Textstellen.
Ein User mahnte mich, mit Beispielen zu erläutern, wie denn die Saltus in den eroberten Provinzen so angelegt wurden, bzw., wie eine Provinz zivilisiert wurde.
Dazu verweise ich auf Seite 13 dieses Fadens, wo Forumsfreund Augusto (Post 259) dieses im großen und ganzen recht anschaulich dargestellt hat.
Interessante Textstellen zu kaiserlichen Landgütern finden sich vorher, etwa in den Seiten 5 bis 10, hier besonders die Postings 91,97,118 130,143 150, 152, 153, auch 191. Natürlich sind dazwischen auch interessante Meldungen.
Beim Durchstöbern dieser Seiten ist mir aufgefallen, dass im Grunde alles an Zitaten gebracht ist, auch besprochen wurde.
Bitte macht Euch die Mühe und schaut da nochmal rein, besonders in die angegebene Literatur. Ich bin einfach zu faul, dies alles zu wiederholen!
El Quijote, ich bin nicht gegen die Polysemie von Saltus, nur bestreite ich einige Bedeutungen dieses Wortes.
Aber ich will ja kein engstirniger Sturkopf sein und räume ein, dass da und dort sicher auch die Bedeutung von Wald erschließbar ist.
Das allerdings eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ausgerechnet der teuto burgiensi saltu ein angelegtes oder im Anlegen begriffenes Landgut (in dem es auch Wälder gegeben haben könnte) zur Versorgung naheliegender Militäreinheiten oder Siedlungen ist, halte ich nach wie vor für möglich und auch für die bessere Lesart des Tacitustextes an dieser Stelle. Die Zeiten, wo in dem Gebiet Mitteleuropas, über das wir schreiben, fellbehangene Dumpfbacken durch Urwald und Sumpf hinter dem Wild hinterherjagte, war zur Römerzeit schon ein paar Jährchen vorbei.

Pax vobiscum!
Ostfale
 
Du irrst Dich sehr.
Ich habe immer mit Nachdruck darauf hingeweisen, dass "saltus" mehrere Bedeutungen hat [...] Du hast ausdrücklich nach dem Tacitus-Zusammenhang gefragt.
Und eben im Tacitus-Zusammenhang bestreitest Du, daß "saltus" mehrere Bedeutungen haben kann. Aber da griff mein Anwurf in der Tat zu weit, Ostfale hat zumindest über weite Strecken der Diskussion das "Landgut" als einzig korrekte Übersetzung quer über die gesamte römerzeitliche Literatur postuliert, das ist nicht als das "selbe Horn" vergleichbar. Insofern sorry, falls ich Dir zu nahe getreten bin.

Was nun das "saltus" bei Tacitus betrifft: Wahrscheinlich spricht Tacitus auch beim saltus Teutoburgiensis von einem Waldgebirge, soweit stimme ich zu. Sogar ein Höchstwahrscheinlich unterschreibe ich noch. Trotzdem bleibt saltus im lateinischen Sprachgebrauch polysem und diese eine Textstelle gibt zuwenig her, um zwangsläufig und ausschließlich eine Übersetzung als "Teutoburger Waldgebirge" zuzulassen. Selbst ein "Teutoburger Sprung" könnte sich theoretisch als landläufige Bezeichnung eines Ortes durchgesetzt haben, so daß Tacitus diesen Eigennamen eben verwenden muß, ob er will oder nicht. Der Nachweis, Tacitus hätte niemals und unter gar keinen Umständen "saltus" in irgendeiner anderen Bedeutung als "Waldgebirge" verwendet, ist schlechterdings unmöglich. Entsprechend reden wir hier eben "nur" über Wahrscheinlichkeiten, nicht über Unmöglichkeit.
Da sind mehrere Wenns, die alle erfüllt sein müssen:
Wenn es sich um Gipfel handelt, die von weither zu sehen sind.
Wenn die Gipfel so unverwechselbare Silhouetten haben, dass sie zweifelsfrei identifizierbar sind.
Wenn Caecina klare Sicht hatte.
Wenn die Veteranen der Varusschlacht sowohl auch 9 n. Chr. klare Sicht hatten.
Und vielleicht noch:
Wenn die Silhouetten der Gipfel auch aus unterschiedlichen Perspektiven unverwechselbar sind.
Auch hier gilt: Deine Wenns definieren eine Wahrscheinlichkeit, aber keine logische Zwangsläufigkeit. Oder anders gesagt: Mir ging's nur darum zu falsifizieren, daß Caecina logischerweise auch das Ziel erst suchen mußte, nicht nur den Weg dorthin.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und eben im Tacitus-Zusammenhang bestreitest Du, daß "saltus" mehrere Bedeutungen haben kann.
Das ist auch nicht richtig.
Ich gehe in meiner Argumentation selbstverständlich davon aus, dass
- Tacitus weiß, dass "saltus" mehrere Bedeutungen haben kann
- der Leser weiß, dass "saltus" mehrere Bedeutungen haben kann
- Tacitus weiß, dass der Leser weiß, dass "saltus" mehrere Bedeutungen haben kann
Für mich ist das so selbstverständlich, dass ich nicht daran gedacht habe, das extra dazuzuschreiben.

Trotzdem bleibt saltus im lateinischen Sprachgebrauch polysem und diese eine Textstelle gibt zuwenig her, um zwangsläufig und ausschließlich eine Übersetzung als "Teutoburger Waldgebirge" zuzulassen.

Wir gehen davon aus,
- dass Tacitus weiß, dass "saltus" polysem ist,
- dass Tacitus den Ausdruck "saltus" im übrigen Kontext sonst immer im Sinn von "Waldgebirge" verwendet.
Wenn wir annehmen, dass Tacitus auch den "saltus Teutoburgiensis" als Waldgebirge verstanden haben will, ist diese eine Textstelle völlig unproblematisch.

Wenn wir aber annehmen, dass Tacitus den "saltus Teutoburgiensis" als Landgut verstanden haben will, dann funktioniert die Textstelle, so wie sie da steht, nicht. Dann müssen wir Hilfskonstruktionen erfinden, wie etwa das ominöse zweite Buch mit den "nötigen Erläuterungen".


Der Nachweis, Tacitus hätte niemals und unter gar keinen Umständen "saltus" in irgendeiner anderen Bedeutung als "Waldgebirge" verwendet, ist schlechterdings unmöglich.
Den habe ich auch gar nicht versucht.

Auch hier gilt: Deine Wenns definieren eine Wahrscheinlichkeit, aber keine logische Zwangsläufigkeit. Oder anders gesagt: Mir ging's nur darum zu falsifizieren, daß Caecina logischerweise auch das Ziel erst suchen mußte, nicht nur den Weg dorthin.
Darüber will ich nun wirklich nicht streiten.
 
El Quijote, ich bin nicht gegen die Polysemie von Saltus, nur bestreite ich einige Bedeutungen dieses Wortes.

Welche wären das? Ich nehme an, die folgenden sind nicht mehr dabei:

Es gibt noch eine ganze Menge weiterer Wörter, die sich im Lateinischen mit "saltus" überschneiden, z. B. "nemus" (Wald, Gehölz), "iugum" (Joch, Gebirgszug, Bergrücken), "dorsum" (Bergrücken, Kamm), "montes" (Berge). Wie austauschbar diese Wörter sein können, sieht man z. B. an den Bezeichnungen:
- "Hercynia silva"
- "Hercynii montes"
- "Hercynii saltus"
- "Hercynium iugum"
- "Hercynium nemus"
 
Sepiola, was meinst Du zu folgender Aussage:
Wenn Tacitus angenommen tatsächlich ansonsten Saltus im Sinne von Wald und Ähnlichem verwendet hat, vielleicht hat er grade deshalb zur Unterscheidung "teuto burgiensi" angeführt. Dass kann doch durchaus eine Bezeichnung für ein Landgut gewesen sein und zur Bestimmung der genauen Bedeutung führt er dessen Namen an. Dieser konnte ja durchaus bekannt sein, da einige Geschichtsschreiber und Militärs den, so er existierte, dann in ihren Beschreibungen der Varusschlacht mit hoher Wahrscheinlichkeit verwendet und beschrieben hätten.
Ich kann das natürlich nicht beweisen, denn speziell über diese Schlacht ist ja zu unser aller Leidwesen leider kein solches zeitgenössisches Schrifttum erhalten. Dass sie dennoch recht ausführlich gewesen sein müssten, schließe ich u.a. aus folgendem Satz bei Wikipedia: "Denn die antiken Geschichtsschreiber sahen sich vor allem als Verfasser literarischer Kunstwerke"
Ein anderes Indiz ist die zunehmende Abfassung von Epigrammen, die besonders durch ihre Kürze den Unterschied zu den oft mehrbändigen Geschichtswerken ausmachten.
 
El Quijote, ich bin nicht gegen die Polysemie von Saltus, nur bestreite ich einige Bedeutungen dieses Wortes.

Das ist ja sowieso etwas, was sich mir nicht erschließt: Nach eigenem Bekunden kannst du kein Latein, verwendest aber eine unglaubliche Energie darauf, die communis opinio der altphilologischen Fachwelt für falsch zu erklären.
Das ist so, als würde ich, der ich keine Ahnung von Physik habe, der Fachwelt erklären, dass die Schwerkraft ein Mythos sei.

Aber ich will ja kein engstirniger Sturkopf sein und räume ein, dass da und dort sicher auch die Bedeutung von Wald erschließbar ist.
Wie gnädig...


Das allerdings eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ausgerechnet der teuto burgiensi saltu ein angelegtes oder im Anlegen begriffenes Landgut (in dem es auch Wälder gegeben haben könnte) zur Versorgung naheliegender Militäreinheiten oder Siedlungen ist, halte ich nach wie vor für möglich und auch für die bessere Lesart des Tacitustextes an dieser Stelle. Die Zeiten, wo in dem Gebiet Mitteleuropas, über das wir schreiben, fellbehangene Dumpfbacken durch Urwald und Sumpf hinter dem Wild hinterherjagte, war zur Römerzeit schon ein paar Jährchen vorbei.
Niemand hat etwas von "fellbehangenen Dumpfbacken erzählt". Deine Annahme widerspricht allem, was Tacitus und die anderen Historiographen berichten: Dass die Varusschlacht weit ab vom Schuss in Wäldern und Sümpfen stattfand, darüber sind sich alle antiken Autoren einig. Und aus einem germanischen Gehöft, das Subsistenzwirtschaft betreibt, wird auch kein saltus.
 
Wir gehen davon aus,
- dass Tacitus weiß, dass "saltus" polysem ist,
- dass Tacitus den Ausdruck "saltus" im übrigen Kontext sonst immer im Sinn von "Waldgebirge" verwendet.
Wenn wir annehmen, dass Tacitus auch den "saltus Teutoburgiensis" als Waldgebirge verstanden haben will, ist diese eine Textstelle völlig unproblematisch.

Wenn wir aber annehmen, dass Tacitus den "saltus Teutoburgiensis" als Landgut verstanden haben will, dann funktioniert die Textstelle, so wie sie da steht, nicht.
Wahrscheinlich :cool:

Aber lassen wir's besser. Ich habe zu viel mit Computern und deren "Sprachen" zu tun, das verdirbt offensichtlich. Ein dummes Stück Silizium bestraft Dich gnadenlos, wenn Du fahrlässig davon ausgehst, ein spezifisches Objekt "saltus Teutoburgiensis" erbe zwangsläufig die Eigenschaften der generischen Klasse "saltus".
 
Nein, mein Freund El Quijote,

im Grunde stört mich nur das wirklich sehr einseitige Beharren auf Saltus als Wald, Waldgebirge etc., wo doch mittlerweile erarbeitet sein muss, dass Saltus in einer seiner Ursprungsbedeutungen ein Landgut darstellt und solche überall im Reichsgebiet, einschließlich Provinzen, notwendig existierten. Einzig das massive Ablehnen dieser Lesungsmöglichkeit, die, das haben ich versucht, in meinem Beitrag zu erläutern, in welchem ich die Quellen zitierte, die Landgüter in Germanien möglich machen, zumindest nicht ausschließen, fuchst mich. Stattdessen werde ich bombardiert mit Aufforderungen, alle möglichen Zitate zu deuten. Selbst wenn alle diese mit Wald und dergleichen zu übersetzen wären, sagt das nichts, aber auch garnichts über die Bedeutung von teuto burgiensi saltu aus. Denn immer ist die Bedeutung aus dem konkreten Text zu erschließen und da sind wir halt verschiedener Meinung, wo ist das Problem?
"Weit ab vom Schuss" ist deine private Aussage. C.Dio berichtet von einem Zug zu entfernten Völkern, bei dem es teilweise durch unwegsames Gelände ging. Dem schließt sich Tacitus in etwa an.
Das ich dabei kein Latein gelernt habe, macht es mir schwer, aber nicht unmöglich, mit Hilfe von Sekundärliteratur und eigenen Versuchen (dabei machen es mir einige Semester Grammatik, Sprachtheorie und Sprachgeschichte etwas leichter) den Inhalt lateinischer Texte zu erschließen.
Mag sein, ich bin in der obigen Situation mit meiner Totalablehnung der Waldvarianten "leicht" über das Ziel hinausgeschossen, irren ist männlich, aber die strikte Ablehnung des Landgutes geht mir denn doch gegen den logischen Strich. Ich denke, dass habe ich ausreichend deutlich gemacht, mag sich jeder sein Urteil bilden.

Und mein Anführen der Dumpfbacken war doch nur ein launiger Hinweis auf die Steinzeit, mit dem ich andeuten wollte, dass das Germanien der Zeitenwende schon weitaus zivilisierter war - da musst Du doch nun nicht drauf anspringen..
 
Zuletzt bearbeitet:
im Grunde stört mich nur das wirklich sehr einseitige Beharren auf Saltus als Wald, Waldgebirge etc., wo doch mittlerweile erarbeitet sein muss, dass Saltus in einer seiner Ursprungsbedeutungen ein Landgut darstellt und solche überall im Reichsgebiet, einschließlich Provinzen, notwendig existierten.

Das ist es ja: Niemand beharrt darauf, dass saltus nur 'Wald', 'Waldgebirge' bedeutet. Ich zitiere aus Beitrag Nr. 2 dieses Threads:

Saltus ist polysem. Es bedeutet sowohl 'Sprung', als auch '(Wald)Gebirge'. Im Falle der kaiserlichen saltūs bedeutet das Wort ursprünglich 'Weiden', es ist also, um es mit einem mittelalterlichen, und damit gewissermaßen anachronistischen Begriff zu fassen, 'Krongut'. Im Übrigen bin ich nicht sicher, ob das im Link als saltus Sumelocennensis aufgefasste Gebiet wirklich die kaiserliche Domäne meint, oder nicht doch eher das Keuperbergland.

Wenn man nun annehmen möchte, dass Varus nicht in Teutoburger Waldgebirge sondern eher im kaiserlichen "Krongut" von den Germanen angegriffen wurde, kann man das natürlich gerne tun.

Es ist aber unsinnig, anzunehmen, wenn beschrieben wird, dass Varus in der germanischen Wildnis überfallen wurde, anzunehmen, mit dieser germanischen Wildnis sei ein römisches Landgut gemeint gewesen. Das ist dir doch völlig klar.


Einzig das massive Ablehnen dieser Lesungsmöglichkeit, die, das haben ich versucht, in meinem Beitrag zu erläutern, in welchem ich die Quellen zitierte, die Landgüter in Germanien möglich machen, zumindest nicht ausschließen, fuchst mich. Stattdessen werde ich bombardiert mit Aufforderungen, alle möglichen Zitate zu deuten.

Natürlich. Wenn du Worte entkontextualisierst dann musst du natürlich dazu Stellung beziehen.
Nehmen wir den Bauern. Ein Bauer kann ein Vogelkäfig sein. Du liest den Satz: Der Bauer bearbeitet das Feld. Du würdest nie auf die Idee kommen, das als Der Vogelkäfig bearbeitet das Feld zu verstehen. Beim saltus aber machst du genau das: Du verstehst das, trotz aller gegenteiligen Beschreibungen Tacitus' als Der Vogelkäfig bearbeitet das Feld.

"Weit ab vom Schuss" ist deine private Aussage.
Weit ab vom Schuss ist das, was sich aus Tacitus' Text ergibt: Man muss sich erst Wege dorthin bahnen.
 
Sepiola, was meinst Du zu folgender Aussage:

Ostfale, was meinst Du zu dieser Frage?



Wenn Tacitus angenommen tatsächlich ansonsten Saltus im Sinne von Wald und Ähnlichem verwendet hat, vielleicht hat er grade deshalb zur Unterscheidung "teuto burgiensi" angeführt.
Das kann der Leser aber beim besten Willen nicht erraten.
Es sei denn, neben ihm liegt die Phantomschrift mit den "nötigen Erläuterungen".
Wenn der Leser aber dieses Phantombuch nicht kennt, sondern nur Literatur wie z. B. Livius konsumiert hat, wo der Ausdruck "saltus" mit lokalen geographischen Namen kombiniert wird, wird er den "saltus" so verstehen wie in den oben schon aufgezählten Beispielen: "Saltus Thermopylarum", "Pyrenaeus saltus", "Saltus Hercynius" (hoppla, das ist ja gar nicht Livius, das ist Tacitus himself)...


Ich kann das natürlich nicht beweisen
Nach Beweisen habe ich ja noch nicht einmal gefragt.
Gefragt habe ich:
.
Gegenprobe: Gibt es auch nur einen einzigen guten Grund, den "saltus Teutoburgiensis" als "Teutoburger Landgut" zu übersetzen?

Ostfale schrieb:
denn speziell über diese Schlacht ist ja zu unser aller Leidwesen leider kein solches zeitgenössisches Schrifttum erhalten.
Dass aber auch kein einziger von den späteren Schriftstellern (die sicher einige heute verschollene Werke noch nutzen konnten) den Ortsnamen auch nur erwähnt, spricht nicht gerade dafür, dass der Name so überaus bekannt war.
Und auch unser einziger zeitgenössischer Gewährsmann schreibt zwar von "Wäldern und Sümpfen", aber den Namen, den schreibt er nicht...
 
Sepiola,
ich hatte zwar angeregt, ein wenig in den ersten Seiten dieses Thraeds zu blättern, aber das ist wohl sehr mühevoll.
Deshalb zitiere ich mal, ich hoffe, er nimmts mir nicht krumm, den Lucio Cinico, der am 16.10.2010 hier schrieb und dem ich mich nur anschließen kann:

"In den von dir genannten Beispielen kann man anstelle von Wald alles mögliche einfügen ohne mit dem nicht vorhandenen Kontext in Konflikt zu geraten.
Deswegen hat es in meinen Augen auch keinen Sinn auf die genannten Textpassagen weiter einzugehen.
Trotzdem werde ich einige Bemerkungen dazu ablassen.
---
Unabhängig von der Möglichkeit von Landgütern aus anzugreifen, sollte man sich die Frage stellen was in römischen Augen denn alles als Landgut bezeichnet werden konnte?! Ländliche Ansiedlungen mit dem Fokus auf landwirtschaftliche Produktion egal ob im Reich oder außerhalb oder dergleichen mit einer Tribut oder Steuerpflicht gegenüber dem Reich z.B. Ansiedlungen im besetzten Germanien? Von denen
könnten die Germanen ohne weiteres "gemäß ihrer Sitte" angreifen, wenn die Steuereintreiber zuviel wollten und sich anschließend in den Wäldern verstecken.
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Weiter denke ich, daß der Feind(Heer) lieber auf einem Landgut(Nahrung, Flächen ohne Bäume, Weiden. . .) sein Lager aufschlägt als auf einer bewaldeten Anhöhe.
Zwecks Übersichtlichkeit ist natürlich auch eine Anhöhe denkbar.
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Warum wurde "saltu tridentino" mit Brennerpass übersetzt? Soll es die Unmöglichkeit eines Landgutes unterstreichen? Für mich ist "tridentino" die Gegend um die Stadt Trento, auch Trentino genannt.
Und da hätte ich keine Probleme mit einem Landgut. . .
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Einzig das Zitierte von Sueton würde mich auf dem ersten Blick an einem Landgut zweifeln lassen.
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Wieso sollte sich Ambiorix nicht auf Landgütern(siehe oben) verstecken. Wäre einem König angemessener als im Wald.
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Im Prinzip könnte ein Landgut mit sämtlich verfügbaren Namen (z.B. Landgut Pyrenaeos) bezeichnet werden. Logischer wäre aber wohl eher die Mehrzahl also meinetwegen die pyrenäischen Landgüter oder Ländereien in/an den Pyrenäen?!(nicht bezüglich der zitierten Passage!) Landgut Pyrenaeos/ Pyrenäenlandgut hört sich aber auch nicht "schlechter" an wie "den(der) Pyrenäenpass". Es wird ja wohl kaum nur einen Pass gegeben haben.
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Auch was die Übersetzung von "saltu Castulonensi" angeht, möchte ich erstmal darauf hinweisen, daß es sich bei "Castulonensi" um den Ort Castulone handelt. Es könnte sich also auch um das Landgut Castulone als auch um Länderei/en von Castulone handeln.
_____________________
Zusammenfassend möchte ich noch bemerken, da ein Teil der Zitate aus "Kommentare über den Bürgerkrieg" und "Kommentare über den Gallischen Krieg" stammt, daß das beschriebene Gebiet durchaus im römischen Reich lag und damit ein kaiserliches Landgut/Länderei möglich ist. Wo sollten sich Bürgerkriege hauptsächlich abspielen wenn nicht in von "römischen" Bürgern bewohnten Orten und Gütern/Ländereien oder Lagern?
Bezüglich der Anzahl von Wald in Form von Silva und Wald/Weiden/Gebirge/Pass/bewaldete Anhöhe/Waldgebirge/Waldtal/Berg in Form von Saltu in besagten Werken würde ich eine Übersetzung "Wald" ausschließen.
Was soll den der Sinn solch eines "Konstruktes/ Multifunktionsübersetzung" der Übersetzer sein, wenn fast jede der Übersetzungen(Wald/Weiden/Gebirge/Pass/bewaldete Anhöhe/Waldgebirge/Waldtal/Berg) ihr eigenes Wort im Lateinischen hat?
Für mich drückt diese Vielfalt an Übersetzungen nur das Problem der Übersetzer aus die im jeweiligen Zusammenhang mit "saltu/saltus/saltuum/saltibus" genannte "bekannte" Örtlichkeit, Kontext oder Namen(Pyrenai, Tridentino, Pyrenaeo, Castulonensi, Teutoburgiensis, Sumelocenna, Hercynius, Burunitanus, Lamianus, Domitianus, Blandianus, Neronianus, Tuzritanus, Udensis. . .) mit der "letzten" oder "anderen" Übersetzung von SALTU in "Einklang" zu bringen.

Mit freundlichen Grüßen, Lucio Cinico!
"
 
Zuletzt bearbeitet:
Sepiola,
ich hatte zwar angeregt, ein wenig in den ersten Seiten dieses Thraeds zu blättern, aber das ist wohl sehr mühevoll.

Ich habe da auch geblättert und auch alle von Dir empfohlenen Texte gelesen. Das macht nicht sehr viel Mühe, vielleicht etwas mehr Mühe, als irgendeinen Text zu kopieren. :)

Naturgemäß geht Lucio Cinico auf keine von mir gestellte Frage ein. Insofern spricht er mir aus der Seele:

Leider wurden meine gestellten Fragen nicht (so) beantwortet.

Unrecht hat Lucio Cinico mit der Behauptung, in Quijotes Beispiele könne man "alles mögliche" einfügen.
Sofern der Kontext völlig fehlt, hat er recht: Losgelöst vom Kontext kann ein "Bauer" ein Landwirt sein oder ein Vogelkäfig. Was davon richtig ist, zeigt der Kontext. Und der ist bei einigen der Beispiele sehr eindeutig.

Zum Beispiel "Saltus Pyrenaeus":

Der "Saltus Pyrenaeus" kann ein Bergpass sein, ein Gebirge, ein Landgut. Im Livius-Kontext ist der Bergpass wahrscheinlich, das Gebirge möglich, das Landgut ausgeschlossen.

Ebenso ausgeschlossen ist das Landgut in El Quiotes Beispiel, das Lucio Cinico mit Absicht ignoriert. Hier ist natürlich eher das Gebirge als der Bergpass gemeint:
Omnem Galliam, quae saltu Pyrenaeo Alpibusque et monte Cebenna, fluminibus Rheno ac Rhodano continetur patetque circuitu ad bis et tricies centum milia passuum...


(Das alles schließt nicht aus, dass es auch irgendwann mal ein Landgut mit diesem Namen gegeben haben kann, nur in den beiden zitierten Texten kann das Landgut nicht gemeint sein.)

Das muss genügen. Ich habe keine Lust, mich weiter an uralten Texten Dritter abzuarbeiten, Die Du reinkopierst, um meinen Fragen aus dem Weg zu gehen... ;)
 
Ein User mahnte mich, mit Beispielen zu erläutern, wie denn die Saltus in den eroberten Provinzen so angelegt wurden, bzw., wie eine Provinz zivilisiert wurde.
Dazu verweise ich auf Seite 13 dieses Fadens, wo Forumsfreund Augusto (Post 259) dieses im großen und ganzen recht anschaulich dargestellt hat.
Vielen Dank, hatte ich tatsächlich aus den Augen verloren. Hast Du in letzter Zeit den Beitrag von Augusto mal wieder gelesen? Ich zitiere mal die entscheidende Passage:
Relativ früh, spätestens in der 2. Hälfte des 1 Jhd., kam es zu einer Übertragung des ursprünglich vermessungstechnischen Begriffs des saltus auf die Staatsgüter [...] Die meisten dokumentierten Staatsgüter mit saltus-Bennenung beziehen sich auf durch Neros Verstaatlichungen übernommene, vormals private Ackerbaubetriebe insbesondere in Africa, sowie kaiserliche "Vorzeigegüter"
Da würden bei mir doch die Alarmglocken schrillen, wenn "saltus" als Bezeichnung für Domänen unter kaiserlicher Verwaltung erst just zu der Zeit in Gebrauch kommt, als Nero im großen Stil privaten Grundbesitz verstaatlicht. Gab es dann zu Augustus' Zeit solche Staatsdomänen womöglich überhaupt noch nicht, wenn schon kein Wort dafür gebraucht wurde?
Schon etwas angestaubt vielleicht und womöglich nicht mehr auf Stand: F.F. Abbott, A.C. Johnson, Municipal Administration in the Roman Empire, Princeton 1926
The growth of great estates is closely connected with the policy which Rome adopted in dealing with the ager publicus. The land of a conquered people passed automatically under Roman ownership. Some of the cultivated land might be used as the site of a colony, some turned back to the natives in return for a rental. As for the uncultivated land, capital was needed for its development, and it was occupied to a great extent by rich Roman landlords. Under this system immense estates came under the control of private owners both in Italy and the provinces. This was particularly true of Africa, of which Pliny tells us that in Nero's time "sex domini semissem Africae possidebant, cum interfecit eos Nero princeps". The early emperors, as one may infer from Pliny's remark, saw clearly the political and economic danger with which this situation threatened the government and society, and set themselves to work to remove it. The land must belong to the state. This change in ownership was accomplished partly by way of legacies, but in larger measure through confiscation. The land became again public land, to be administered henceforth by the emperor, and by the time of the Flavians most of the great estates had become crown-lands. They were too large to be made the territoria of neighboring cities. They were therefore organized on an independent basis, and with the formation of the saltus a new and far-reaching principle was introduced into the imperial system.
Wenn das noch Stand der Forschung ist, sieht es schlecht aus für eine kaiserliche Domäne "saltus Teutoburgiensis" als auch nur theoretisch möglicher Schauplatz der clades variana, würde ich meinen.
 
Allerdings sind auch diese Aussagen bei Augusto hilfreich:
"Filtzinger (s. obiger Link) schreibt in diesem Zusammenhang (S. 25 f.): "Bei der Neubildung der Provinzen war der erste Schritt für die Verwaltung die Einrichtung kaiserlicher Domänen (saltus)102. Grund und Boden war kaiserlicher Besitz und wurde an die Bewohner (coloni) verpachtet. Der Verwalter (procurator) war dem Provinzstatthalter unterstellt und zog den Pachtzins ein. (..)" (Das Fettgedruckte wieder von mir)

Und dann hier noch:

"Ethymologisch könnte es übrigens möglich sein, dass sich erst aus saltus=Domäne über saltus=Staatsforst die Bedutung saltus=Wald(gebirge) entwickelt hat. So z.B. der "saltus Hacul" (ottonischer Reichsforst Hakel im Harz), der "saltus Leonis" (Forêt domaniale de Lyons), oder saltus Novalis (heute Kloster Sandoval, Schenkung des kastilischen König Alfons VII in 1142)."

Was zumindest die damaligen Übersetzer von meinem gewagten Vorwurf der "Erschließung" der Bedeutung von Saltus als "Wald" etc. wegen Unkenntnis der speziellen Variante "Landgut/Domäne" befreien würde.
 
Sepiola, nicht drücken will ich mich, sondern im Grunde habe ich nicht die Fertigkeiten im Latein, mal auf die Schnelle eigene Übersetzungen zu kreieren.
Nichtdestotrotz habe ich mich bemüht, bei den von Dir und El Quijote angeführten Texten den Wald oder das Gebirge zu vermeiden.

Beim Ambiorix ging das noch. Auch in Landgütern/Ländereien gibt es gute Verstecke, oft bequemer als in Wald und Gebirge.
Caecina konnte ich auch ohne große Probleme die Verstecke der Ländereien durchsuchen lassen.
Ebenso konnten die Krieger des Arminius aus den Verstecken in den Ländereien hervorbrechen - aber das hört sich ein wenig, naja, konstruiert an.
Auch konnten Römer durch dunkle Ländereien ziehen/marschieren. So richtig zufrieden bin ich hier auch nicht.
Besser passt in beiden Fällen "Landen" oder noch besser "Gelände". Das gibt es zwar schon als "lokus", doch das wird wohl hauptsächlich bei der reinen Ortsangabe verwendet, wobei ich da unsicher bin.
Hannibal ist über das Gelände der Pyrenäen gezogen
Der Gesang hallte ... vom Gelände wider (bei Caecina)
Auch Caesar hat ganz Gallien, dass durch das Gelände der Pyrenäen, der Alpen und der Cevennen,...
Allerdings ist hier die Benutzung von "Saltus" völlig überflüssig, auch in alter Zeit waren die Alpen und Pyrenäen in Rom allbekannt, bei den Cevennen ist ja richtig Mons angegeben.
 
"Filtzinger (s. obiger Link) schreibt in diesem Zusammenhang (S. 25 f.): "Bei der Neubildung der Provinzen war der erste Schritt für die Verwaltung die Einrichtung kaiserlicher Domänen (saltus)
Nur schreibt Filtzinger in diesem Zitat nicht, wann genau in römischer Zeit das galt. Das ist aber der entscheidende Punkt, sowas fällt ja nicht vom Himmel, sondern wird irgendwann etabliert.

Die zitierten Abbott/Johnson gehen eben davon aus, der "saltus" als spezielle Form des Landbesitzes und der Landverwaltung sei erst in der frühen Kaiserzeit eingeführt worden als Reaktion auf exorbitant großen Ländereien, die sich in den Händen einiger weniger reicher Privatleute konzentrierten. Die Flächen, die speziell unter Nero verstaatlicht wurden, waren so riesengroß, daß sie nicht mehr einfach der nächstgelegenen civitas zur Verwaltung übergeben werden konnten, sondern in eine neu geschaffene Rechtsform, den "saltus", überführt wurden. Festgeschrieben worden sei der rechtliche Status eines "saltus" und das Rechtsverhältnis zu den anderen verwaltungsrechtlichen Körperschaften im Imperium erstmals im Lex Manciana, laut Abbott/Johnson unter Vespasian.

Nun hat Augusto in einem späteren Beitrag zwei Nennung des Begriffs "saltus" aufgelistet, die die Ausführungen von Abbott/Johnson widerlegen könnten.
Zu der einen davon, einer Inschrift aus Dalmatien, finde ich auf Anhieb herzlich wenig. Die von Augusto vorgeschlagene Datierung auf 10AD auf Basis der Namensnennung Publius Cornelius Dolabella erscheint mir aber recht wacklig. Wenn wir nur bei den Konsuln dieses Namens bleiben, kämen mehrere Kandidaten zwischen 283BC und 55AD in Frage. Mit letzterem wären wir eben wieder bei Nero.
Die zweite Nennung allerdings, das Urteil gegen Gnaeus Calipurnius Piso, ist von der Datierung her dagegen eindeutig und deutlich vor Nero oder gar Vespasian...
 
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