WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Es ging hier um die Differenz von 14 Tagen zwischen dem, was DR in der Lage war zu leisten (es griff Russland nach der Kriegserklärung am nächsten Tag an und besetzte polnisch-russische Städte), und dem, was Russland zustande brachte (es konnte sich erst nach 14 Tagen ernsthaft dem Kampf stellen).

Deutschland hatte nach deiner Meinung Russland mit seinem viel zu schwachen Kräften angegriffen und hat sogar russische Städte besetzt? und das trotz der Kenntnis das zwei russische Armeen, die 1. und die 2., sich auf Ostpreußen zu bewegen. Bekommst du da möglicherweise etwas durcheinander oder übersehe ich was wesentliches?

Prittwitz und Waldersee wollten zuerst die russische Armee angreifen, die zuerst in Reichweite kam. Wenn zuerst die Narew-Armee kommt, dann könnte man diese angreifen, ohne das man dabei die eigenen rückwärtigen Verbindungen gefährden musste. So würde man auch den Österreichern helfen und die Wege nach Polen decken.
Aber ab dem 08. spätestens 09.August verdichtete sich bei der 8.Armee der Eindruck, das zuerst die Njemen-Armee kommt. Waldersee informierte die OHL über das Vorgehen der Russen, auch von den Brücken- und Eisenbahnzerstörungen.
Dementsprechend begann das Oberkommando der 8.Armee die 3.Reservedivision und die 6.Landwehrbrigade aus der Gegend südlich Bromberg nach Lötzen, wo sie dann am 12. und 13.August eintrafen.
Die 8.Armee hatte also eigentlich andere Sorgen um einen Ausflug nach Russisch-Polen zu machen.

Außerdem ist die Chronologie wichtig. Am 23. Juli gibt es ein Ultimatum Österreichs-Ungarns an Serbien. Am 24.7. beschließt der russische Kronrat die Unterstützung Serbiens und teilt das Serbien am nächsten Tag mit. Serbien antwortet am 25.7. auf das Ultimatum und ordnet Mobilisierung an. Am 26.7. Österreich-Ungarn teilmobilisiert und erklärt am 28.7. Serbien den Krieg, wobei schon am nächsten Tag (29.7.) Belgrad beschossen wird, worauf auch Russland erst teilmobilisiert und am 30.7. Generalmobilmachung anordnet.

Du vergisst großzügig, das die Russen schon ab dem 26.07.mit ihren umfänglichen Moblisierungsmaßnahmen begannen. Und da gilt es zu beachten, das Petersburg gegen Österreich-Ungarn mobil machte. Österreich-Ungarn erklärte am 28.07. Serbien den Krieg und begann am 31.07. mit der Generalmobilmachung.

Wo wir gerade dabei sind. Von wem wurde Russland konkret bedroht? Die Frage habe ich schon mehrfach gestellt; geantwortet hast du bisher nicht. Und weiter: Gab es eine russische Verpflichtung, gar ein Bündnis mit Serbien, was Petersburg gezwungen hätte, militärisch gegen Österreich-Ungarn einzugreifen?

Die Ausrede Serbiens bezüglich der eigenen Würde weil Eingriff in die eigene Souveränität ist nicht überzeugend, da es in der Vergangenheit hier durchaus Präzedenzfälle gab. Einmal hatte die Monarchie es sogar gestattet.
In Russland war spätestens ab 26.07. die sogenannte Kriegsvorbereitungsperiode angelaufen. Es wurden die Militärbezirke Odessa, Kiew, Kasan und Moskau mobilgemacht. Auch in den angrenzenden Bezirken Warschau, Wilna und Petersburg waren Vorbereitungen angelaufen. Damit stand der Ausbruch des Weltkrieges unmittelbar bevor. Am 28.07. hatte Moltke Informationen erhalten, das Belgien mit militärischen Abwehrmaßnahmen begann. In Berlin wurde man nunmehr sehr nervös.
 
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Es ging hier um die Differenz von 14 Tagen zwischen dem, was DR in der Lage war zu leisten (es griff Russland nach der Kriegserklärung am nächsten Tag an und besetzte polnisch-russische Städte), und dem, was Russland zustande brachte (es konnte sich erst nach 14 Tagen ernsthaft dem Kampf stellen).

Von deutscher Seite wurde kein Feldzug mit weitgestekchten Zielen betrieben, es wurden lediglich einige grenznahe (und da reden wir wirklich von Entfernungen von < 30 km zur Grenze ) Verkehrskontenpunkte besetzt, im Besonderen um Schlesien mit seiner bedeutenden Industrie wenigstens etwas abzuschirmen, nötigenfalls dort die Bahnlinien abbrechen zu können, um einen direkten russischen Angriff im Besondernen auf die oberschlesisische Industrieregion bereits im Vorfeld abfangen zu können.
Dazu brauchte es keine Mobilisation und den Aufmarsch mehrerer Armeen, solche Aktionen ließen sich mit ein paar Regimentern bis Divisionen des Friedensheeres problemfrei machen und hätten genau so vom ersten Tag an auch von russischer Seite her betrieben werden können.
Machte nur von russischer Seite her keinen Sinn, weil keine hochsensiblen strategischen Ziele auf der eigenen Seite der Grenze vorhanden waren, die von deutscher Seite her unmittelbar handstreichartig erreicht hätten werden können.

14 Tage, war gemessen am Umfang des russischen Heeres und gemessen auch an den Entfernungen, die die Reservetruppen aus den Militärbezirken aus den Militärbezirken der Regionen Moskau, Kiew, Ostukraine etc. zurücklegen mussten um in Polen aufmarschieren zu können, schon verdammt zügig.
Im Besonderen, wenn man berücksichtigt, dass der von Moltke modifizierte Schlieffenplan vorsah den Sieg im Westen zu erreichen, bevor man im Osten allzu ernsthaft kämpfen musste.

Für den Schlieffenplan, musste man, wenn man ihm überhaupt Erfolgsaussichten zubilligte 1-2 Monate zur Ausführung rechnen, schneller wäre das mit den hauptsächlich infanteristischen, noch nicht motorisierten Truppen schon wegen der Entfernungen nicht zu machen gewesen.
Bis zur eigenen Westgrenze konnte man auf die eigene Eisenbahn setzen, danach musste man mit Problemen bei den belgischen Festungen, abgebrochenen Brücken und Sabotierten Bahnlinien und Bahnhöfen rechnen, die alles verzörgern mussten.

So gesehen war ein ernstzunehmender russischer Angriff vor Ablauf des ersten Kriegsmonats sicherlich relativ früh.

Was hätte Russland nach dem Angriff des Ö-U auf Belgrad (erste wirkliche Kriegshandlung!) denn sonst machen sollen, als auch zu mobilisieren, schließlich hatte es Serbien Beistand versprochen?

Zunächstmal wäre überhaupt kritisierbar, dass es sich so weit aus dem Fenster lehnte Belgrad das zuzusagen, es unterhielt keinerlei Abkommen mit Serbien, dass St. Petersburg zu einer solchen Garantie verpflichtet hätte.

Weiterhin, was hätte denn dagegen gesprochen das österreichische Handeln vorerst hinzunehmen und auf Verhandlungen und Rückabwicklung durch eine Großmachtkonferenz zu setzen (abgesehen von Prestige- und Machtfragen aus denen heraus St. Petersburg der Meinung war sich das nicht leisten zu können oder zu wollen)?
Russland hatte keine direkte Grenze zu Serbien und konnte den Serben somit nicht direkt zur Hilfe kommen.

Auch eine russische Mobilisierung konnte den bereits laufenden Angriff auf Belgrad offensichtlich nicht mehr verhindern, dafür musste eine Mobilmachung allerdings auf Deutschland wegen der Mittellage schwer provozierend wirken und das wussten die Russen.
Vielleicht wussten sie nicht, wie nah sie damit dem allgemeinen europäischen Krieg bereits kamen, dazu hätten sie wissen müssen, dass es auf deutscher Seite zum Schlieffenplan keine Alternative mehr gab und mit der russischen Mobilmachung die Zündschnur brannte, sofern Frankreich nicht vorbeugend einlenkte.

Aber das sie mit einer Mobilisation mit dem Feuer spielten wussten die Russen durchaus.

Doch, GB wollte schon abseitsstehen, aber nicht um jeden Preis.
Wenn es das beabsichtigt hätte, hätte es Berlin davon in Kenntnis setzen können, das man neutral bleiben würde wenn Deutschland in Westeuropa keine Offensiven Aktionen unternehmen und sich auf die Verteidigung seiner Grenze mit Frankreich beschränken würde.

Das widerrum hätte für Berlin die Lage vollkommen verändert, weil eine damit verbundene Garantie offener Seerouten, die für die Munitionsfrage entscheidend waren Berlin ermöglicht hätte vom Schlieffenplan abzuweichen.

London wusste nicht, das Berlin auf den Schlieffenplan festgelgt war, wohl aber das es ihn gab und in Grundzügen wie er funktionierte.
Das heißt man hätte dadurch Berlin eindringlich vor einem West-Szenario zu warenen und in diesem Fall mit Krieg zu drohen, aber Neutralität in Aussicht zu stellen, wenn Berlin auf Offensiven in Westeuropa verzichtete ein starkes Mittel gehabt darauf zu wirken, dass Deutschland nicht gegen Belgien vorginge.
Die engliche Neutralität wäre hinreichend gewesen um auf den hochriskanten Schlieffenplan verzichten zu können.

Das tat London aber nicht.
In dem Wissen, dass es den Schlieffenplan gab, dass die Zentralmächte, wenn auch noch London sich dem Krieg auf Seiten der Entente anschloss materiell deutlich unterlegen sein würden und die Zentralmächte dann keine andere Wahl mehr haben würden, als auf Geschwindigkeit zu setzen, die nur über Belgien und Luxemburg in einem West-Szenario zu erreichen war.
Mit dem Unterlassen einer Garantie der eigenen Neutralität für den Fall rein defensiven deutschen Verhaltens in Westeuropa tat London das seine dazu Berlin keine Möglichkeit mehr zu lassen noch vom West-Szenario des Schlieffenplans abzugehen und etwas anderes zu improvisieren, dass dann Belgien und Luxemburg nicht betroffen hätte.

entnehme ich, dass sich Frankreich nach Warnung der Briten, belgische Neutralität nicht zu verletzen, daran gehalten hat. Wie man weiß, hat sich das Deutsche Reich trotz Warnungen nicht darangehalten und damit mutwillig den Eintritt Großbritanniens in den Krieg provoziert.

Mit dem Unterschied dass GB Frankreich wohlwollende Neutralität bis militärische Unterstützung garantierte wenn es Belgien in Ruhe ließ, wohingegen es Deutschland nicht einmal für Fall, dass dieses Belgien unangetastet ließ Neutralität zuzusagen bereit war.

Mit anderen Worten Frankreichs Verhalten wurde von London honoriert, an Berlin wurden hingegen nur Forderungen herangetragen ohne entsprechende positive Sanktionierung konformen Verhaltens in Aussicht zu stellen.

GBs Haltung die eigene Neutralität gegenüber Berlin nicht expressis verbis zu garantieren, wenn Deutschland Belgien in Ruhe ließ, bedeutete nichts anderes, als Berlin mehr oder weniger mitzuteilen, dass es sich wenn es Belgien überfiele im Krieg mit GB befände, wohingegen es, wenn es Belgien nicht überfiele möglicherweise trotzdem zum Krieg mit GB kommen würde.

Das sich Berlin darauf ohne Garantie britischer Neutralität nicht einlassen würde, war absehbar, trotzdem unterließ es London eine solche zu geben.

Das ist leicht zu erklären: Die Deutschen haben vorgehabt, die Neutralität Belgiens zu verletzen, was aber ein NoGo für Briten darstellte – siehe oben. Also versuchten sie auf diplomatischen Weg das umzubiegen, was nicht gelang. Trotzdem sind sie anschließend in Luxemburg und Belgien einmarschiert.

Nein.
Die Garantie britischer Neutralität hätte die Seerouten offen gelassen, die weitere Zufuhr von Salpeter ermöglicht, damit die Munitionsfrage entlastet und einen Erschöpfungskrieg aus Sicht der Zentralmächte ermöglicht.

Das hätte Berlin ermöglicht von hochriskannten Kalkül des Schlieffenplans abzugehen und wesentlich flexibler, für seine Nachbarn schonender zu aggieren.

Es gab keine Notwendigkeit, am 31.7. Russland ein Ultimatum zu stellen und am 1.8. den Krieg zu erklären, denn Ö-U befand sich nicht im Krieg mit Russland – der Bündnisfall ist also noch nicht eingetreten, denn Österreich-Ungarn erklärte erst am 6.8. Russland den Krieg. Hast du eine Erklärung für diese unsinnige Handlung des DR?

In demm Moment in dem Russland mobilisierte, der Schlieffenplan mit seinen zeitlichen Implikationen die einzige valide militärische Handlungsmöglichkeit war, weil GB nicht bereit war seine Neutralität zu garantieren und damit die Gefahr bestand, dass mit britischem Kriegseintritt die Salpeterzufuhr und damit die Sprengstoff- und Munitionsproduktion zeitnah zusammenbrechen würde, gab es diese Notwendigkeit.

Wäre Russsland erst an der Grenze kriegsbereit aufmarschiert, wäre der Schlieffenplarn nicht mehr ausführbar gewesen, da wäre man im Osten überrannt worden und einen Erschöpfungskrieg konnte man ohne die Garantie der britischen Neutralität, die direkt mit der Munitionsfrage zusammenhing, nicht als längere Zeit durchhaltbar voraussetzen.
 
Die Überzeugung, das der Krieg unvermeidlich sei, die war verbreitet. Des Weiteren war man sich auf deutscher Seite absolut sicher, das man es wenigsten mit Russland und Frankreich zu tun haben würde. Also der Albtraum eines Zweifrontenkrieges. Die Absicht der deutschen militärischen Planungen sah vor, diesem einen Krieg, in zwei direkt aufeinanderfolgende Kriege aufzulösen. Also, zuerst Frankreich innerhalb weniger Wochen besiegen, und dann mit aller Kraft gegen Russland. Österreich kam dabei die Aufgabe zu, gegen Russland zu halten und am Besten offensiv vorzugehen. Dieser Plan bedingte natürlich eine große Geschwindigkeit bei der Mobilmachung und anschließend während der militärischen Operation. Das war Grundvoraussetzung um überhaupt en Erfolg denken zu können. In der Praxis konnte man also nicht in Ruhe abwarten, bis die Russen und Franzosen in Ruhe ihren Aufmarsch an den deutschen Grenzen vollenden würden. Denn dann war nichts mehr mit dem Schlieffenplan. Und da Moltke Kenntnis davon hatte, das die Russen ihre Aufmarsch deutlich beschleunigt hatten, wurde er am Ende der Julikrise sehr nervös und überaus hektisch und war einen Zusammenbruch nahe.

In Frankreich und auch den anderen Ländern der Triple Entente hatte man schon lange Kenntnis von Schlieffenplan und somit eigentlich auch, Frankreich ganz sicher, von dessen Implikationen. Poincare tat alles, damit Deutschland in Falle einer Krise, die in einem Krieg einzumünden drohte, sich in einer ganz außerordentlich problematischen Situation befinden würde. Paris hatte Petersburg aberwitzige Kredite eingeräumt. Dafür gab es entsprechende Auflagen, unter anderem, das die Bahngleise zur Grenze Ostpreußens ausgebaut werden. Des Weiteren, das die Russen mit dem größten Teil ihrer Landstreitkräfte Deutschland, nicht Österreich-Ungarn, angreifen. So würde der Druck auf die Deutschen beträchtlich steigen und das war dann in der Julikrise auch der Fall. Des Weiteren haben die französischen Staatsmänner des den Militärs strikt untersagt, das Belgien Gegenstand ihrer operativen Planungen ist. Nichts durfte auch nur die Gefahr hervorraufen, das England nicht an dem Krieg teilnimmt. Des Weiteren war sich Poincare klar darüber, das die Russen nur dann für Frankreich fechten würden, wenn dies auch umgekehrt der Fall sein würde. Also gab Poincare den Russen den französischen Blankoscheck, das Frankreich auch im Falle eines Angriffs Russlands gegen Österreich-Ungarn treu zu seinen Bündnisverpflichtungen stehen und militärisch zu Gunsten Russlands eingreifen würde.
 
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Von deutscher Seite wurde kein Feldzug mit weitgestekchten Zielen betrieben, es wurden lediglich einige grenznahe (und da reden wir wirklich von Entfernungen von < 30 km zur Grenze ) Verkehrskontenpunkte besetzt, im Besonderen um Schlesien mit seiner bedeutenden Industrie wenigstens etwas abzuschirmen, nötigenfalls dort die Bahnlinien abbrechen zu können, um einen direkten russischen Angriff im Besondernen auf die oberschlesisische Industrieregion bereits im Vorfeld abfangen zu können.

Interessant. Davon habe ich bisher nicht lesen können. Hast du da nähere Informationen zu? Russisch-Polen bot nicht nur die Möglichkeit zur Offensive, es war strategisch auch nicht ungefährlich, da es sowohl auf der nördlichen wie auf der südlichen Flanke vom schwierigen Terrain umgeben war.
Die Russen haten durchaus den ambivalenten Charakter dieses Gebietes erkannt: Wer von hier eine Offensive gegen Berlin führen würde, läuft Gefahr im Rücken vom Feind in die Zange genommen zu werden. Deshalb hatten die Russen eben in diesem Gebiet nur wenige Straßen und Eisenbahnlinien gebaut. Weshalb also hier deutsche Angriffe?
 
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Wer von hier eine Offensive gegen Berlin führen würde, läuft Gefahr im Rücken vom Feind in die Zange genommen zu werden. Deshalb hatten die Russen eben in diesem Gebiet nur wenige Straßen und Eisenbahnlinien gebaut. Weshalb also hier deutsche Angriffe?

Wie gesagt, mit der offensichtlichen Absicht mit beegrenztem Geländegewinn einige Verkehrsknotenpunkte wegzunehmen.

Dion hatte oben die Städte Kalisz, Tschensochau und Benzin genannt, die tatsächlich sofort nach Kriegsbeginn von deutscher Seite besetzt wurden.

Schaut man sich eine Karte des Grenzgebiets von Obersschlesien an stellt sich das wie folgt dar:

Von Russich-Polen nach Oberchlesien existierten 4 Bahnlinien davon 2 über Benzin, die nach Tarnowitz und Beuthen führten, eine über Tschenstochau führte und eine die zwischen Tschenstochau und Benzin in Richtung Oberschlesien verlief, allerdings an Tschenstochau als Zubringer-Station drann hing.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1a/Karte_Oberschlesiens_1818.jpg


Es ist völlig offensichtlich dass die Besetzung von Tschenstochau und Benzin der Abschirmung des Raumes Tarnowitz/Beuthen-Kattowitz-Gleiwitz und damit des Großteils der oberschlesischen Industrie diente.

Was die Möglichkeit zu größeren Bewegungen betrifft: natürlich wäre eine große Operation mit Stoßrichtung Westen für die Russen wegen der Flankenbedrohung problematisch gewesen.
Aber das oberschlesische Industrierevier lag ja so grenznah, dass es dessen überhaupt nicht bedurft hätte, hier hätten bereits auf einige Tage begrenzte Raids wesentlich kleinerer Truppen enormen Schaden anrichten können.

Um hier die deutschen Kriegsanstrengungen schwer zu treffen, hätte man ja die Region nicht dauerhaft besetzen müssen, die Sabotage der Schwerindustrie wäre hinreicheichend gewesen.

Kohlehalden hätte man einfach anzünden, in den Bergwerken die Anlagen zur Bewetterung und Wasserhaltung sabotieren können, um Gruben einfach absaufen zu lassen, man hätte Hochofenanlagen durch Sprengungen ziemlich einfach unbrauchbar machen und die Schinenwege der Werksbahnen unbrauchbar machen können.

Es wäre sicherlich kein Problem gewesen innerhalb von 1-2 tagen im Gebiet einen Schaden anzurichten, der einen großen Teil der oberschlesischen Industrie auf Monate lahmgelegt hätte.

Und man sollte nach vergessen, die hatten im 1. Weltkrieg noch größere Kavallerie-Einheiten, die einen Aktionsradius von 50 km + X am Tag erreichen konnten, wenn die Bedingungen günstig waren.

Einen großangelegten Russischen Angriff mehrerer Armeen gegen Westen musste man sicherlich nicht fürchten, aber Raids im Besonderen von Kavallerietruppen, gegen das in unmittelbarer Grenznähe liegende Industrierevier waren sicherlich im Bereich des Möglichen.

Kalisz sehe ich nicht so sehr als Sicherung des Vorfeldes von Posen und damit dem direkten weg nach Berlin, sondern eher als Sicherung Breslaus gegen Norden durch Wegnahme der Verkehrsverbindungen.

In Anbetracht des Umstands, dass von deutscher Seite her so gut wie alles alles im Westen gebunden war und die 8. Armee aus Ostpreußen nicht weg konnte, ohne die Flankenbedrohung für Russland gänzlich aufzulösen, war es sicherlich notwendig im unmittelbaren Grenzraum wenigstens so viel Territorium zu sichern, dass man da durch das Auftauchen kleinerer russischer Truppen nicht komplett überrumpelt und dadurch einen ansehnlichen Teil der eigenen Industrie einbüßen würde.


Müsste mal schauen, ob ich gerade irgendwas an Literatur zur Hand habe, die näher auf die Grenzschutz-Problematik eingeht, denke aber dass ich dafür wahrscheinlich in die Bibliothek muss.
 
ist diese gesamte Überlegung zum deutschen Handlungsspielraum ex post gedacht (schon im Wissen, dass der große Krieg losbrach und wie er verlief) oder hatten sich in den Wochen direkt vor dem völkerrechtswidrigen Angriff auf Belgien (Umsetzung des Schlieffenplans) die Handlungsoptionen - allen "Teilnehmern" bewußt! - derart eingeengt, dass allen klar, genau das (Belgien) wird/muss passieren, ist unausweichlich?

Die Frage ist denke ich berechtigt.

Ich für meinen Teil sehe die Handlungsoptionen bis zur russischen Mobilmachung nicht eingeengt und zwar vor allem die Optionen für Berlin.

Knackpunkt ist, dass ich die Befürchtung Österreich-Ungarn als Bündnispartner zu verlieren, wenn man seine Interessen nicht offensiv vertrat und man damit den einzigen verbliebenen Bündnispartner einbüßen würde für ziemlich aus der Luft gegriffen halte.

Und zwar deswegen, weil diese Vorstellung suggeriert, dass Wien vollkommen frei darin gewesen wäre sich einfach von Berlin loszusagen und keinen sicherheitspolitischen Zwängen unterlag, die dem entgegengestanden hätten.
Das ist, in meinen Augen ein blinder Fleck in der Argumentation:

- Österreich-Ungarn hatte Probleme mit Russsland wegen seiner Balkaninteressen.
- Österreich-Ungarn hatte Probleme mit Serbien wegen Bosnien und der Herzegowina.
- Österreich-Ungarn hatte ein zunehmend belastetes Verhältnis zu Italien unter anderem wegen des Trentino (und nebenbei gesagt ein Generalstabschef Conrad v. Hötzendorf, der dauernd unbedingt den eigenen Verbündeten überfallen wollte, war da sicherlich auch nicht hilfreich, wie auch die guten Beziehungen der Habsburger zum Heiligen Stuhl, der mit dem Königreich Italien wegen der Abwicklung des Kirchenstaats und der Verhältnisse in Rom über Kreuz lag).
- Österreich-Ungarn hatte ein problematisches Verhältnis zu Rumänien wegen der Lage der rumänischen Bevölkerung in Siebenbürgen und wegen Siebenbürgen und der Bukowina, auf die die rumänischen Nationalisten ja durchaus schielten.

Mit anderen Worten, außer mit Deutschland und der Schweiz lag die Donaumonarchie im Grunde mit allen nennenswerten Nachbarn wegenn irgendwas über Kreuz.

Sympathien konnte sich Wien ansonsten vor allen Dingen bei den Verlierern der Balkankriege, beim Osmanischen Reich und bei Bulgarien ausrechnen, aber die mussten sich erstmal von ihren Niederlagen erhohlen und waren kein Faktor auf den Österreich sicherheitspolitisch setzen konnte.

Wien hätte es sich überhaupt nicht erlauben können einfach aus dem Zweibund auszusteigen, jedenfalls aber nicht, so lange es keinen sicherheitspolititisch brauchbaren Partner an der Hand hatte, der verhindern konnte, dass die mit Österreich-Ungarn über Kreuz liegenden Staaten, eine antiösterreichische Allianz bilden würden.

Wer hätte so ein Partner sein können, wenn Deutschland ausfiel?

a) Russland kam wegen der gegnerischen Position auf dem Balkan nicht infrage, um sich mit Russland auszugleichen hätte Wien auf seine Balkanpolitik verzichten müssen, wäre es aber dazu bereit gewesen, hätte es keinen Anlass gehabt mit berlin zu brechen, wäre man dort nicht bereit gewesen Wiener Balkanambitionen zu stützen.
b) Großbritannien, konnte als Seemacht vielleicht auf Italien einwirken, hatte aber keinen wirklichen Zugrifff auf Serbien und Rumänien und vor allen Dingen, egal ob es bereit gewesen wäre wegen Österreich und die Wiener Balkanpolitik seine Abmachungen mit Russland zu riskireren (was zu bezweifeln wäre), es besaß kein adäquates Landheer um Österreich-Ungarn im Falle eines Krieges mit Russsland wirksam unterstützen zu können und wäre daher als sicherheitspolitischer partner inadäquat gewesen.
c) Frankreich, hätte zwar die Mittel gehabt Österreich-Ungarn im Konflikt mit Russland wirkam zu Lande unterstützen zu können (transitmöglichkeit vorausgesetzt), konnte aber keine Allianz mit Österreich und der Wiener Balkanpolitik eingehen ohne dem französisch-russischen Zweibund, der von russsischer Seite her nur den einen Zweck hatte die russische Balkanpolitik durchzusetzen (mit Berlin hatte man ja kein Problem, abgesehen von Zollfragen, aber deswegen hätte man keinen Krieg geführt) die Grundlage zu entziehen und Russland als Partner einzubüßen.

Welch Ausstiegsoption hatte Wien realistischerweise, dass Berlin tatsächlich fürchten musste, dass ihm dieser Partner abhanden käme?

De facto keine, wie ich das sehe.

Auch die Behhauptung Österreich-Ungarns Großmachtssttus hätte auf dem Spiel gestanden und der wäre für Deutschland unverzichtbar gewesen, halte ich persönlich für Nonsens.

Österreich-Ungarn war sowohl militärisch, als auch wirtschaftlich eine der führenden Mächte, daran war nicht zu rütteln.
Auch wenn es zu den anderen europäischen Mächten da sicherlich eine Kluft gab, war die Donaumonarchie ein Faktor, der so gewichtig war, dass man ihn nicht einfach ausblenden konnte und das wussten die Akteure auch.
Der Umstand einerelevante Macht im System zu sein, die nicht einfach ignoriert werden kann und zuweilen in der lage ist ihre Interessen geltend zu machen, ist keine reine Prestigefrage und war es auch damals nicht.


Wie ich das sehe, hatte Berlin bis zur russischen Mobilisation jederzeit die Möglichkeit das mit überschaubaren Folgen abzuräumen, wenn es Wien die Unterstützung entzogen hätte.

Dadurch wären die K.u.K.-Armee und die Wirtschaft der Donaumonarchie nicht aus der Welt verschwunden und Aussteigen hätte die Donaumnoarchie aus der Partnerschaft, auch wenn es für Verstimmung gesorgt hätte, aus meiner Sicht nicht können.
Es hatte zu viele sicherheitspolitische Probleme, als dass es sich eine diplomatische Isolation hätte leisten können und einen anderen Partner, mit dem Sich Österreich so ohne weiteres hätte alliieren können, der in der Lage war Österreich-Ungarn zu helfen und der an einer solchen Allianz Interesse hätte haben können, den gab es nicht.

Es sei denn Österreich-Ungarn hätte sich von seinen balkanambitionen verabschiedet, aber dann hätte es keinen Grund mehr für einen Bruch mit Deutschland gegeben.



Für mich persönlich ist es Rätsel, warum die damals in Berlin davon ausging, dass Wien so viel mehr Optionen gehabt hätte als man selbst und das Österreich-Ungarn aus der Allianz mal eben hätte aussteigen können, wenn man seine Interessen nicht bediente.
Aus meiner Sicht ist das eine abwegige Vorstellung ( @Turgot wird wie ich ihn kenne gleich sehr viel Aufwand betreiben um das zu widerlegen ).

Aus meiner Sicht engte sich die deutsche Politik die ganze Zeit über selbst ein, weil sie meines Erachtens das Bündnis mit Österreich, seine Grundlagen und die Optionen für Wien völlig falsch bewertete und zu dem (Fehl)schluss kam, wesentlich weniger Optionen zu haben, als ihr tatsächlich wahrscheinlich zur Vefügung standen.
Meiner Meinung nach engte man sich von deutscher Seite her völlig unnötoger Weise selbst ein.
 
Aus meiner Sicht engte sich die deutsche Politik die ganze Zeit über selbst ein, weil sie meines Erachtens das Bündnis mit Österreich, seine Grundlagen und die Optionen für Wien völlig falsch bewertete und zu dem (Fehl)schluss kam, wesentlich weniger Optionen zu haben, als ihr tatsächlich wahrscheinlich zur Vefügung standen.
Meiner Meinung nach engte man sich von deutscher Seite her völlig unnötoger Weise selbst ein.
Da gelangst du zu einem faszinierenden Fazit. Was mich zu der Frage führt: wieso bemerkten die, die ihre Perspektiven/Optionen fehldeuteten und sich (selbst fabriziert) einengten, das nicht? Da waren doch gewiefte Diplomaten am Werk - aber dein Fazit lässt die allesamt (wenn man es so verkürzt zusammenrafft wie ich gerade) so gesehen wie ziemliche Trottel da stehen. Ich glaube nicht, dass da nur Trottel mit selbst gemachten Scheuklappen tätig waren: das hätte doch zu brüllendem Gelächter bei ihren franz., brit., russ. Kollegen geführt - wenn die das so gesehen hätten. ...upps, jetzt bin ich gegen meine Absicht im spekulativen gelandet.
Missversteh mich bitte nicht! Ich will dein Fazit nicht runtermachen, ich finde es im Gegenteil faszinierend - wenn ich auf die oben eingesetzte denkbare Contra-Replikvariante verzichte (weil sie zu oberflächlich ist) dann erscheint mir für das, was du Einengung benennst, die Haltung/Anschauung/Stimmung, dass nein großer Schlag kommen müsse, unausweichlich sei, also eine Art grimmiger Fatalismus ursächlich zu sein. Mir kommt da Konsul Buddenbrook in den Sinn, wie er fatalistisch-resigniert auf ein Missgeschäft reagiert (sinngemäß "dann muss es so sein")
Wenn das Überlegungen sein sollten, die nicht völlig daneben liegen, könnte man weiter überlegen: wussten die potentiellen Gegner (F, GB, R) von dieser fatalistischen Stimmung (dass ein Krieg, womöglich ausufernd, unausweichlich sei) und hatten sie selber die auch? (Bei F würde ich das vermuten) Und wenn man diese Überlegung einflicht, müsste man dann nicht bedenken, dass allerlei diplomatischer Austausch und allerlei politische Aktionen von dieser "großen Gereiztheit" (Zauberberg), dieser fatalistischen Hintergrundstimmung beeinflußt waren?
(ja, ich gebe zu, dass mich das in eher kultur-/mentalitätshistorische als ereignisgeschichtliche Gefilde geführt hat...)
 
@Shinigami

Ich denke, das wir in dieser Frage keinen Konsens mehr erzielen werden.

Ich werde jetzt keinen Roman, sondern nur ein paar Anmerkungen schreiben. Ab dem 26.07. stand Deutschland unter großen Handlungsdruck; weshalb ist bekannt und ich habe es schon mehrfach ausgeführt.
Frankreich hatte schon vorher und auch während des Staatsbesuchs von Poincare Petersburg den Rücken gestärkt und aktive militärischen Unterstützung zugesichert.

Wie ich das sehe, hatte Berlin bis zur russischen Mobilisation jederzeit die Möglichkeit das mit überschaubaren Folgen abzuräumen, wenn es Wien die Unterstützung entzogen hätte.

Problem hierbei war wohl die Zusage vom 05.07. Österreich militärisch zu decken. Das ist ja auch ein Tatbestand, den Deutschland sich vorwerfen lassen muss.

ür mich persönlich ist es Rätsel, warum die damals in Berlin davon ausging, dass Wien so viel mehr Optionen gehabt hätte als man selbst und das Österreich-Ungarn aus der Allianz mal eben hätte aussteigen können, wenn man seine Interessen nicht bediente.

Die österreichischen Beziehungen zu Frankreich und Großbritannien waren nicht im Ansatz so angespannt wie die Deutschlands. Es gab ja auch keine direkten Interessengegensätze. Das wußte man auch im deutschen Auswärtigen Amt und man wusste auch, das die Österreicher wegen der Endergebnisse des Balkankrieges, Berlin hatte mit London zusammengearbeitet um das Schlimmste zu verhüten, alles andere als glücklich waren und dies auch Deutschland mit anlasteten und deshalb sich in Stich gelassen fühlten. Diesen Umstand wollte man im AA Rechnung tragen.
Serbien war ja nun tatsächlich ein Unruhefaktor auf dem Balkan und es hatte 1912 nicht viel zum großen Krieg gefehlt.

Deine Ausführungen, wer als Bündnispartner für die Monarchie in Frage gekommen wäre, sind natürlich spekulativer Natur. Bezüglich Russlands hat du ganz Sicher Recht. Frankreich und Großbritannien ist eine ganz andere Frage. Es wäre doch aus Sicht der Entente reizvoll gewesen, wenn Deutschland ganz allein auf weiter Flur gewesen wäre. Ist natürlich auch spekulativ.

Problematischer, so sehe ich das, war die zum wiederholten Male gewährte massive Unterstützung Russlands für Serbien; ohne dazu verpflichtet gewesen sein. Und die russische Unterstützung hatte natürlich Folgen wie wir wissen. Schon 2 Tage nach dem Attentat gab es die Zusage vom Zaren über große Waffen- und Munitionslieferungen. Und im Juli 14 wusste Sasonow, Suchumlinow und wie sie alles heißen, genau was sie taten und nahmen den Weltkrieg bewusst in Kauf.

Hast du das Buch "Drei Konferenzen" von den letzten zarischen Außenminister Prokowski gelesen?
 
Ich glaube nicht, dass da nur Trottel mit selbst gemachten Scheuklappen tätig waren

Das glaube ich auch nicht.

Ich vermute nur, dass wegen der Einkreisungspanik ab einem bestimmten Punkt da einfach Reflexe griffen, sich ausgeliefert zu fühlen, sich an den Verbündeten zu klammern und Dinge zu tun, die man ohne Panik und mit klarem Kopf eher nicht getan hätte.

wussten die potentiellen Gegner (F, GB, R) von dieser fatalistischen Stimmung (dass ein Krieg, womöglich ausufernd, unausweichlich sei) und hatten sie selber die auch?
Das interessante ist ja, dass die vor dem Weltkrieg mehr oder weniger alle Niedergansobsessionen schieben.

In Deutschland ist das die Einkreisung, in Frankreich der Druck eines zunehmend übermächtigen deutschen Nachbarn, der wirtschaftlich und demographisch davon zieht, in Österreich und Russland ist das Die Vorstellung man würde seinen Status als Großmacht ggf. verlieren, wenn man sich auf dem Balkan nicht durchsetzte was in beiden Fällen schlicht und einfach absurd war, in Großbritannien fühlte man sich wegen Indien in zunhemndem Maße wohl durch Russland erpressbar.

Die englischen Befürchtungen, auch die französischen kann ich nachvollziehen.

Wenn Russland eine Transsibirische Eisenbahn bauen konnte, konnte es auch Bahnen nach Zentralasien bauen, dann konnte es dort größere Truppen zusammenziehen und irgendwann auf dem Landweg indien bedrohen und dagegen half die britische Flotte nichts mehr.
Das ist zumindest perspektivisch nachvollziehbar.

Frankreichs Panik vor einem wesentlich stärker wachsenden und im Vergleich immer weiter davonziehenden Deutschland halte ich auch nicht für völlig irrational.


Bei den drei anderen Mächten, will mir das nicht in den Kopf.

Es ist mir reichlich unbegreiflich, warum die in Berlin damals nicht begriffen, dass sie die ganze Entente-Problematik nur hatten, weil sie axiomatisch an dem Bündnis mit Wien festhielten, womit sie für Frankreich den wesentlich logischeren sicherheitspolitischen Partner blockieren.
Und außerdem, warum sie nicht begriffen, dass sie mit dem Dreibund, auch wenn nie als Offensivbündnis konzipiert war einen derartig übermächtigen Block geschaffen hatten, dass Frankreich gar nicht anders konnte, als sich eng mit Russland zu verbinden um eine Gegenmacht zu bilden und dass der Schlüssel aus der ganzen Block-Misere heraus zu kommen wahrscheinlich darin bestanden hätte mit Russland über eine Auflösung beider Blöcke zu verhandeln.

Bei den Entscheidungsträgern in Wien und St. Petersbrug begreife ich nicht, wie die auf die Idee kamen, dass ihr Großmachtsstatus den Bach runter gehen würde.

Einerseits waren beide de facto viel zu Mächtig, als dass es möglich gewesen wäre sie als Großmächte zu ignorieren, andererseits haben sie beide die Wahrnehmung, dass sie sie auf dem Balkan immer mehr Boden verlieren würden und sich weitere Niederlagen nicht leisten könnten.

Interessant ist ja, dass die Entwicklung auf dem Balkan von beiden akteuren negativ gewertet wird und man am Ende sowohl in Wien, als auch in St. Petersburg der Meinung ist, dieses mal aber auf dem Balkan seine Interessen durchboxen zu müssen, um nicht marginalisiert zu werden, während beide Akteure der Meinung sind eine zunehmende Macht der jeweils anderen Großmacht auf dem Balkan verhindern zu müssen.

Also damit, dass beide aus den Balkan an Einfluss verloren, hatten sie Recht. Das lag aber (und da liegt die Fehlwahrnehmung) nicht daran, dass die andere Großmacht übermäßig an Einfluss gewann, sonderndaran, dass vor allen Dingen Serbien und Bulgarien seit dem Ersten Balkankrieg groß genug und das Osmanische Reich so sehr geschrumpft war, dass sie als eigenständige Aktuere auftreten und sich von Wien und Petersburg zunehmend emanzipieren konnten.
Jedenfalls nehme ich das so wahr.


Was die Vorstellung der Unausweichlichkeit des Krieges angeht:

Ich denke dass die vor allem dann logisch erscheint, wenn man so fest in dem Blockdenken drinn steckte, dass einem die Möglichkeit sich überlagernde Probleme durch Auflösung der Blöcke möglicherweise entwirren zu können, nicht mehr in den Sinn kam.
So lange sich die Machtblöcke gegenüberstanden, kam ja trotz Einigungen in Einzelfragen die eigentliche Problematik der Machtbalance nicht aus der Welt.

Ich denke, dass die Vorstellung, dass der Krieg unvermeidlich sei damals recht verbreitet war, weil man die Auflösung des eigenen Blocks aus Panik vor eigener Isolation nicht in Betracht zog und damit im Grunde ur noch 2 Möglichkeiten hatte:

Den Machtkonflikt durch Sprenung des anderen Blocks zu lösen oder durch Krieg zu entscheiden.

Wenn man die Auflösung des eigenen Blocks nicht erwog und festellte, dass man in den Kern des anderen keinen Keil hinein bekam, wäre die Vorstellung eines langfristig nicht vermeidbaren Krieges die logische Folge.
 
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Deine Ausführungen, wer als Bündnispartner für die Monarchie in Frage gekommen wäre, sind natürlich spekulativer Natur. Bezüglich Russlands hat du ganz Sicher Recht. Frankreich und Großbritannien ist eine ganz andere Frage. Es wäre doch aus Sicht der Entente reizvoll gewesen, wenn Deutschland ganz allein auf weiter Flur gewesen wäre. Ist natürlich auch spekulativ.

Das verkennt ein entscheidendes Detail und zwar dasjenige, dass als Großbritannien und Frankreich ihre Abkommen mit Russland schlossen, sich natürlich auch implizit auf die russischen Balkaninteressen festlegten.
Und diese Festlegung war mit einer Einbindung Österreich-Ungarns nicht kompatibel, so lange dieses seine Balkaninteressen nicht aufgab und sich mit Russland ausglich.

Die beiden Westmächte hatten zwar keine expliziten Verpflichtungen übernommen Russlands Balkanpolitik zu unterstützen, selbstredend durfte St. Petersburg aber erwarten, dass beide nichts tun würden, was diametral gegen Russlands Balkaninteressen ging.

Da beide Wiens Balkaninteressen nicht gegen St. Petersburg vertreten konnten, ohne St. Petersburg gegen sich aufzubringen und die Einigung mit Russland in den anderen Fragen vor die Wand zu fahren, waren beide als außenpolitische Partner für Österreich-Ungarn nicht geeigneter, als ein Deutschland, dass sich der Unterstützung der Wiener Balkanpolitik verweigerte.

Ein Versuch Österreich-Ungarn in die Entente einzubeziehen, wäre spätestens bei der nächsten Balkankrise bei der der russisch-österreichische Interessengegendatz wieder klar zu Tage getreten wäre krachend gescheitert, weil die Westmächten nicht beiden geben hätten geben können, was sie wollten.

Ein gleichzeitiges Bündnis mit zwei Mächten mit so verschiedenen Interessen im gleichen Raum konnte nicht funktionieren und das dürfte London und Paris auch klar gewesen sein.
Die Erfahrung, dass das nicht unter einen Hut zu bringen war hatte ja schon Bismarck gemacht.

Den Briten hatte Österreich nichts zu bieten, schon gar nichts, was es aufgewogen hätten, wenn die Abkommen mit Russland wegen Asien durch Fragen der Wiener Balkanpolitik in die Brüche gegangen wären.
Frankreich wiederrum hatte gerade enorme Summen in die Aufrüstung der russischen Armee und Eisenbahn gepumpt, es wäre vollkommen unlogisch gewesen, das weg zu werfen und sich über eine Vertretung von Wiener Balkaninteressen in Gegensatz zum eben noch protégiertenn Russland zu setzen.

Unter diesen Umständen ist meine Sicht darauf, meine ich nicht so spekulativ, wie du mir das vorwirfst.

Hast du das Buch "Drei Konferenzen" von den letzten zarischen Außenminister Prokowski gelesen?

Dazu hatte ich noch keine Gelegennheit, würdest du es empfehlen?
 
In der Rückschau hätten sie es besser gelassen.
Wenn ein großes Land ein kleineres ohne Grund angreift (selbst Wilhelm II. sah nach der Antwort Serbiens auf das Ultimatum keinen Grund mehr, Serbien anzugreifen), dann sind meine Sympathien bei dem kleineren, selbst wenn dieses Land Serbien heißt, das eigentlich keine Sympathien verdient. So sah es in diesem Fall auch die Weltöffentlichkeit: Zuerst war Serbien ein Paria, weil man – wie Ö-U – Serbien für das Attentat verantwortlich machte, aber nach dem Ultimatum schlug die Stimmung um.

Deutschland konnte nicht abwarten, bis Russland seinerseits den Krieg erklärte, weil man sonst auf entscheidenden Vorteil der schnelleren Mobilisierung verzichtet hätte und der Schliefen-Plan nicht funktionieren konnte.
Wieso gehst du davon aus, dass Russland dem Deutschen Reich Krieg erklären würde, schließlich stand Russland zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mit Österreich-Ungarn im Krieg?

Jedenfalls musste der russischen Führung klar sein, dass sie mit der Mobilisierung den europäischen Krieg auslösen würde.
Nein, der Konflikt Ö-U mit Serbien war erstmal ein lokaler zwischen zwei Nachbarstaaten. Das änderte sich erst mit der Kriegserklärung Deutschlands an Russland, weil das für Frankreich den Bündnisfall bedeutete, denn im Artikel 2 der französisch-russische Militärkonvention vom September 1913 stand, dass Russland und Frankreich im Falle einer deutschen Mobilmachung oder einer deutschen Kriegshandlung sofort und ohne vorherige Konsultation mobilisieren sollten.

Ich glaube hier im Forum hat niemand Belgien für den Kriegsausbruch oder die Eskalation verantwortlich gemacht. Das ist also eher ein Strohmannargument.
Das ist kein Strohmannargument, denn hätte das DR Belgien in Ruhe gelassen, hätte GB keinen Grund gehabt, in den Krieg einzutreten.

Ich habe eigentlich doch schon ausgeführt, dass Belgien ein Vorwand für Großbritannien gewesen war, um in dem Krieg einzutreten.
Es gab eine Warnung der Briten, die Neutralität Belgiens zu respektieren: Frankreich hat sich daran gehalten, Deutschland nicht. Punkt.

Der Schlieffenplan setzte einen sehr schnellen Sieg gegen Frankreich voraus, um sich dann anschließend mit seinen ganzen Kräften gegen Russland wenden zu können.
Ein Plan, der zur Voraussetzung hat, Neutralität eines Landes zu verletzen, ist kein Plan, sondern eine Dummheit, und das nicht nur, weil man damit die Weltöffentlichkeit gegen sich aufbringt, was dann auch passierte.

Deutschland saß gewissermaßen in der Falle, hatte als Operationsplan nur den Schlieffenplan zur Verfügung, um den die Triple Entente wusste, die Franzosen hatten ihre Vorbereitungen darauf entsprechend abgestellt, der Große Aufmarch Ost war im deutschen Generalstab nicht weiter bearbeitet worden und schließlich hatten dann die Deutschen die belgische Neutralität völkerrechtswidrig gebrochen.
Eben. DR hatte außer diesen Schlieffen-Plan nichts in der Hand. Und doch geht das DR hin und erklärt Russland den Krieg, damit der Bündnisfall eintritt und es einen Grund gibt, Frankreich via Belgien anzugreifen. Verrückt.

Deutschland hatte nach deiner Meinung Russland mit seinem viel zu schwachen Kräften angegriffen und hat sogar russische Städte besetzt? und das trotz der Kenntnis das zwei russische Armeen, die 1. und die 2., sich auf Ostpreußen zu bewegen. Bekommst du da möglicherweise etwas durcheinander oder übersehe ich was wesentliches?
Fakt ist: Die Städte Kalisz, Tschenstochau und wurde von Deutschen ohne Gegenwehr schon am ersten Tag besetzt. Dabei kam es in Kalisz und Tschenstochau zu Gräueltaten – Zitat aus Wikipedia:

Geschätzt mindestens 100 Einwohner der Stadt wurden von den Deutschen erschossen. Die Ereignisse erinnern an das Verhalten deutscher Truppen bei der Invasion Belgiens und der Zerstörung Löwens im August 1914.

Du vergisst großzügig, das die Russen schon ab dem 26.07.mit ihren umfänglichen Moblisierungsmaßnahmen begannen. Und da gilt es zu beachten, das Petersburg gegen Österreich-Ungarn mobil machte. Österreich-Ungarn erklärte am 28.07. Serbien den Krieg und begann am 31.07. mit der Generalmobilmachung.
Eben, Ö-U war im Krieg mit Serbien, nicht mit Russland. Und Deutschland war gar nicht bedroht, denn, wie du schon sagtest, machte Petersburg gegen Ö-U mobil, nicht gegen Deutschland. Mehr noch: Der Zar Nikolaus II. sicherte seinem Cousin Wilhelm II. zu, Deutschland nicht anzugreifen.

Gab es eine russische Verpflichtung, gar ein Bündnis mit Serbien, was Petersburg gezwungen hätte, militärisch gegen Österreich-Ungarn einzugreifen?
Das ist wohl nur eine rhetorische Frage, denn wir beide wissen, dass sich Russland als Schutzmacht des Panslavismus und der Orthodoxie betrachtete und deswegen Serbien Beistand zusicherte.

Die Ausrede Serbiens bezüglich der eigenen Würde weil Eingriff in die eigene Souveränität ist nicht überzeugend,
Das sah Wilhelm II. anders – siehe oben meine Antwort an @hatl.

In Russland war spätestens ab 26.07. die sogenannte Kriegsvorbereitungsperiode angelaufen. Es wurden die Militärbezirke Odessa, Kiew, Kasan und Moskau mobilgemacht.
Es wurde lediglich versucht!, in diesen Militärbezirken mobil zu machen – in Wirklichkeit ging da gar nichts (laut dem russischen Quartiermeister Danilow). Das war ohnehin nur als Drohgebärde gegen Ö-U zu verstehen, die Grenze zu Serbien nicht zu übertreten. Das wurde Ö-U auch so mitgeteilt, aber Ö-U machte einfach weiter, weil es sich der Unterstützung Deutschland sicher war: Der große Bruder im Norden würde das mit Russland schon erledigen.

Problematischer, so sehe ich das, war die zum wiederholten Male gewährte massive Unterstützung Russlands für Serbien; ohne dazu verpflichtet gewesen sein. Und die russische Unterstützung hatte natürlich Folgen wie wir wissen. Schon 2 Tage nach dem Attentat gab es die Zusage vom Zaren über große Waffen- und Munitionslieferungen.
Ja, eine Zusage, die wenig bis nichts wert war, weil Russland selbst zu wenig Munition und Waffen hatte. Aber abgesehen davon: Nach weiteren 5 Tagen, also am 5.7. wurde Österreich-Ungarn der Blankoscheck aus Deutschland serviert, was das Vorgehen Österreich-Ungarn gegen Serbien erst ermöglicht hatte.
 
Wieso gehst du davon aus, dass Russland dem Deutschen Reich Krieg erklären würde, schließlich stand Russland zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mit Österreich-Ungarn im Krieg?
...du liest die Beiträge hier? ...dir ist bekannt, was die Narewlinie, Modlin (Nowogeorgiewsk) etc ist und welchen militärischen Zweck das hatte?
Das ist kein Strohmannargument, denn hätte das DR Belgien in Ruhe gelassen, hätte GB keinen Grund gehabt, in den Krieg einzutreten.
...tja... hätte... hat aber nicht... (wenn man sich nicht mit dem eisernen Riegel anlegen will, aber trotzdem Frankreich angreifen möchte: wo und wie hätte man das bewerkstelligen können?)
Es gab eine Warnung der Briten, die Neutralität Belgiens zu respektieren: Frankreich hat sich daran gehalten, Deutschland nicht. Punkt.
was sich fatal auswirkte.
 
Pardon erstmal für das folgende.

Ich komme noch mal auf die grimmig-fatalistische "Stimmung" bzgl der Unausweichlichkeit eines großen Kriegs zurück: beinahe beschleicht mich der Verdacht, dass diese Stimmung/Haltung herbeigeredet, lange vorbereitet......... hm...... wie komme ich darauf? (haut mich nicht dafür!) ...es liegt am Festungsbau...

(erst mal eine Pause zum verschnaufen)

(ok, paar Fakten dazu)

- 1897 Kaiser Wilhelm II befiehlt "moderne" Fortifikationen (Sachen wie im A-B-C-Darium der Küstenfestungen)
- Januar 1900 (sic) allerhöchste Kabinettsorder Ausbau der (gigantischen) Selztalstellung
- jahrelange Planungen
- Januar 1907 Entscheidung über den monströs umfangreichen Bau der Selztalstellung
Hinter dieser Entscheidung stand die Auffassung, dass ein neuer Krieg mit einem möglichen Kampfplatz in Rheinhessen immer wahrscheinlicher wurde und die Festung Mainz als stärkstes Bollwerk am mittleren Rheinabschnitt demnach zügig weiter aufgerüstet werden musste.
(aus Bollwerk Mainz)
http://www.bollwerk-mainz.de/01_bilder/buch_leseprobe/leseprobe_pdf/Bollwerk_Mainz_Kapitel_09s.pdf
- 1908 Baubeginn
- 1909-11 "Fort auf der Muhl" als stärkste/modernste Befestigungsgruppe (Kaiser Wilhelm II besucht das neue Glanzstück 1913 - ob er bemerkt hat, dass aus Kostengründen (sic!!!) einiges nicht ganz so wie projektiert ausgeführt war?...)
Wir sind noch 6 Jahre vom Krieg entfernt!

- 1902 Borkum zur Festung erklärt - 1908/9 Baubeginn der modernen Festungsanlagen

Ich zähle jetzt nicht auf, was alles an Festungsbau in GB, F, D, R ab 1885 (Brisanzkrise) gebaut wurde - ich verweise lediglich darauf, dass das massiv überall geschah, und wie oben gezeigt seit vielen Jahren vor dem Krieg.

Man kann sagen" jaja, Festungen sind doch nur Defensivdinger, präventive Landesverteidigung" - das trifft nicht ganz zu. Der Schlieffenplan benötigte Metz & Diedenhofen, aber auch Mainz & Germersheim.

...die fortifikatorischen Planungen ab 1900 waren angepasst an die Erfordernisse des Schlieffenplans. Wo kann in diesen Zusammenhängen noch eine diffuse, grimmig-fatalistische Stimmung entstehen? Mir scheint: bei den Militärs nicht so sehr (?!)
 
Wenn ein großes Land ein kleineres ohne Grund angreift (selbst Wilhelm II. sah nach der Antwort Serbiens auf das Ultimatum keinen Grund mehr, Serbien anzugreifen), dann sind meine Sympathien bei dem kleineren

Seltsames Argument die eigenen Sympathien an der größe des Landes fest zu machen. Und was bedeutet das dann, wenn ein vergleichsweise kleines Land ein größeres ohnen akzeptablen Grund überfällt?

Soll schon vorgkommen sein, denken wir an die kleinen Balkanstaaten, die im Verein das Osmanische Reich angriffen oder Japan im 2. Weltkrieg, dass die USA angreift.
Sind dann auf Grund der Größe des Landes die Sympathien bei Japan? Trotz nicht vorhandenen Kriegsgrunds und aller begangenen Schweinereien in Ostasien?
Würde mich jetzt interessieren.

Wieso gehst du davon aus, dass Russland dem Deutschen Reich Krieg erklären würde, schließlich stand Russland zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mit Österreich-Ungarn im Krieg?

In St. Petersburg wusste man durchaus, dass man Deutschland mit der Mobilmachung die Pistole auf die Brust setzte, weil es wenn Russland Teile seiner Streitkräfte mobilisierte im Konfliktfall seine Mobilmachungsgeschwindigkeit nicht ausspielen konnte und dadurch in einen Zweifrontenkrieg geraten würde.
Das Berlin das nicht zulassen konnte, wusste man in St. Ptersburg.

Nein, der Konflikt Ö-U mit Serbien war erstmal ein lokaler zwischen zwei Nachbarstaaten.
Das war er nicht mehr, nachdem Deutschland Österreich, Russland Serbien und Frankreich Russland unbedingte Unterstützung zugesichert hatte.
De facto hatte die Ausdehnung bereits vor Kriegsbeginn stattgefunden.

denn im Artikel 2 der französisch-russische Militärkonvention vom September 1913 stand, dass Russland und Frankreich im Falle einer deutschen Mobilmachung oder einer deutschen Kriegshandlung sofort und ohne vorherige Konsultation mobilisieren sollten.

Im Falle einer nicht provozierten Mobilmachung. Alles andere wäre ein Freibrief für einen Angriffskrieg gewesen.
Der Fall einer unprovozierten Mobilmachung lag allerdings nicht vor, weil Russland seinerseits mobilisierte und Deutschland damit zur Mobilisierung als Gegenmaßnahme zwang.
Die Beantwortung der russischen Mobilisierung mit der Deutschen konnte aber nicht als ein Akt unprovozierter Agression Deutschlands angesehen werden.

Im Übrigen trittst du hier mit einer extrem schrägen Logik auf, wenn du einerseits Russland das alleinige Recht zusprechen willst zur Durchsetzung seiner Interessen zu mobilisieren und deutsche Gebgenmobilmachung aber als einen agressiven Akt Deutschlands verkaufen möchtest wegen dem für Frankreich der casus foederis gegriffen hätte.

Damit würdest du Russland ein einseitiges Recht einer Erpressungspolitik qua Mobilisation zubilligen.

Das ist kein Strohmannargument, denn hätte das DR Belgien in Ruhe gelassen, hätte GB keinen Grund gehabt, in den Krieg einzutreten.

Nun, dann hätte ja nichts dagegen gesprochen Berlin für diesen Fall auch eine Garantieerklärung für die englische Neutralität zu geben, wenn sich Deutschland im Westen ruhig verhielt.
Warum erfolgte das nicht? Frankreich erhielt sogar darüber hinausgehende Zusagen.

Es gab eine Warnung der Briten, die Neutralität Belgiens zu respektieren
Ja, aber keine Garantie, dass Großbritannien nicht trotzdem in den Krieg eintreten würde, auch wenn Deutschland Belgien in Ruhe ließe.

Warum gab man die nicht, wenn es einen nichts gekostet hätte, weil man ohne Verletzung der Neutralität Belgiens gerne neutral geblieben wäre?
Ich bin ja nicht unbedingt bei @Turgot s ansicht hinsichtlich der Politik des foreign office, aber auch wenn ich da einige Dinge anders sehe, die Zusage der Neutralität zu unterlassen war eindeutig ein doppeltes Spiel, dass die Türe für einen eventuellen Kriegseintritt bei anderer Gelegenheit offen hielt und das war keine diplomatische Nachlässigkeit. Das war Kalkül.

Ein Plan, der zur Voraussetzung hat, Neutralität eines Landes zu verletzen, ist kein Plan, sondern eine Dummheit, und das nicht nur, weil man damit die Weltöffentlichkeit gegen sich aufbringt, was dann auch passierte.

So sehr hat sich die Weltöffentlichkeit aber gar nicht aufgeregt, als die Ententemächte völkerrechtswidrig und in Missachtung der griechischen Neutralität Limnos besetzten um es als Aufmarschbasis für die Galipoli-Operation zu verwenden.
Oder meintest du da jetzt was anderes?


Eben. DR hatte außer diesen Schlieffen-Plan nichts in der Hand. Und doch geht das DR hin und erklärt Russland den Krieg, damit der Bündnisfall eintritt und es einen Grund gibt, Frankreich via Belgien anzugreifen. Verrückt.

Es würde wirklich helfen einfach mal die Beiträge anderer User zur Kenntnis zu nehmen oder vernünftige Literatur zum Thema zu konsumieren.

Fakt ist: Die Städte Kalisz, Tschenstochau und wurde von Deutschen ohne Gegenwehr schon am ersten Tag besetzt.

Fakt ist vor allen Dingen dass du nicht in der Lage scheinst eine begrenzte Operation zur Vorfeldsicherung mit vergleeichsweise geringem Truppenaufwand von einem großangelegten Feldzug in die Tiefe des gegnerischen Landes zu unterscheiden, für den mehrere Armeen zusammengezogen und vorbereitet werden müssen.

Eben, Ö-U war im Krieg mit Serbien, nicht mit Russland. Und Deutschland war gar nicht bedroht

Natürlich war es dass, wenn Russland mobilisierte, Deutschland gleichzeitig aber seine Truppen im Westen zur Deckung gegen Frankreich benötigte.
Die russische Mobilmachung musste zwangsläufig die Deutsche nach sich ziehen, die Deutsche die Französische und wenn Russland und Frankreich gleichzeitig mobilisierten, musste Deutschland losschlagen, weil es hätten beide erst einmal voll mobilisiert gehabt zwischen beiden auf verlorenem Posten gestanden hätte, hätte sich der Konflikt ausgeweitet und Frankreich hatte wegen Elsass-Lothringen in diesem Fall ein Motiv ordentlich ÖL ins Feuer zu gießen.

Das ist wohl nur eine rhetorische Frage, denn wir beide wissen, dass sich Russland als Schutzmacht des Panslavismus und der Orthodoxie betrachtete und deswegen Serbien Beistand zusicherte.

Ja, frag mal die Polen, und die Ukrainer, was die von ihren panslawischen Brüdern und deren Unterdrückungspolitik so hielten.
War eingentlich Bulgarien kein slawisch bevölkertes Land? Warum weigerte sich St. Petersburg dann eigentlich Bulgarien im 2. Balkankrieg Beistand zu leisten?

Ich denke über den weiteren Gehalt von panslawischen Märchenerzählungen brauchen wir uns nicht näher auslassen, das hatte mit praktischer Poilitik wenig zu tun.
Zumal der Zar und die meisten hochangigen Politiker auch nicht als ausgemachte Panslawisten aufgefallen sind.

Es wurde lediglich versucht!, in diesen Militärbezirken mobil zu machen – in Wirklichkeit ging da gar nichts
Woher sollte man das in Berlin wissen? In Berlin kam nur an, dass der Zar die Mobilmachung verfügt hatte und das war eine direkte Bedrohung Deutschlands auf die entsprechend reagiert wurde.

Beteuern konnte man vieles. In Wien beteuerte man ja auch, dass man mit dem Krieg gegen Serbien nur eine Betrafung Serbiens, aber keine eigenen Eroberungs- oder Machtinteressen verfolgte.
Wer das glauben sollte..............

Ja, eine Zusage, die wenig bis nichts wert war, weil Russland selbst zu wenig Munition und Waffen hatte.
Nun, wenn diese Zusage von Anfang an nichts Wert war und St. Petersburg das auch wusste, warum machte es sie dann, wissend, dass Serbien ins offene Messer laufen würde, wenn Wien sich nicht bluffen ließ?
 
@Dion
Das alte Lied. Du liest selektiv; was dir nicht gefällt wird ausgeblendet.

Wie wärst, wenn du endlich einmal die schon mehrfach gestellten Fragen beantworten würdest?

  1. Wer bedrohte Russland konkret? Immerhin begann Russland am 26.07. mit der Mobilmachung gegen Österreich-Ungarn.
  2. Wer bedrohte konkret Großbritannien? Die britische Flotte wurde durch das eigenmächtige Handeln Churchills, er hat keine Genehmigung des Kabinetts, in Alarmbereitschaft versetzt. Also, wer wollte Großbritannien angreifen, das so ein drastischer Schritt gerechtfertigt gewesen wäre und die Vermittlungsvorschläge sind dann auch nicht mehr wirklich glaubhaft, wenn London so an der Eskaltionsschraube drehte.
  3. Hast du oben die Ausführung von Kriegsminister Suchumlinow gelesen, welchen Zweck die russischen Mobilisierungsmaßnahmen hatten? Was sagst du dazu?
  4. Die Aufforderung des britischen Königs Georg V. an Grey doch bitten einen Kriegsgrund zu finden, hast du die gelesen?
  5. Dass das Foreign Office bei Prüfung, ob für Großbritannien die Pflicht zur militärischen Unterstützung Belgiens bestand, war schon in Vergangenheit verneint worden. Es war der vorgeschobene Grund für Großbritannien in dem Krieg einzutreten, um später nach einen möglichen Sieg Deutschlands nicht allein zu sein oder eben bei Sieg Russlands und Frankreichs nicht abseits gestanden zu haben.
Alles Punkte, zu denen du dich ausschweigst. Wie wäre es mit einer Antwort bzw. Stellungnahme?
 
Wer bedrohte konkret Großbritannien? Die britische Flotte wurde durch das eigenmächtige Handeln Churchills, er hat keine Genehmigung des Kabinetts, in Alarmbereitschaft versetzt. Also, wer wollte Großbritannien angreifen, das so ein drastischer Schritt gerechtfertigt gewesen wäre und die Vermittlungsvorschläge sind dann auch nicht mehr wirklich glaubhaft, wenn London so an der Eskaltionsschraube drehte.

Hier muss ich widerprechen.
Die Mobilisation der britischen Flotte stellte für die Zentralmächte keine Bedrohung dar, weil für das Kräfteverhältnis an Land unerheblich.
Wenn im Kriegsfall die britische Flotte ihre Operationen einige Tage früher beginnen konnte, war das für den Zweibund zwar ärgerlich, aber nicht im Kern bedrohlich, war doch klar, dass dieser Krieg an Land entschieden würde.

Davon ab, du kennst die bei den damaligen Schiffstypen verwendeten Kesselanlagen.
Da war Kaltstartfähigkeit ohne Anheizen, was einige Tage dauerte nicht unbedingt gegeben.
Wenn GB seine Flotte mobilisierte musste man das durchaus nicht als Bedrohung auffassen, das konnte als reine Vorsichtsmaßnahme gedacht sein.
Anders sieht es mit der Mobilisation der Russischen Landstreitkräfte aus, die in der Tat eine Bedrohung darstellte und ja auch ganz bewusst als solche zur Einschüchterung eingesetzt werden sollte.

Die Aufforderung des britischen Königs Georg V. an Grey doch bitten einen Kriegsgrund zu finden, hast du die gelesen?

Nun war allerdings der König nicht die britische Regierung.
In der Sache bin ich bei dir, dass das Unterlassen einer Garantie der britischen Neutralität jedenfalls die Türe für eine Kriegsbeteiligung offen hielt und sicher kein Versäumnis aus Unachtsamkeit war.

Aber das Statement des Königs, halte ich für herzlich irrelevant. Daraus lässt sich keine Haltung der britischen Politik herleiten.
 
Es gab eine Warnung der Briten, die Neutralität Belgiens zu respektieren: Frankreich hat sich daran gehalten, Deutschland nicht. Punkt.

Ich habe schon die Argumente, weshalb sich Frankreich daran gehalten hatte, ausgeführt. Das hatte so rein gar nichts mit humanistischen Überlegungen oder der Sorge vor dem Bruch des Völkerrechts, eben durch Bruch der belgischen Neutralität, zu tun. Die Gründe waren rein ausschließlich eigennütziger Natur. Hast du das weiter oben überhaupt gelesen?

Und die britischen Überlegungen habe ich auch schon ausgeführt. Lies diese doch einfach weiter oben.

Es wurde lediglich versucht!, in diesen Militärbezirken mobil zu machen – in Wirklichkeit ging da gar nichts (laut dem russischen Quartiermeister Danilow). Das war ohnehin nur als Drohgebärde gegen Ö-U zu verstehen, die Grenze zu Serbien nicht zu übertreten. Das wurde Ö-U auch so mitgeteilt, aber Ö-U machte einfach weiter, weil es sich der Unterstützung Deutschland sicher war: Der große Bruder im Norden würde das mit Russland schon erledigen.

Versucht? Das ist doch Blödsinn. Eine Mobilmachung als Drohgebärde.
Nimm einfach die Aussage vom russischen Kriegsminister Suchumlinow. Der hat gegenüber den französischen Militärattaché deutlich gemacht, worum es tatsächlich ging. Ich zitiere mich hier einmal selbst.

Turgot schrieb:
Der deutsche Militärbevollmächtige Generalleutnant von Chelius fasste die gmachten Beobachtungen dahingehend zusammen, das eine Mobilmachung angeordnet worden sei.
Sowohl Sasonow als auch Suchumlinow logen den deutschen Botschafter Pourtales bzw. den deutschen Militärattaché von Eggeling hinsichtlich der russischen Maßnahmen und beschwichtigten. Sasonow führte am 26.07.gegenüber Pourtales aus, er könne garantieren, das keine Mobilmachungsorder ergangen, vielmehr im Ministerrat beschlossen worden sei, mit einer solchen zu warten, bis Österreich-Ungarn feindliche Haltung gegen Russland einnimmt.
Suchumlinow ging noch weiter und führte gegenüber Eggeling aus, das er sein Ehrenwort verpfände, das keine einziges Pferd requiriert und kein einziger Reservist einberufen worden sei.

Das sah Wilhelm II. anders – siehe oben meine Antwort an @hatl.

Das habe ich bereits vor dir in diesem Faden ausgeführt gehabt!

a, eine Zusage, die wenig bis nichts wert war, weil Russland selbst zu wenig Munition und Waffen hatte. Aber abgesehen davon: Nach weiteren 5 Tagen, also am 5.7. wurde Österreich-Ungarn der Blankoscheck aus Deutschland serviert, was das Vorgehen Österreich-Ungarn gegen Serbien erst ermöglicht hatte.

Moment einmal. Russland tätigte bereits 2 Tage nach dem Attentat so eine Unterstützungszusage und das wischt du einfach so weg.

Das die deutsche Zusage vom 05.07., liest du überhaupt hier die Beiträge, ein Tatbestand ist, den Deutschland zu schultern hat und auf das Schuldkonto Deutschlands gebucht werden muss.

Eben, Ö-U war im Krieg mit Serbien, nicht mit Russland. Und Deutschland war gar nicht bedroht, denn, wie du schon sagtest, machte Petersburg gegen Ö-U mobil, nicht gegen Deutschland. Mehr noch: Der Zar Nikolaus II. sicherte seinem Cousin Wilhelm II. zu, Deutschland nicht anzugreifen.

Kuckuck. Hast du schon vom Zweibundvertrag vom 07.Oktober 1879 gehört? Wenn nicht, unbedingt nachholen und lesen, denn dort stehen u.a. die deutschen Verpflichtungen drinnen, für den Fall das Russland Österreich-Ungarn angreift.

Eben. DR hatte außer diesen Schlieffen-Plan nichts in der Hand. Und doch geht das DR hin und erklärt Russland den Krieg, damit der Bündnisfall eintritt und es einen Grund gibt, Frankreich via Belgien anzugreifen. Verrückt.

Russland machte mobil gegen Österreich-Ungarn und eine Mobilmachung ist der erste Schritt in der militärischen Auseinandersetzung. Und du dir dir die Militärbezirke ansiehst, die vor der deutschen Kriegserklärung mobil gemacht worden waren, dann kannst du auch die Bedrohung für Deutschland erkennen. Übrigens hatte die Russen noch vor der deutschen Kriegserklärung mit der Generalmobilmachung begonnen.
 
Es war zu erwarten, dass diese Diskussion genauso wenig bringen würde wie alle anderen zuvor – mit tausenden von Beiträgen. Du, @Turgot, und @Shinigami werdet auch hier weiter debattieren, ohne sich je vom einmal eingenommen Standpunkt weg zu bewegen, denn eure Positionen standen und stehen fest; für eine Diskussion allein der Diskussion wegen, bin ich nicht zu haben. Auch weil ich schon zu viel Zeit investiert habe in eine Sache, die mich eigentlich nicht interessiert – oder nur insofern als der I. Weltkrieg die Grundlage für den zweiten lieferte.

Mach ruhig weiter, aber ohne mich.
 
Es war zu erwarten, dass diese Diskussion genauso wenig bringen würde wie alle anderen zuvor
diesem Urteil kann ich mich nicht anschließen, ganz im Gegenteil: ich finde diese Diskussion mit all ihren vertiefenden Betrachtungen, Argumentationen und Quellen sehr spannend und informativ. Und das ganz speziell zu den Feinheiten und Verwicklungen der Diplomatie des fraglichen Zeitraums. Ich kleines Licht lerne hier was dazu, auch und gerade wo kontroverse Perspektiven einander gegenüber stehen, und versuche aus meinem Randgebiet (Festungen) ein wenig beizutragen.
Ansonsten ist es hier prima möglich, sich mit Fragen einzuklinken und interessante, unerwartete und auch kontroverse Antworten zu erhalten - so soll es doch sein.
...und wer keinen Bock auf eine gründliche ordentliche Diskussion hat, der kann doch wegbleiben ohne "mimimi ohne mich" zu greinen...
 
Du, @Turgot, und @Shinigami werdet auch hier weiter debattieren, ohne sich je vom einmal eingenommen Standpunkt weg zu bewegen, denn eure Positionen standen und stehen fest;

Du sprichst gerade von dir selbst. Ansonsten siehe die zutreffenden Zeilen von @dekumatland

Hier muss ich widerprechen.
Die Mobilisation der britischen Flotte stellte für die Zentralmächte keine Bedrohung dar, weil für das Kräfteverhältnis an Land unerheblich.
Wenn im Kriegsfall die britische Flotte ihre Operationen einige Tage früher beginnen konnte, war das für den Zweibund zwar ärgerlich, aber nicht im Kern bedrohlich, war doch klar, dass dieser Krieg an Land entschieden würde.

Das ist schon richtig. Den Deutschen war aber, trotz gegenteiliger Informationslage, wohl nicht wirklich klar, das die Briten tatsächlich eine Fernblockade planten. Ansonsten hätte wohl sinnvollerweise die deutsche Rüstung zur See umgestellt werden müssen.

Aber die Frage lautete ja auch, durch wen wurde Großbritannien bedroht?

Davon ab, du kennst die bei den damaligen Schiffstypen verwendeten Kesselanlagen.
Da war Kaltstartfähigkeit ohne Anheizen, was einige Tage dauerte nicht unbedingt gegeben.

Danke, nein wußte ich nicht. Interessante Info.

Wenn GB seine Flotte mobilisierte musste man das durchaus nicht als Bedrohung auffassen, das konnte als reine Vorsichtsmaßnahme gedacht sein.

Wovor? Niemand hatte die Absicht Großbritannien anzugreifen.

Nun war allerdings der König nicht die britische Regierung.

Das stimmt. Aber er war das Staatsoberhaupt und nicht ohne Einfluss und dürfte bei Grey und seinen Freunden offene Türen eingerannt haben.






 
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