WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Die behauptung, das Deutschland große Schuld am kriegsausbruch trug, kann man als wiederlegt ansehen.

Das einzige Anzukreidende war der Blankoscheck für Österreich Ungarn und die sehr unglükliche Formulierung der Diplomatischen Note bezüglich Durchmarschrechte in belgien.

Quelle: Clark, die Schlafwandler
 
Bitte hier nicht übersehen, das der Autor ausgesprochen Germanophil ist.

Und das bedeutet in der Konsequenz was? Sind im Umkehrschluss diejenigen, die der Alleinschuld oder Hauptschuld Deutschlands anhängen anglophil?

Clark hat tatsächlich nichts überraschend Neues publiziert, das war alles schon bekannt, nur wurde es eben nicht mehr groß erwähnt. Dei Sachverhalte, die Deutschland belasten hingegen schon sehr deutlich. Natürlich gibt es eine bedeutende Fraktion, die sich mit Inbrunst der Hauptschuld Deutschlands hingeben. Clark hat seine Thesen belegt. Für so einige Leute sind Clarks Thesen sicher unbequem, da es den Abschied von liebgewonnenen Vorstellungen bedeutet.
 
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Ist das offiziell und common sense, dass Christopher Clark – Wikipedia "germanophil" ist?
Nein, ich wollte mit meinem Kommentar lediglich wertungsfrei ausdrücken, das C.C. ein sehr positives Deutschlandbild hat und deshalb vielleicht, eventuell eine Beurteilung dieser Problematik seinerseits genauer betrachtet werden sollte.

Obacht, ich schaue im allgemeinen immer nach den persönlichen Verhältnissen von Autoren, das hilft mir bei der Beurteilungen ihre Darlegungen.
Das ist weder ablehnend noch negativ zu seinen Ausführungen gemeint.
 
Ich mutmaße einmal, das @Avarice1987 auf die schroffe diplomatische Bemühung Deutschlands anspielt, in der es darum ging, das die deutschen Armeen Belgien durchqueren dürfen, um dann nach Frankreich zu gelangen.


Durchmarschrecht: Befugnis zum unbehinderten Marsch durch ein Gebiet (Quelle Durchmarschrecht – Wiktionary )
 
Die behauptung, das Deutschland große Schuld am kriegsausbruch trug, kann man als wiederlegt ansehen.
Und darf man auch fragen wodurch?

Aus dem, was der von dir genannte Clark geschrieben hat, geht das durchaus nicht hervor. Clark hat in seinen Schlafwandlern vermieden offen Stellung zu Fragen von Schuldverteilung zu beziehen und aus dem, was er in dem Buch geschriben und wie er sich verschiedentlich geäußert hat, wird man ableiten können, dass Clark eher kein Anhänger des Fischer'schen "Hauptschuld-Postulats" ist.

Die Behauptung, dass man die These, dass Deutschland allerdings dennoch große Schuld am Kriegsausbruch trage, als widerlegt betrachten könnte, geht allerdings weit über das hinaus, was Clark jemals geschrieben oder behauptet hat.
Und insofern Clark sich zwar gegenüber dem Fischer'schen Hauptschuld-Postulat eher reserviert gezeigt hat, die wesentlichen Erkenntnisse Fischers hinsichtlich problematischer Schritte seitens Berlin, allerdings in seine Gesamtsicht übernommen hat, wage ich mal die Vermutung, dass sich Clark selbst einem Gesamturteil, dass keine erhebliche Verantwotung für den Kriegsausbruch auf deutscher Seite konstatieren würde eher nicht anschließen würde.

Ablehnung des Hauptschuld-Postulats und Ablehnung einer großen Schuld/Verantwortung Deutschlands insgesamt (ohne darüber etwas über die Verantwortung anderer Akteure in Relation auszusagen) sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Mal davon abgesehen, dass sich eine Hauptverantwortung Deutschlands, wenn man sie denn postulieren wollte, möglicherweise auch aus anderen Argumenten herleiten ließe, als aus denen, die Fischer verwendet hat.
Insofern bei aller methodisch durchaus berechtigten Kritik an Fischers Hauptschuldpostulat, widerlegt ist, abgesehen von der fischer'schen Hauptschuldthese, eigentlich nichts und diese auch nur, weil Fischer seinerzeit keine umfassende Untersuchung der Verhältnisse bei allen Kriegsteilnehmern in sein Postulat hat einfließen lassen, sondern sich lediglich um die deutschen Verhältnisse gekümmert hat.

Das macht sein Hauptschuld-Postulat natürlich angreifbar, weil man ihm vorwerfen kann, es auf keine solide Datengrundlage gestützt zu haben, wobei ihm allerdings durchaus zuzugestehen ist, dass er eine Umfassende Betrachtung aller Parteien in der Julikrise, wie Clark das geleistet hat, seinerzeit nicht liefern konnte, schon weil es vor 1990 nicht möglich war an die sowjetischen/russischen Archive heran zu kommen und das dort vorhandene Material einigermaßen vollständig zu sichten und einzuordnen, womit der gesamten Geschichtsschreibung bis zum Ende der Sowjetunion ein detailliertes, einigermaßen unverfälschtes Bild dieses Schlüsselakteurs in der Juli-Krise fehlte.

Allerdings, wie gesagt, auch wenn man Fischers Postulat zurückweist, kann man durchaus zu dem Schluss kommen, dennoch eine Hauptverantwortung für diesen Krieg bei Berlin zu sehen und das anders zu begründen.
Ob die Begründung dann in Einzelnen valide wäre, wäre zu diskutieren, aber jedenfalls resultiert aus der Ablehnung der Begründung Fischers nicht, dass sämtliche anderen denkbaren Begründungen ebenfalls zu verwerfen seien.

Weder im Hinblick auf eine Hauptverantwortung, noch gar im Hinblick auf eine niedrigschwelligere "große Schuld/Verantwortung", die Fischer mit dem "Blancoscheck" und einigen anderen Verhaltensweisen der Deutschen Regierung während der Krise valide begründet und der im Gegensatz zu Fischers Hauptschuldpostulat die spätere Geschichtsschreibung im Kern auch nicht mehr widersprochen hat (das ist bei aller Kritik ein bleibendes Verdienst Fischers, das herausgearbeitet zu haben).
 
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Und das bedeutet in der Konsequenz was? Sind im Umkehrschluss diejenigen, die der Alleinschuld oder Hauptschuld Deutschlands anhängen anglophil?
Ich kann mich erinnern, dass mir in diesem Forum schon für weniger (Überlegungen zur Bedeutung der Kontrolle der Nordsee für die Verteidigungs- und Konfliktfähigkeit Großbritanniens), übermäßige Anglophilie vorgeworfen wurde. ;)

Auch wenn der Vorwurf etwas mehr durch die Blume ging, wirst du (und werden vielleicht auch andere Mitdiskutanten) dich ja sicherlich noch an gewisse Spötteleien hinsichtlich "britischer Sonderrechte" (ohne das eine solche Figur von meiner Seite her bemüht wordenn wäre) etc. erinnern. ;)


Was nun die Frage betrifft, ob man Clark als "germanophil" bezeichnen kann, ich denke es ist durchaus unumstritten, dass seine Darstellung der Julikrise (Schlafwandler) deutschlandfreundlicher ausgefallen ist, als die der Meisten seiner deutschen Kollegen in der jüngeren Vergangenheit davor?
 
Clark richtet den Fokus seiner Darstellung eben nicht nur auf Berlin, wie beispielsweise Fischer es getan hatte, und Wien, sondern eben auch und insbesondere auf Petersburg, Paris und London.

Er stellt das diplomatische Handeln der Diplomaten in den genannten Hauptstädten dar und daraus wird m.E. nach schon sehr deutlich, das Russland und Frankreich eine ganz erhebliche Schuld am Zustandekommen des Ersten Weltkrieges zu schultern haben. Allein nur die ständigen Ermutigungen, in Form der Betonung der französischen Bündnistreue, durch den französischen Botschafter Paleologue sei erwähnt. Auch Staatspräsident Poincaré hat sich bei seinem Besuch in Petersburg keine Zurückhaltung auferlegt.

Auch die Vorgeschichte, eben die schweren diplomatischen Krisen, die bis an dem Rande des Krieges gingen, des Weltkrieges wird über mehrere hundert Seiten ausgebreitet. Die Ursachen dieser schweren Krisen sind aber nicht in Berlin zu suchen. Aber durch diese Krisen war schon ein bedenkliches, ja explosives außenpolitisches Klima entstanden.
 
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Was nun die Frage betrifft, ob man Clark als "germanophil" bezeichnen kann, ich denke es ist durchaus unumstritten, dass seine Darstellung der Julikrise (Schlafwandler) deutschlandfreundlicher ausgefallen ist, als die der Meisten seiner deutschen Kollegen in der jüngeren Vergangenheit davor?

Die deutschen Kollegen denken halt an ihre internationale Reputation und da macht es sich gut, die Deutschen "mit Dreck zu bewerfen." Hat mir ein bekannter deutscher Historiker aus eigener Anschauung erzählt und schwarz auf weiß belegt. Die Deutschen gefallen sich ungemein gut in der Rolle des Schuldigen.
 
Was nun die Frage betrifft, ob man Clark als "germanophil" bezeichnen kann, ich denke es ist durchaus unumstritten, dass seine Darstellung der Julikrise (Schlafwandler) deutschlandfreundlicher ausgefallen ist, als die der Meisten seiner deutschen Kollegen in der jüngeren Vergangenheit davor?
...und diese von dir erwähnten deutschen Kollegen haben die Wahrheit gepachtet, vielleicht weil diese durch Mehrheitsentscheid zu ermitteln sei? Oder haben die den Clark widerlegt, in den Orkus befördert?
;)
gewisse Spötteleien hinsichtlich "britischer Sonderrechte" (ohne das eine solche Figur von meiner Seite her bemüht wordenn wäre) etc. erinnern. ;)
...willst du deine Inselreich-Philosopheme wieder aufwärmen?? ;):D
 
Die deutschen Kollegen denkt halt an ihre international Reputation und da macht es sich gut, die Deutschen "mit Dreck zu bewerfen."
Also dass es im Sinne inernationaler Reputation einzelner Wissenschaftler erwünscht und karrierefördernd wäre "die Deutschen mit Dreck zu bewerfen", halte ich nun wirklich für Unfug.
Es verliert niemand seine Reputation, weil er nicht in übertriebenem Maße einseitige Bilder fabriziert, die Deutschlands ungünstig darstellen.

Es hat sicherlich noch ins ausgehende 20. Jahrhundert hinein einen verbreiteten Konsens gageben bei allem, was die jüngere Deutsche Geschichte betrifft dreimal kritisch hin zu schauen und sicherlich auch Tendenzen dahingehend die Rolle anderer Mächte auf keinen Fall so kritisch darzustellen, dass es als Entlasung Deutschlands, was das frühe 20. Jahrhundert betrifft betrachtet werden konnte.

Das sehe ich aber in der neueren Publikation nicht mehr oder jedenfalls zunehmend weniger.
 
Ein Beispiel:

"Wie sagte mal eine amerikanische Kollegin zu mir, als sie im IfZ in München einen Preis für ihr Werk bekam, in dem sie von 1871 bis 1945 eine durchgehende Gewalt- und Vernichtungsspirale in der deutschen Militärgeschichte postulierte: "xxxxxxxxxx you must simply put out dirt buckets on the Germans. Then you get the prizes and the money."
 
...und diese von dir erwähnten deutschen Kollegen haben die Wahrheit gepachtet, vielleicht weil diese durch Mehrheitsentscheid zu ermitteln sei?
Wo habe ich irgendwas von "Wahrheit" (komplett unwissenschaftlicher Begriff) geschrieben?

Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass man Clark im Spektrum der hierzulande viel gelesenen Autoren zum 1. Weltkrieg durchaus als einen relativ deutschlandfreundlichen Autoren einordnen kann.
Das rechtfertigt aus meiner Sicht durchaus, ihn im Rahmen des Diskurses um die Julikrise als eher germanophil zu betrachten, jedenfalls gemessen daran, was andere in diesem Land viel gelesene Autoren dazu geschrieben haben.

...willst du deine Inselreich-Philosopheme wieder aufwärmen?? ;):D
Ich habe dir schonmal gesagt, dass mir auf das heilige Inselreich nichts kommt! Selbstverständlich ist das Königreich der Balearen über jegliche falsche Beschuldigungen im Zusammenhang mit dem 1. Weltkrieg oder etwaiger historischer Flottenwettläufe erhaben.

Im Besonderen so lange das großzügige Asylrecht für vom Stress verfolgte Bismarckheringe und Badetouristen (nachdem die Nordseebäder alle von der britischen Flotte bedroht sind) noch gilt und wir darauf hoffen dürfen unsere Mittelmeer-Unterseeboot-Geschwader weiterhin von den balearischen Behörden unbehelligt in Palma und Cala Millor mit ergänzenden Sangria-Vorräten ausstatten und diese unter gemeiner Umgehung der neuerlichen Zollgrenzen per U-Boot an der britischen Küste anlanden und dort damit einen großen Reibach machen zu können.

So lange das gegebenn ist, ist jede Kritik am Inselreich Blasphemie und was darauf steht, wird dir der Ketzerei-Experte Dion erklären können. Die neue mallorquinische Inquisition ist da sehr kooperativ, wenn es um den guten Ruf der für die Welt so bedeutenden Eilande geht.
;)
 
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Ein Beispiel:

"Wie sagte mal eine amerikanische Kollegin zu mir, als sie im IfZ in München einen Preis für ihr Werk bekam, in dem sie von 1871 bis 1945 eine durchgehende Gewalt- und Vernichtungsspirale in der deutschen Militärgeschichte postulierte: "xxxxxxxxxx you must simply put out dirt buckets on the Germans. Then you get the prizes and the money."
Und der Beleg für das Beispiel?
 
Ein Beispiel:

"Wie sagte mal eine amerikanische Kollegin zu mir, als sie im IfZ in München einen Preis für ihr Werk bekam, in dem sie von 1871 bis 1945 eine durchgehende Gewalt- und Vernichtungsspirale in der deutschen Militärgeschichte postulierte: "xxxxxxxxxx you must simply put out dirt buckets on the Germans. Then you get the prizes and the money."
...dass diese Spirale nicht schon nach dem Sommer 1870 einsetzt, macht mich irgendwie ratlos :D :D:D
 
Obacht: das deutsche Kaiserreich hat in Belgisch Kongo keine einzige indigene Hand abgehackt. Auch hat es keinen einzigen Russen oder Japaner 1904 plattkartätscht --- bin ich nun als Germanophiler unten durch?
Also gemäß Turgot, müsstest du damit jedenfalls mangels "dreckwerfen" deine internationale Reputation los sein.

Was allerdings an der Feststellung, dass Deutschland bei bestimmten Ereignissen keine Rolle hatte, da nicht direkt involviert irgendwas mit der Frage zu tun hat, ob man etwas "germanophil" nennen kann, weiß ich nicht.

Wir reden bei der Juli-Krise ja nunmal über ein Ereignis, in das Berlin definitiv sehr direkt involviert war (wie auch in die meisten dem Krieg vorangegangenen Krisen), so dass sich die Frage ob etwas nun als besonders deutschlandfreundlich betrachtet werden kann, hier sinnvollerweise allenfalls auf die Bewertung der deutschen Rolle in der Angelegenheit beziehen kann, nicht auf das bestreiten des Umstands, dass Deutschland darin so etwas wie eine Rolle hatte.
 
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