Indogermanen, Konstrukt oder Wirklichkeit?

Um mal von Gimbutas und Renfrew wegzukommen der Inhalt eines Aufsatzes: David W. Anthony, Horse, wagon & chariot: Indo-European languages and archaeology. Antiquity 69, 1995, 554-565. Dazu muss ich noch sagen, dass ich die linguistischen Aspekte nicht bewerten kann und will, da diese einfach nicht mein Gebiet sind. Ein generelles Problem: die wenigsten Archäologen sind Linguisten und umgekehrt.

Der Autor versucht Ergebnisse linguistischer Forschung mit dem Indoeuropäer-Problem und dem der Entwicklung von Rad und Wagen zu verbinden. Dabei geht er von der Prämisse einer Rekonstruierbarkeit des Protoindoeuropäischen (PIE) aus.

Waren die Sprecher des PIE mit Radfahrzeugen verbunden?

6 Begriffe, davon 3 für Räder, 1 für die Achse, 1 für die Deichsel und 1 für die Beförderung mit Wagen lassen sich rekonstruieren. Dagegen setzten Renfrew und andere, dass die Verbreitung dieser Begriffe erst durch die einzelnen indoeuropäischen Sprachen erfolgt wäre – aber:

1. decken die 6 Begriffe den gesamten Bereich des Wagenfahrens ab, treten von Irland bis Mittelasien auf, ohne das einer dieser Begriffe lokal beschränkt bliebe

2. erfolgten Erfindung und Verbreitung des Rades so schnell, dass nicht gesagt werden kann, ob die Innovation einmalig oder mehrmalig an verschiedenen Orten erfolgte. Die Übernahme in PIE setzt aber eine Stifterkultur voraus.

3. sind mindestens 5 der Begriffe sauber und zweifelsfrei aus indoeuropäischen Sprachen ableitbar.

4. sämtliche Begriffe passen in die Sprachlinie und zeigen keinerlei Anzeichen einer Übernahme von Außen.

Tatsächlich findet sich indogermanisch „keklos“ (Rad) im Germanischen, Griechischen, Sanskrit und Tocharischen. Indogermanisch „Aks“ im Germanischen, Baltischen, Slawischen, Italischen, Griechischen, und Sanskrit. Aus dem Keltischen, Germanischen, Italischen, Sanskrit und Tocharischen lässt sich der Begriff für „mit einem Wagen befördert werden“ „wegheti“ ableiten.

Als Schlussfolgerung daraus bleibt, dass die Sprecher von PIE mit dem Wagen verbunden waren und über das entsprechende Vokabular verfügten.

Wann erfolgte die Sprachtrennung?

Archäologisch lässt sich das Auftreten des Rades etwa nach 3500 beobachten. Das gilt sowohl für Mesopotamien, wie auch für das Neolithikum nördlich der Alpen. Das wie auch immer geartete Auftreten der ältesten erfassbaren Sprecher indoeuropäischer Sprachen erfolgt in der 1. Hälfte des 2. Jahrtausends. (Ich formuliere hier vorsichtiger als Anthony, der in allen 3 Fällen von Einwanderung spricht, was sich bei den Hethitern nicht nachweisen lässt). Sanskrit, Hethitisch und die Sprache der Linear-B-Dokumente sind in der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends schon vollkommen eigene Sprachen. Die Trennung wäre also zwischen 3500 und 2000 erfolgt.

Wo liegt die Heimat von PIE?

Bei nichtstaatlichen Gemeinschaften, und davon kann ausgegangen werden, dürfte das Gebiet nicht größer als Spanien sein. PIE zeigt Beziehungen zum Protouralischen und Protokaukasischen.
Um 3500 ist der Dnepr eine archäologisch deutlich erkennbare Kulturscheide. Im Westen findet sich die Tripolje-Kultur, im Osten Srednij Stog, die sich aus neolithischen Entwicklungen des nördlichen Schwarzmeergebietes herleiten lässt. Beide Kulturen sind grundverschieden. Ist der Dnepr auch Sprachgrenze? Sprachliche Verbindungen zum Ural und Kaukasus weisen jedenfalls auf ein Gebiet östlich des Flusses.
In den Nordpontischen Steppen erscheinen Rad und Wagen ab dem Ende des 4. Jahrtausends. Sie sind verbunden mit der sogenannten Jamnaja-(Grubengrab)-Kultur. Diese geht auf Srednij Stog und weiter nordöstlich gelegene Einflüsse zurück. Während aber Srednij Stog wie die neolithischen Vorgänger nur in den bewaldeten Flusstälern anzutreffen war, finden sich die Gräber von Jamnaja in der tiefen Steppe. Jetzt wird z.B. auch die Saigaantilope ein Beutetier – auch diese nur in der Steppe zu finden. Weiterhin gibt es Indizien, dass schon die Jamnajaleute die Erzlager in der Steppe ausbeuteten.
Für Anthony ist eine Steppenhirtenkultur von einer Dreieinigkeit abhängig: Weidetiere wie Schafe und Rinder, dem Reiten, und dem Transport mit Ochsenwagen. Gleichzeitig wären die Eroberung der tiefen Steppe ein Ereignis von historischer Tragweite. Damit bestünde nun die Verbindung zwischen Europa und Asien über den von der Donaumündung bis China reichenden Steppengürtel.
Jamnaja ist nach Anthony die letzte Kultur in der PIE eine linguistische Einheit bildet. Archäologisch erstreckt sie sich bis zum Uralfluss. Hinter diesem finden sich dann materiell sehr anders geartete Kulturen.
Um ca. 2000 entsteht aus dem späten Jamnaja die Kultur von Sintashta-Petrovka. Sie wird gekennzeichnet durch befestigte Siedlungen, Bronzemetallurgie, ausgedehnte Viehzucht (Schaf, Rind, Pferd), komplexe Bestattungssitten, Streitwagen, Zweigespanne, Speichenräder. Hier sieht Anthony starke Anklänge im späteren Rig-Veda, die Sintashta-Leute als die Vorläufer der Indoiranier. Für ihn ein Beispiel für die Ausbreitung im Osten.
 
Vielleicht nur ein kleiner Stamm, aber Ur-Indogermanen und Semiten muss es gegeben haben, vielleicht nicht als ethnische aber als kulturelle Gemeinschaft.
Wobei man allerdings diese kulturelle Gruppe dann auch wieder ethnisch definieren könnte. Eine ethnische Einheit verändert sich ja auch mit der Zeit. Wie auch durch kulturelle und sprachliche Einflüße sich die Kultur und Sprache verändert, verändert sich der Ethnos auch dauernd. Es kommt halt immer auf die Sichtweise an, wie man an die Definition von Volk herangeht.



1. decken die 6 Begriffe den gesamten Bereich des Wagenfahrens ab, treten von Irland bis Mittelasien auf, ohne das einer dieser Begriffe lokal beschränkt bliebe...
4. sämtliche Begriffe passen in die Sprachlinie und zeigen keinerlei Anzeichen einer Übernahme von Außen.
Aber das sagt doch nur aus, dass der Wagen von Indogermanen erfunden wurde. Darüber wann der Wagen erfunden wurde, also ob das vor der Ausbreitung der Indogermanen erfolgte oder nicht, kann man daraus nicht schließen. Genauso gut könnte es sein, dass die anderen Indogermanen die Bezeichnung für die neue Erfindung einfach übernahmen.
Interessant wäre jetzt natürlich noch, wie diese Begriffe in den nicht-indogermanischen Nachbarsprachen benannt sind.


Tatsächlich findet sich indogermanisch „keklos“ (Rad) im Germanischen, Griechischen, Sanskrit und Tocharischen. Indogermanisch „Aks“ im Germanischen, Baltischen, Slawischen, Italischen, Griechischen, und Sanskrit. Aus dem Keltischen, Germanischen, Italischen, Sanskrit und Tocharischen lässt sich der Begriff für „mit einem Wagen befördert werden“ „wegheti“ ableiten.
Als Schlussfolgerung daraus bleibt, dass die Sprecher von PIE mit dem Wagen verbunden waren und über das entsprechende Vokabular verfügten.
Selbst wenn wir jetzt daraus ableiten, dass diese Völker gleichzeitig diese Wörter übernommen haben und sie sich nicht gegenseitig beibrachten bzw. die gleichen Lehrmeister hatten, kann man diese Erkenntnis doch auf keinen Fall auf alle Sprecher von PIE ausweiten. Für die anatolischen Sprachen ließe sich auf jeden Fall kein Schluß daraus ziehen.
 
Dazu müsste man erst wissen, was Sie über Analogien wissen und was das eigentlich ist und wie und wo und warum man diese bildet.
Dazu aus Bernbeck, Theorien d. Archl.,Tübingen/Basel,1997 ,S.85ff.

Bei Analogieschlüssen werden zwei Phänomene miteinander verglichen. Das eine, die "Quelle" der Analogie, ist im größeren Umfang als das "Subjekt", das zweite Phänomen, bekannt. Beim Vergleich zwischen Quelle und Subjekt sind drei Bereich zu unterscheiden. Ersten muß es in Quelle und Subjekt Elemente geben, die identisch sind. Zweitens müssen die Merkmale identifiziert werden, die sich in den beiden Vergleichseinheiten unterscheiden.. Entscheidend ist drittens, daß für die Quelle Charakteristika bekannt sind, die im Subjektbereich nicht beobachtet werden können. Der Analogie selbst beruht auf der Annahme, daß feststellbare Ähnlichkeiten zwischen Quelle und Subjekt auch auf die zuletzt genannten Merkmale ausgeweitet werden können, die nur in der Quelle beobachtbar sind. Bernbeck 1997,S.85
Kritisch dazu:
Gramsch,A:Chancen und Gefahren der Analogiebildungen: Back again to Baringo? In: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 37-2, 1996, 253-262.
Gramsch,A:Kontextuelle Archäologie: Zur Neubestimmung von Kontext und Analogie in der Vor- und Frühgeschichtsforschung. In: Alexander Gramsch (Hrsg.) Vergleichen als archäologische Methode: Analogien in den Archäologien - mit Beiträgen einer Tagung der Arbeitsgemeinschaft Theorie (T-AG) und einer Kommentierten Bibliografie. BAR International Series: Oxford, 2000, 101-113.

Eine Analogie ist also der Vergleich von zwei Elementen.
Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten Analogien zu bilden.
Bei Frage einer Idg. Sprache sehe ich, als erstes Mittel die sog. "Einfach Analogie", also ich schließe von A auf B, wg. den Ähnlichkeiten in A und B.
Dieses Verfahren ist, soweit ich das übersehen kann, in den meisten (Geistes)Wissenschaften, mittlerweile eher verpönt.
Das ganze funktioniert auch nur bei einer radikalen Vereinfachung des Problemes, und hier meine ich das Sprache und Kultur bei einer solchen Vereinfachung ihrer natürlichen Komplexität beraubt werden.
Es gibt doch mittlerweile wesentlich besser Theorien und Ansätze für solche Forschungen.
Z.b.:
Strukturalismus – Wikipedia

Die Methode die die Vertreter einer Idg. Sprache hier Forum folgen ist
Paläolinguistik – Wikipedia
mit allen in diesem Artikel genannten Problemen.
 
@Angrivarier
Na und, Veröffentlichkeitsdatum ist in der Regel kein Maßstab für Qualität
Hab ich auch nicht behauptet, aber je älter desto wahrscheinlicher das die in den Werken vorgestellten Thesen mittlerweile weiterentwickelt, verworfen etc. wurden. Wissenschaft ist im Fluss.

Gut, das interessiert, bitte das hier darstellen.
Ich vermute das du gerne Literatur hättest.
Dann gehe doch mal an eine Uni mit Archl. Seminar und kopiere den Artikel aus dem Reallexikon der Germ. Altertumskunde Stichwort "Idg. Altertumskunde", dort wirst du jede Menge Lit. finden.
DerGeist
In dem von mir hier in diesem Thread eingangs zitierten Artikel aus dem Reallexikon der Germ. Altertumskunde, ist ebenfalls ein Artikel über die Probleme der Sprachlichen Def. der Indogermanen zu finden.
Das ganze Problem bleibt doch nach wie vor daß:
1. Eine hypothetische Sprache rekonstruiert wird
2. Diese Sprache dann Sprecher gehabt haben muss die dann
3. Eine Idg. Kultur bildeten.

Wenn aber 1 schon fraglich ist und sich 3. keinesfalls beweisen läßt, dann würde ich feststellen, das die Grundannahme schon falsch war.


Nö, gar nichts muss da bewiesen werden, das ist eine in sich logische Schlussfolgerung. Fundierte Gegenmeinungen sind aber gerne erwünscht.
Wenn sie logisch wäre, könnte man sie beweisen, da man sie aber nicht beweisen kann ist die Grundannahme wohl falsch.
 
Ich vermute das du gerne Literatur hättest.
Dann gehe doch mal an eine Uni mit Archl. Seminar und kopiere den Artikel aus dem Reallexikon der Germ. Altertumskunde Stichwort "Idg. Altertumskunde", dort wirst du jede Menge Lit. finden.


Netter Hinweis, manche Leute arbeiten hier auch ein wenig. Ich arbeite als Investmenbanker, manchmal geht das von 6 Uhr bis dreiundzwanzig Uhr am Wochenende, daher wäre es nett, wenn hier nicht das Quiz der Literaturbeschaffung gespielt würde (Ich habe mehrere Abschlüsse, das kann ich auch noch) , sondern es gleich hier reingestellt würde, speziell von Leuten, die wohl mehr Zeit übrig haben. Dann kann man es hier direkt diskutieren.

DerGeist
In dem von mir hier in diesem Thread eingangs zitierten Artikel aus dem Reallexikon der Germ. Altertumskunde, ist ebenfalls ein Artikel über die Probleme der Sprachlichen Def. der Indogermanen zu finden.
Das ganze Problem bleibt doch nach wie vor daß:
1. Eine hypothetische Sprache rekonstruiert wird
2. Diese Sprache dann Sprecher gehabt haben muss die dann
3. Eine Idg. Kultur bildeten.

Wenn aber 1 schon fraglich ist und sich 3. keinesfalls beweisen läßt, dann würde ich feststellen, das die Grundannahme schon falsch war.


Wenn sie logisch wäre, könnte man sie beweisen, da man sie aber nicht beweisen kann ist die Grundannahme wohl falsch.

Ja, nur wird der Kausalzusammenhang umgreht und verdreht und ist so wissenschaftlich nicht verwertbar und ein wenig Murks.

Axiom: Indigene Kulturen bilden Sprachen
Axiom: Sprachen haben Sprecher
Axiom: Hypothetische Ursprachen können erschlossen werden

These: Eine hypothetische Ursprache (hier indogermanisch, das würde auch für semitisch gelten) kann rekonstruiert werden.

Beweise für diese These wurden geliefert (nicht von mir). Gegenbeweise wurden nicht geliefert. Man kann jetzt (logisch) die Axiome attackieren, aber dann muss klar sein, dass man Axiom 1, 2 oder 3 ablehnt und durch jeweils andere Axiome ersetzt.
 
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Aber sicher reicht sie als Definition vollkommen aus.


Ja, schon richtig, aber wir wollen uns doch ein bisschen zoffen! Hier ist mehr drin als der kleinste gemeinsame Nenner.


Den Sinn dieser Aussage verstehe ich nicht. Was verstehst Du denn unter "Bildung einer Sprache"? Sprachen ändern sich dauernd, egal ob ein Kulturkontinuum besteht oder nicht.

Auch richtig, daher habe ich den Begriff gerade nicht ethnisch besetzt, weil er immer ethnisch besetzt wird. Anstatt des ethnischen Kontinuums nehme ich ein kulturelles Kontinuum an (das ändert sich auch). Vielleicht ist nicht einmal "kulturell" angemessen, das mag sein. Ich meine aber es ist vertretbar, davon auszugehen, dass sich Sprachen und Sprachgruppen in relativ homogenen Gruppen bilden, definiert man sie ethnisch oder kulturell. Sprachbildung setze ich als Axiom und sozialen Prozess voraus, sonst würden wir alle stammeln. Zumindest dürfte das für Familiengruppen gelten.
 
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"Wenn sie logisch wäre, könnte man sie beweisen, da man sie aber nicht beweisen kann ist die Grundannahme wohl falsch."

Nein, das ist gerade nicht so und nicht der Sinn eines Beweises. Sie leiten Logik falsch her, wenn sie etwas nicht über eine Ableitung beweisen können, beweist das eben keinen Zentimeter und gar nichts über die Grundannahme. Sie können mit logischen Axiomen arbeiten, wie sie wollen . Sie können Papageien in der Arktis voraussetzen oder Eisbären in der Sahara, logisch ist das alles. Es muss in sich logisch sein. Falls es logisch ist, dann ist es nicht angreifbar. Falls sie die Axiome der Denktheorie angreifen (z.B. Eisbären in der Sahara gibt es nicht), dann sind Sie in der Beweislast. Sie arbeiten dann mit anderen gedanklichen Axiomen. Verstanden?
 
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Ja, schon richtig, aber wir wollen uns doch ein bisschen zoffen!

Sich um unstreitige Definitionen zu zoffen, nur um des Zoffens willen, ist nicht mein Ding.



Auch richtig, daher habe ich den Begriff gerade nicht ethnisch besetzt, weil er immer ethnisch besetzt wird. Anstatt des ethnischen Kontinuums nehme ich ein kulturelles Kontinuum an (das ändert sich auch).

Ja, und in einem kulturellen Kontinuum, dessen Grenzen ja naturgemäß fließend sind, verständigen sich die Leute mithilfe einer, zweier, dreier oder mehrerer Sprachen. Im kulturellen Kontinuum Australiens wurden rund 250 Sprachen gesprochen; die meisten Aborigines beherrschten mehrere Sprachen gleichzeitig und konnten sich damit auch mit denjenigen benachbarten Stämmen/Ethnien verständigen, die zwar demselben kulturellen Kontinuum angehörten, aber eben nicht dieselbe Sprache sprachen.


Sprachbildung setze ich als Axiom und sozialen Prozess voraus, sonst würden wir alle stammeln. Zumindest dürfte das für Familiengruppen gelten.

Also in der Familie wird "Sprache gebildet"? Das Kind lernt in der Regel die Sprache seiner Mutter und bildet so seine Sprache. Das ist eine triviale Aussage, die indes mit der Sprache seiner Mutter völlig identisch ist. Später ändert sich die Sprache, man lernt mit anderen Leuten zu kommunizieren, nimmt neue Ausdrücke in den Wortschatz auf etc...

Dieser triviale Prozeß vollzieht sich aber immer, egal ob die Mutter einer relativ homogenen kleinen Gruppe oder zusammen mit einer Milliarde anderer Menschen einem kulturellen Kontinuum angehört.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich verstanden habe, was Du mit "Sprachbildung" meinst.
 
"Wenn sie logisch wäre, könnte man sie beweisen, da man sie aber nicht beweisen kann ist die Grundannahme wohl falsch."

Nein, das ist gerade nicht so und nicht der Sinn eines Beweises. Sie leiten Logik falsch her, wenn sie etwas nicht über eine Ableitung beweisen können, beweist das eben keinen Zentimeter und gar nichts über die Grundannahme. Sie können mit logischen Axiomen arbeiten, wie sie wollen . Sie können Papageien in der Arktis voraussetzen oder Eisbären in der Sahara, logisch ist das alles. Es muss in sich logisch sein. Falls es logisch ist, dann ist es nicht angreifbar. Falls sie die Axiome der Denktheorie angreifen (z.B. Eisbären in der Sahara gibt es nicht), dann sind Sie in der Beweislast. Sie arbeiten dann mit anderen gedanklichen Axiomen. Verstanden?

Des Geistes "Denkfehler" folgt folgendem Muster:

1. Grundannahme: Die Erde ist eine Kugel
2. Ableitung: Wenn die Erde eine Kugel wären, müßten die Leute auf der anderen Seite herunterfallen.
3. Da die Ableitung offensichtlich falsch ist, muß die Grundannahme auch falsch sein.

DerGeist übersieht zwei Dinge:

- Das, was er als Grundannahme bezeichnet, ist bereits "bewiesen" - insofern, als die Fakten keinen anderen plausiblen Schluß zulassen.

- Die Ableitung beruht auf einem falschen Axiom, das mit der Grundannahme überhaupt nichts zu tun hat.
Im Falle der Indogermanentheorien lautet das Axiom z. B. "Sprache und Kultur (oder Volk) sind deckungsgleich", im Falle der kugelförmigen Erde lautet das Axiom "Es gibt keine Erdanziehungskraft, sondern eine andere Kraft, die im Universum alles nach unten zieht."
 
Aber das sagt doch nur aus, dass der Wagen von Indogermanen erfunden wurde. Darüber wann der Wagen erfunden wurde, also ob das vor der Ausbreitung der Indogermanen erfolgte oder nicht, kann man daraus nicht schließen. Genauso gut könnte es sein, dass die anderen Indogermanen die Bezeichnung für die neue Erfindung einfach übernahmen.
Interessant wäre jetzt natürlich noch, wie diese Begriffe in den nicht-indogermanischen Nachbarsprachen benannt sind.


Nein, dass der Wagen von den Indoeuropäern erfunden worden wäre sagt das nicht aus. Die könnten diese Innovation genau so gut von einem Nachbarvolk übernommen haben. Anthony weist ja auf das (nach archäologischen Maßstäben) fast zeitgleiche Auftretens des Wagens in verschiedenen weit auseinanderliegenden Gebieten hin. Die Idee von Rad und Wagen ist simpel. Voraussetzung für ihre Nachnutzung sind einfach gute Kenntnisse in der Holzbearbeitung. Wie wir seit nicht allzu langer Zeit wissen hatten die schon die Bandkeramiker mit ihren Brunnenbauten vor 7000 Jahren.

Selbst wenn wir jetzt daraus ableiten, dass diese Völker gleichzeitig diese Wörter übernommen haben und sie sich nicht gegenseitig beibrachten bzw. die gleichen Lehrmeister hatten, kann man diese Erkenntnis doch auf keinen Fall auf alle Sprecher von PIE ausweiten. Für die anatolischen Sprachen ließe sich auf jeden Fall kein Schluß daraus ziehen.

In meinem Post habe ich einige Beispiele aus der Graphik, die zu Anthonys Artikel gehört, angeführt. Der nachweisbare Bereich, in dem dokumentierte Indoeuropäische Sprachen auftreten reicht von Irland (Keltisch) bis Mittelasien (Tocharisch). Ein Begriff wie „wegheti“ – „convey in a vehicle“ findet sich im Germanischen, Keltischen, Slawischen, dann erst wieder im Sanskrit und Tocharischen. In den anatolischen Sprachen gibt es den Begriff für Deichsel und einen Begriff für Rad, den sie aber nur mit dem Tocharischen gemeinsam haben und das liegt nun ganz weit weg mit dem Sanskrit dazwischen. Es wäre also ein Austausch in einer Reihe von Fällen eigentlich nicht möglich, es sei den man konstruiert die abenteuerlichsten Wanderungen.
Da liegt dann natürlich der Schluss schon näher, die PIE sprechenden hätten dereinst auf relativ engem Raum zusammen gewohnt.

balticbirdy hat natürlich völlig recht, wenn er auf den engen Zusammenhang zwischen Indoeuropäerdiskussion und dem Rad-und-Wagen-Problem hinweist. Dazu gibt es dann noch eine interessante Monographie von Silvia Penner, in der auffällige Parallelen bei den Schachtgräbern Mykenes und Erscheinungen am Südrand des Urals untersucht werden.
 
Netter Hinweis, manche Leute arbeiten hier auch ein wenig. Ich arbeite als Investmenbanker, manchmal geht das von 6 Uhr bis dreiundzwanzig Uhr am Wochenende, daher wäre es nett, wenn hier nicht das Quiz der Literaturbeschaffung gespielt würde (Ich habe mehrere Abschlüsse, das kann ich auch noch) , sondern es gleich hier reingestellt würde, speziell von Leuten, die wohl mehr Zeit übrig haben. Dann kann man es hier direkt diskutieren.
Naja ich findes es merkwürdig, das du mir unterstellst das ich nicht arbeite.
Naja ich arbeite gerade an meinem Abschluss...............

Da ich selbst die Lit. in Kopie besitze, könnte ich sie auch ins Netz stellen, das verbietet aber das neue Urheberrecht, leider.

PS: Wenn du dich für das Thema interessierst, und mehrere Abschlüsse hast, sollte es doch kein Problem sein, sich die Lit. an den UniBibs kopieren zu lassen, das kostet zwar dann was, aber als Investmentbanker sollte das ja kein Problem sein.
Die Literaturangaben habe ich angegeben.
 
Des Geistes "Denkfehler" folgt folgendem Muster:

1. Grundannahme: Die Erde ist eine Kugel
2. Ableitung: Wenn die Erde eine Kugel wären, müßten die Leute auf der anderen Seite herunterfallen.
3. Da die Ableitung offensichtlich falsch ist, muß die Grundannahme auch falsch sein.

DerGeist übersieht zwei Dinge:

- Das, was er als Grundannahme bezeichnet, ist bereits "bewiesen" - insofern, als die Fakten keinen anderen plausiblen Schluß zulassen.


- Die Ableitung beruht auf einem falschen Axiom, das mit der Grundannahme überhaupt nichts zu tun hat.
Im Falle der Indogermanentheorien lautet das Axiom z. B. "Sprache und Kultur (oder Volk) sind deckungsgleich", im Falle der kugelförmigen Erde lautet das Axiom "Es gibt keine Erdanziehungskraft, sondern eine andere Kraft, die im Universum alles nach unten zieht."

Genau da liegt das Problem, selbst Sprachwissenschaftler sehen die möglichen Beweise einer Idg. Sprache mittlerweile kritisch.
Außerdem frag ich mich wirklich, wer schon mal einen Kurs zur Logik besucht hat.........................., ich habe zumind. in der Informatik, als auch der Phil. mir Kurse zur Logik angehört.
Ich kann euch allen den Bernbeck mal ans Herz legen zum lesen. Theorien sind nun mal der Grundstock einer Forschung.
Leider werden hier eigentlich nur Methoden und Theorien genutzt die mittlerweile, erweitert wurden oder als überholt gelten.

Damit vielleicht klarer wird warum ich diesem und anderen Problemen sehr kritisch gegenüber stehe, ich selbst sehe mich in folgender Theorietradition am besten vertreten:
Post-processual archaeology - Wikipedia, the free encyclopedia

Die meisten Befürworter der Idg. sind im Grundsatz, evolutionistisch geprägt. Dieses Theoriegebilde ist nun mal im Grundsatz nicht mehr anwendbar, selbst der Neoevol. ist problembehaftet.
Evolutionismus – Wikipedia
 
@Balticbirdy

Lies mal den Beitrag über Postpr. Archaeology.
Es geht mir um eine grundlegende Auffassung von Theorie und Wissenschaft, und die meisten hier im Forum nutzen Gedankengebilde die zumeist nicht mehr in den Wissenschaften genutzt werden, wie z.b. der Evolt.
The general critique involved in postprocessualism is that archaeology is not an experimental discipline, which makes it highly vulnerable to attacks that it is not objective enough. The postprocessual archaeologists claim that, for the most part, since theories on cultural change cannot be independently verified experimentally, what is considered “true” is simply what seems the most reasonable to archaeologists as a whole. Since archaeologists are not perfectly objective, the conclusions they reach will always be influenced by personal biases (Trigger, 1989:379). A concrete example of this is the patriarchial underpinnings of most of archaeology until the latter half of the 20th century, wherein questions on the role of women in the cultures and systems under study were not asked. Postprocessual archaeologists state that personal biases inevitably affect the very questions archaeologists ask and direct them to the conclusions they are predisposed to believe.
Post-processual archaeology - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Das habe ich. Dein Anliegen ist mir trotzdem nicht klar, außerdem warte ich noch mit Spannung auf die Antwort auf die von @hyo 3x gestellte Frage.
 
Dazu gibt es dann noch eine interessante Monographie von Silvia Penner, in der auffällige Parallelen bei den Schachtgräbern Mykenes und Erscheinungen am Südrand des Urals untersucht werden.

Hast du den Titel zur Hand, das Buch wäre interessant.
 
Nein, den Titel kenne ich leider nicht. Kannst du ihn verlinken?
Mit dem Südural kommen wir m.E. der Sache schon sehr nahe.
 
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