Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen
"Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen"
Margarethe von Trotta (Regie) 2008
Schon vorab, keine Befürchtungen wegen des Wortes "Vision" im Titel, eben die Visionen der Hildegard von Bingen kommen bildlich bis auf einmal nicht vor und da ist es auch noch sehr milde dargestellt.
Hildegard kommt als kleines Mädchen in das Benediktinerkloster Disibodenberg, wo die Nonnen innerhalb einer Klause getrennt von den Mönchen leben. Unter der Obhut der Mutter Jutta - Jutta von Sponheim - wächst sie und ein zweites Mädchen, das auch Jutta heißt heran. Nach dem Tod der Jutta von Sponheim, welche sich selbst geißelte, wird Hildegard (Barbara Sukowa) vom Abt Kuno (Alexander Held) zur Nachfolgerin der Toten ausgesucht und von ihren Schwestern dazu gewählt. Bereits um Jutta von Sponheim hatte sich ein gewisser Kult entwickelt, sie zog Gläubige an und verlockte den Adel zu Spenden, nun nimmt dies mit der Magistra Hildegard noch zu, was an ihren Kenntnissen zur Heilkunde und ihren allmählich bekannt gewordenen Visionen liegt. Bernard von Clairvaux unterstützt Hildegard, während ihre Visionen von manchen Klerikern angezweifelt werden. Der Bruder Volmar (Heino Ferch) schreibt die Visionen aber auch medizinischen Werke auf, welche ihr Hildegard diktiert. Durch den Selbstmord einer Schwester Klara (Paula Kalenberg), welche von einem Mönch geschwängert worden war, hat Hildegard ein Argument in der Hand, um mit ihren Schwestern aus dem gemeinsamen Kloster mit den Benedektinern auzuziehen. Gegen den Widerstand des Abtes hat sie einiges zu bestehen bis sie auf dem Rupertsberg bei Bingen ein Kloster mit schließlich genügend Einkünften zur Unterhaltung errichten lassen kann. Schon vor dem Auszug der Schwestern hatte sich eine junge Nonne namens Richardis von Stade (Hannah Herzsprung) ziemlich in die Magistra vernarrt und auch Hildegard schenkte ihr über die Maßen Zuneigung. Nachdem der Bruder von Richardis Bischof von Bremen wird, erreicht er, dass seine Tochter ebenfalls zur Leiterin eines Klosters Bassum erhoben wird. Nachdem sich Hildegard dagegen extrem sträubte, muss sie Richardis aufgeben, da deren Mutter eine bedeutende Förderin der Kirche war und auch der Bischof von Bremen und ihr eigener Bischof von Mainz auf das Fortgehen der Richardis von Stade hinwirken. Richardis stirbt in der Folge, Hildegard wird später wiederum krank, was oftmals vorkam. Nachdem sie wieder gesundet ist, beschließt sie weitere Werke zu verfassen und auf Predigerreise mit Volmar als Begleiter zu gehen. Mit ihrem Auszug auf die Reise endet der Film.
"Vision..." ist ein sehr ruhiger Film. Humor ist wenn dann unterschwellig und maximal zum Schmunzeln angelegt (wir waren aber in einer Vorstellung mit einem extrem nervigen Publikum, das beständig lachte, da es scheinbar die Riten der Zeit nicht einordnen konnte). Betont werden in dem Film von Margarethe von Trotta von 2008 die wesentlichen Stationen im Leben der Heiligen und die Mannigfaltigkeit ihres Schaffens. Bis auf wenige Szenen und das geradezu bisweilen umwerfende Grün der Klostergärten und des Waldes auf dem Rupertsberg, als dort die Bauarbeiten beginnen, sind die Farben vom Stein der Klöster und dem Schwarz und Weiß der Gewänder der Hauptakteure geprägt. Das schafft schon ziemlich Atmosphäre. Die ergreifenste Szene fand ich, war die des Selbstmordes der Schwester Klara - aber ich finde eben auch Paula Kalenberg sehr ausdrucksstark. Beabsichtigt ist wohl, dass der Konflikt um den Weggang der Richardis einen zentralen Moment des Films spielen soll.
Nebenbei bemerkt, Hildegard trifft im Film ganz kurz Friedrich Barbarossa (Devid Striesow) vor dessen Kaiserkrönung und prophezeit ihm diese. Er ist auf ihre Meinung gespannt, da er sich von ihren Visionen auch Vorhersagen für seinen Ruhm und Erfolg erwartet. Die Szene fand ich etwas nett.
Die Ausstattung kann ich leider nur kaum bewerten.:rotwerd: Gerade die Personen, welche nicht direkt mit dem Kloster zu tun haben, wirkten mir manchmal eher nach Gromi, auch die Bewaffneten. Vielleicht kann dazu jemand etwas sagen, der sich mit dem HoMi besser auskennt.
Aufgefallen war mir, dass die Jutta von Sponheim am Anfang schon viel zu alt ausschaute. Man blieb bis zur Szene mit ihrem Tod bei der selben Schauspielerin Mareile Blendl. Eigentlich hätte Jutta von Sponheim aber am Anfang des Films bloß 6 Jahre älter als die 8-jährige Hildegard sein müssen. Doch die Darstellerin war wohl 30. Der Nachteil daran war, dass man nach der Einblende "nach 30 Jahren" die sterbende Jutta sah. So konnte man sich denken, dass sie mit 60 ja in einem für die Zeit nicht so geringen Alter starb. Dass sie eben an ihrer Selbstgeißelung starb und das historischerweise mit nur 46 kam damit nicht so herüber. Die Selbstgeißelung ihrer "Mutter" sollte ja, folgt man der Aussage des Films, in Hildegard dazu geführt haben, dass sie die Liebe für so zentral hielt und auch im Film mehrfach Geißelung ablehnend verurteilt.
Eine Frage noch an Kenner: ging es wirklich so inoffiziell und ungezwungen zu, wenn eine Magistra einen Bischof traf, wie es einmal zwischen dem Bischof von Bremen und Hildegard und einmal zwischen dem Bischof von Mainz und ihr der Fall ist?
Insgesamt ein solider Film, wenn er auch nicht allzulang im Gedächtnis bleiben wird. Immerhin sah man gute Schauspieler an schönen Drehorten und bekam ein paar (mir nicht weit genug das Leben im Kloster beleuchtende) Einblicke in die Welt der Hildegard von Bingen. Mehr aber auch nicht.
Also 6 von 10 Punkten für den Film.