Du hast hinreichend deutlich gemacht, wie Du den Begriff "Rasse" verwendest und dass Du ihn nicht rassistisch auslegst. Das Problem ist nur: Der Begriff "Rasse" dient keinem anderen Zweck, als Lebewesen aufgrund ganz willkürlicher Kriterien in "Kategorien" einzuordnen. Damit wird zum Beispiel auch der Begriff "reinrassig" zu einem völlig willkürlichen Konstrukt. "Reinrassig" ist ein Lebewesen dann, wenn es den Kriterien entspricht, die irgendein Mensch (zum Beispiel ein Herr Mendel) ohne irgendeine objektive Notwendigkeit festgelegt hat. Mendel z.B. hätte auch ein beliebiges anderes Kriterium auswählen können - etwa Blattformen statt Blütenfarbe.Rassismus ist es, Menschen auf Grund von Rassemerkmalen unterschiedliche Rechte und Fähigkeiten zuzubilligen oder abzusprechen, nicht aber die Feststellung von Rassemerkmalen an sich.
Der Begriff "Rasse" bekommt damit eine Bedeutung verliehen, die er gar nicht hat. Würde man andere Kriterien zugrundelegen, käme man zu ganz anderen Rasseeinteilungen. Das Problem mit dem Begriff "Rasse" liegt nicht in der Beschreibung spezifischer Unterschiede zwischen den Lebewesen, sondern in der willkürlichen Entscheidung, welche Unterschiede jemand für "relevant" erklärt - und vor allem: warum er das tut.
Bei jemandem, der Pferde züchtet, ist die Absicht klar. Er braucht vielleicht ein Pferd, das bei einem Rennen mitlaufen soll. Oder eines, das einen Bierwagen ziehen soll. Einen riesenhaften Kaltblüter würde der Züchter nicht in ein Rennen schicken und ein feuriger Araber taugt nicht für die Bierkutsche. Hier ist der Rassebegriff mit "Zweck" und "Wert" verknüpft. Ein Katzenzüchter hat auch relativ klare Absichten (wobei Katzenzucht recht "jung" ist; die Grundformen der meisten Katzenrassen haben sich ohne menschliche Einwirkung herausgebildet).
Nur: Welche Funktion hat der Begriff "Rasse" bei der Anwendung auf Menschen? Auch hier wurde er mit den Begriffen "Zweck" und "Wert" verknüpft und "diente" zu lange und zu oft mit zu hässlichen Folgen einem Zweck, von dem man den Rassebegriff heute - insbesondere in Deutschland - einfach nicht mehr befreien kann.
Das Dilemma ist: Ersetzt man den Begriff "Rasse" durch irgendeinen anderen Begriff, hat man ein neues Wort, aber prinzipiell das gleiche Problem. Das klang ja in dieser Diskussion schon an...
Deshalb will ich Fragen der Kulturentwicklung auch nicht unter Aspekten wie Humangenetik und Rassebegriff diskutieren. Da könnte es zu leicht passieren, dass jemand Verbindungen sieht zwischen der äußeren Erscheinung der Menschen und der äußeren Erscheinung der Gesellschaften, in denen sie leben. Das sind aber völlig getrennte Phänomene.
Ein Beispiel:
Unlängst ist ein Flugzeug der brasilianischen Regierung über den Dschungel geflogen und hat Film- und Fotoaufnahmen von einer Gruppe von Indianern gemacht, die bislang unbekannt war und offenbar fast völlig isoliert lebt. Die Leute leben noch genauso wie vermutlich schon ihre Vorfahren vor tausenden von Jahren. Dass sie die Zivilisation zumindest mittelbar kennen, sieht man daran, dass einige von ihnen Macheten haben und dass auf einem der Fotos ein industriell gefertigter Kochtopf zu sehen ist. Trotz ihrer Kenntnis der "Segnungen der Technik" verbleiben die Menschen aber in ihrer "primitiven" Lebensweise.
Warum ist das so? Ist es ein "Rassemerkmal", dass ihre Gesellschaft keinen kulturellen "Fortschritt" machen kann oder will? Auf den Gedanken kann man leicht kommen, wenn man davon ausgeht, dass sich menschliche Gesellschaften zwangsläufig von "primitiven" Formen zu Hochkulturen und schließlich zur "modernen Zivilisation" entwickeln. Dann liegt der Verdacht nahe, dass Gesellschaften, die diesen Weg nicht schaffen, aus irgendwelchen Gründen (vielleicht sogar genetischen?) unfähig dazu sein könnten.
Lässt man die Frage nach "Rassemerkmalen" beiseite, kommt man hingegen zu dem Schluss, dass menschliche Gesellschaft nach der Frage beurteilt werden muss, wie zuverlässig sie die Bedürfnisse der Individuen erfüllt. Dann kommt man schnell darauf, dass Gesellschaften nur dann ihre "Ruhelage" verlassen und sich zu entwickeln beginnen, wenn äußere Bedingungen es notwendig erscheinen lassen. Dann reden wir aber nicht über biologische/genetische Merkmale von Menschen, sondern über Merkmale von Gesellschaften. Meiner Ansicht nach ist DAS die richtige Herangehensweise.
Die Fragen, um die es Dir hier eigentlich geht, gehören nicht hierher.
MfG