Wenn das alles so unreal und unbedeutend und überhaupt nicht oder geringen Gewicht war, weshalb ist denn eine österreichische Flotte unter Tegetthoff ausgelaufen, um sich der dänischen Krigsschiffe anzunehmen? Ich mutmaße einmal, nicht aus Langeweile oder weil Wien zu viel Geld hatte und nicht wußte wohin damit.
Und ich mutmaße einmal, dass die Ausschaltung der dänischen Flotte nicht primär der Behebung wirtschaftlicher Problme diente, sondern einer schnellen Beendigung des Krieges im Interesse Preußens und Österreichs, durch die Eröffnung der Möglichkeit einer Invasion von Teilen Inseldänemarks, die sich als Druckmittel gegen Kopenhagen einsetzen ließ, auch wenn sie London verärgern würde.
Es geht nicht darum, das diese Option am Ende verworfen worden war, sondern das diese eben eine Zeit ernsthaft erwogen und in Raume stand; also eben durchaus eine reale Gefahr verkörperte.
Das tat sie unter diesen Umständen eben nicht, jedenfalls nicht so lange GB alleine und Österreich mit Preußen verbündet blieb.
Übrigens hatte Russel unmissverständlich klar gemacht, das wenn die dänische Monarchie oder Kopenhagen in Gefahr kommt, dass das dann für England der casus belli wäre.
Konnte er auch, denn sofern absehbar geworden wäre, dass dabei ganz Dänemark unter die Räder kommen würde, hätte das St. Petersburg sich sehr wahrscheinlich, schon wegen des Ostseezugangs und auch wegen der verwandschaftlichen Beziehungen des Zaren zum Dänischen Königshaus, einem britischen Vorgehen angeschlossen hätte.
Russland war nicht bereit wegen Schleswig Krieg zu führen, wegen ganz Dänemark mit einiger Wahrscheinlichkeit schon, so dass eine britische Drohung für diesen Fall sicherlich glaubhaft ist, nur den visierten Berlin und Wien ja nicht an.
Britische Politiker konnten noch so viel drohen, so lange nicht ganz Dänemark und damit eine erhebliche Machtverschiebung auf dem Spiel standen, die Russland auf den Plan rufen mussten, waren solche Drohungen nicht viel mehr als die Halsstarrigkeiten und Frustration eines in dieser Hinsicht zahnlosen Akteurs.
Und es ist ja nun nicht so, das England zum ersten Male am Land einen Krieg führen würde. Du hast den Sepoyaufstand in Indien erwähnt, ja und ganz kurz zuvor war der Krimkrieg zu Ende gegangen.
Nur dass man unter diesen Umständen die Truppen aus Indien nicht abziehen konnte, zumal die Kolonialen Auseinandersetzungen dort eine ganz andere Nummer waren, als sich mit 2 Europäischen Großmächten anzulegen.
Und als Kenner des 19. Jahrhnuderts ist dir zweifelsohne auch bekannt, wie veraltet die rusrische Ausrüstung und Taktik waren und wie schlecht die Infrastruktur in diesem Gebiet, was den russischen Nachschub behinderte.
Truppen können ausgebildet werden und England hatte dies in der Vergangenheit mehr als einmal getan, um seine Interessen zu vertreten.
Ja, Truppen können ausgebildet werden, aber das dauert seine Zeit und 2-3 Monate sind vollkommen illusorisch. In der Zeit kann man einem Soldaten beibringen in einigermaßen flüssigen Abläufen seine Waffe zu bedienen, viel mehr aber auch nicht. Zum Zusammenarbeiten und zum Funktionieren als Armee gehören allerdings ein paar mehr Dinge (wie aktuelle Ereignisse eigentlich deutlich vor Augen führen).
Davon abgesehen, hast du mir noch immer die Frage nicht beantwortet, wo man hinreichend Leute und Waffen überhaupt hätte auftreiben sollen?
Mal eben Truppen aus Indien abziehen, war nicht drinn, da hätte man selbst wenn man das hätte riskieren wollen, bei den damaligen Verkehrsverbindungen erstmal ein Jahr oder länger gebraucht, die dort abzuholen und nach Europa zu verbringen, mal abgesehen davon, dass das nummerisch nicht hingereicht hätte.
Wie sahen die letzten kriegerischen Unternehmen in Großbritanniens in Europa aus Europa aus?
Mann konnte für die Feldzüge in Spanien in den Napoleonischen Kriegen 1913 an die 120.000 Mann aufbieten, bei Waterloo an die 70.000 und im Krimkrieg noch mal etwas über 100.000.
Das ist ja ganz nett und sicherlich ein brauchbarer Faktor, wenn man eine Kontinentalmacht als Partner hat, die das Hauptgewicht der Landtruppen stellt, aber solche Truppendimensionen reichten nicht hin um es im Alleingang mit 2 europäischen Großmächten aufzunehmen.
Und genau so wenig wie GB die Kapazitäten und Möglichkeiten hatte mal eben füns bis acht mal größere Aufgebote zusammen zu bringen (geschweigedenn, dass Erfahrungen damit vorhanden gewesen wären), konnte es auf die in den Kolonien stehenden Truppen voll zurückgreifen, ohne die eigene Situation dort zu destabilisieren.
Wie lange hätte es das noch getan, wenn GB mit Kriegshandlungen gegen Belgien angefangen oder damit gedroht oder den belgischen Handel massiv behindert hätte?Wie ich schon oben ausführte, Belgien stand London nahe.
Zumal Belgien darauf angewiesen war, dass Preußen als seine Garantiemacht gegen Frankreich fungierte, was GB mit seinen bescheidenen Landstreitkräften nicht leisten konnte.
Heißt, schon mit Rücksicht auf die eigene Sicherheit konnte es sich Brüssel nicht leisten sich mit Berlin zu überwerfen, z.B. dadurch, dass es eine britische Blockade gegen Preußen mittrug, es sei denn, es fand in irgendeiner Form zu einem endgültigen Accord mit Frankreich und wechselte komplett in dieses Lager über, was Antwerpen zur französischen Einflusszone gemacht hätte.
Ob London das riskiert hätte?
Und wie lange hätte es gedauert die Niederlande in die Arme des größten Rivalen Großbritanniens zu treiben, wenn GB Den Haag gedroht oder seinen Handel massiv gschädigt hätte?Die Niederlande nicht, aber auch nicht Frankreich.
Kriege schaden immer der Wirtschaft. Im vorliegenden Fall hätte England m.M. nach aber den längeren Atem gehabt.
Meiner Meinung nach nicht, zumal ihm vollkommen der Zugriff gefehlt hätte.