rena8
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Mit dem Wagen verbandelte Dinge wie 'Rad', 'Joch', 'Achse', 'Deichsel' etc. Das ist schon ein starkes Indiz dafür, dass die frühen Indoeuropäer wirklich mit dem Wagen vertraut waren.
Ja, das leuchtet mir ein. Sie müssen aber nicht die einzigen gewesen sein, die mit der Wagenerfindung vertraut waren.
Für die zeitliche Einordnung um 4000 BC der Ur-IE-Form taugt das Argument damit, nicht aber für die weitergehende Argumentation der technischen Überlegenheit der Ur-IE-Sprecher, da wir vermuten, dass der Wagen in verschiedenen Regionen auftaucht.
Wenn das nicht zählt, es gibt ein Wort für 'Bronze', das aber leider auch und wohl ursprünglich 'Kupfer' bedeutet, also bei einer Datierung wenig weiter hilft. Eine semantische Verschiebung oder Erweiterung von 'Kupfer' auf 'Bronze' ist ja ziemlich naheliegend. Daneben lässt sich ein Wort für 'Gold' rekonstruieren, was den Zeitraum ein kleines bisschen mehr als ein Wort 'Kupfer' einschränken würde.
Mmh, ich hätte die Edelmetalle Gold und Silber wegen ihrer Eigenschaften als früheste Schmuckmaterialien oder für rituelle Gegenstände zeitlich leicht vor Kupfer eingeordnet.
Es lassen sich durchaus eine ganze Menge Vokabeln rekonstruieren für alle möglichen Bereiche wie Viehzucht, Ackerbau, Kriegsführung, Anatomie, Ernährung, Gesellschaft, Religion, Pflanzen, Tiere usw., aber auf einen Zeitraum oder Ort, wo man nach den Indoeuropäern suchen soll, deuten wenige.
Wenn UR-IE eine gesprochene Sprache war, muß sie ja für alle Lebensbereiche Wörter kennen oder verstehe ich dich da falsch?
Wenn man z.B. nachweisen könnte, dass alle Landwirtschaftsworte Lehnworte wären, dann könnte man aussagen, dass die UR-IE-Sprecher Jäger und Sammler gewesen wären.
Da das nicht so ist, haben wir es bei der Betrachtung der LW-Wörter mit einem zu großen Zeitrahmen zu tun.
Diesen einzugrenzen, wie du es folgend versuchst, ist zwar eine Möglichkeit, allerdings mit einigen Zweifeln behaftet, weil es über die Anfänge der Landwirtschaft noch viele Wissenslücken gibt.
Über die Wolle haben wir in http://www.geschichtsforum.de/f22/die-neolithische-revolution-europa-wie-und-warum-16398/index6.html ab Seite 6 Beitrag 100 diskutiert.'Melken' ist kontrovers -- ich würde das trotzdem zusammen mit den Wörtern für Milchprodukte eher spät als früh datieren; vor allem wenn man bedenkt, dass die meisten Menschen keine Laktose vertragen, hat das vielleicht auch geografische Konsequenzen --, aber ich denke, Du überschätzt das Alter von Wolle. Das Wildschaf hat und hatte kein Wollfell, ebenso wenig die ersten domestizierten Schafe. Adams und Mallory geben in der Encyclopedia of Indo-European culture (S. 648f.) an, dass der archäologische Befund nahelegt, dass Kleidung im Neolithikum aus Pflanzenfasern hergestellt, das "Wollschaf" erst im 4. Jt. v. Chr. im Nahen Osten gezüchtet und auch von dort verbreitet wude. Bei Anthony findet sich dasselbe. Vereinzelt gibt es wohl umstrittene frühere Belege für ein "Wollschaf"; Kleidung aus Wolle ist aber definitiv nicht eher belegt. Ich denke nicht, dass man die Wolle auf den Anfang des Neolithikums verschieben sollte, wenn die archäologische Evidenz fehlt. Das scheint wirklich eine relative junge Innovation zu sein. Eher lässt sich einwenden, dass das Schaf an sich selbst älter ist und das Wort ursprünglich auch etwas wie 'Schafhaar' o.ä. bedeutet haben könnte. Darauf weißt Anthony ja zurecht hin. Dann wäre eine semantische Verschiebung zu 'Wolle' naheliegend und könnte ohne Weiteres mehrfach unabhängig von einander geschehen sein. Ein Indiz bleibt es trotzdem und eins, das für nach 4000 v. Chr. spricht, denke ich.
Das Melken würde ich auch als kontrovers aussortieren. Denn 1. bedeutet diese Laktoseunverträglichkeit beim Erwachsenen nicht, dass Sauer- und Lagermilchprodukte wie Käse, Joghurt, Butter nicht gegessen werden konnten und 2. wurden auch Ziegen und Schafe gemolken.
Ob man das tut, hängt mE davon ab, wie man die Viehhaltung betreibt. Schon den parallel zur Bandkeramik wirtschaftenden La-Hoguette-Kulturen schreibt man einen Viehhaltungsschwerpunkt zu. Und da diese ihr Vieh auf jeden Fall auf Booten entlang der Küsten mitgebracht haben müssen, sollten deren Viecher zahm gewesen sein, also keine halbwilde Herde, die man nur als Fleischreserve hält.